Modellierung und Implementierung von Regelungen einer Umkehrosmosanlage


Diplomarbeit, 2006

165 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Einleitung

1. Die verfahrenstechnischen, chemischen, physikalischen und regelungstechnischen Grundlagen
1.1 Struktur von Flüssigkeiten
1.2 Wasser als eine chemisch-physikalische Lösung fester Stoffe
1.2.1 Definition einer Lösung und ihre allgemeinen Eigenschaften
1.2.1.1 Konzentration und molare Masse
1.2.1.2 Chemische Potential und Löslichkeit
1.2.1.3 Volumen, thermodynamische Temperatur
1.2.1.4 Der osmotische Druck
1.2.1.5 Nichtideales Verhalten konzentrierter Lösungen
1.2.1.6 Osmolarität
1.2.1.7 Leitfähigkeit von Elektrolytlösungen
1.2.1.8 Definition von pH-Wert
1.2.2 Die Stoffbilanzgleichung für den Transport des Stoffes im Fluid: Diffusion und Konvektion
1.2.3 Die Impulserhaltung für das Verhalten von Strömungen in inkompressiblen Flüssigkeiten
1.3 Das Membranenelement
1.3.1 Selektiv permeable Membran und ihre allgemeine Eigenschaften
1.3.1.1 Selektivität, Fluss und Rückhalt
1.3.1.2 Transportwiderstände an der Membran
1.3.2 Strukturen, Werkstoffe und Herstellung von organischen synthetischen festen nicht porösen assymetrischen Membranen
1.3.3 Klassifizierung von Membranelementen nach Konstruktion
1.3.3.1 Das Hohlfasermodul
1.3.3.2 Der Spiral-Wickelmodul
1.3.4 Membranbeständigkeit und -verblockung infolge von Scaling und / oder Fouling
1.4 Entwurf linearer Regelungskreise
1.4.1 Empirische Einstellregeln für PI-Regler nach Ziegler und Nichols
1.4.2 Entwurf linearer Regelungskreise im Zustandsraum
1.4.2.1 Steuerbarkeit und Beobachtbarkeit linearer Systeme
1.4.2.2 Zustandsgrößenrückführung
1.4.2.3 Zustandsgrößenrückführung mit zusätzlichem I - Regler
1.4.3 Stabilität linearer Systeme

2. Methoden von Wasserentsalzung
2.1 Thermale Verfahren
2.1.1 Mehrstufige Entspannungsverdampfung
2.1.2 Solare Wasserdistillation
2.1.3 Thermische Entsalzung mit Niedertemperaturwärme
2.2 Membranverfahren
2.2.1 Umkehrosmose
2.2.2 Elektrodialyse

3. Betriebsparameter und die Funktionsweise einer Umkehrosmoseanlage
3.1 Betriebsparameter einer Umkehrosmoseanlage
3.1.1 Feed-Salzgehalt und der transmembrane Druck
3.1.2 Einfluss der Feed-Temperatur
3.1.3 Permeat-Rückgewinnungsfaktor
3.2 Funktionsweise und Regelungen einer Umkehrosmoseanlage

4. Design einer Umkehrosmoseanlage mit einem Modul
4.1 Die gestellten Anforderungen
4.2 Anlage mit einem Spiral-Wickelmodul BW30- Firma Filmtec
4.3 Anlage mit einem Hohlfasermodul B9 Firma Dow

5. Modellformulierung und -implementierung
5.1 Berechnung der molaren Feed-Konzentration, des pH-Wertes und des Temperatur-Einflusses
5.2 Das mathematische Modell einer Umkehrosmoseanlage auf Basis von gewöhnlichen differentialen und algebraischen Gleichungen
5.2.1 Das physikalische Modell mit einem Hohlfasermodul
5.2.2 Das physikalische Modell mit einem Spiral-Wickelmodul

6. Untersuchung der Systemeigenschaften des Modells mit dem Hohlfasermodul B9
6.1 Modell-Funktionalität, Identifikation
6.2 Untersuchungen des linearisierten Modells mit Matlab und der Control System Toolbox

7. Regelerentwurf und Simulation für das Modell mit dem Hohlfasermodul B9
7.1 PI-Reglerentwurf nach der empirischen Einstellregel
7.1.1 Simulation der sprunghaften Änderung der Führungsgröße
7.1.2 Simulation der Temperatur-Änderung
7.1.3 Simulation der Störungen am Messfühler und am Ventil-Stellglied
7.2 Reglerentwurf eines Zustandsreglers ohne Vorfilter mittels Polplatzierung
7.2.1 Simulation der sprunghaften Änderung der Führungsgröße
7.2.2 Simulation der Temperatur-Änderung
7.2.3 Simulation der Störungen am Messfühler und am Ventil-Stellglied
7.3 Reglerentwurf eines Zustandsreglers mit zusätzlichem I-Regler
7.3.1 Simulation der sprunghaften Änderung der Führungsgröße
7.3.2 Simulation der Temperatur-Änderung
7.3.3 Simulation der Störungen am Messfühler und am Ventil-Stellglied
7.4 Regler-Vergleich

8. Zusammenfassung und Ausblick

Literaturverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Tabellenverzeichnis

Anhangverzeichnis

Abstract

In the context of this diploma thesis the following tasks should be solved:

- to develop a mathematical model of a continuously working OSMO ECO reverse osmosis plant of the company OSMO SISTEMI (Italy);
- to implement this mathematical model as an input/output system with assistance of Matlab/Simulink/Stateflow;
- to validate the Matlab/Simulink/Stateflow model with the OSMO ECO reverse osmosis plant;
- to test different controls at the model and discuss results.

Because of the influence of unforeseeable events these tasks were changed. It does not become the OSMO ECO reverse osmosis plant specified above, but on the basis fixed characteristics a new system was theoretically designed. The following must be considered thereby: According to the possibility with only one reverse osmosis unit from the dirty water (max. 10000 ppm TDS) get as much as possible pure water (TDS < 150 ppm).

There are different kinds of RO units. Here, only two usually common types of ROmodules are considered: the hollow fiber module as well as the spiral wounded module. The obtained simulation results as well as the model based controller design carried out by using the model, which was developed in this work, are satisfactory and open several perspectives for the future work. Because the plant was not available during the development of this work, it was not possible to compare the results of the simulation with the data from the real plant.

