Christenlehre in der DDR - Entwicklung, Konzeption und Ausblick


Examensarbeit, 2005

68 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Stand der Forschung

3. Merkmale der sozialistischen Staatsideologie
3.1. Gesellschaft und Erziehung
3.1.1. FDJ und Pionierorganisation
3.1.2. Die Schule
3.1.2.1. Die Schulbücher
3.1.2.2. Die Stellung der Lehrer
3.2. Die Entwicklung des Verhältnisses zwischen Kirche und Staat
3.2.1. Die Jugendweihe

4. Die Christenlehre als Religionsunterricht ohne Schule
4.1. Die Diskussion um Lehrpläne und Konzeption der Christenlehre Die Schwerpunkte des kirchlichen Unterrichts nach
4.1.1. Die katechetische Neuorientierung
4.1.1.1. „Das konfirmierende Handeln der Gemeinde“
4.2. „Die Christenlehre. Zeitschrift für das katechetische Amt“
4.3. Die Entwicklung des Katechetenstands
4.4. Die Anforderungen an den Katecheten
4.5. Aufgaben und Ziele der Christenlehre
4.6. Die Umsetzung in der Praxis
4.6.1. Die einzelne Christenlehrestunde
4.7. Der Aspekt der Seelsorge
4.8. Die Bedeutung der Eltern für die Christenlehre
4.9. Beweggründe für die Teilnahme

5. Das Spannungsfeld zwischen christlicher Pädagogik und staatlicher Volksbildung
5.1. Die Kinder zwischen Kirche und Schule
5.2. Die Eltern zwischen Kirche und Staat
5.3. Die Kirche als Kollaborateur oder als Opponent?

6. Bilanz

7. Ausblick

8. Quellen- und Literaturverzeichnis

1. Einleitung

Nach dem Ende des 2. Weltkrieges musste sich das deutsche Volk einem Neuanfang stellen. Das Land wurde unter den Siegermächten in Zonen aufgeteilt. Die Politik der Besatzungsmächte war von Anfang an sehr unterschiedlich, worauf eine zunehmend große Diskrepanz zwischen den Westmächten und dem von der Sowjetunion beeinflussten Osten entstand. Die zunehmend divergierenden Ansichten ließen den Wiederaufbau eines einheitlichen Staates unmöglich erscheinen. Die gesellschaftliche und politische Entwicklung führte schließlich 1949 zur Entstehung zweier deutscher Staaten. Die drei Westmächte stellten sich gegen die Sowjetische Besatzungszone (SBZ) und legten ihre Zonen zusammen, woraufhin sich nach der Gründung der Bundesrepublik Deutschland der zweite deutsche Staat durch die Inkraftsetzung der Verfassung der Deutschen Demokratischen Republik (DDR) konstituierte.

Die Anfangsjahre der SBZ/DDR waren zunächst geprägt durch ein entspanntes Verhältnis zwischen Kirche und Staat. Zusammen sorgte man für den Aufbau eines antifaschistischen Gemeinschaftslebens. Mit der Verfassung der DDR wurden Staat und Kirche voneinander getrennt, den Bürgern aber Glaubens- und Gewissensfreiheit gewährleistet.

In Abhängigkeit der Sowjetunion wurde schrittweise der Aufbau des Sozialismus unter der führenden Partei, der Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands (SED), durchgesetzt. Neben der wirtschaftlichen Produktion war das Bildungs- und Erziehungssystem mit dem Zweck, das Denken jedes Einzelnen zu beeinflussen, das zweite große Hauptaktionsfeld in der Transformationspolitik der DDR.

Unter dem Aspekt einer wissenschaftlichen Weltanschauung, deren Vermittlung in allen Bildungseinrichtungen höchste Priorität gewann, musste der Religionsunterricht schließlich aus den Schulen entfernt werden. Gesetzlich festgelegt, wurde er dem Zuständigkeitsbereich der Kirche unterstellt und bildete mit der Bezeichnung Christenlehre eine Alternative zur staatlichen Pädagogik.

Ebenso gestaltete sich das Verhältnis zwischen Kirche und Staat zunehmend diffiziler. In einem auf Wissenschaftlichkeit und Materialismus begründeten Weltbild hatte die Religion keinen Platz mehr. Im Gegensatz zum Individualismus wurde dem Konformismus gefrönt, in der Hoffnung durch jene Gleichschaltung ein optimales Ziel für die Umsetzung des Sozialismus zu erreichen.

Die DDR als totalitärer Staat hatte der Kirche jeglichen Einfluss auf das öffentliche Bildungssystem untersagt und der Religion einen zunehmend „insulären“ Charakter verliehen.

Die neu hinzugewonnene Verantwortung der Kirchen, den Religionsunterricht selbstbestimmend durchzuführen, gab ihnen die Bildungsverantwortung im christlichen Sinne zurück. Wie dies im Einzelnen ausgesehen hat, welchen Schwierigkeiten die Kirche ausgesetzt war und welche Chancen ihr hinsichtlich eines pädagogischen Auftrags eingeräumt wurden, soll in dieser Arbeit analysiert werden. Durch alle Kapitel ziehen sich folgende Fragen wie ein roter Faden: Wie konnte man als Christ in einer sozialistischen Gesellschaft überleben? Was wurde diesbezüglich im Rahmen der Kirche getan? Welche Konzepte wurden entwickelt, um mit der gegebenen Situation umgehen zu können?

