Sachunterricht als Anfangsunterricht

Eine Analyse der Richtlinien und Lehrpläne Nordrhein- Westfalens von 2003


Hausarbeit, 2007

17 Seiten


Leseprobe


Gliederung

1. Sachunterrichtlicher Schulanfang

2. Die neuen Richtlinien im Bundesland Nordrhein-Westfalen

3. Der neue Lehrplan zur Erprobung von 2003
3.1. Die Bereiche und Aufgabenschwerpunkte des Faches
3.2. Die verbindlichen Aufgabenschwerpunkte und entsprechenden Unterrichtsgegenstände der Klassen 1/2
3.2.1. Natur und Leben
3.2.2. Technik und Arbeitswelt
3.2.3. Raum und Umwelt
3.2.4. Mensch und Gemeinschaft
3.2.5. Zeit und Kultur
3.3. Konstruktiver Umgang mit dem Lehrplan

4. Fazit

1. Sachunterrichtlicher Schulanfang

Sachunterricht in der ersten und zweiten Klasse gab es erst mit der Reform des Anfangsunterrichtes in den 70er Jahren des 20 Jahrhunderts in Deutschland. Das Fach Sachunterricht wurde zu der Zeit als ´Heimatkunde` in den Anfangsunterricht integriert. Dieser alte Gesamtunterricht für den Schulanfang sollte so aussehen, dass ausgehend von den Sachen der kindliche Lernprozess gefördert wird und sich sprachliche, mathematische und gestaltende Inhalte entwickeln. Der Kerngedanke ist bis heute haltbar: Sachinhalte sollen als Hauptinhalte der Schuleingangsphase den Kindern die Kulturtechniken als Hilfsmittel zum Weltverstehen nahe bringen. Handelnder Sachunterricht und Freie Arbeitsformen lassen den Schulanfängern den Sinn des Lernens deutlich werden[1]. Sachunterricht beeinflusst positiv die Motivation der Kinder und deren weitere Lernprozesse, indem er „an ihre bisherigen Schritte, die Welt, (die eigene) Person, die soziale und kulturelle Umwelt zu erkunden“[2], anknüpft. Demgemäß müssen die Richtlinien und Lehrpläne neben dem Lehrerhandeln die Weiterentwicklung des Faches und der Grundschule fördern.

2. Die neuen Richtlinien im Bundesland Nordrhein-Westfalen

In Nordrhein–Westfalen gibt es seit 2003 neue Richtlinien und Lehrpläne zur Erprobung. Darin werden eine Reihe von Fähigkeiten und Fertigkeiten, Einstellungen und Haltungen sowie Kenntnisse aufgelistet, die als tragfähige Grundlagen ein erfolgreiches Lernen in der weiterführenden Schule ermöglichen sollen[3]. Die Kenntnisse sollen sich aus den naturwissenschaftlichen, technischen, raumbezogenen, sozial- und kulturwissenschaftlichen, historischen und ökonomischen Bereichen zusammensetzen[4]. Weil die Grundschule eine Schule für alle Kinder ist, betonen die Richtlinien die Vielfalt, die als Chance und Herausforderung betrachtet wird. Entsprechend soll jeder Schüler in differenziertem Unterricht nachhaltig gefördert werden. Die „reflexive Koedukation“ findet auch Eingang in die Richtlinien. Jungen und Mädchen sollen gleichermaßen gefördert werden, ohne dass dem anderen Geschlecht Nachteile oder Benachteiligungen erwachsen[5]. Es ist wichtig, dass Lehrpersonen diese Punkte für jeden Unterricht ernst nehmen und immer wieder vor Augen führen. In der Grundschule sollen die Leistungen nicht nur durch mündliche, sondern nun auch durch praktische Tätigkeiten überprüft werden. Der Sachunterricht soll eben kein Schulfach sein soll, das z. B. das auswendig gelernte Wissen durch Ausfüllen von Arbeitsblättern bewertet. Es geht nicht um die messbare Leistung wie zum Beispiel in Mathematik, wo man das Ergebnis einer Aufgabe richtig oder falsch hat. Dies ist eine problematische Leistungsbewertung. Die Problemlösefähigkeiten werden dabei gar nicht beachtet. Es geht des Weiteren vielmehr um die Motivation und um den Willen zur Leistung. Die Freude am Lernen ermöglicht erst die Bereitschaft zu immer mehr Lerntätigkeit. In Fächern, die Spaß machen, geht das Lernen wie von selbst und die Wissbegierde bleibt dauerhaft erhalten. Handlungsorientiertes Lernen, wie z. B. Freie Arbeit und Wochenplan, in Verbindung mit sachbezogenen Lernen, wie z. B. beobachten, experimentieren, Messungen vornehmen und konstruieren[6], ermöglichen die dauerhafte Lernbereitschaft.