Danksagung

Die vorliegende Diplomarbeit entstand am Lehrstuhl für Automation der Universität Mannheim. Der Startschuss dazu fiel mit dem Wunsch eine Umkehrosmoseanlage der Firma Osmo Sistemi (Italien) zu bestellen. An der Umkehrosmoseanlage sollten die verschiedenen Regelstrukturen ausprobiert werden.

Fur das interessante Thema und das entgegengebrachte Vertrauen möchte ich hier Herrn Prof. Dr. Badreddin ganz herzlich danken.

Im Weiteren geht mein Dank an:

- Herrn Dr. Gambier fur die Betreuung der Arbeit;
- Frau Petermann für Ihr Verständnis und die wertvollen Diskussionen in einer entspannten Atmosphäre;
- Herrn Prof. Dr. Kloepfer, der mein Informatik-Zweitstudium mitfinanziert und damit den Grundstein für diese Arbeit gelegt hat;
- Herrn Klein für die unzähligen Gespräche über Regelung, Gott und die Welt.

Mein herzlichster und tiefster Dank geht an meine Ehefrau Viktoria. Durch ihre Unterstützung und die Geduld, die sie mir im Verlauf dieser Arbeit immer wieder entgegengebracht hat, fand ich die Energie, welche ich zum Beenden dieser Diplomarbeit brauchte.

Einleitung

Ursprünglich sind im Rahmen dieser Diplomarbeit folgende Aufgaben zu lösen beziehungsweise folgende Arbeiten durchzuführen:

- Das mathematische Modell einer kontinuierlich arbeitenden OSMO ECOUmkehrosmoseanlage1 der Firma OSMO SISTEMI (Italien) zu entwickeln;
- Dieses Modell mithilfe von Matlab / Simulink / Stateflow in ein Input / Output - System umzusetzen;
- Das erstellte Modell an einer realen Umkehrosmoseanlage zu validieren;
- Verschiedene Regelungen an dem Modell zu testen und Ergebnisse zu diskutieren.

Im Laufe der Zeit unter Einfluss von unvorhersehbaren Ereignissen wurden diese Aufgaben geändert. Es wird nicht die oben genannte OSMO ECO-Anlage mathematisch modelliert, sondern anhand von festgelegten Eigenschaften ein neues System designed. Folgendes muss dabei beachtet werden: Nach Möglichkeit mit nur einer Umkehrosmoseeinheit aus dem schmutzigen Wasser (max. 10000 ppm2 TDS3 ) möglichst viel reines Wasser (TDS < 150 ppm) auf Dauer zu erzeugen.

Da es verschiedene Arten von RO-Einheiten gibt, werden hier nur zwei meist gebräuchlichen Typen von RO-Modulen berücksichtigt: das Hohlfasermodul4 sowie das Spiral-Wickelmodul5.

Sowohl die Simulationsergebnisse als auch der modellbasierte Reglerentwurf, die mit Hilfe des im Rahmen dieser Arbeit entwickelten Models durchgeführt worden sind, können sich sehr nützlich bei zukünftigen Projekten erweisen. Da zum Zeitpunkt der Abgabe dieser Diplomarbeit keine reale Anlage zur Verfügung stand, war es nicht möglich, die Ergebnisse der Simulation mit Messdaten zu vergleichen.

1. Die verfahrenstechnischen, chemischen, physikalischen und regelungstechnischen Grundlagen

In dieser Diplomarbeit werden viele Begriffe und Definitionen nicht nur aus dem Gebiet der technischen Informatik beziehungsweise der Automatisierungstechnik, sondern auch viele aus den Bereichen der chemischen Technik und der Verfahrenstechnik verwendet. Um eventuell beim Lesen dieser Lektüre entstehende Unklarheiten zu beseitigen, wird in diesem Kapitel näher auf die Grundlagen der physikalischen Chemie und Verfahrenstechnik eingegangen.

1.1 Struktur von Flüssigkeiten

Wenn man einen Festkörper beschreibt, dann geht man von der wohlgeordneten Struktur eines idealen Kristalls aus. Ein Gas zeichnet sich durch die ungeordnete Bewegung von Molekülen aus. Flüssigkeiten nehmen die Zwischenstellung ein.

Die Moleküle einer Flüssigkeit werden nicht durch zwischenmolekulare Kräfte starr zusammengehalten. Fluidpartikel können sich frei gegeneinander bewegen und fließen unter der kleinsten tangentialen Kraft. Sie reagieren auf Scherspannungen mit einer Verformungsgeschwindigkeit. In der Regel nimmt man bei der mathematischen Beschreibung von Flüssigkeiten die mittlere Position der die Flüssigkeit bildenden Teilchen. Die Verteilungsfunktion g ist dann so definiert, dass sie die Wahrscheinlichkeit angibt, in einem Intervall dr im Abstand r von einem Teilchen ein zweites Teilchen anzutreffen[1].

Die Form der Verteilungsfunktion kann durch Röntgenbeugung bestimmt werden. Im Gegensatz zu einem Festkörper, wo die Verteilungsfunktion die festen Positionen der Kristallatome beziehungsweise der Verunreinigungen im Kristall angeben, besteht die Verteilungsfunktion bei einer Flüssigkeit aus den unscharfen Beugungsmustern.

Die Verteilungsfunktion der Sauerstoffatome für das flüssige Wasser wird in der Abbildung 1.1 dargestellt.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 1.1: Die Verteilungsfunktion der Sauerstoffatome in flüssigem Wasser bei drei Temperaturen1.

Diese Verteilungsfunktion für 100°C zeigt, dass die zwischenmolekularen Kräfte stark genug sind, um die Struktur bis zum aggregatverändernden Zustand aufrechtzuerhalten.