Bevor es im Kern dieser Ausarbeitung um Konzeption und Entwicklung von evangelischer Christenlehre in der DDR geht, ist es notwendig die Bedeutung des staatlichen und gesellschaftlichen Kontexts zu verstehen. Eingebettet in einen sozialistisch geprägten Staat ist auf Seiten der Kirche ein religionspädagogisches Konzept entstanden, das nicht umhin kam, auf gesellschaftliche Zusammenhänge zu reagieren und andererseits auch in Abhängigkeit von ihren Entwicklungen stand. Diesbezüglich beschäftigt sich das erste Kapitel mit den Merkmalen sozialistischer Staatsideologie.

Den Mittelpunkt bildet die Auseinandersetzung mit der Christenlehre. Die auf theoretischer Ebene entwickelten Konzeptionen werden in einem ersten Schritt dargestellt und analysiert, wonach eine anschließende Skizzierung hinsichtlich der Umsetzung in der Praxis erfolgt. Aufgrund der Unüberbrückbarkeit zwischen staatlichen und religiösen Werten hat sich im Laufe der Jahre ein Spannungsfeld aufgebaut, in das man als Gläubiger zwangsläufig hineinwuchs. Jene Doppelexistenz beinhaltete nicht nur für Kinder und Eltern erhebliche Schwierigkeiten, auch die Kirche hatte mit ihrer Rolle „zwischen den Stühlen“ zu kämpfen.

Entsprechend widmet sich ein weiteres Kapitel der Brisanz dieses Kontrasts.

Während die Fragen nach christlichem Leben in einer sozialistischen Gesellschaft und der damit verbunden Aufgabe der Kirche bereits vereinzelt in Bezug auf prägnante Punkte interpretierend berücksichtigt werden, trägt schließlich eine kritische Auseinandersetzung mit den bis dahin erarbeiteten Aspekten, die Beantwortung von jenen Fragen zusammen, die sich stringent durch diese Arbeit ziehen.

40 Jahre als Kirche im Sozialismus zu bestehen, hat automatisch zur Entwicklung eines eigenständigen Profils geführt. Durch die neue pädagogische Verantwortung wurden Entwürfe konzipiert, die zu einem lebendigen Gemeindeleben beitrugen. Inwieweit ostdeutsche Konzepte auf Westdeutschland übertragbar sind, soll abschließend in einem kurzen Ausblick diskutiert werden.

Basierend auf dem Konzept der „Qualitativen Inhaltsanalyse“[1] wurde die vorliegende Literatur unter bestimmten Fragestellungen vorerst gesichtet und dann schrittweise unter Berücksichtigung einer ersten Gliederung durchgearbeitet. Die aufgrund einer detaillierteren Einsicht neu entstandenen Kategorien sind zusammen mit den bereits bestehenden überarbeitet und der Prüfung einer zuverlässigen Wissenschaftlichkeit unterzogen worden. Unter dem gestalterischen Aspekt galt es, die Kategorien nach der Überarbeitung wieder auf die ausgehende Fragestellung zu beziehen. Die sogenannte Rückkopplungsschleife, die stets auf den anfangs definierten Untersuchungsgegenstand verweist, dient der Überprüfung neuer Ergebnisse. Nach erster Selektion des vorliegenden Materials entstand unter den bereits genannten Gesichtspunkten und nach endgültiger Bearbeitung der Literatur eine vorerste Ansammlung von Ergebnissen, die dann in einem abschließenden Schritt ausgewertet und zusammengefasst wurden.

Des Weiteren dienen Interviews zum einen dem eigenen Verständnis und werden darüber hinaus zur optimaleren Veranschaulichung bestimmter Verhältnisse benutzt.

2. Stand der Forschung

Die wichtigste Quelle zur DDR-Katechetik ist die Zeitschrift „Die Christenlehre“. Ihr anfänglicher Untertitel „Zeitschrift für das katechetische Amt“ hat sich im Laufe der Zeit in „Zeitschrift für den katechetischen Dienst“ umgewandelt und seit 2005 den Namen „Praxis Gemeindepädagogik“ angenommen. Sie hat die Entwicklung im Bereich der Katechetik während der DDR-Zeit in umfassender Weise dokumentiert und analysiert. Auch nach der Wende finden sich zahlreiche Auseinandersetzungen mit der Christenlehre wieder. Sie beziehen sich jedoch hauptsächlich auf die neu entstandene Diskussion um die Einführung des schulischen Religionsunterrichts. So wird die Christenlehre zwar rückblickend betrachtet, hingegen stets ihr positives Merkmal des ganzheitlichen und praxisbezogenen Lernens im Gegensatz zum Schulunterricht hervorgehoben.

In ähnlicher Weise verfahren Autoren, deren Werke nach der Wiedervereinigung entstanden. Der 1991 veröffentlichte Aufsatzband von Eckart Schwerin „Gemeindepädagogik. Lernwege der Kirche in einer sozialistischen Gesellschaft“[2] bezieht sich vorrangig auf die gesamtkirchliche Aufgabe und wird daher in dieser Arbeit nicht weiter berücksichtigt. Prinzipiell sind im Rückblick auf die gemeindepädagogische Arbeit und die Christenlehre in der Literatur nur Einzelbeiträge vorhanden, die aber noch kein eindeutiges Bild oder unterschiedliche Strömungen entstehen lassen.

Wissenschaftliche Arbeiten, mit dem Versuch einer Gesamtdarstellung sind hauptsächlich in den achtziger Jahren von Heiner Aldebert[3] und Pirkko Lethiö[4] entstanden. Aktuellere Werke, die in den letzten Jahren beispielsweise von Raimund Hoenen[5] und Nikolaus Hueck[6] erschienen, legen ihren Schwerpunkt ebenfalls nicht auf die Christenlehre oder zeigen unterschiedliche Deutungsansätze diesbezüglich auf. Die Christenlehre wird in den meisten Fällen als Unterpunkt einer Analyse des Gesamtkatechumenats aufgegriffen. Dennoch liefern beide Untersuchungen hilfreiche Einblicke in katechetische Diskussionen der DDR.

