Im Rahmen dieser Arbeit soll, anhand des Beispiels des wohl „bekanntesten Theologenprozesses des 12. Jahrhunderts“ in Sens 1141 gegen Peter Abaelard, der Versuch unternommen werden, die Vorgehensweise gegen vermeintliche Häretiker des Mittelalters darzustellen. Dabei muss aber im Vorfeld erklärt werden, dass es sich ausschließlich um Theologen- bzw. Ketzerprozesse des 12. Jahrhunderts handeln wird. Begründet liegt diese Abgrenzung darin, dass sich nicht nur das Ketzertum in der Zeit vom 11. zum 12. Jahrhundert stark verändert hat, sondern auch die Prozesse gegen Ketzer. Ketzer des 11. Jahrhunderts debattierten nur in geschlossenen Kreisen und versuchten durch „Weltflucht ihre strenge Lebenshaltung zu verwirklichen“. Sie waren darum bemüht über „stille Missionsarbeit“ Anhänger zu gewinnen. Die Ketzer des 12. Jahrhunderts waren dagegen we¬sentlich offensiver in ihrem Vorgehen. Sie traten mit ihren Überzeugungen nach Außen, versuchten durch aggressive Predigten und der zum Teil verbreiteten Bereitschaft zu physischer Gewalt die Kirche zu erreichen und somit zu Reformen zu bewegen. Überdies muss unterschieden werden zwischen dem „volkstümlichen Ketzertum“, das heißt einem Ketzertum, das überwiegend aus Laien bestand, und der Häresie der Gebildeten. Ist in dieser Arbeit also die Rede von dem Ketzertum, so handelt es sich ausschließlich um das Ketzertum der Gebildeten des 12. Jahrhunderts.
Um ein recht deutliches Bild über die Ketzerprozesse des 12. Jahrhunderts zeichnen zu können, wird der Prozess gegen Peter Abaelard in Sens 1141 dargelegt werden. Dabei wird der Hauptteil der Arbeit in zwei Abschnitte unterteilt. Im ersten Abschnitt sollen die Eingangsvoraussetzungen um Abaelard, seine Theorien und seine Person dargelegt werden. Der zweite Abschnitt wird auf das eigentliche kanonistische Verfahren näher eingehen, um im weiteren Verlauf die Frage beantworten zu können, inwieweit der Prozess gegen Abaelard repräsentativ war.
Für den Prozesse von Sens 1141 erstreckt sich eine ganze Masse an Quellen, die die Umstände der Verhandlung ausgesprochen detailliert beleuchten können. Zu nennen wäre zum einen GOTTFRIED VON AUXERRE, der zur Anhängerschaft Bernhards von Clairvaux, dem eigentlichen Ankläger Abaelards, zählte, OTTO VON FREISING, der zu den neutralsten
Berichterstattern dieser Zeit gehört, sowie einige Berichte des Erzbischofs von Sens und Reims an Papst Innozenz II..
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Abaelard, der orthodoxe Rebell
- Der Reformer Abaelard
- Der Weg zum Konzil von Sens 1140-Der Konflikt zwischen Peter Abaelard und Bernhard von Clairvaux
- Das kanonistische Verfahren gegen Abaelard
- Die Denuntiatio Evangelica
- Der eigentliche Prozess in Sens 1140
- Die Folgen des Prozesses und der abschließende Urteilsspruch
- Fazit
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit untersucht die Vorgehensweise gegen vermeintliche Häretiker im Mittelalter, am Beispiel des Ketzerprozesses gegen Peter Abaelard in Sens im Jahr 1140. Der Fokus liegt dabei auf der Darstellung der Prozesse des 12. Jahrhunderts, da sich sowohl das Ketzertum als auch die Prozesse gegen Ketzer in dieser Zeit deutlich verändert haben.
- Der Wandel des Ketzertums vom 11. zum 12. Jahrhundert
- Die Unterschiede zwischen dem „volkstümlichen Ketzertum“ und der Häresie der Gebildeten
- Die Persönlichkeit und Theorien von Peter Abaelard
- Das kanonistische Verfahren gegen Abaelard in Sens 1140
- Die Rolle der päpstlichen Autorität und die Anfänge der Institutionalisierung der Ketzerprozesse
Zusammenfassung der Kapitel
Einleitung: Die Einleitung stellt das Thema der Arbeit und die Abgrenzung auf Ketzerprozesse des 12. Jahrhunderts vor. Sie erklärt den Wandel des Ketzertums und die unterschiedlichen Formen des Ketzertums im 11. und 12. Jahrhundert. Außerdem werden die wichtigsten Quellen und die Forschungsliteratur zu diesem Thema vorgestellt.
Abaelard, der orthodoxe Rebell: Dieser Abschnitt beleuchtet die Persönlichkeit und die Theorien von Peter Abaelard. Er befasst sich mit Abaelards Leben, seiner Ausbildung, seinen wissenschaftlichen Positionen und seinen Konflikten mit anderen Theologen.
Das kanonistische Verfahren gegen Abaelard: In diesem Abschnitt wird das Verfahren gegen Abaelard in Sens 1140 im Detail dargestellt. Die Denuntiatio Evangelica, der eigentliche Prozess und die Folgen des Prozesses werden beleuchtet.
Schlüsselwörter
Ketzerverfolgung, Mittelalter, Peter Abaelard, Konzil von Sens 1140, Bernhard von Clairvaux, Häresie, kanonistisches Verfahren, Denuntiatio Evangelica, päpstliche Autorität, Institutionalisierung, Inquisition, Schauprozess.
- Quote paper
- Toni Rudat (Author), 2007, Ketzerverfolgungen im Mittelalter am Beispiel des Ketzerprozesses in Sens 1140 gegen Peter Abaelard, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/87450