Wasser ist eine chemische Verbindung aus den nichtmetallischen Elementen Sauerstoff (O) und Wasserstoff (H). Auf Grund der Elektronegativität des O2 besitzt das Wasser die Dipoleigenschaft, und es können Wasserstoffbrücken gebildet werden. Es handelt sich dabei um keine beständigen, festen Verkettungen. Der Verbund der über Wasserstoffbrückenbindungen unbeständig verketteten Wassermoleküle besteht nur Bruchteile von Sekunden, wonach sich die einzelnen Moleküle wieder aus dem Verbund lösen und sich in einem ebenso kurzen Zeitraum erneut verketten. Dieser Vorgang wiederholt sich ständig und führt letztendlich zur Ausbildung eines variablen Clusters, wie in Abbildung 1.2 dargestellt wird.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 1.2: Polarität des Wassermoleküls und Ausbildung von Wasserstoffbrücken

Geometrisch ist das Wassermolekül gewinkelt, so dass die zwei Wasserstoffatome und die zwei Elektronenpaare in die Ecken eines gedachten Tetraeders gerichtet sind. Der Winkel, den die beiden O-H-Bindungen einschließen, beträgt 104,45°. Er weicht aufgrund des erhöhten Platzbedarfs der freien Elektronenpaare vom idealen Tetraederwinkel (~109,47°) ab. Die Bindungslänge der O-H-Bindungen beträgt jeweils 95,84 Picometer[2].

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 1.3: Geometrie des Wassermoleküls[2]

Im Rahmen dieser Diplomarbeit wird Wasser nur im flüssigen Aggregatzustand betrachtet, obwohl bei den besonderen Umkehrosmose-Techniken auch der gasförmige Zustand verwendet wird. Die für diese Diplomarbeit relevanten Eigenschaften von Wasser sind:

1) chemische Formel [Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten];
2) Molekulargewicht 18 [mol];
3) konstante Dichte [Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten]
4) konstante dynamische Viskosität [Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten]
5) relativ inkompressibel;
6) Löslichkeit von Salz-Ionen.

1.2 Wasser als eine chemisch - physikalische Lösung fester Stoffe

Viele der genannten Eigenschaften ändern sich, wenn im Wasser andere Inhaltsstoffe gelöst sind. Man muss also das Wasser nicht als ein absolut reines Fluid verstehen. Darin könnten Gas, andere Flüssigkeiten oder Salze aufgelöst sein.

1.2.1 Die Definition einer Lösung und ihre allgemeinen Eigenschaften

Unter einer Lösung versteht man ein aus zwei oder mehreren Teilchenarten bestehendes System, das in allen seinen Teilen vollkommen gleichartige chemische und physikalische Eigenschaften besitzt[1]. Das heißt, dass eine Flüssigkeit, die aus einem Lösungsmittel und mindestens einem darin gelösten, festen, flüssigen oder gasförmigen Stoff besteht, als eine Lösung bezeichnet werden darf.

Es gibt flüssige und feste Lösungen. Durch das Mischen von mehr als zwei Flüssigkeiten wird eine flüssige Lösung gebildet. Als Beispiel dafür ist hier die Lösung aus Wasser und Alkohol anzuführen. Flüssige Lösungen entstehen aber auch durch Auflösen von Gasen oder festen Stoffen in Flüssigkeiten. Die festen Stoffe, die in Flüssigkeit zu Ionen zerfallen, werden Salze genannt. Salze sind chemische Verbindungen, die eine aus Ionen bestehende Kristallstruktur haben[1].

Ein Ion ist ein elektrisch geladenes Atom oder Molekül, entsprechend Atomion und Molekülion genannt. Positiv geladene Ionen werden Kationen, negativ geladene Anionen genannt.

Feste Lösungen werden durch Auflösen von Gasen, Flüssigkeiten und festen Stoffen in festen Stoffen gebildet. In welchem Mass Flüssigkeiten miteinander mischbar sind, hängt vor allem von dem Charakter der Stoffe ab, aber auch vom Druck und der Temperatur. In allen Lösungen bezeichnet man den Stoff, der in Bezug auf die anderen Komponenten im Überschuss vorhanden ist, als Lösungsmittel. In ihm sind die Teilchen der übrigen Stoffe - Moleküle beziehungsweise Ionen - homogen verteilt.

1.2.1.1 Die Konzentration und molare Masse

Die Zusammensetzung einer Lösung kann auf verschiedene Arten angegeben werden. Bei flüssigen Lösungen, bei denen das Lösungsmittel gegenüber dem gelösten Stoff im Überschuss vorliegt, kann man sie durch die, in der Volumeneinheit der Lösung enthaltene Stoffmenge, ausdrücken. Die so definierte Konzentration wird als Stoffmengenkonzentration, Molarität oder molare Konzentration bezeichnet3. Es gilt:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

wobei

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Zur Umrechnung von Stoffmengen- in Massenkonzentration wird die molekulare Masse des Analyten benötigt. Es gilt:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Die Stoffmengenkonzentration ändert sich mit der Temperatur, da das Volumen der Lösung temperaturabhängig ist. Die Stoffmengenkonzentration kennzeichnet man durch den Buchstaben c, an den man als Index die Formel des betreffenden Stoffes schreibt.

Man kann die Konzentration durch den Stoffmengenanteil x ausdrücken. Stoffmengenanteil ist als das Verhältnis der Stoffmenge des betrachteten gelösten Stoffes zur Gesamtstoffmenge aller in der Lösung anwesenden Komponenten (einschließlich des Lösungsmittels) definiert[1]. Besteht die Lösung aus einem gelösten Stoff A und dem Lösungsmittel B, dann gilt für den Stoffmengenanteil des gelösten Stoffes xA und den des Lösungsmittels xB:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

xA, xB = Stoffmengenanteil des Stoffes A beziehungsweise des Stoffes B entsprechend [dimensionslos];

nA, nB = die betreffenden Stoffmengen von A beziehungsweise B im gegebenen Volumen der Lösung entsprechend [mol].

Sind in der Lösung mehrere Stoffe enthalten, so ist der Stoffmengenanteil eines jeden von ihnen, also auch der des Lösungsmittels, durch die Beziehung:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

gegeben. Dabei kennzeichnet der Index i die betrachtete Komponente, der Index s die Zahl aller Komponenten einschließlich des Lösungsmittels, und j ist der Summationsindex.