Roland Degen und Götz Doyé haben eine Sammlung[7] herausgegeben, die aufgrund des Referats von Karl Ernst Nipkow zusammengestellt wurde. Der westdeutsche Theologe und Pädagoge hat 1994 auf dem Gesamtephorenkonvent der Evangelischen Kirche den Versuch unternommen, sich mit Grundpositionen religionspädagogischer Konzepte Ostdeutschlands auseinander zu setzen, um einen Konsens für zukünftige Zusammenarbeit zu finden. Aufgrund der damaligen Aktualität hat die Arbeitsstelle Berlin des Comenius-Instituts veranlasst, das Referat möglichst weitreichend bekannt zu machen und gleichzeitig ostdeutsche Katechetiker und Kirchenvertreter damit beauftragt, Anmerkungen aus ostdeutscher Sicht hinzuzufügen. Da jenes Werk in erster Linie der Diskussion um den neuen Religionsunterricht dient, findet es nur bedingt Verwendung.

Was der heutigen Forschung fehlt ist eine aktuelle Gesamtdarstellung der Christenlehre, die einen Einblick in die Religionspädagogik während des Sozialismus gibt. Aufgrund der Divergenz zwischen sozialistischer Staatsideologie und christlicher Werte ist ein Spannungsfeld entstanden, das sowohl das Verhalten der Menschen als auch das Handeln der Kirche, Religion und ihrer Pädagogik beeinflusste. Dieser brisante Aspekt fehlt in heutigen Untersuchungen gänzlich, da sich die Forschung bisher mit vielen Einzelbeiträgen über unterschiedliche Teilaspekte beschäftigt hat. Ebenso bedeutsam ist die Frage nach eventuell übertragbaren Konzepten auf unsere Religionspädagogik. Inwieweit bereichert es aktuelle Diskussionen und darüber hinaus die Bedeutung und den Stellenwert religionspädagogischer Inhalte? Da auch in heutiger Zeit eine zunehmende Marginalisierung von Kirche und Religion stattfindet, ist eine Betrachtung ostdeutscher Konzepte nahezu unausweichlich.

Auf all diese Fragen soll die vorliegende Arbeit eine Antwort finden.

Bezüglich des Aspekts der Übertragbarkeit wäre eine weitergehende Forschung wünschenswert. Ebenso eine vergleichende Analyse ost- und westdeutscher Entwicklungen. Neben der Verwendung für gegenwärtige oder zukünftige Pädagogik könnte auch ein rückblickender Vergleich mit dem Konzept der „Evangelischen Unterweisung“ eine interessante Untersuchung sein.

3. Merkmale der sozialistischen Staatsideologie

3.1. Gesellschaft und Erziehung

„Die Veränderungen des Menschen, seiner Auffassungen und Haltungen, seines Bewußtseins und seiner Moral ist die größte historische Leistung, die der Sozialismus hervorbringt“.[8] Margot Honecker, einstige Bildungsministerin der Deutschen Demokratischen Republik, verdeutlichte mit ihrer Aussage auf dem Pädagogischen Kongress der DDR 1978, dass die sozialistische Doktrin die Formbarkeit des Menschen impliziert. Damit verbunden war die Wandlung vom egoistischen Individuum der kapitalistischen Gesellschaft zum kollektiv empfindenden Mitglied der sozialistischen Gemeinschaft.

Die auf der Grundlage des Sozialismus basierende, vorherrschende politische Herrschaftsstruktur war durch den Anspruch der SED gekennzeichnet, in allen politischen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Fragen die alleinige Entscheidungskompetenz zu besitzen. Sie berief sich dabei auf eine umfassende, „einzig richtige“ Weltanschauung, die marxistisch-leninistische Ideologie.

Der Focus des Marxismus-Leninismus lag in erster Linie auf der Arbeiterklasse. Über den philosophischen Anspruch hinaus wollte dieser ein Konzept für die Verbesserung der Lebensumstände der arbeitenden Menschen darstellen und wurde deshalb auch „die wissenschaftliche Weltanschauung der Arbeiterklasse“ genannt. Der Anspruch auf Wissenschaftlichkeit wurde daraus abgeleitet, dass ihre Erkenntnistheorie alle Auffassungen rational begründen und integrieren kann und deshalb eine richtige Widerspiegelung der Welt darstellte. Abweichungen von dieser Weltanschauung wurden nicht akzeptiert und als unwissenschaftlich tituliert. Demzufolge hieß es in der Sprache der Partei sinngemäß: „Wer nicht für uns ist, ist gegen uns“.[9]

Atheismus und Religionskritik gehörten ohne Zweifel zu dieser „wissenschaftlichen Weltanschauung“ des Marxismus-Leninismus. So beschrieb dieser die Religion als „idealistische Welt- und Lebensanschauung, in der als primäre Ursache des natürlichen und gesellschaftlichen Geschehens ein persönlicher Gott angesehen wird“.[10]

Demnach war Religion für den Marxisten-Leninisten ein ausschließlich gesellschaftliches Phänomen und galt als wissenschaftsfeindlich und weltfremd, da der Glaube an einen Gott nicht nachweisbar ist.[11]

Um der Entstehung von Feindschaften entgegen zu wirken, hat die SED permanent versucht die Gesellschaft von ihrer Ideologie mittels Medien, Bildungsinstitutionen und Massenorganisationen zu überzeugen und mit entsprechender Überwachung zu kontrollieren.[12]

