Diese Arbeit beschäftigt sich mit dem Gefühl des Ekels,
seiner Darstellung und seinen möglichen Funktionen, in
der Literatur. Die Werke zweier Autoren, die extensiv
von der Darstellung des Ekelhaften Gebrauch machen,
sollen die Grundlage dieser Untersuchung bilden. Bei
den beiden Autoren handelt es sich um den
französischen Schriftsteller und Dokumentator infamer Lüste Marquis de Sade und den russischen Skandalautor der postsowjetischen Epoche Vladimir Sorokin.
Ein Vergleich dieser beiden Autoren scheint in vielerlei Hinsicht ergiebig. Nicht zuletzt auch, weil die Epochen, die diese beiden Schriftsteller geprägt haben, einige, wenn auch nicht auf den ersten Blick offensichtliche, Parallelen aufweisen, was dazu führt, dass sich auch in den Texten der beiden Autoren ähnliche Strukturen und Verfahren, unter anderem in der Funktionsweise des Ekelhaften, finden lassen.
Der Marquis de Sade wurde geprägt von der Philosophie
der Aufklärung und der Ästhetik der klassizistischen
Kunst, die beide ganz deutliche Spuren in seinen Texten
hinterlassen haben, während Vladimir Sorokin ein Kind
des sozialistischen Russland ist und mit dem Stil und
den Ideen des sozialistischen Realismus groß wurde.
Eine der größten Gemeinsamkeiten zwischen dem Zeitalter
der Aufklärung und dem des Sozialismus ist die Idee des
Vorrangs der Interessen der Gesellschaft vor denen des
Individuums, was auch ganz deutlich in den Ästhetiken
dieser beiden Epochen zum Ausdruck kommt. Sowohl der
Marquis de Sade als auch Sorokin brechen in ihren
Texten das in ihrer Epoche gültige Diktat der
abstrakten Gesellschaft über das Individuum auf,
wodurch ihre Werke in einem großen Ausmaß provokativ wirken. Eines der Verfahren die sie dabei anwenden, ist die Darstellung des Ekelhaften, wobei das den Text rezipierende Individuum sich selbst im konkreten Gefühl des Ekels, unabhängig von der abstrakten Gesellschaft, als solches wahrnehmen kann.
Inhaltsverzeichnis
- Grundlagen, Konzeptualisierungen und Prämissen
- Ekel zwischen Natur und Kultur
- Sensationsästhetik
- Sensationsästhetik im Rahmen von kollektivisierenden und individualisierenden Gesellschaften
- Ästhetische Kategorien der klassizistischen und der sozrealistischen Kunst
- Das Ekelhafte als Tabu in der klassizistischen und sozrealistischen Kunst
- Ekel und Lust
- Ekel und Libido bei Freud
- Ekel und Rausch bei Bataille
- Reduzierung der Distanz zwischen Text und Rezipient durch Ekel und Lust
- Rauschhafte Entgrenzung als Folge der Überwindung des Ekels
- Die Nahsinne: Geruch-, Geschmack- und Tastsinn
- Verfahren der Überwindung der reflexionsanhaltenden Wirkung des Ekels und der sexuellen Erregung
- Das Absurde
- Semantische und strukturelle Kohärenz
- Unterschiedliche formale Tendenzen
- Geschlossene, zu überwindende Form
- Offene, involvierende Form
- Pervertierende Parodie und Kulturkonzept
- Rationalistisch abstrakte Form in Verbindung mit sinnlich-obszönem, individualisierendem Inhalt
- Die philosophische Argumentation im Dienste der Befriedigung infamer Lüste
- Die sinnesneutrale Form der klassizistischen Ästhetik als das begehrte Ekelhafte
- Text als semiotische Entgrenzungs- und Konsolidierungserfahrung
- Rationalistisch abstrakte Form in Verbindung mit sinnlich-obszönem, individualisierendem Inhalt
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Hausarbeit analysiert das Gefühl des Ekels in der Literatur, insbesondere in den Werken von Marquis de Sade und Vladimir Sorokin. Der Fokus liegt auf der Darstellung des Ekelhaften und seiner möglichen Funktionen in den Texten dieser beiden Autoren. Der Vergleich dieser beiden Schriftsteller soll Aufschluss über die Verwendung des Ekelhaften in verschiedenen Epochen und Kulturen geben, sowie über die Gemeinsamkeiten und Unterschiede in der Funktionsweise des Ekels in ihren Texten.
- Die Darstellung des Ekelhaften in der Literatur
- Die Funktion des Ekels als ästhetisches Mittel
- Der Vergleich von de Sades „Les cent vingt journées de Sodome“ und Sorokins „Der erste Subbotnik“
- Die Rolle des Ekels in der Überwindung von gesellschaftlichen Normen
- Die Bedeutung des Ekels für die Wahrnehmung und die Artikulation von Sensationen
Zusammenfassung der Kapitel
Das erste Kapitel befasst sich mit den Grundlagen, Konzeptualisierungen und Prämissen des Ekels. Es werden verschiedene Ansätze zur Definition und zur Analyse des Ekels vorgestellt, wobei der Fokus auf der Beziehung zwischen Natur und Kultur liegt. Das Kapitel analysiert auch die Rolle des Ekels in der Sensationsästhetik, insbesondere im Kontext von kollektivisierenden und individualisierenden Gesellschaften.
Das zweite Kapitel untersucht die Reduzierung der Distanz zwischen Text und Rezipient durch Ekel und Lust. Es analysiert, wie die Darstellung des Ekelhaften den Rezipienten in die Welt des Textes einbezieht und eine unmittelbare, körperliche Reaktion hervorruft.
Das dritte Kapitel befasst sich mit Verfahren der Überwindung der reflexionsanhaltenden Wirkung des Ekels und der sexuellen Erregung. Es werden verschiedene narrative Strategien beleuchtet, die von den Autoren verwendet werden, um die Aufmerksamkeit des Rezipienten zu halten und die Wirkung des Ekels zu verstärken.
Das vierte Kapitel analysiert die unterschiedlichen formalen Tendenzen in den Werken von de Sade und Sorokin. Es zeigt, wie die formale Gestaltung des Textes die Wirkung des Ekels beeinflusst.
Das fünfte Kapitel widmet sich dem Konzept der pervertierenden Parodie und dem Kulturkonzept. Es untersucht, wie die Darstellung des Ekelhaften die gesellschaftlichen Normen in Frage stellt und neue Perspektiven auf Kultur und Sexualität eröffnet.
Schlüsselwörter
Ekel, Sensationsästhetik, Literatur, Marquis de Sade, Vladimir Sorokin, „Les cent vingt journées de Sodome“, „Der erste Subbotnik“, Klassizismus, Sozialistischer Realismus, Provokation, Gesellschaft, Individuum, Perversion, Lust, Kultur, Sexualität.
- Arbeit zitieren
- Katharina Friesen (Autor:in), 2007, Ekelhaftes Erlebnis - Der Episodenroman "Les cent vingt journées de Sodome" des Marquis de Sade im Vergleich mit der Erzählsammlung "Der erste Subbotnik" von Vladimir Sorokin, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/87786