1.2.1.2 Das chemische Potential und die Löslichkeit

Das chemische Potential µi einer Komponente i in einem thermodynamischen System mit k Komponenten bezeichnet die Änderung der Gibbs-Energie G dieses Systems, wenn eine infinitesimale Stoffmenge ni unter Konstanthaltung von Druck, Temperatur und allen anderen Stoffmengen dem System hinzugefügt wird [2,3]:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

wobei

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Wie bereits erwähnt, hängt es nicht nur vom Charakter der Stoffe, sondern auch vom Druck und von der Temperatur ab, in welchem Mass die festen Stoffe sich in der Flussigkeiten auflösen. Bringt man einen festen Stoff in Kontakt mit einem Lösungsmittel, löst er sich auf, bis die Lösung gesättigt ist. Die Sättigung ist ein Gleichgewichtszustand: Ungelöster Stoff befindet sich im Gleichgewicht mit dem Gelösten. Das chemische Potential des reinen Feststoffs, µB*(s), ist dann gleich dem chemischen Potential µB von B in der Lösung (Abb. 1.4).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 1.4: Eine schematische Darstellung des Gleichgewichts zur Berechnung der Löslichkeit: reines B in fester Form koexistiert mit in der flüssigen Phase gelöstem B [1]

Es gilt im Gleichgewicht:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

wobei

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

1.2.1.3 Volumen, thermodynamische Temperatur

Das Volumen ist der räumliche Inhalt eines Körpers4. Die SI-Einheit für das Raummass ist das Kubikmeter. Das Einheitenzeichen ist [m[3]]. In der Hydraulik wird auch Liter als eine Einheit für das Volumen gebraucht. Sie wird durch das Einheitenzeichen [L] symbolisiert. Als gesetzliche Maßeinheit darf sie neben der SI- Einheit des Volumens, dem Kubikmeter, verwendet werden. Ein Liter entspricht einem Kubikdezimeter (dm3 ) beziehungsweise einem Tausendstel Kubikmeter (1 L = 0,001 m3 ).

Die thermodynamische Temperatur ist eine physikalische Basisgröße4. Sie wird erst durch die Wahl eines Temperatur - Referenzpunkts vollständig definiert. Im SI - Einheitensystem entspricht dieser Temperatur - Referenzpunkt dem Gefrierpunkt des Wassers (273,15 K oder 0,0°C) bei Normaldruck (101325 Pa).

1.2.1.4 Der osmotische Druck

Das Phänomen der Osmose besteht im Bestreben eines reinen Lösungsmittels, durch eine halbdurchlässige Membrane, die nur für Lösungsmittelmoleküle durchlässig ist, nicht für Teilchen des gelösten Stoffs, in eine Lösung hineinzuwandern1. Auf einer Seite der semipermeablen Membran befindet sich das reine Lösungsmittel A beim Druck p; auf der anderen Seite befindet sich A als Mischungskomponente, der Druck beträgt hier (p+ [Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten]) (Abb. 1.5). Bringt man eine Lösung mittels einer Membran, die nur das Lösungsmittel, nicht aber den gelösten Stoff hindurch lässt, mit dem Lösungsmittel in Kontakt, so dringt stets das Lösungsmittel in die Lösung ein, die dadurch verdünnt wird.

Im Gleichgewicht muss das chemische Potential des Lösungsmittels auf jeder Seite der Membran gleich sein, wie in Abbildung 1.5 dargestellt ist. Auf der einen Seite befindet sich das reine Lösungsmittel mit dem chemischen Potential PA p)*( , welches vom Druck abhängt.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 1.5: Eine schematische Darstellung des Gleichgewichts zur Berechnung des osmotischen Druckes [Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten]1

Auf der anderen Seite wird das chemische Potential durch die Anwesenheit eines gelösten Stoffs mit dem Molenbruch xA verringert, gleichzeitig aber durch den höheren Druck [Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten] angehoben. Im Gleichgewicht gilt:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Der gelöste Stoff geht in die Beziehung

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

ein.

Nun berücksichtigt man den Einfluss des Drucks

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

mit Vm als molarem Volumen des reinen Lösungsmittels. Durch Zusammenfassung der Gleichungen (1.7), (1.8) und (1.9) erhält man:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Im Fall stark verdünnter Lösungen [Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten] kann man ln x durch ln[Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten] ersetzen. Weiterhin ist der Druckbereich, über den wir integrieren, so klein, dass das molare Volumen [Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten] des Lösungsmittels als konstant betrachtet werden kann. Damit m kann man [Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten] vor das Integral ziehen und bekommt

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Für verdünnte Lösungen gilt auch [Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten] Da außerdem [Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten] das Gesamtvolumen der Lösung und [Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten] (c- Konzentration des gelösten Stoffs) ist, vereinfacht sich die Beziehung zur Van’t Hoffschen Gleichung: n

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Als osmotischen Druck [Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten] bezeichnet man also denjenigen Druck, den man auf die Lösung ausüben muss, um das Eindringen der Lösungsmittelteilchen zu verhindern [1]. Er hängt nicht von dem Charakter des gelösten Stoffes, sondern von deren Konzentration ab.

Osmotische Prozesse sind die Grundlage des Transports von Flüssigkeiten durch biologische Zellmembranen. Weiterhin kann man sie zur Bestimmung von Molmassen durch die Osmometrie ausnutzen.

1.2.1.5 Nichtideales Verhalten konzentrierter Lösungen

Bei der Berechnung des osmotischen Druckes in verdünnten wässrigen Lösungen von starken Säuren oder starken Basen von Salzen beobachtet man, dass bei diesen Lösungen die Werte für den osmotischen Druck höher liegen als nach der Gleichung (1.12) berechnet. Beim Auflösen in polaren Flussigkeiten liegt das Gelöste in Form von Ionen vor. Solche Lösungen nennt man Elektrolyte[1]. Die Ionenbildung erfolgt - wie bereits unter 1.2.1.4 erwähnt - durch eine chemische Reaktion zwischen Gelöstem und Lösungsmittel.

Um die grundlegenden osmotischen Gleichungen auch für Elektrolyte verwendbar zu machen, führt man den empirischen Koeffizienten i ein. Der Wert des Koeffizienten i hängt einerseits vom Charakter der Verbindung und andererseits von ihrer Konzentration ab und ist umso höher, je höher die durch Dissoziation des Elektrolyten verursachte Vermehrung der osmotisch wirksamen Teilchen. So ist zum Beispiel für jedes formale NaCl - Molekül in einer Lösung ein Natriumkation und in ein Chloridanion vorhanden. Die Gesamtkonzentration dieser Ionen, die ebenso wie die Moleküle selbständige osmotisch wirksame Teilchen darstellen, ist also doppelt so groß wie die Konzentration der Moleküle, aus denen diese Ionen gebildet wurden.