So bezeichnete auch DER SPIEGEL in seiner Ausgabe 33/95 nicht zu Unrecht die DDR als „ Erziehungsdiktatur[13] und verdeutlichte somit die massive ideologische Einwirkung, die für den Erhalt des Systems nötig war. Folglich fand eine (Um-) Erziehung jedes Einzelnen statt, die über die traditionellen Erziehungs- und Bildungsinstitutionen hinaus, bis in das Privatleben hineinwirkte.[14]

Das Familiengesetzbuch der DDR sieht unter anderem vor, dass „ die Erziehung der Kinder zugleich Aufgabe und Anliegen der gesamten Gesellschaft (§3)“ ist. Das Ziel der Erziehung sei es zudem, die Kinder „zu geistig und moralisch hochstehenden und körperlich gesunden Persönlichkeiten heranzubilden, die die gesellschaftliche Entwicklung bewußt mitgestalten.[...], die Eltern ihre Kinder zur sozialistischen Einstellung zum Lernen und zur Arbeit“, [...], zur Einhaltung der Regeln des sozialistischen Zusammenlebens [...] erziehen (§42) “.[15] Aus Angst als staatsfeindlich angesehen zu werden und somit in Schwierigkeiten zu geraten, schickten die meisten Eltern ihre Kinder zu den Pionieren oder der Freien Deutschen Jugend (FDJ)[16]. Doch auch zum Schutz des Kindes entschieden Erziehungsberechtigte oft gegen ihre eigenen Grundsätze oder Ansichten. Der große Antagonismus zwischen Überzeugung und tatsächlichem Handeln wurde zunehmend problematisch und auch in Bezug auf religiöse Einstellungen nahezu unüberbrückbar. Die Tatsache, dass manche Eltern sich erst dann Westfunk- und fernsehen gestatteten, wenn ihre Kinder nicht mehr zugegen waren, gehörte zu den absurden Ausmaßen dieser Zustände, ließ aber auch eindeutig Rückschlüsse auf die Einschüchterung von Seiten des Staates zu.[17]

Ziel einer so geführten Gesellschaft war die Überwindung von Klassengegensätzen und der damit häufig verbundenen Ausbeutung der Menschen untereinander. Es wurde somit der Übergang in die klassenlose Phase, den Kommunismus, geschaffen, dessen Umsetzung höchstes Bestreben der SED war. Ebenso bedeutend war die Übereinstimmung der persönlichen Lebenshaltung mit den Erkenntnissen der marxistisch-leninistischen Weltanschauung und den Normen der kommunistischen Moral. Nur auf diese Weise konnte sich der junge Mensch zu einer „sozialistischen Persönlichkeit“ entwickeln, die sich durch Vertrauen in die Führung auszeichnete. Nach diesen Vorstellungen richteten sich neben der Schule auch die FDJ und Pionierorganisation, die zudem zur Politisierung und Gleichschaltung der Schule konzipiert wurden.

3.1.1. FDJ und Pionierorganisation

Um den Vorrang staatlicher Erziehungsziele weiterhin zu sichern und nichtstaatliche Erziehung zu verhindern, baute die SED von Anfang an ein komplexes Netz öffentlicher Erziehungsinstanzen auf. Wie bereits erwähnt, war die Erziehung von Kindern und Jugendlichen in der DDR von Anfang an auch eine Angelegenheit des Staates, wie man an den Kinderkrippen, die Kinder unter drei Jahren aufnahmen, und Horten erkennen konnte.

Die SED war immer darauf bedacht, die Jugend an sich, ihre Ideologie und den Kommunismus zu binden. Bei diesem Unterfangen wurde nichts dem Zufall überlassen.

Die Bewegungsräume der Jugendlichen wurden zunehmend eingeschränkt und mit bürokratischer Genauigkeit bis ins Letzte geplant und durchstrukturiert. Möglichst jeder Jugendliche sollte in ein Kollektiv eingegliedert werden, das einer politischen Kontrolle unterstand. Um dies zu ermöglichen, wurde am 7. März 1946 die Jugendorganisation Freie Deutsche Jugend (FDJ) als Instrument zur Einflussnahme gegründet. Unter ihrer Leitung stand die 1947 ins Leben gerufene Kindervereinigung „Pionierorganisation Ernst Thälmann“, die Schulkinder im Alter von 6 bis 13 Jahren erfasste. Im Alter von 14 Jahren wurden diese schließlich in die FDJ aufgenommen. Beide Organisationen waren untrennbar mit der Schule verzahnt und hatten ihre eigenen Begegnungsstätten (FDJ-Clubs und Pionierhäuser).[18]

Nahezu jeder Bürger der DDR musste diese staatlich-öffentlichen Organisationen durchlaufen, aktiv an ihnen teilnehmen und konnte sich somit dem Einfluss des Staates nicht entziehen. Vorrangiges Ziel beider Organisationen war die Heranbildung von systemkonformem Verhalten durch ausgeübten Disziplinierungs- und Anpassungsdruck.

Die Zugehörigkeit zu den Organisationen wurde von den Kindern als normal und selbstverständlich aufgenommen. Subjektive Schilderungen von Erinnerungen an die Organisationen von ehemaligen Mitgliedern fallen meist sehr positiv aus, da zahlreiche Möglichkeiten zur Gestaltung der Freizeit geboten wurden. Die wirklichen Absichten der SED konnte man als Kind natürlich zunächst nicht erkennen.[19] Beide Organisationen „stellten eine Art paralleles Erziehungssystem zur Schule dar“.[20] Durch die enge Zusammenarbeit mit der Schule verwischten die Unterschiede zwischen Schule und den Organisationen im Laufe der Zeit zunehmend.[21] Dennoch galt sie neben der FDJ und der Pionierorganisation als zentrale Erziehungs-, Bildungs- und Sozialisationsinstanz der DDR-Gesellschaft.