Der Perspektivrahmen der GDSU[7] hat 2001 in einem Perspektivrahmen fünf Felder benannt, die den Sachunterricht stärker an die Inhalte der Wissenschaften binden soll. Die Perspektiven werden im Lehrplan für Nordrhein-Westfalen weitestgehend als Kenntnisse ausgeschrieben und sind an vielen Stellen nicht ganz eindeutig. Eigentlich sollte der Perspektivrahmen den neuen Richtlinien eine Richtung weisen, bekam aber im Großen und Ganzen nicht die gewünschte Beachtung. Beispielsweise stehen im Lehrplan die naturwissenschaftlichen Kenntnisse[8] im Vordergrund. Der Perspektivrahmen spricht aber von ´naturbezogenem Lernen[9] `. Darunter sind nicht nur die naturwissenschaftlichen Kenntnisse zu verstehen, sondern es geht um die Natur an sich. Der Perspektivrahmen kann von jedem Leser anders interpretiert werden. Dies könnte ein Grund dafür sein, dass er nicht in den Lehrplan für Nordrhein- Westfalen eingeflossen ist. Im Perspektivrahmen ist kein Hinweis auf den Anfangsunterricht gegeben.

3. Der neue Lehrplan zur Erprobung von 2003

Ein Lehrplan benennt die zu vermittelnden Inhalte, gliedert sie nach Fächern und bestimmt sie nach Umfang und Anspruchsniveau näher. Des Weiteren werden in ihm allgemeine und spezielle Bildungsziele vorgegeben.[10] Kurzum konkretisiert ein Lehrplan die Richtlinien.

Der neue Lehrplan zur Erprobung in Nordrhein-Westfalen ist in `Bereiche`, `Arbeitsbereiche` und `Unterrichtsgegenstände` aufgegliedert. Ein bestimmtes Grund- und Weltverständnis steht hinter jeder Auffächerung. Demnach wird vom Menschen gegenüber der Welt und beim Leben und Wirken in der Welt eine bestimmte Haltung erwartet[11]. Der Ausgangspunkt im neuen Lehrplan ist die direkte Lebenswelt der Kinder. „Der Sachunterricht entspricht der Lebenswirklichkeit dadurch, dass er die verschiedenen Zugriffsweisen der Schülerinnen und Schüler auf die Wirklichkeit nutzt. “[12] Allerdings legt er auch ein grundlegendes Basiswissen und verlässliche Kompetenzen bis zum Ende der Klasse vier fest. Erwachsene haben dafür beliebige „Pflichtinhalte“ gewählt, die nicht aus den Kindern erwachsen sind. Aber genau die Lebenswirklichkeit der Kinder sollte der Anknüpfungspunkt für guten Sachunterricht sein. Durch individuelle Betroffenheit, erproben, erkunden und eigenständiges Handeln sowie Finden von Lösungen lernen junge Menschen am effektivsten. Sie erkennen so die Fragen und Probleme der Kinder aus der Lebenswirklichkeit. Betont werden im neuen Lehrplan die naturwissenschaftlichen Kenntnisse. Dennoch sollen den Fragen und Problemen der Kinder genügend Beachtung geschenkt werden. Fraglich ist, ob ihnen bei verbindlichen Lehrplaninhalten, die verstärkt wissenschaftlich erlernt werden sollen, ausreichend Berücksichtigung gegeben wird. Die Lehrperson hat wenig Zeit neben dem Erfüllen der Vorgaben, die Angelegenheiten der Kinder aufzugreifen und hinreichend zu beantworten. Die Gefahr liegt darin, dass der Pädagoge die Verbindung zwischen den Lernwegen der Kinder und den wissenschaftlichen Methoden zur Erkenntnisgewinnung weitestgehend frei wählen kann. Es ist für viele Lehrende leichter, die verbindlichen Themen abzuhandeln statt den Unterrichtsverlauf für die Erfahrungswelt der Schülerinnen und Schüler zu öffnen. Im Lehrplan wird die Öffnung des Unterrichts für außerschulische Lernorte betont. Die Kinder können die Lebenswirklichkeit und Zusammenhänge realitätsnah erfahren, aber bestmöglich nur bei eigener Einbringung und (Mit-)Auswahl der Lernorte. Die situativen Gedanken und Fragen der Lernenden könnten zu einer für sie motivierenden, aktiven Mitgestaltung der Lernprozesse führen, wenn ihnen dafür Freiräume eingerichtet werden.