Für diese Lösungen muss man dann die Van’t Hoffschen Gleichung (1.12) zur

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

umschreiben.

Ein Stoff kann aber auch nicht vollständig in einer Lösung aufgelöst sein, daher kann i auch nicht gradzahlig sein. Handelt es sich allgemein um einen Elektrolyten, der sich in Ionen spalten kann, so bleiben von einem Mol (1 - .) Mole undissoziiert, und es werden . Mole Ionen gebildet. Die Gesamtkonzentration der wirksamen Teilchen wird also durch die Dissoziation im Verhältnis 1 (Q 1)D zu 1 vergrößert, und es gilt daher:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

wobei

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Mit steigender Verdünnung des Elektrolyten vergrößert sich also der Dissoziationsgrad und nähert sich dem Wert Eins, der vollständige Dissoziation bedeutet. Mit steigender Konzentration wird er kleiner. Seine Konzentrationsabhängigkeit ist je nach der Art des Elektrolyten verschieden und wird vor allem durch die Wertigkeit der Ionen bestimmt.

1.2.1.6 Osmolarität

Wenn die verdünnte Lösung mehrere für die Membran inpermeable Komponenten hat, die in den Konzentrationen [Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten] enthalten sind, dann gilt offensichtlich die Erweiterung von Gleichung (13):

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Die Größe [Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten] wird als Osmolarität der Lösung bezeichnet [1,3] Bei der Berechnung der Osmolarität kommt es auf die gesamte Teilchenzahl in der Lösung an. Stellt man zum Beispiel eine wässrige Lösung des Salzes [Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten] her, das in Wasser völlig in die Ionen [Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten] und [Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten] dissoziiert, so ist die Osmolarität dieser Lösung dreimal so groß wie ihre Konzentration:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Trennt eine semipermeable Membran eine Lösung A mit der Osmolarität [Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten] von einer Lösung B mit der Osmolarität[Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten] so tritt eine Druckdifferenz auf. Bezeichnet man den Überdruck von Lösung B gegenüber von Lösung [Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten] so gilt:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Diese Beziehung wird dann angewandt, wenn die Membrane für einige in der Lösung gelösten Salze durchlässig ist.

1.2.1.7 Leitfähigkeit von Elektrolytlösungen

Für die Messung der Konzentration der in der Lösung gelösten Salze, kann die Messung der Leitfähigkeit verwendet werden.

Die Leitfähigkeit einer Lösung ist der Kehrwert ihres elektrischen Widerstandes R: Je kleiner der Widerstand einer Lösung ist, desto größer ist ihre Leitfähigkeit. Die Einheit des Widerstandes ist das Ohm [Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten]. Die Leitfähigkeit besitzt damit die Dimension [Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten], die als Siemens bezeichnet wird [Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten]. Der Widerstand einer Lösungsprobe in einem Rohr nimmt analog dem Widerstand bei Metallen mit steigender Länge l zu und mit steigendem Querschnitt A ab[4]. Man schreibt:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Die Proportionalitättskonstante ! ist der spezifische Widerstand der Substanz. Die spezifische Leitfähigkeit [Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten] einer Substanz ist der Kehrwert ihres spezifischen Widerstands. Es gilt also:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Mit der Kenntnis der spezifischen und molaren Leitfähigkeit einer Lösung kann die Konzentration des gelösten Stoffes nach der Gleichung

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

bestimmt werden,

wobei

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Bei vollentsalztem Wasser, das kein gelöstes CO enthält, misst man die Leitfähigkeit Null (mit CO hätte es 0,055 µS/cm). Das entspricht der Eigenleitfähigkeit des Wassers (H-Ionen und OH-Ionen dissoziieren). Die Zugabe eines Teelöffel Kochsalz (ca. 10g) in einen Liter vollentsalzten Wassers verursacht einen Wert von ca. 15000 PS / cm . Das Kochsalz ( NaCl ) löst sich vollständig in Natriumionen ( Na ) und Chloridionen ( Cl ) auf. Damit wird eine Ionenleitung erzeugt. Beim Leitungswasser sind es somit die gelösten Salze, die Ionen bilden und damit eine elektrische Leitfähigkeit verursachen. Hier bilden vor allem die Härtebildner Calcium und Magnesium Kationen, und Hydrogencarbonat, Sulfat und Chlorid die dazugehörigen Anionen.

Bei einer mehrkomponentigen wässrigen Lösung kann diese Abhängigkeit nicht zur Bestimmung von Konzentration jedes einzelnen Komponenten gebraucht werden, weil die mehrfach geladenen Ionen auf ihrer Wanderung mehr Ladung transportieren als einfach geladene Ionen. Außerdem wirken die Ionen in der Lösung sehr stark miteinander, so dass die Leitfähigkeit einer Lösung auch nicht proportional zur Zahl der vorhandenen Ionen sein muss[1].

In wässrigen Lösungen verhält sich die Leitfähigkeit direkt proportional zur Konzentration gelöster Feststoffe. Damit gibt es eine gute Annäherung für das Verhältnis elektrischer Leitfähigkeit zu gelösten Feststoffen: 1,5912 PS / cm entsprechen 1 ppm[5].

1.2.1.8 Definition von pH - Wert

Ein Mass für die Stärke der sauren beziehungsweise basischen Wirkung einer Lösung heißt der pH-Wert. Dem pH-Wert liegt das Ionenprodukt des Wassers zugrunde6:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Wenn ein Elektrolyt in Wasser gelöst wird, zerfällt er in Ionen. Die Gleichungen (1.21) bedeuten, dass so lange diese Ionen weder mit den vorhandenen [Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten] noch mit den [Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten] reagieren, und es sich bei ihnen nicht selbst um [Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten] oder [Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten] handelt, beeinflussen auch gelöste Elektrolyte den pH-Wert nicht

Aus den Gleichungen (1.21) folgt, dass die Stoffe, die in wässriger Lösung praktisch nicht in Ionen dissoziieren oder keine Ionen an sich binden können, den pH-Wert nicht beeinflussen. pH < 7 entspricht einer sauren Lösung, pH = 7 entspricht einer neutralen Lösung, pH > 7 entspricht einer alkalischen Lösung.

