Was die Beschäftigung mit den sprachtheoretischen Betrachtungen vergangener Zeiten für die gegenwärtige Diskussion der Materie leisten kann, zeigt deutlich das Beispiel Noam Chomskys: Dieser berief sich im Hinblick auf die Entwicklung seiner generativen Transformationsgrammatik auf cartesianische Ideen und löste mit diesem Beweis der Fruchtbarkeit scheinbar verstaubter sprachwissenschaftlicher und sprachphilosophischer Relikte eine Rückbesinnung auf historische Autoren aus (Vgl. Bossong 1990: 28).
Die Beschäftigung mit den Sprachursprungs- und Sprachvielfaltstheorien der Epoche der Aufklärung ist insofern nahe liegend, als in dieser Zeit die ersten wissenschaftlichen Erklärungsversuche entworfen wurden, wissenschaftlich insofern, als sie sich nicht mehr auf alttestamentarische Dogmen stützen wie die Schöpfungsgeschichte und die babylonische Sprachverwirrung.
In dieser Arbeit sollen nun drei sehr unterschiedliche Erklärungsversuche zum Sprachursprung und zur Sprachenvielfalt dargestellt und verglichen werden, um das mögliche Spektrum an Möglichkeiten zu verdeutlichen, die durch Denken hervorgebracht wurden, und, um ein Denken in mehrere, sehr verschiedene Richtungen anzuregen, die für die Beantwortung der aufgeworfenen Fragen hilfreich und von Interesse sein können. Es handelt sich dabei erstens um die Theorie von John Locke, dem Begründer des Empirismus, zweitens um die Überlegungen von Gottfried Wilhelm Leibniz, der rationalistisch auf Locke antwortet und der im Hinblick auf seine Methodik eine schwerpunktmäßige Betrachtung verdient; und drittens, um die Sprachtheorie Giambattista Vicos, der heute vor allem als Begründer der Kulturwissenschaft bekannt ist und dessen Gedanken zu Entstehung und Vielfalt der Sprachen sich ganz grundlegend von den anderen beiden Theorien absetzen. Diese drei Theorien sind wohl durchaus geeignet, den Anspruch einer größtmöglichen Vielfältigkeit von Erklärungsansätzen zu erfüllen.
Es bleibt zu bemerken, dass die Beschäftigung mit den Sprachtheorien der Aufklärungszeit stets eine bedeutende epistemologische Komponente beinhalten muss, da Erkenntnistheorie und Sprachtheorie häufig argumentativ aufeinander aufbauen. Dass die beiden Bereiche im Kontext der Fragestellung untrennbar miteinander verbunden sind, wird im Laufe der Arbeit deutlich werden.
Inhaltsverzeichnis
- Relevanz der Themenstellung
- Réné Descartes
- John Locke
- Zum erkenntnistheoretischen Interesse Lockes
- Lockes Ideenlehre
- Arbitarität und Konventionalität der Sprache
- Leibniz
- Monadologie (1714) und prästabilisierte Harmonie
- Sprachverwandtschaft
- Sprache und Denken
- Giambattista Vico
- Der Sprachursprung: Die Theorie der drei Zeitalter
- Sprachverschiedenheit
- Vergleich der Theorien von Locke, Leibniz und Vico
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Seminararbeit befasst sich mit den Sprachtheorien von John Locke, Gottfried Wilhelm Leibniz und Giambattista Vico im Kontext der französischen Aufklärung. Sie analysiert ihre Ansätze zur Entstehung und Vielfalt der Sprachen und untersucht, wie diese Theorien die damalige Debatte über Sprache und Denken prägten.
- Die Relevanz der Beschäftigung mit historischen Sprachtheorien für die heutige Sprachforschung
- Der Einfluss des Cartesianismus auf die Entwicklung des Rationalismus und Empirismus
- Die Rolle der Sprache als Ausdruck von Denken und Vernunft
- Der Zusammenhang zwischen Sprache und Erkenntnis
- Die Frage nach dem Ursprung und der Vielfalt der Sprachen
Zusammenfassung der Kapitel
Relevanz der Themenstellung
Dieses Kapitel beleuchtet die Bedeutung der Beschäftigung mit historischen Sprachtheorien, insbesondere im Hinblick auf Noam Chomskys generative Transformationsgrammatik. Es betont die Notwendigkeit, die Geschichte der Sprachtheorie zu erforschen, um Antworten auf aktuelle Fragen der Sprachforschung zu finden.
Réné Descartes
Dieses Kapitel analysiert Descartes' Einfluss auf die Sprachtheorie des 17. Jahrhunderts. Es beleuchtet, wie seine rationalistische Position die Polarisierung der neuzeitlichen Philosophie in Rationalismus und Empirismus prägte und somit die Debatte über Sprache und Erkenntnis nachhaltig beeinflusste.
John Locke
Dieses Kapitel befasst sich mit John Lockes empiristischer Sprachtheorie. Es analysiert Lockes Ideenlehre, seine Vorstellung von der Arbitrarität und Konventionalität der Sprache sowie die Bedeutung des Empirismus für seine sprachphilosophischen Überlegungen.
Leibniz
Dieses Kapitel untersucht Gottfried Wilhelm Leibniz' sprachtheoretische Ansätze. Es beleuchtet Leibniz' Monadologie und prästabilisierte Harmonie, seine Theorie der Sprachverwandtschaft sowie seine Gedanken zum Zusammenhang von Sprache und Denken.
Giambattista Vico
Dieses Kapitel widmet sich Giambattista Vicos Sprachtheorie. Es analysiert seine Theorie der drei Zeitalter, seine Sicht auf die Sprachverschiedenheit und die Unterschiede zwischen Vicos Ansatz und den Theorien von Locke und Leibniz.
Schlüsselwörter
Die wichtigsten Schlüsselwörter dieser Arbeit sind: Sprachtheorie, französische Aufklärung, John Locke, Gottfried Wilhelm Leibniz, Giambattista Vico, Empirismus, Rationalismus, Sprachursprung, Sprachenvielfalt, Sprache und Denken, Erkenntnis, Erkenntnistheorie.
- Quote paper
- Christine Reff (Author), 2006, Theorien zum Ursprung und zur Vielfalt der Sprachen – Locke, Leibniz und Vico, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/88025