Der folgende Beitrag versucht, grundlegende Zusammenhänge zwischen der deutschen-, US – amerikanischen- sowie britischen Unternehmensführung aufzudecken. Daher liegt als Gegenstand für dieses Rechtsgutachten ein rechtsvergleichendes Thema mit Bezug zur Struktur der Verwaltungsorgane nahe. Aus britischer Sicht bestehen die Hauptkontraste - die bei einem Blick auf das deutsche Kapitalgesellschaftsrecht sofort ins Auge stechen - zum einen darin, dass in Aktiengesellschaften die Führungsfunktionen zwischen einem Aufsichtsrat ("supervisory board") und einem Vorstand ("managing board") aufzuteilen sind, und zum anderen in der Notwendigkeit einer Arbeitnehmervertretung im Aufsichtsrat von Gesellschaften mit mehr als 500 Arbeitnehmern. Das britische Kapitalgesellschaftsrecht enthält demgegenüber keine obligatorischen Vorschriften in dieser Hinsicht, obwohl es diese Gestaltungsmerkmale nicht verbietet und hinreichend flexibel ist, damit eine ähnliche Gestaltung wie in Deutschland auch in großen britischen Kapitalgesellschaften gewählt werden kann.
Die flexible Ausgestaltung des britischen Kapitalgesellschaftsrechts führt zu der Frage: Kann, obwohl sich die Gesetzeslage eigentlich nicht geändert hat, angenommen werden, dass sich die Boardstruktur großer britischer Kapitalgesellschaften in die Richtung eines zweigliedrigen Modells bewegt, und zwar aufgrund außergesetzlicher Corporate Governance Reformen, die seit dem Cadbury Report von 1992 besonderes Gewicht in der Diskussion des britischen Gesellschaftsrechts haben. Der Cadbury Report und seine (mittlerweile) drei Nachfolger bemühten sich, die Position des unabhängigen "non-executive director" und die Überwachungsfunktion im britischen Board zu verbessern. Hat sich der Board trotz der formal weiterbestehenden monistischen Struktur mit den "non-executives", welche die Arbeit der geschäftsführenden "executive directors" überwachen, zu einer dualistischen Struktur entwickelt? Es wird argumentiert werden, dass zwar im britischen Board diese Funktionen unterschieden werden, es jedoch dennoch gute Gründe dafür gibt und es sogar effizienter ist, beide Funktionen in einem einzigen Verwaltungsorgan zu vereinen. Trotzdem führt dies nicht zu dem Schluss, dass auch das deutsche System besser daran täte, die Funktionen des Aufsichtsrats und des Vorstands in einem Verwaltungsorgan zu vereinen.
Inhaltsverzeichnis
- I. Einleitung
- II. Das Aufkommen des Monitoring Board in Großbritannien
- 1. Ursprung und Struktur der Reformen
- 2. Analyse des "Combined Code"
- III. Konvergenz oder fortbestehende Divergenz?
- 1. Überwachung und Leitung
- 2. Überwachung und Interessenvertretung (Networking and Stakeholding.)
- 3. Zukünftige Entwicklungen
- IV. Fazit:
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Dieser Beitrag analysiert die Verwaltungsstruktur großer britischer Unternehmen im Kontext des "Combined Code" und beleuchtet den Einfluss der Corporate Governance Reformen auf die Boardstruktur. Ziel ist es, die Entwicklung des "Monitoring Board" in Großbritannien im Vergleich zum deutschen System zu untersuchen und die Frage nach Konvergenz oder Divergenz der beiden Modelle zu diskutieren.
- Der Einfluss des Cadbury Reports und seiner Nachfolgeberichte auf die Corporate Governance in Großbritannien.
- Die Rolle des "Monitoring Board" und die Trennung von Überwachungs- und Leitungsfunktionen im britischen Kontext.
- Die Unterschiede zwischen der deutschen und der britischen Boardstruktur und die Frage nach der Notwendigkeit eines dualistischen Modells in Großbritannien.
- Die Bedeutung von Arbeitnehmervertretung im Aufsichtsrat und die Unterschiede zwischen den Rechtsordnungen.
- Zukünftige Entwicklungen im Bereich der Corporate Governance und der Boardstruktur.
Zusammenfassung der Kapitel
- I. Einleitung: Der Beitrag stellt die Fragestellung des rechtsvergleichenden Gutachtens vor und beleuchtet die Unterschiede in der Verwaltungsstruktur zwischen deutschen und britischen Kapitalgesellschaften. Insbesondere wird die Bedeutung des Aufsichtsrats im deutschen System und die fehlende zwingende Regelung einer entsprechenden Struktur im britischen Recht hervorgehoben.
- II. Das Aufkommen des Monitoring Board in Großbritannien:
- 1. Ursprung und Struktur der Reformen: Dieser Abschnitt untersucht den Ursprung der Corporate Governance Reformen in Großbritannien, die durch den Cadbury Report initiiert wurden. Die Reformen wurden durch eine Reihe von Unternehmensskandalen ausgelöst und zielen auf eine Verbesserung der Board-Struktur und ihrer Funktionsweise ab.
- 2. Analyse des "Combined Code": Dieser Abschnitt analysiert den "Combined Code", der als Ergebnis der Reformen entstanden ist und die Prinzipien der Corporate Governance für britische Unternehmen festlegt.
- III. Konvergenz oder fortbestehende Divergenz?: Dieser Abschnitt vergleicht die Entwicklung der Boardstruktur in Großbritannien mit dem deutschen System und diskutiert, ob sich die beiden Modelle einander annähern oder ob weiterhin Divergenzen bestehen.
- 1. Überwachung und Leitung: Dieser Abschnitt untersucht die Rolle der Überwachung und der Leitung im britischen Board und analysiert, ob die Trennung dieser Funktionen innerhalb eines einzigen Organs zu einem dualistischen Modell führt.
- 2. Überwachung und Interessenvertretung (Networking and Stakeholding): Dieser Abschnitt betrachtet die Interessenvertretung und die Rolle des Boards im Hinblick auf Stakeholder-Beziehungen.
- 3. Zukünftige Entwicklungen: Dieser Abschnitt analysiert die möglichen zukünftigen Entwicklungen im Bereich der Corporate Governance und der Boardstruktur in Großbritannien.
Schlüsselwörter
Die Arbeit konzentriert sich auf die Themenbereiche Corporate Governance, Boardstruktur, "Monitoring Board", Überwachungsfunktion, Leitungsfunktion, Aufsichtsrat, Vorstand, "non-executive director", "executive director", "Combined Code", Cadbury Report, Hampel Komitee, deutsche Rechtsordnung, britische Rechtsordnung, Kapitalgesellschaft, Verwaltungsorgane, Arbeitnehmervertretung.
- Arbeit zitieren
- Diana Stol (Autor:in), 2007, Die grenzüberschreitende Unternehmensführung, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/87972