Für Lösungen eines Salzes einer Säure beziehungsweise einer Base lässt sich der pH- Wert über die so genannte Henderson-Hasselbalch-Gleichung näherungsweise berechnen. Diese Gleichung leitet sich aus einer allgemeinen Säure-Base-Reaktion ab 3:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

wobei

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Dann ist die Dissoziationskonstante des Säuren-Basen-Paares

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Unter Anwendung des Massenwirkungsgesetzes und verschiedener Umformungen[3]ergibt sich folgende Gleichung:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Das entspricht genau der Definition des pH-Wertes.

Säuren (können H abspalten) und Basen (können OH abspalten) beeinflussen den pH-Wert direkt. In einer Umkehrosmoseanlage werden am häufigsten folgende Säuren beziehungsweise Basen bis zum Erreichen des gewünschten pH-Wertes dem Feed hinzugefügt, um den pH-Wert des Feed-Wassers auf einem bestimmten Wert zu halten7:

- Schwefelsäure [Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten] oder

- Salzsäure [Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten]

- Natriumhydroxid [Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten].

Bei der Hinzugabe der Salzsäure zerfällt diese im Wasser:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

HCl als eine der stärksten Säuren zerfällt praktisch vollständig in seine Ionen. Das erhöht natürlich die H Konzentration und verringert damit den pH-Wert. Die erhöhte H Konzentration führt dazu, dass ein Teil der aus dem Selbstzerfall des Wassers vorhandenen OH Ionen wieder mit H zu Wasser zurückreagiert, und sich dadurch die OH -Konzentration verringert, bis die Gleichgewichtsbedingung (1.25) wieder erfüllt ist. Das so entstandene Cl osmotischen Druck.

Bei der Einstellung des pH-Wertes -Ion beeinflusst die Osmolarität und den [Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten] in der Feed-Seite der F Umkehrosmoseanlage, wo folgende Werte gegeben sind:

- die Konzentration der gelösten Stoffe [Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten]
- der aktuelle pH-Wert des Feed-Wassers [Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten]
- die Menge des fließenden Feed-Wassers pro Zeiteinheit [Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten]
- die Konzentration der zu gebenden Salzsäure [Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten]

kann man die Menge der erforderlichen Salzsäure nach der Gleichung (1.26) berechnen. Der notwendige HCl -Volumenstrom kann iterativ nach der Formel

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Der pH-Wert ist temperaturabhängig. Diese Temperaturabhängigkeit ist kompliziert und kann durch verschiedene - auch gekoppelt auftretende Zwischenvorgänge - beeinflusst werden. Bei einer Temperaturerhöhung kann der pH-Wert auf Grund von Konzentrationsverringerung des gelösten Stoffes wegen der temperaturabhängigen Volumenänderung der Lösung steigen. Andererseits kann der pH-Wert aber auch bei einer Temperaturabsenkung infolge einer geringen Löslichkeit des Stoffes in Flüssigkeit steigen.

1.2.2 Die Stoffbilanzgleichung für die Transportvorgänge im Fluid: Diffusion und Konvektion

Bei der Modellierung der Strömung in einem RO-Modul für Wasserentsalzung hat man im Allgemeinen die Situation, dass mehrere im Wasser gelöste Stoffe in einem Geschwindigkeitsfeld der Strömung durch Diffusion und Konvektion verbreitet werden.

Diffusion ist der Übergang von einer inhomogenen Verteilung von Teilchen zu einer homogenen Verteilung in einem System2. Die entstandenen Konzentrationsunterschiede werden durch das selbständige Durchmischen von kleinsten Teilchen des Mediums (Atomen, Molekülen, Ionen) ausgeglichen. Der Stoffaustausch geschieht dabei von den Orten der höheren Konzentration zu den Orten der niedrigeren Konzentration. Im Gegensatz zur Konvektion erfolgt Diffusion ohne Strömung des Mediums, in dem sich die Teilchen befinden. Die Diffusion in Flüssigkeiten und Gasen wird durch die Brownsche Molekularbewegung ermöglicht. Sie kann auch durch eine poröse Wand oder Membran hindurch erfolgen. Im Falle einer semipermeablen Membran kann die konzentrationsausgleichende Wirkung der Diffusion zu einem Druck fuhren.

Bei festgelegtem Druck und festgelegter Temperatur ist streng genommen der Gradient des chemischen Potenzials µ die treibende Ursache des Stoffstroms. In der Regel verwendet man aber anstelle des chemischen Potenzials die Konzentration c. Das ist wegen der logarithmischen Abhängigkeit des chemischen Potentials von der Konzentration mathematisch unsauber (siehe Gleichung 1.8). Der Stofffluss ergibt sich somit nach dem 1. Fickschen Gesetz im dreidimensionalem Fall zu [8,9,10]: G

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

wobei

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten.

Unter Verwendung der Kontinuitätsgleichung[9]

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

kann das 1. Ficksche Gesetz auch als

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oder erweitert als wc

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geschrieben werden.

Die Gleichung (1.30) heißt das 2. Ficksche Gesetz und beschreibt die Geschwindigkeit, mit der sich die Konzentration eines gelösten Stoffes an einem bestimmten Punkt verändert, in Abhängigkeit der räumlichen Verteilung der Konzentration. Sie eignet sich somit zur Darstellung instationärer Diffusion, im Gegensatz zum 1. Fickschen Gesetz, das einen zeitlich konstanten Diffusionsfluss beschreibt.

Der Transport von Teilchen durch eine strömende Flüssigkeit wird als Konvektion bezeichnet. Konvektion kann durch Dichte-, Temperatur- und Konzentrationsunterschiede innerhalb des Fluids hervorgerufen werden. Eine von außen wirkende Kraft, die das Fluid in Bewegung setzt, führt zu einer gezwungener Konvektion. Konvektive Stoffübertragung ist dadurch gekennzeichnet, dass sie durch den Transport von Teilchen, die ihre kinetische Energie mitführen, bewerkstelligt wird.

Betrachtet man den Transport von Stoffen unter der Annahme, dass das G Geschwindigkeitsfeld v gegeben ist, und der Diffusionskoeffizient D konstant ist, dann steht der Konvektionsterm div v c in einem untrennbaren Zusammenhang mit dem Diffusionsterm. Es gilt:

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Da

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schreibt man die Gleichung (1.31) wie folgt um:

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Unter Verwendung der Kontinuitätsgleichung

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kann (1.33) auch als wc wc wc wc

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geschrieben werden. Sie stellt die allgemeine Konvektions-Diffusionsgleichung dar. Die numerischen beziehungsweise - wenn sie existieren - analytischen Lösungen für diese Differentialgleichung hängen stark von den Anfangs- und Randbedingungen ab.

