Sollte sich der Verurteilte nicht bewähren, ist die Strafaussetzung nach § 56 f StGB zu widerrufen.
Für den Widerruf besonders umstritten sind die Voraussetzungen der „Begehung einer neuen Straftat“. Ist die neue Tat zum Zeitpunkt der Widerrufsentscheidung Gegenstand eines noch anhängigen Strafverfahrens, ist fraglich, ob für den Widerruf eine Verurteilung für die neue Tat vorliegen muss und ob diese bereits rechtskräftig sein muss oder geringere Anforderungen zu stellen sind, wie etwa die Überzeugung des über den Widerruf entscheidenden Gerichts oder ein glaubhaftes Schuldeingeständnis. In der Folge ist fraglich, welches Gericht für die Feststellung der neuen Straftat zuständig ist. Hierfür käme sowohl das Widerrufsgericht als auch das für die Anlasstat zuständige Gericht in Betracht.
Durch den Widerruf der Strafaussetzung zur Bewährung wegen Begehung einer neuen Straftat können bei Summierung einzelner Straftaten zudem lange Vollzugsdauern entstehen. Hierdurch werden die positiven Wirkungen der Strafaussetzung, insbesondere die präventive Wirkung, aufgehoben. Auch entsprechen diese langen Vollzugsdauern nicht mehr dem Grundsatz unrechts- und schuldangemessenen Strafens.
Diese Arbeit soll daher die Anforderungen an den Widerruf der Strafaussetzung zur Bewährung wegen Begehung einer neuen Straftat unter Berücksichtigung der soeben angesprochenen negativen Folgen und mit Blick auf die europa- und verfassungsrechtlichen Voraussetzungen sowie den gerichtlichen Zuständigkeiten darstellen.
Inhaltsverzeichnis
- A. Einleitung
- B. Problemdarstellung
- C. Voraussetzungen des Widerrufs der Strafaussetzung wegen Begehung einer neuen Straftat, § 56 f I 1 Nr. 1
- I. Straftat
- II. Tatzeit
- III. Nicht-Erfüllung der der Strafaussetzung zugrunde liegenden Erwartung
- D. Anforderungen an den Widerruf der Strafaussetzung wegen Begehung einer neuen Straftat unter Berücksichtigung europa- und verfassungsrechtlicher Vorgaben
- I. Erfordernis der rechtskräftigen Verurteilung der Anlasstat vor Widerruf der Strafaussetzung
- 1. Entwicklung des Meinungsstreits
- 2. Streitentscheid
- 3. Systematische Argumente
- 4. Ergebnis
- II. Exkurs: Vergleich mit anderen europäischen Rechtsordnungen
- 1. Belgien und Frankreich
- 2. Dänemark
- 3. Italien
- 4. Niederlande
- 5. Österreich
- 6. Schweden
- 7. Schweiz
- 8. Spanien
- 9. Ergebnis
- III. Gerichtliche Zuständigkeiten
- I. Erfordernis der rechtskräftigen Verurteilung der Anlasstat vor Widerruf der Strafaussetzung
- E. Begründete Stellungnahme
- F. Fazit
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die vorliegende Studienarbeit befasst sich mit den rechtlichen Anforderungen an den Widerruf der Strafaussetzung zur Bewährung aufgrund einer neuen Straftat. Ziel ist es, die relevanten Rechtsnormen und deren Anwendung in Bezug auf den § 56 f StGB zu analysieren und die damit verbundenen europa- und verfassungsrechtlichen Vorgaben zu beleuchten.
- Voraussetzungen für den Widerruf der Strafaussetzung zur Bewährung
- Rechtliche Anforderungen an den Widerruf im Kontext neuer Straftaten
- Europa- und verfassungsrechtliche Vorgaben im Strafvollzugsrecht
- Gerichtliche Zuständigkeiten im Zusammenhang mit dem Widerruf
- Vergleichende Betrachtung des Widerrufs in europäischen Rechtsordnungen
Zusammenfassung der Kapitel
Die Arbeit beginnt mit einer Einleitung und einer Problemdarstellung, die den Hintergrund des Widerrufs der Strafaussetzung zur Bewährung im Kontext neuer Straftaten beleuchtet. Im Anschluss werden die Voraussetzungen des Widerrufs gemäß § 56 f I 1 Nr. 1 StGB näher betrachtet, wobei die Aspekte Straftat, Tatzeit und Nicht-Erfüllung der Erwartungen der Strafaussetzung im Vordergrund stehen.
Das vierte Kapitel analysiert die Anforderungen an den Widerruf der Strafaussetzung, wobei die Rechtsprechung zum Erfordernis einer rechtskräftigen Verurteilung der Anlasstat vor dem Widerruf detailliert betrachtet wird. Der Meinungsstreit und die systematischen Argumente werden beleuchtet, wobei auch europa- und verfassungsrechtliche Vorgaben, insbesondere im Hinblick auf Art. 6 II EMRK, eine wichtige Rolle spielen.
Ein Exkurs widmet sich dem Vergleich des Widerrufs der Strafaussetzung in verschiedenen europäischen Rechtsordnungen, um Gemeinsamkeiten und Unterschiede zu beleuchten.
Das Kapitel über die gerichtlichen Zuständigkeiten behandelt die Frage, welche Gerichte für den Widerruf der Strafaussetzung zuständig sind. Abschließend erfolgt eine begründete Stellungnahme, die die wichtigsten Erkenntnisse der Arbeit zusammenfasst und ein Fazit zieht.
Schlüsselwörter
Die vorliegende Arbeit beschäftigt sich mit den zentralen Begriffen und Themenfeldern des Widerrufs der Strafaussetzung zur Bewährung, insbesondere im Zusammenhang mit der Begehung einer neuen Straftat. Wichtige Schlüsselbegriffe sind § 56 f StGB, Strafaussetzung zur Bewährung, Widerruf, rechtskräftige Verurteilung, Anlasstat, Europa- und verfassungsrechtliche Vorgaben, Art. 6 II EMRK, gerichtliche Zuständigkeiten.
- Arbeit zitieren
- Sarina Vanek (Autor:in), 2007, Anforderungen an den Widerruf der Strafaussetzung zur Bewährung wegen Begehung einer neuen Straftat, § 56 f I 1 Nr. 1 StGB, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/87344