Gesellschaften verändern sich, entwickeln sich weiter. Worauf begründen sich diese Veränderungen? Was löst diese Veränderungen aus? Die Evolution kennt kein planvolles Handeln, sie geschieht einfach. Was beeinflusst und prägt diese planlose Weiterentwicklung einer Gesellschaft? Die Medien. Medien wie Schrift, wie Bücher stürzen ganze Strukturen um. Medien besitzen die Macht, Gesellschaftsstrukturen zu verändern, zu formen.
Der Wandel von einer Gesellschaftsform zur nächsten wird in Medientheorien anhand des Begriffes der Medien behandelt : „Medien sind die notwendige Infrastruktur sozialer Prozesse und der modernen (Welt-) Gesellschaft; Medien entstehen aus (r)evolutionären Wechselwirkungen mit den Gesellschaftsstrukturen, bevor sie sich dann eigenlogisch etablieren; Medien konstituieren, strukturieren und limitieren oder erweitern fortlaufend Handlungen und Kommunikationen; und Massenmedien verbreiten mittels ihrer Berichterstattung weltweit relevante Informationen und wirken dadurch integrierend.“ (Ziemann 2006: 9).
Ziemann beschreibt in diesen wenigen Zeilen umrisshaft, wie Medien unsere Gesellschaft prägen und strukturieren und spricht somit davon, in welcher Relation die Gesellschaft und Medien denn zueinander stehen.
Während die heutige moderne Welt, wie wir sie kennen, bereits mehrmals medial revolutioniert und zugleich verändert wurde, dies durch Schrift, Buchdruck, den Fernseher und den Computer bzw. das world wide web als klassische und moderne (Massen)Medien , kann in einer oralen Kultur nichts von alledem konstatiert werden.
Orale Kulturen und Oralität als Gegenstand dieser Seminararbeit sollen näher beleuchtet werden, insbesondere die Art, wie in einer nicht literalisierten Gesellschaft die Möglichkeit besteht, Wissen zu verwahren und der nächsten Generation zu überliefern.
Das Wissen einer Generation kann in literalisierten Gesellschaften in Büchern „aufbewahrt“ werden, das heisst, der Mensch bedient sich des Papiers und seiner Fähigkeit des Schreibens, um einen fast unumgänglichen Vorgang des Vergessen doch noch zu umgehen: Erlebnisse, Erfahrungen, Gedanken und vieles mehr werden schriftlich festgehalten. Noch viele Jahre später werden die nachfolgenden Generationen diese persönlichen Erfahrungen und Erkenntnisse dank des Niederschreibens nachvollziehen und sogar anwenden können.
Wie verhält es sich damit in einer nicht oder nur sehr oberflächlich literalisierten Gesellschaft?
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Oralität(sforschung)
- Mündliche Kommunikation - Orale Kulturen.
- Das Gedächtnis als Speichermedium: individuell und kollektiv zugleich........
- Kommunikatives und kulturelles Gedächtnis: Formen kollektiver Erinnerung.….……………………………..
- Partizipationstruktur: Feste und Riten.....
- Oral Poetry, das Epos und Mnemonik
- Soziales Vergessen..
- Schlussbetrachtung..
- Literaturverzeichnis:...
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Seminararbeit befasst sich mit der Oralität in nicht-literalisierten Gesellschaften. Sie untersucht die Mechanismen der Wissensverwahrung und -überlieferung in oralen Kulturen und beleuchtet dabei die Rolle des Gedächtnisses, der sozialen Strukturen und der traditionellen Praktiken. Ziel ist es, ein tieferes Verständnis für die Funktionsweise der Wissensbewahrung in Gesellschaften ohne schriftliche Überlieferung zu entwickeln.
- Das Gedächtnis als zentraler Wissenspeicher in oralen Kulturen
- Die Bedeutung von Tradition, Ritualen und Festen für die Weitergabe von Wissen
- Die Rolle von mündlicher Überlieferung und Erzähltraditionen in der Wissensvermittlung
- Die Herausforderungen des Vergessens in oralen Gesellschaften
- Die Relevanz von Oralitätsforschung für das Verständnis früherer und gegenwärtiger Gesellschaften
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung führt in die Thematik der Oralität und ihrer Bedeutung für das Verständnis gesellschaftlicher Veränderungen ein. Sie beleuchtet die Rolle von Medien und deren Einfluss auf die Struktur und Entwicklung von Gesellschaften, wobei der Fokus auf der Unterscheidung zwischen oralen und literalisierten Gesellschaften liegt.
Im zweiten Kapitel wird der Begriff „Oralität“ näher beleuchtet und in Bezug gesetzt zu segmentären Gesellschaften, die keine oder nur sehr geringe Schriftlichkeit aufweisen. Es werden die Kommunikationsstrukturen und Besonderheiten oraler Kulturen untersucht, die sich von schriftgeprägten Gesellschaften unterscheiden. Die Kapitel fokussiert zudem auf die Bedeutung des Gedächtnisses als zentrales Speichermedium in oralen Gesellschaften.
Das dritte Kapitel widmet sich dem Thema des Gedächtnisses in oralen Kulturen. Es befasst sich mit dem individuellen und kollektiven Gedächtnis sowie den Formen der kollektiven Erinnerung. Die Rolle von Festen und Ritualen als Mittel zur Wissensvermittlung und Tradierung wird beleuchtet. Dieses Kapitel beleuchtet auch die Bedeutung von "Oral Poetry" und epischen Erzähltraditionen in Bezug auf Mnemonik und Wissensbewahrung.
Das vierte Kapitel thematisiert das soziale Vergessen und seine Funktion in oralen Kulturen. Es wird dargestellt, wie das Vergessen notwendiger Bestandteil des Gedächtnisprozesses ist, um Raum für Neues zu schaffen. Anhand von Elena Esposito's Ansätzen wird die Bedeutung des Vergessens für die kognitive und kulturelle Entwicklung von Gesellschaften erläutert.
Abschließend werden im fünften Kapitel die Schlussfolgerungen der Arbeit zusammengefasst und die Relevanz der Ergebnisse für das Verständnis von Oralität und deren Bedeutung in der heutigen Zeit diskutiert.
Schlüsselwörter
Die Seminararbeit befasst sich mit zentralen Begriffen und Themen wie Oralität, Mündlichkeit, Gedächtnis, Wissen, Tradition, Rituale, Feste, Mnemonik, Vergessen, und Oralitätsforschung. Diese Begriffe werden im Kontext von nicht-literalisierten Gesellschaften und der Wissensvermittlung in oralen Kulturen betrachtet.
- Arbeit zitieren
- Melanie Riesen (Autor:in), 2007, Oralität: Wissensverwahrung und –überlieferung in oralen Kulturen, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/87407