Eine Stoffbilanzgleichung, welche die Diffusion mit der Konvektion und mit der chemischen Reaktion koppelt, wird hier nicht dargestellt, weil chemische Reaktionen zwischen den einzelnen Komponenten der Lösung beziehungsweise zwischen der Lösung und den Materialien, aus denen Umkehrosmose-Membran hergestellt ist, zur Vereinfachung vernachlässigt werden.

1.2.3 Die Impulserhaltung für das Verhalten von Strömungen in inkompressiblen newtonschen Flüssigkeiten

Für die Beschreibung des Verhaltens von Bewegung von Strömungen in inkompressiblen newtonschen Flüssigkeiten, betrachtet man ein System auf welches keine Kräfte von außen wirken. Das System ist also abgeschlossen und der Gesamtimpuls des Systems konstant. Bei einem komplexen aus mehreren Teilen bestehenden System ist der Gesamtimpuls gleich der Summe der einzelnen Impulse. Aus dem Impulserhaltungssatz folgen die Navier-Stokes-Gleichungen[9]. Sie beschreiben in der Strömungslehre die Abhängigkeit von Geschwindigkeit und Druck als Funktion von Ort und Zeit, wie folgt:

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Ob die Navier-Stokes-Gleichungen konvergieren und eindeutig lösbar sind, wurde bis jetzt nur für den zweidimensionalen Fall mathematisch bewiesen[11]. Die numerischen Lösungen6 basieren auf den Berechnungen von einzelnen Turbulenzen, was zu einem sehr feinen Gitter führt. Daher ist die Lösung nur unter Zuhilfenahme von Supercomputern und bei kleinen Reynolds-Zahlen möglich.

Einen Grenzfall der Navier-Stokes-Gleichungen stellt die allgemein bekannte Bernoulli-Gleichung dar. Aus der Gleichung (1.36) folgt für die Strömung in einem horizontalem Rohr (um die Achse z):

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In der Geschwindigkeitsform ohne Berücksichtigung von Reibungs- und sonstigen Verlusten:

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Die Bernoulli-Gleichung besagt, dass die Summe aus dynamischem Druck, Schweredruck und statischem Druck konstant ist.

1.3 Das Membranelement

Das Kernstück jeder Membrananlage ist das Modul, das heißt die technische Anordnung der Membranen. Die Entsalzungseinheit in der Umkehrosmoseanlage besteht je nach der Qualität des Eingangswassers und je nach der gewünschten Qualität des Produktes aus einer größeren Anzahl von mit Rohrleitungen verbundenen, identischen Membranmodulen, die modular in Druckbehältern eingebaut sind. Die Membranmodule müssen in Anhängigkeit von den gewünschten Parametern in einer bestimmten Reihenfolge installiert werden. Bei der so genannten Cross-Flow-Filtration wird das Eingangswasser, das in die Anlage gepumpt wird, in dem Membranelement in einen Strom mit hohen und einen mit geringen Salzkonzentrationen geteilt. Das Wasser, welches geringe Salzkonzentrationen aufweist, nennt man "Permeat" und das mit der hohen Salzkonzentration "Konzentrat"(Abb. 1.6).

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Abb. 1.6: Zwei Arten der Filtration: Dead-End (links) und Cross-Flow (rechts)[17]

In der Membraneinheit findet also die eigentliche Entsalzung statt.

Man kann eine Umkehrosmoseanlage auch in einem Dead-End-Filtrationmodus betreiben, bei dem man das Konzentrat-Rohr mithilfe eines Ventils komplett schließt (Abb. 1.6). Dabei wird die Gefahr der Membranverblockung erhöht.

1.3.1 Selektiv permeable Membran und ihre allgemeine Eigenschaften

Unter der selektiv permeablen Membran versteht man ein flächiges, teildurchlässiges Gebilde, das zumindest eine Komponente eines es berührenden Fluids - einer Flüssigkeit oder eines Gases - durchlässt, für andere hingegen undurchlässig ist[12].

Die meisten Zellen von lebendigen Organismen sind von Zellmembranen umgeben. Diese gewähren nicht nur Schutz vor äußeren Einwirkungen, sondern auch - je nach Zellfunktion - lassen sie die zum Stoffwechsel erforderlichen Stoffe passieren und halten andere zurück. Beispiele für natürliche Membranen sind die Haut, die für Sauerstoff permeabel ist, die Darmwand, die Nährstoffe aufnimmt, und die Nierenzellen, die Salze und Giftstoffe ausscheiden[12].

Die verwendeten Membranen werden nach Größe oder Molmasse der größten noch durchgelassenen Komponenten, nach dem Trennprinzip und nach dem Aggregatzustand der sie berührenden Fluide charakterisiert. Die Membranfiltration kann einerseits in die Mikro- und Ultrafiltration und andererseits in die Nanofiltration und die Umkehrosmose geteilt werden (Abb. 1.7).

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Abb. 1.7: Trennverfahren und Grösse der zu trennenden Teilchen[13]

Wenn es darum geht, größere Teilchen mittels Membranfiltration zu entfernen, werden die Verfahren der Mikro- und Ultrafiltration angewandt. Wenn Salze aus dem Wasser entfernt werden müssen, kommen die Nanofiltration und die Umkehrosmose zum Einsatz. Diese beiden Verfahren basieren nicht auf dem Durchsatz durch Poren. Dem Trennungsprozess liegt die Diffusion durch die Membran zu Grunde. Der Druck, welcher bei der Nanofiltration und bei der Umkehrosmose notwendig ist, ist viel höher als der bei der Mikro- und bei der Ultrafiltration.

Im Gegensatz zu den oben genannten Verfahren, bei denen sich auf beiden Seiten der Membran eine flüssige Phase befindet, findet hinter der nicht porösen Pervaporation - Membran eine Verdampfung statt. Das Permeat ist hier dampfförmig. Die Pervaporation ist zur Abtrennung flüchtiger Stoffe geeignet, die man nicht durch gewöhnliche Destillation trennen kann, weil die Zusammensetzung in der Flüssigkeit und in der Gas-Phase gleich ist. Die Gaspermeation ist zur Trennung gasförmiger Komponente geeignet. Der Transport erfolgt aufgrund der Partialdruckdifferenz. Handelt es sich bei den die Membran durchdringenden Gasen um Stoffe, die bei Umgebungstemperatur und Druck flüssig oder fest sind, so spricht man von Dampfpermeation.

