1. Einleitung
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Die Bedeutung der EGKS reicht bis in die heutige Zeit hinein, indem man in der modernen Gestalt der Europäischen Union Strukturen der ersten europäischen Gemeinschaft erkennen kann.
Dieses Beispiel der Gründung einer internationalen Institution als Problemlösung in der inter-nationalen Politik steht im Zentrum der vorliegenden Analyse. Der Arbeit liegen zwei theore-tische Ansätze zugrunde: erstens, der des (Neo-) Institutionalismus bzw. des (Neo-) Funktio-nalismus, indem die Gründung der EGKS als ein Instrument zur Lösung eines konkreten Pro-blems der Friedenssicherung im Nachkriegseuropa aufgefasst wird. Zweitens, kommt dem realistischen Ansatz der Analyse der internationalen Politik Bedeutung zu, indem in der Ar-beit gezeigt wird, dass hinter der europapolitischen Dimension des EGKS-Projektes konkrete Interessen der Gründungsstaaten standen. Vor dem Hintergrund der sich wandelnden weltpo-litischen Konstellationen bzw. des sich anbannenden Ost-West-Konfliktes wurde die Grün-dung einer supranationalen Organisation zu einer bewussten Strategie westeuropäischer Eli-ten. Hier setzen die strukturelle und die personelle Dimensionen des durch die EGKS einge-leiteten Integrationsprozesses ein.
Um das skizzierte Problem zu bearbeiten, wurde die Arbeit wie folgt gegliedert: Im ersten Kapitel werden die politischen Entstehungsbedingungen der EGKS sowie die ersten Ansätze zur Friedenssicherung im Nachkriegseuropa dargestellt. Das zweite Kapitel setzt sich mit den leitenden Thesen des funktionalistischen Ansatzes auseinander, der infolge der gescheiterten Integrationskonzepte der ersten Nachkriegsjahre an Bedeutung gewann und in der „politi-schen Methode“ von Jean Monnet bzw. in der Schuman-Initiative zwischenstaatlicher Zu-sammenarbeit im Bereich Kohle und Stahl seinen Niederschlag fand. Im dritten Kapitel wird der Frage der Interessenkonvergenzen bzw. -divergenzen der Gründungsstaaten nachgegan-gen und die EGKS als ein Kompromiss bzw. als eine erfolgreiche Strategie dargestellt. Dabei wird der Schwerpunkt der Analyse nicht auf die Ausarbeitung des Projektes bzw. die Interes-senvermittlung im Vertragsverhandlungsprozess gelegt, sondern auf die institutionelle Seite des EGKS-Projektes. Auch die wirtschaftlichen Aspekte des Projektes werden in der Betrach-tung deutlich hinter dessen politischer Dimension zurückstehen
Inhaltsverzeichnis
- Einführung
- Westeuropa in der Krise. Suche nach einer Strategie der friedlichen Organisation des europäischen Staatensystems in den ersten Nachkriegsjahren
- Funktionalistischer Ansatz zur Friedenssicherung
- Gründung der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl als Problemlösung
- Fazit
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die vorliegende Arbeit befasst sich mit der Gründung der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl (EGKS) als Problemlösungsstrategie in der internationalen Politik. Sie analysiert, wie die EGKS angesichts der Erfahrungen zweier Weltkriege und der „deutschen Frage“ zur Überwindung der deutsch-französischen Erbfeindschaft und zur Sicherung des Friedens in Europa beitragen sollte.
- Die politische Entstehungsgeschichte der EGKS und die ersten Ansätze zur Friedenssicherung im Nachkriegseuropa
- Der funktionalistische Ansatz zur Friedenssicherung und seine Bedeutung für die Gründung der EGKS
- Die Interessenkonvergenzen und -divergenzen der Gründungsstaaten und die EGKS als Kompromisslösung
- Die institutionelle Seite der EGKS und ihre Rolle im Integrationsprozess
Zusammenfassung der Kapitel
- Einführung: Das Kapitel beleuchtet die Herausforderungen der friedlichen Organisation des internationalen Staatensystems nach dem Zweiten Weltkrieg, insbesondere die „deutsche Frage“ und die deutsch-französische Erbfeindschaft. Es führt in das Problemfeld der Arbeit ein und stellt die theoretischen Ansätze (Neo-)Institutionalismus/Funktionalismus und Realismus vor.
- Westeuropa in der Krise: Dieses Kapitel betrachtet die schwierige Situation Westeuropas nach dem Krieg und die verschiedenen Ansätze zur Friedenssicherung, die in der ersten Nachkriegszeit verfolgt wurden. Es beleuchtet die Rolle der USA in der europäischen Integration und die Bedeutung der „deutschen Frage“ für die gesamte Nachkriegsordnung.
- Funktionalistischer Ansatz zur Friedenssicherung: Dieses Kapitel analysiert den funktionalistischen Ansatz zur Friedenssicherung, der in den ersten Nachkriegsjahren aufgrund der gescheiterten Integrationskonzepte an Bedeutung gewann. Es stellt die „politische Methode“ von Jean Monnet und die Schuman-Initiative vor.
Schlüsselwörter
Die Arbeit fokussiert auf die Themen Internationale Organisationen, Friedenssicherung, Integration, EGKS, Schuman-Plan, Funktionalismus, Realismus, „deutsche Frage“, deutsch-französische Beziehungen, Interessenkonvergenz, Interessenkonflikt.
- Quote paper
- Evgenia Kvasova (Author), 2008, Gründung internationaler Organisationen als Problemlösungsstrategie, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/87741