3.1. Die Bereiche und Aufgabenschwerpunkte des Faches

Der Lehrplan besteht aus 5 Bereichen, die jeweils zu Paaren zusammengestellt sind und laut Lehrplan im Unterricht aufeinander bezogen werden sollen. Die Bereiche sind in 35 Aufgabenschwerpunkte unterteilt. Den Aufgabenschwerpunkten sind wiederum Unterrichtsgegenstände für die Einheit Klasse 1/2 zugeordnet. Auf jeweils 2 Schuljahren kann der Lehrkörper die Themen frei verteilen.

3.2. Die verbindlichen Aufgabenschwerpunkte und entsprechenden Unterrichtsgegenstände der Klassen 1/2

In wie weit entsprechen die ausgewählten Inhalte den Interessen und Erfahrungen der Kinder der ersten zwei Schuljahre und in wie fern können die Kinder sie selbstständig erarbeiten? Ist bei den verbindlichen Gegenständen die Möglichkeit des fächerübergreifenden Lernens oder das Lernen an außerschulischen Lernorten gegeben? Die in den Fragen genannten Anforderungen werden im Lehrplan gefordert. Ob sie in den einzelnen Bereichen berücksichtigt werden, wird in den folgenden Punkten näher analysiert.

[...]


[1] Kaiser, A. (2006): Neue Einführung in die Didaktik des Sachunterrichts, S. 289 f.

[2] Gläser, E. (2004): Sachunterrichtlicher Schulanfang. In: Kaiser, A. / Pech, D. (Hrsg.): Neuere Konzeptionen und Zielsetzungen im Sachunterricht, S. 85.

[3] Richtlinien und Lehrpläne zur Erprobung (2003): Sachunterricht, Verbindliche Anforderungen, S. 64-65.

[4] Ebd. S. 56.

[5] Richtlinien und Lehrpläne zur Erprobung (2003): Sachunterricht, Vielfalt als Chance und Herausforderung, S. 14.

[6] Richtlinien und Lehrpläne zur Erprobung (2003): Sachunterricht, Verbindliche Anforderungen, S. 64.

[7] GDSU (2001): Fünf Perspektiven für den Sachunterricht, In: Grundschule 4/2001, S. 9-14.

[8] Richtlinien und Lehrpläne zur Erprobung (2003): Sachunterricht, Kenntnisse, S. 56.

[9] GDSU (2001): Fünf Perspektiven für den Sachunterricht, In: Grundschule 4/2001, S. 12.

[10] Meier, R. (1997): Sachunterricht in der Grundschule, S. 53.

[11] Meier, R. (1997): Sachunterricht in der Grundschule, S. 53f.

[12] Richtlinien und Lehrpläne zur Erprobung (2003): Sachunterricht, Fächerübergreifendes und problemorientiertes Lernen, S. 58.

Ende der Leseprobe aus 17 Seiten

Details

Titel
Sachunterricht als Anfangsunterricht
Untertitel
Eine Analyse der Richtlinien und Lehrpläne Nordrhein- Westfalens von 2003
Hochschule
Universität Paderborn
Autor
Jahr
2007
Seiten
17
Katalognummer
V87353
ISBN (eBook)
9783638032803
ISBN (Buch)
9783638929530
Dateigröße
415 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Sachunterricht, Anfangsunterricht
Arbeit zitieren
Ina Jungandreas (Autor:in), 2007, Sachunterricht als Anfangsunterricht, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/87353

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