1.3.1.1 Selektivität, Fluss und Rückhalt

Für die Charakterisierung eines jeden Membranprozesses sind zwei Eigenschaften von zentraler Bedeutung[12]:

- die Selektivität der Membran, das heißt ihre Fähigkeit, zwischen den Komponenten einer Mischung zu unterscheiden;
- der zu erzielende Permeatfluss.

Der Flu ss ist der auf die Fläche bezogene Stoffstrom, hat also die Dimension[Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten].

Die Selektivität Sij ist über die Zusammensetzung des Produktes und der Ausgangsmischung definiert, bei einer binären Mischung über die Massenanteile:

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Neben der Selektivität Sij benutzt man oft ein anderes Mass für die Trennschärfe von Membranen. Das so genannte Rückhaltevermögen oder Schlüsselkomponente i:

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Die Selektivität einer Membran kann entweder durch die Wahl von Materialien oder durch die Verteilung in mehrstufige Prozesse verbessert werden. Der Permeatfluss einer Membran kann durch die Wahl der Anlagenbeschaltung beziehungsweise Membranfläche verbessert werden.

1.3.1.2 Transportwiderstände an der Membran

Neben dem Transportwiderstand in der aktiven Schicht der Membran beobachtet man zusätzlich noch die folgenden Widerstände:

- die durch Reibung verursachte Druckverluste in Feed und Permeat;
- die Druckverluste durch die Konzentrationspolarisation7 ;
- der Transportwiderstand der porösen Stützschicht.

Welche Transportwiderstände dominieren, hängt davon ab, wie die Triebkraft erzeugt wird. Dabei spielen Aggregatzustände und Druckniveau eine entscheidende Rolle [12].

Die treibmindernden Effekte durch Druckverluste und Konzentrationspolarisation lassen sich am besten nach dem Lösungs-Diffusionsmodell des Stofftransportes in Membranen erklären. Der Fluss für Komponente i wird definiert als [12, 13]:

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wobei

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Dann wirkt

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Die genannten Effekte wirken sich wie Widerstände aus. Dadurch geht Energie verloren.

1.3.2 Strukturen, Werkstoffe und Herstellung von organischen synthetischen festen nicht porösen assymetrischen Membranen

Genauso wie natürliche Membranen je nach Funktion unterschiedlich aufgebaut sind, hat sich auch bei den synthetischen Membranen mit der Vielfalt der Trennaufgaben eine Vielfalt von Membranwerkstoffen, Membranstrukturen, Anordnungen und Betriebsweisen entwickelt. Die Vielfalt der heute verfügbaren Membrantypen geht aus ihrer Spezialisierung auf jeweils eine oder wenige bestimmte Anwendungen hervor. Daraus folgt die Unterschiedlichkeit der Struktur, der Werkstoffe und der Herstellungsmethoden in Abhängigkeit von gewünschter Beschaffenheit und Leistungsfähigkeit von synthetischen Membranen[12].

Die Forderungen nach möglichst hohem Durchfluss und möglichst großer mechanischer Stabilität einer Membran wird am besten durch asymmetrische Membranen erfüllt (Abb. 1.8). Diese Membranen besitzen eine sehr dünne aktive Trennschicht, die für das Trennverhalten der Membran verantwortlich ist. Um diese dünne Trennschicht stabil zu halten wird diese auf einem porösen Träger aufgebracht, der weder Trennverhalten noch Fluss beeinträchtigt.

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Abb. 1.8: Asymmetrische Membran mit aktiver Schicht[12]

Organische synthetische feste nicht poröse Membranen haben eine wesentlich größere Verbreitung. Poröse Membranen werden hauptsächlich in den Verfahren Ultrafiltration, Mikrofiltration und Dialyse eingesetzt, während nicht poröse Membranen in den Verfahren Umkehrosmose, Pervaporation, Gaspermeation, Nanofiltration und Elektrodialyse verwendet werden [12, 13].

Die asymmetrischen organischen Membranen können aus einem einzigen Polymer8 oder aus verschiedenen Polymeren9 hergestellt werden[12]. Bei den Kompositmembranen können Eigenschaften von jeder einzelnen Schicht auf die speziellen Anforderungen einzeln optimiert werden, um bessere Produktivität zu erreichen.

Die organischen synthetischen festen nicht porösen assymetrischen Membranen werden aus Polymeren oder Polymermischungen angefertigt. Zu den wichtigsten in der Synthese von Membranen Polymeren gehören synthetische Produkte wie Polyethylen, Polypropylen, Polyacrylnitril, Polyvinylalkohol, Polyvinylchlorid, Polyvinylacetat und Polysulfon [5, 7, 9, 10, 12, 13, 14].

[...]


1 Engl.: Reverse osmosis system = RO System

2 Engl.: Parts per million = Teile pro Million

3 Engl.: Total dissolved solids = Gesamtgehalt an gelösten Feststoffen

4 Engl.: Hollow fine-fiber membrane element

5 Engl.: Spiral-wound membrane element

6 Engl.: Finite element method (FEM)

7 Konzentrationserhöhung der zurückgehaltenen Komponente an der Membranoberfläche [1,3,5,7,9,10,12]

8 so genannte Phaseninversionsmembranen

9 so genannte Kompositmembranen

Ende der Leseprobe aus 165 Seiten

Details

Titel
Modellierung und Implementierung von Regelungen einer Umkehrosmosanlage
Hochschule
Universität Mannheim
Note
1,3
Autor
Jahr
2006
Seiten
165
Katalognummer
V87582
ISBN (eBook)
9783638032872
ISBN (Buch)
9783638929585
Dateigröße
4632 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Modellierung, Implementierung, Regelungen, Umkehrosmosanlage
Arbeit zitieren
Dipl.-Ing (FH), Dipl.-Inf. Andre Krasnik (Autor:in), 2006, Modellierung und Implementierung von Regelungen einer Umkehrosmosanlage, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/87582

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