1. Einleitung
Trotz des Stellenwertes des Internets ist das Fernsehen in ausdifferenzierten Gesellschaften immer noch Leitmedium, das aus dem Alltagsleben der Menschen nicht wegzudenken ist. Es ist wesentliches Medium der gesellschaftlichen Kommunikation und damit in die gesellschaftlichen Entwicklungen integriert (vgl. Mikos 1994, S. 6). Horace Newcomb und Paul Hirsch (1986) sprechen vom Fernsehen als dem „kulturellen Forum“ der Gesellschaft (ebd., S. 5 und 10). Es präsentiere die Vielfalt von Lebenswelten und Lebensstilen sowie Phantasien, Wünsche und Sehnsüchte der Individuen (vgl. Mikos 2001, S. 43). Ein aktives und produktives Fernsehpublikum sei Ausdruck der Vereinzelung aber auch der Spezialisierung der Individuen von mediatisierten Gesellschaften (vgl. ebd., S. 7).
Was macht die Fernsehserie zu einem Gegenstand, der Fan Fiktion entstehen lässt? Beginnen Fans im Anschluss an die Serienrezeption eigene Geschichten zu schreiben, spricht man von Fan Fiktion - eine stark charakterzentrierte Erzählkultur. Die Charaktere des Serienoriginals werden in einer neuen fortgeführten oder alternativen Handlung dargestellt (vgl. Dorer 2005, S. 5). Es handelt sich dabei um Texte, die die Zuschauer, speziell die Fans, selbst produzieren. Die Fan-Autoren können bei ihren Geschichten der Phantasie freien Lauf lassen, ohne an Regelungen gebunden zu sein, die das Serienoriginal mit sich bringt. Dadurch ergibt sich z. B. die Möglichkeit, eine Beziehung der Figuren zu verwirklichen, die innerhalb einer Serie scheinbar undenkbar wäre. Voraussetzung der textlichen Eigenproduktion von Serienfans ist das Bestehen einer Fankultur. Diese ist an die Produktivität und die Phantasie der Zuschauer gebunden, die durch bestimmte Merkmale der von der Kulturindustrie produzierten Fernsehtexte möglich zu werden scheint.
Den theoretischen Rahmen dieses Phänomens bildet in der vorliegenden Arbeit zum einen die Auseinandersetzung mit dem Fernsehtext im Allgemeinen und mit dem Serientext im Besonderen. Zum anderen wird die Motivation der Rezipienten thematisiert, um die Entstehung von Fan Fiktion, der dritten Ebene der Textualität, als (populär-)kulturelles Phänomen zu verstehen.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Das Verhältnis von Kulturindustrie und Konsument
- Der Begriff der Aneignung und die Bedeutung des Alltags für die Aneignungspraktiken
- Die Fernsehaneignung als Vermittlungsprozess und die Kategorien der Produktivität
- Die Bedingungen des Fernsehserientextes für die Produktivität von Fans
- Produzierbarkeit und Polysemie
- Repetition und Serialität
- Dramaturgische Mittel der Fernsehserie
- Was bereitet den Zuschauern so viel Vergnügen an der Aneignung der Fernsehtexte?
- Das Spiel mit den Texten: Ein Spiel der Identitäten
- Das Konzept der Interpretationsgemeinschaften
- Die Rolle der Phantasie für die Serienaneignung
- Das Spiel mit den Texten: Ein Spiel der Identitäten
- Fankultur: Das Phänomen Fan Fiktion
- Fan Fiktion: Eine spezifische Form der Aneignung
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit untersucht die Bedingungen, die an Fan Fiktion gebunden sind. Sie analysiert das Verhältnis von Kulturindustrie und Konsument, die Rolle der Aneignung und der Bedeutung des Alltags für die Aneignungspraktiken. Die Arbeit konzentriert sich auf die Analyse des Fernsehtextes und seiner Eigenschaften, die die Produktivität von Fans ermöglichen. Zudem werden die Motivationen und das Vergnügen der Zuschauer beim Aneignen von Fernsehtexten erörtert, um das Phänomen der Fan Fiktion als (populär-)kulturelles Phänomen zu verstehen.
- Das Verhältnis von Kulturindustrie und Konsument
- Die Bedeutung der Aneignung und die Rolle des Alltags
- Die Bedingungen des Fernsehserientextes für Fan Fiktion
- Die Motivationen und das Vergnügen der Zuschauer beim Aneignen von Fernsehtexten
- Fan Fiktion als (populär-)kulturelles Phänomen
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung führt in das Thema Fan Fiktion ein und erläutert die Relevanz des Fernsehens als Leitmedium in ausdifferenzierten Gesellschaften. Sie stellt die Bedeutung des Fernsehens als „kulturelles Forum“ der Gesellschaft und das produktive Fernsehpublikum als Ausdruck von Vereinzelung und Spezialisierung dar. Die Kapitel 2 und 3 befassen sich mit dem Verhältnis von Kulturindustrie und Konsument sowie mit dem Begriff der Aneignung und der Bedeutung des Alltags für die Aneignungspraktiken. Kapitel 4 untersucht die Bedingungen des Fernsehserientextes für die Produktivität von Fans, wie Produzierbarkeit, Polysemie, Repetition, Serialität und dramaturgische Mittel der Fernsehserie. Kapitel 5 beschäftigt sich mit den Vergnügen der Zuschauer beim Aneignen von Fernsehtexten, insbesondere mit dem Spiel der Identitäten und der Rolle der Phantasie für die Serienaneignung. Kapitel 6 widmet sich der Fankultur und dem Phänomen der Fan Fiktion als spezifische Form der Aneignung.
Schlüsselwörter
Die Arbeit befasst sich mit Fan Fiktion, Fernsehtext, Aneignung, Kulturindustrie, Konsument, Produktivität, Phantasie, Interpretationsgemeinschaften, Serienaneignung, Fankultur und (populär-)kulturelle Phänomene.
- Arbeit zitieren
- Maria Hillegaart (Autor:in), 2007, Welche Bedingungen sind an Fan Fiktion gebunden?, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/88034