3.1.2. Die Schule

Nach Kriegsende mussten alle Besatzungsmächte, so auch die Sowjetunion in der SBZ, die Folgen des Nationalsozialismus beseitigen. In allen Zonen wurden zunächst die Schulen vorübergehend geschlossen. Bevor sie im Herbst 1945 wiedereröffnet werden sollten, mussten Lehrer, Lehrpläne und auch Lehrmaterialien, insbesondere Geographie- und Geschichtsbücher, entnazifiziert werden. Allerdings waren die Wiedereröffnungen ungenügend vorbereitet, aber dies wurde in Kauf genommen, um die Jugend von den Straßen zu holen. Da in dieser kurzen Zeit weder ausreichendes neues Lehrmaterial beschafft werden konnte, noch die Lehrkonzepte ausgereift waren, knüpfte man in den Schulen zunächst an die Weimarer Republik an. Wegen Lehrermangels mussten pensionierte Lehrkräfte und Studenten als Hilfskräfte eingestellt werden. Der Schulbetrieb gestaltete sich insgesamt also sehr provisorisch.[22]

Als im Mai/Juni 1946 das „Gesetz zur Demokratisierung der deutschen Schule“ erlassen wurde, ging damit eine Einstellung von 40 000 Neulehrern einher, die sich über die ersten drei Jahre der SBZ erstreckte. Ihre politische Gesinnung sollte einwandfrei, antifaschistisch-demokratisch sein, um somit den gesamten Lehrkörper umgestalten zu können. Die Aufhebung der Bildungsprivilegien einzelner Schichten, sowie die Errichtung eines einheitlichen Schulsystems sollten allen Kindern unabhängig ihrer sozialen Herkunft die Chance auf gleiche hochgradige Bildung gewähren.[23]

Im Vorwort des Gesetzes, welches sich inhaltlich ganz deutlich von bisherigen Schulen in Deutschland und insbesondere von faschistischen Einflüssen abgrenzte, heißt es unter anderem, ein demokratisches Deutschland könne nur erschaffen werden, wenn zuallererst die deutschen Schulen demokratisiert werden würden. Sie müssen „frei sein von allen Elementen des Militarismus, des Imperialismus, der Völkerverhetzung und des Rassenhasses“.[24]

Bestehend aus sieben Paragraphen, beschreibt der erste die Ziele und Aufgaben der Schule. Durch Förderung ihrer Selbständigkeit und ihres Verantwortungsbewusstseins sollen sich die Schüler zu Menschen entwickeln, die sich voll in den Dienst der Gemeinschaft des Volkes stellen können und wollen. Die weiteren Paragraphen regeln den Aufbau der deklarierten „demokratischen Einheitsschule“, in der die Erziehung vom Kindergarten bis zur Universität einbegriffen ist.[25]

Privatschulen wurden verboten, da sie „als privilegierte Anstalten [...] demokratischen Erziehungsprinzipien“[26] nicht entsprechen würden.

Es hat in dem Bestehen der DDR noch weitere Umstrukturierungen des Schulsystems gegeben, deren Betrachtung jedoch für den Verlauf dieser Arbeit nicht relevant ist. Es sei nur soviel gesagt, dass ein Übergang zur „sozialistischen Schule“ beschlossen wurde, damit „die Arbeit zum Lebensinhalt“[27] eines jeden Bürgers der DDR und der Sozialismus verwirklicht werde.

Inhaltsreicher im Hinblick auf die folgenden Ausführungen gestalten sich die Anfänge, beginnend mit dem „Gesetz zur Demokratisierung der deutschen Schule“.

Bezogen auf die Religion wurde mit diesem Inkrafttreten ein Meilenstein gelegt, dessen Auswirkung sich von nun an durch die Jahre der DDR-Geschichte zog. Insofern nämlich, als der Paragraph 2 des Gesetzes besagt, dass „ die schulische Erziehung der Jugend ausschließlich Angelegenheit des Staates “ ist und „ der Religionsunterricht Angelegenheit der Religionsgemeinschaften “.[28]

Der Religionsunterricht wurde aus dem Zuständigkeitsbereich der Schule verbannt.

Die Trennung von Kirche und Staat war somit besiegelt und die Schule zunehmend säkularisiert. Trotz vehementer Proteste seitens der Kirche, die sich eindeutig gegen die Entwicklung zur weltlichen Schule aussprach, musste diese fortan den Religionsunterricht eigenverantwortlich gestalten und durchführen. Während auf der einen Seite die Kirche stets den Wunsch eines geregelten Nebeneinander von „weltlicher“ und christlich-religiöser Unterweisung an der Schule hegte, verfolgten auf der anderen Seite die verantwortlichen Parteifunktionäre das Ziel den Religionsunterricht ganz aus der Schule zu verdrängen. Denn auch wenn dieser zu jenem Zeitpunkt bereits dem kirchlichen Verantwortungsbereich unterlag, so durfte er dennoch in den Räumen der Schule stattfinden.[29]

3.1.2.1. Die Schulbücher

An dieser Stelle wäre zu hinterfragen, ob es einen vergleichbaren Ersatz zum Religionsunterricht an den Schulen gegeben hat. Wie sind religiöse Werte vermittelt worden oder wurde auf diese Art von Wertevermittlung gänzlich verzichtet?

