Schöpfung und Evolution in der Theosophie

Erklärt anhand des Werkes "Die Urgestalt" von Edgar Dacqué


Hausarbeit, 2007

32 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


INHALT

1 EINLEITUNG / VORWORT

2 THEOSOPHIE
2.1 Geschichte der Theosophie
2.2 Grundlagen der theosophischen Weltanschauung
2.3 Theosophie und Wissenschaft
2.4 Theosophie und Evolution
2.4.1 Ursprüngliche menschliche Evolution in der Theosophie
2.5 Exkurs: Die Theosophische Gesellschaft

3 EDGAR DACQUÉ
3.1 Eine Kurzbiographie
3.2 Schöpfung und Evolution bei Dacqué

4 „DIE URGESTALT“
4.1 Inhalt und Aussage
4.1.1 Schöpfung, Fall, Erlösung“
4.1.2 Naturgeschichte und Völkerleben
4.1.3 Unerlöster und erlöster Geist
4.2 Das Werk im theosophischen Kontext
4.3 Eine vergleichende Analyse

5 BIBLIOGRAFIE
5.1 Literaturverzeichnis
5.2 Abbildungsverzeichnis

1 Einleitung / Vorwort

Edgar Dacqué war kein bekannter Philosoph und Geologe. Zwar wurde (und wird) seine Arbeit von Vertretern seines Standes geschätzt, dennoch schafften es seine Lehren nicht in Schulbücher und Vorlesungsverzeichnisse - weder im Bereich der Geistes- noch der Naturwissenschaften. Nichts desto trotz habe ich zahlreiche Gründe mich in dieser Hausarbeit mit seinen interessanten Lehren auseinanderzusetzen. Die wichtigsten Motive möchte ich in Folge kurz erläutern.

Der erste (und auch offensichtlichste Grund) ist der familiäre Bezug zu diesem Philosophen. Edgar Dacqué war mein Urgroßonkel. Als mir mein Vater einmal, nicht ohne Stolz, eine Ausgabe von „Urwelt, Sage und Menschheit“ aus der privaten Büchersammlung zeigte, war ich wohl noch zu jung um zu erfassen, was Philosophie oder gar Theosophie heißen könnte. Nun, da ich mir in Schule und Studium die Grundlagen dieser Disziplinen aneignen konnte, ist es an der Zeit, mich auch mit dem „familieneigenen“ Philosophen auseinanderzusetzen. Nicht zuletzt, da meine Eltern selbst kaum mehr über den Verwandten und seine theosophischen Ansätze wissen, als ich vor Beginn meiner Recherchearbeit. Diese Hausarbeit soll demnach nicht nur einen akademischen Zweck erfüllen, sondern auch meiner Familie helfen, das komplexe Thema „Theosophie“ besser erfassen zu können und einen Zugang zu Edgar Dacqués Werken zu finden.

Ein zweiter Grund für die Wahl dieses Themas ist ebenfalls ein persönlicher. Die philosophisch-theologische Schöpfungslehre hat mich immer sehr interessiert und doch habe ich aus der Vielzahl der verschiedenen Ansätze bisher keinen einzigen finden können, der mich (weitestgehend) überzeugen konnte. Als Verfechter der Wissenschaft und Religionsskeptiker bin ich gespannt, welche Lösungsansätze die theosophische Lehre bietet, die naturwissen­schaftliche Ansätze in das philosophische Grundgerüst des Denkens und des Seins integriert. Insbesondere möchte ich dabei die Schöpfungslehre von Edgar Dacqué, der sich als Naturwissenschaftler mit dem Thema befasste, näher erforschen.

Der dritte Grund für mein Interesse an der Thematik knüpft eng an den zweiten an. Eine Eigenschaft, die mich schon immer an Menschen faszinierte, ist der Mut interdisziplinär zu arbeiten. Was bereits Aristoteles und Galileo im großen Stil praktizierten, versuchte auch Edgar Dacqué im Bezug auf seine Weltanschauung: Er verknüpfte Wissenschaftszweige und Denkansätze um mithilfe der verschiedenen Erkenntnisse einen neuen Weg zur Problemlösung zu erschließen. Während zahlreiche „Experten“ sich regelmäßig nur auf ihr „Steckenpferd“ besinnen (und das ganz egal, welcher wissenschaftlichen Kaste sie angehören), bietet die fachbereichs-übergreifende Forschung Möglichkeiten, die bei einer eingeschränkten Sichtweise verborgen bleiben. Der theosophische Ansatz ist in sich bereits interdisziplinär. Er vereinigt drei Felder der Geisteswissenschaften (Theologie, Philosophie und Wissenschaft). Edgar Dacqué arbeitete hierbei mit seinem ausgeprägten naturwissenschaftlichen Fachwissen (insb. in seiner Evolutionstheorie). Für mich klingt das spannend und schwierig zugleich. Ein Grund mehr sich dem Thema in dieser Hausarbeit zu widmen.