Im Jahre 1986/87 hat es hierzu eine umfassende Schulbuchanalyse gegeben, die von der „Kommission für Kirchliche Arbeit mit Kindern und Konfirmanden“ (KKKK) durchgeführt wurde. Analysiert wurden Bücher der Fächer Heimatkunde, Geschichte, Staatsbürgerkunde und Deutsch. Der Fokus lag hierbei auf den Aspekten Religion und Kirche. Da kein Anspruch einer direkten, eigenständigen Verantwortung der gesellschaftlichen Institution Kirche für das öffentliche Bildungssystem bestand, beschränkte sich die Zielgruppe der Interessenten auf kirchliche Mitarbeiter und christliche Eltern. Somit blieben die Ausführungen unveröffentlicht und liegen heute dem Archiv des sächsischen Landeskatecheten in maschinenschriftlicher Form als Hektographie vor.[30]

Bezüglich der Ergebnisse im Hinblick auf die Gesichtspunkte Religion und Kirche hat sich die Kommission wie folgt geäußert:

Kirchen und der Beitrag der Christen zur Gestaltung der Gesellschaft werden aus dem Gesellschaftsbild ausgeblendet. Die Negativbeschreibung der Rolle von Kirche und Religion in der Vergangenheit überwiegt. Die Schuldgeschichte der (mittelalterlichen) Kirche wird ausgebreitet. Die Rolle der Priester wird fast ausschließlich in ökonomischer Hinsicht beschrieben und bewertet. Bei der Darstellung der Entstehung des Christentums und der Reformationszeit dominieren ausschließlich sozial-ökonomische Aspekte. Die innere Dynamik wird nicht aufgegriffen. Für das 19. Jahrhundert werden Kirche und Christen als Randerscheinung der Geschichte behandelt. Traditionell christliche Feste werden umgedeutet “.[31] So beschreibt eine noch heute im Schuldienst beschäftigte Lehrerin: „Ich erinnere mich noch genau daran, dass sogar irgendwann die ‚Weihnachtsferien’ umbenannt wurden in ‚Ferien zum Jahreswechsel’“.[32]

Um Bezüge zur kirchlichen Bildungsarbeit herstellen zu können, widmete sich die Kommission der Betrachtung gewisser Defizite bezüglich der Stoffverarbeitung. Dem Thema „Revolutionäre und kommunistische Persönlichkeiten“ sollten im kirchlichen Unterricht die Beispiele von „christlichen Pionieren sozialen Denken und Handelns“ entgegengesetzt werden. Ebenso konnte man ethische Elemente der sozialistischen Gesellschaft auf christliche Wurzeln zurückführen: Verhaltensweisen wie Hilfsbereitschaft, Rücksichtnahme, Achtung vor dem Anderen, die der christlich-abendländischen Tradition entlehnt waren, standen nun interessanterweise unter dem Deckmantel der kommunistischen Moral.

Auch hinsichtlich der pädagogischen Aufgabe beinhaltete das marxistische Konzept, das Kind nicht als Individuum, sondern im Kollektiv zu sehen. Dies hatte zur Folge, dass Leistung und Disziplin vor Interessen und Bedürfnissen der Schüler standen und sie somit nur als Objekt gesellschaftlicher Erziehungsinhalte und Verhaltensweisen betrachtet wurden.[33]

Doch auch den Lehrern stand jeden Tag aufs Neue eine große Aufgabe bevor.

3.1.2.2. Die Stellung der Lehrer

Als Pädagoge im Sozialismus tätig zu sein war mit hohen Anforderungen verbunden. Gestaltete man seinen Unterricht im Sinne marxistisch-leninistischer Ideologie und war der Partei freundlich gesonnen, hatte man keine Schwierigkeiten zu befürchten, so wurde es bereits im Zuge der Ausbildung suggeriert.

Über den persönlichen Konflikt hinaus, der Diskrepanz zwischen individuellen Einstellungen und staatlichen Vorgaben musste der Lehrer Not und Pein der Schüler hinnehmen, wenn er ein treuer Sozialist sein wollte. Setzte er sich jedoch über Vorgaben und Prinzipien hinweg und stellte seine Aufgabe als Pädagoge in Frage, musste er mit Repressalien des Staates rechnen oder wurde sogar vom Dienst suspendiert. Viele Lehrer wussten hingegen die Andersartigkeit mancher Schüler zu schätzen, dessen Herkunft meist christlich war. Ihre selbständige Denkweise, der Mut zu widersprechen und eine eigene Meinung zu vertreten waren imposant, dem konnten sich auch Pädagogen nicht entziehen. Dennoch verlangte die Aufgabe des Lehrers in einem sozialistischen Erziehungssystem das Unvereinbare – die Augen zu verschließen und der Indoktrination Folge zu leisten.

Entgegen der Vorstellung Autorität sei bei Lehramtsanwärtern gewünscht, wurden bei der Zulassung zum Studium erstaunlicherweise labile Menschen bevorzugt. Ihre Unsicherheit und immanente Unterwürfigkeit, so hoffte man, würden dazu beitragen, den Charakter durch Gehirnwäsche deformieren zu können. Dies ließe sich schließlich auch auf ihre Schüler übertragen.[34]

Ein Lehrer, der sich offen zu seinem christlichen Glauben bekannte, blieb ein bemerkenswerter Ausnahmefall. So auch Lehrerin A. Als Frau eines Pfarrers hatte sie seit Beginn ihres Lehrerdaseins einen schweren Stand. Ständige Beobachtungen und Bespitzelungen gehörten in ihren Alltag: „Ich bin damals von meiner Chefin in das Wehrdienstlager geschickt worden, mit der Begründung ich sollte mir mal ansehen wie vernünftige Erziehung abläuft. Heute glaube ich, dass es mit meinem Glauben zu tun hatte. Trotzdem habe ich weiterhin dazu gestanden und ebenso gläubige Kinder in meiner Klasse unterstützt, wenn sie aufgrund dessen benachteiligt wurden. Das war nicht immer leicht“.[35]

Wie konnte die Kirche in Zeiten des Sozialismus überleben, wenn doch schon kleinste religiöse Anzeichen ausgelöscht wurden? Wie war das Verhältnis zwischen Kirche und Staat? Hat es positive oder negative Entwicklungen gegeben? Dies soll im folgenden Kapitel näher betrachtet werden.

3.2. Die Entwicklung des Verhältnisses zwischen Kirche und Staat

Widerstand und Anpassung kennzeichnen das Verhältnis zwischen Kirche und Staat in vierzig Jahren Sozialismus. Da dieses Thema so brisant und inhaltsreich ist, dass es prinzipiell einer gesonderten Auseinandersetzung bedarf, soll es hier nur um einen Überblick gehen, damit die nachstehenden Ausführungen besser nachempfunden werden können.

Im Wesentlichen kann die Entwicklung in vier konkrete Phasen eingeteilt werden, wobei die erste Periode sich mit den Jahren vor der Staatsgründung befasst und noch durch kooperative Verhandlungen zwischen Partei und Kirche geprägt war. Gefolgt von nahezu zehn Jahren Konfrontation, wurde in der dritten Phase versucht, entstandene Spannungen wieder abzubauen, die dann letztlich in eine Periode der Entspannung im Verhältnis zwischen Kirche und Staat übergingen, bevor kurz vor der Wende die Situation eskalierte.

Der Begriff „Volkskirche“ bezeichnet in etwa das, was wir heute in Deutschland in Form der Evangelischen Landeskirchen oder der Römisch-Katholischen Kirchen vorfinden. Die Wahrung der Tradition sowie die Pflege und Weitergabe von Grundwerten der Gesellschaft gehören zu ihren wohl wichtigsten Aufgaben. Darüber hinaus ist die Kirche maßgeblich für soziale Tätigkeiten, wie die Betreuung von Kindergärten bis hin zu Ausländerintegrationen zuständig. In ihren Strukturen zeichnet sie sich durch deutliche Parallelen zur staatlichen Organisation aus; Kirchensteuerrecht, schulischer Religionsunterricht, spezielle Rechte in den gesellschaftlich organisierten Medien etc. zählen zu den sogenannten volkskirchlichen Privilegien. Die DDR/SBZ ging zunächst von diesem Traditionsbestand aus, entwickelte sich jedoch im Laufe der Zeit immer mehr zu einer Kirche in der ideologischen Diaspora.[36]

1947, also noch vor Gründung der DDR, äußerte Otto Meier, damaliges Mitglied der SED auf einer Kulturkonferenz: „Vor uns stehen also, verkörpert in gewaltigen Organisationen, zwei große Ideen. Sind sie bestimmt, miteinander auf Leben und Tod zu ringen, weil vielleicht eine die andere ausschließt, oder hat der Erdball Platz für beide? Die Sozialistische Einheitspartei hat diese Frage von ihrem Standpunkt aus entschieden. Diese Entscheidung liegt in der gegenseitigen Toleranz“.[37] Trotz der programmatischen Trennung von Kirche und Staat wurde die Kirche aus politischen Gründen dennoch als ein Bündnispartner angesehen. So war diese in den ersten Jahren nach Beendigung des Krieges noch davon überzeugt, eine bessere Zukunft herbei zu führen, da sie sowohl sozial und politisch engagiert, als auch moralisch und sittlich handeln konnte und am Neuaufbau Deutschlands beteiligt war.

Nach jenen hoffnungsvollen Anfängen, wurde das Verhältnis zwischen Kirche und Staat mit Gründung der DDR zunehmend mit Spannungen belastet. Nach der zweiten Parteikonferenz der SED kam es 1953 zur ersten ernsthaften Auseinandersetzung zwischen der FDJ und der Jugendorganisation der evangelischen Kirche („Junge Gemeinde“), die als Bedrohung des Bildungsmonopols des Staates angesehen wurde. Die Interpretation der „Jungen Gemeinde“ als gesellschaftliche und antisozialistische Organisation und nicht als Sammlung der jungen Christen im Rahmen der Kirche, die Erich Honecker zuvor noch konzediert hatte, ermöglichte weiterhin erhebliche polizeiliche und gesellschaftspolitische Repressalien gegen die Kirche. Der FDJ-Vorsitzende titulierte die Junge Gemeinde als „Tarnorganisation für Kriegshetzer, Sabotage und Spionage im amerikanischen Auftrag“.[38]

Als 1954 die Jugendweihe (s. Kapitel Jugendweihe) als staatliches Pendant zur Konfirmation eingeführt wurde, folgte massive atheistische Propaganda, so dass das Verhältnis Kirche-Staat im Jahr 1954/55 eine neue und somit schlechtere Qualität erhielt.

Dennoch wollte der Staat keinen Kirchenkampf und verhinderte immer wieder Eskalationen des Konflikts. Gespräche zwischen staatlichen Vertretern und einzelnen Kirchenmännern bewirkten unter anderem, dass der kirchliche Grundbesitz nicht enteignet wurde und Theologische Fakultäten weiterhin an den Universitäten existieren durften. Ganz offenbar ging es der DDR um eine Form des friedlichen Zusammenlebens mit der Kirche, die sie nicht auslöschte, aber wenn möglich auf den Bereich des Kultischen begrenzte. Die Kirchen beugten sich nur sehr begrenzt dieser Forderung.

Entschieden widerstanden sie dem Wunsch der staatlichen Führung, deren Politik zu preisen oder gar theologisch zu legitimieren.

[...]


[1] Mayring, 2003, S. 74-76.

[2] Münster 1991.

[3] Aldebert, H.: Christenlehre in der DDR. Evangelische Arbeit mit Kindern in einer säkularen Gesellschaft,

Hamburg 1990.

[4] Lethiö, P.: Religionsunterricht ohne Schule. Die Entwicklung der Lage und des Inhaltes der Evangelischen

Christenlehre in der DDR von 1949-1959, Münster 1983.

[5] Hoenen, R.: Vom Religionsunterricht zur christlichen Unterweisung. Otto Güldenberg und die Anfänge der

ostdeutschen Katechetik, Leipzig 2003.

[6] Hueck, N.: Lerngemeinschaft im Erziehungsstaat. Religion und Bildung in den evangelischen Kirchen in der

DDR, Gütersloh 2000.

[7] Degen, R./Doyé, G.: Bildungsverantwortung der Evangelischen Kirchen in Ostdeutschland.

Grundsatztexte-Entwicklungen-Kommentare, Berlin 1995.

[8] Margot Honecker in einem Referat vor dem VIII. Pädagogischen Kongress der DDR 1978, zitiert nach: Günther u.a., 1983, S. 12.

[9] Vgl. Stichwort Marxismus-Leninismus, DDR-Lexikon, www.ddr-wissen.de/wiki/ddr.pl?Marxismus-Leninismus, Abruf am 01.11.2005.

[10] Wörterbuch der Philosophie und Naturwissenschaft, 1983, zitiert nach: Hiller, 1994, S.22f.

[11] Vgl. Hiller, 1994, S. 22.

[12] Vgl. Heydemann, o.J., www.bpb.de/themen/4MOJLE,0,0,Gesellschaft_und_Alltag_in_der_DDR.html, Abruf

am 01.11.2005.

[13] Autor unbekannt, in: DER SPIEGEL, Ausgabe 33/95, S. 22-32.

[14] Vgl. Heydemann, o.J.

[15] Familiengesetzbuch der DDR vom 20.12.1965, 1970, S. 1ff.

[16] s. folgendes Kapitel.

[17] Vgl. Maaz, 1990, S.31ff.

[18] Vgl. Stichwort “Freie Deutsche Jugend”, Stichwort “Pionierorganisation”, in: Eppelmann u.a. (Hg.), 1996,

S. 209, 467; Maerker, 1969, S. 33f.;

Ansorg, 1997, S. 11.

[19] Vgl. Tenorth/Kudella/Paetz, 1996, S. 99f.; Stichwort “Freie Deutsche Jugend”, Stichwort

“Pionierorganisation”, in: Eppelmann u.a. (Hg.), 1996, S. 209, 467; Maerker, 1969, S. 33f.;

Ansorg, 1997, S. 11.

[20] Barck, in: Informationen zur politischen Bildung 256, 1997, S. 51.

[21] Vgl. Ansorg, 1997, S. 79.

[22] Vgl. Benz, in: Informationen zur politischen Bildung 259, 1998, S. 27; Hearnden, 1973, S. 17.

[23] Vgl. Hueck, 2000, S. 15f.

[24] Gesetz zur Demokratisierung der deutschen Schule, 1946, in: Baske/Engelbert, Bd. I, 1966, S. 24f.

[25] Vgl. Gesetz zur Demokratisierung der deutschen Schule, 1946, in: Baske/Engelbert, Bd. I, 1966, S. 25ff.

[26] Hearnden, 1973, S. 53.

[27] Gesetz über die sozialistische Entwicklung des Schulwesens in der Deutschen Demokratischen Republik,

1959, in: Baske/Engelbert, Bd. II, 1966, S. 57f.

[28] Dokumente zur Geschichte des Schulwesens, zitiert nach: Hoenen, 2003, S. 66f.

[29] Vgl. Kluchert/Leschinsky, o.J., in: Comenius-Institut (Hg.), 1998, S. 49ff.

[30] Vgl. Hueck, 2000, S. 213ff.

[31] Reiher, in: epd-Dokumentation, 6/1992, S. 3.

[32] Interview mit Lehrerin A am 12.11.05, aus Datenschutzgründen werden alle Namen von Interviewpartnern

nicht bekannt gegeben.

[33] Vgl. Hueck, 2000, S. 216ff.

[34] Vgl. Maaz, 1990, S. 27ff.

[35] Interview mit Lehrerin A am 12.11.05.

[36] Vgl. Henkys, 1982, S. 437f.

[37] Meier, 1947, zitiert nach: Dähn, 1982, S. 21.

[38] Honecker, o.J., zitiert nach: Kleßmann, 1991, S. 276.

Ende der Leseprobe aus 68 Seiten

Details

Titel
Christenlehre in der DDR - Entwicklung, Konzeption und Ausblick
Note
1,0
Autor
Jahr
2005
Seiten
68
Katalognummer
V87462
ISBN (eBook)
9783638901109
Dateigröße
704 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Christenlehre, Entwicklung, Konzeption, Ausblick
Arbeit zitieren
Kristina Vogt (Autor:in), 2005, Christenlehre in der DDR - Entwicklung, Konzeption und Ausblick, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/87462

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