2 Theosophie

2.1 Geschichte der Theosophie

Die theosophische Strömung ist keinesfalls eine moderne Erscheinung. Die Verknüpfung von Wissenschaft, Religion und Philosophie wurde bereits in der Antike als Lehre praktiziert. Grundlage für die interdisziplinäre Denkarbeit, war stets der Versuch das Wesen und den Sinn der Dinge zu erschließen und somit zu vollkommener Erkenntnis zu gelangen. Diese Erkenntnis würde bedeuten, dass elementare Fragen (wie zum Beispiel die nach dem Jenseits oder nach unerklärlichen Phänomenen) nicht mehr von Bedeutung wären, da mit der Erkenntnis gleichzeitig die Antworten auf alle Fragen gegeben wären. Es ist diese „Metaphysische Neugierde“[1], die die Hauptgrundlage für das theosophische Modell bildet. Insbesondere in der vormittelalterlichen Zeit, war die Theosophie stark mit der Mystik verknüpft. Sie orientierte sich vor allem an Welt­anschauungen wie dem Brahmanismus und Buddhismus, aber auch an der griechischen Mythologie.

Im Mittelalter wurde theosophisches Gedankengut durch die katholische Kirche verboten und Anhänger dieser Lehre ebenso wie andere Ketzer verfolgt. Zu den Gruppierungen, die in dieser Zeit theosophische Ansätze verfolgten gehörten u. a. die Rotkreuzer, Alchimisten und auch ursprüngliche Formen der Freimaurer. Zur Zeit der Reformation, verlor die katholische Kirche erheblich an Einfluss und andere als die christlich-katholische Weltanschauung konnten sich entwickeln und verbreiten. Auch der theosophische Ansatz wurde stets von zahlreichen philosophisch-religiösen Strömungen beeinflusst, am deutlichsten (bereits während der Phase des Kirchenstreits) durch die Mystik im 16.-18. Jahrhundert und die Neubuddhistische Bewegung im 19. Jahrhundert.

Im Laufe der Zeit wuchs die Anhängerschaft der theosophischen Bewegung beträchtlich, bis die Theosophie im frühen 20. Jahrhundert beinahe zu einer Modeerscheinung wurde. Nach dem Ende des ersten Weltkrieges und der konjunkturell entspannten Phase danach, verbreitete sich in Europa und Amerika eine kapitalistisch-rationale Denkstruktur ohne Bezug zum Metaphysischen. Diese verkannte jedoch den Hang der Menschen zur Mystik und provozierte gleichsam einen verstärkten Drang hin zu philosophisch-religiösen Gruppierungen. Die Theosophie stellte in diesem Zusammenhang eine ausgezeichnete, geistige Zufluchtsmöglichkeit dar: Sie befasste sich mit der Metaphysik, mit dem göttlichen und dem mystischen und griff dabei sowohl auf philosophische als auch naturwissenschaftliche Instrumente zum Erkenntnisgewinn zurück. Nicht zuletzt aus diesem Grund konnten sich viele Menschen mit der theosophischen Lehre identifizieren.[2]

Seit 1875 ist die bekannteste Institution, die sich mit der Theosophie beschäftigt, die „Theosophische Gesellschaft“ mit derzeit ca. 35.000 Anhängern weltweit.[3] [4]

2.2 Grundlagen der theosophischen Weltanschauung

Das Wort Theosophie stammt aus dem Spätgriechischen und setzt sich aus zwei Teilen zusammen. Zum einen „theós“ (Gott) und sophía (Weisheit).[5] Bei dieser Lehre handelt es sich um eine Synthese aus Religion, Philosophie und Naturwissenschaft. Wie bei vielen philosophisch-religiösen Lehren ist auch bei der Theosophie die Suche nach dem Sinn, nach dem Ursprung und der Entwicklung der Welt grundlegend. Die Theosophie will irdisches mit himmlischem Wissen vereinen um damit die vollkommene Erkenntnis zu erlangen. Dabei vertritt die Theosophie das Prinzip der Selbsterkenntnis. Das heißt, es ist dem Menschen möglich ohne einen göttlichen Impuls, nur durch sich selbst eine allumfassende Erkenntnis zu erlangen. Diese Denkweise ist zum Teil an die altindische Philosophie angelehnt, die ebenfalls die Evolution des Lebens und des Geistes als Grundwerkzeug geistiger Vollkommenheit betrachtet.

In der theosophischen Gedankenwelt existiert demnach auch keine Trennung zwischen dem göttlichen und dem weltlichen. Es gibt keinen persönlichen oder richtenden Gott, denn Welt und Weltgrund bedingen sich gegenseitig. Die Theosophie ist somit eine pantheistische[6] Lehre, in der Gott nicht über den Dingen steht und von außen auf das Weltgeschehen einwirkt, sondern in allem Seienden vorhanden ist. Neben der „göttlichen Idee“ existiert zudem das göttliche Wort (Logos). Der Mensch, der als einziges lebendes Wesen mit dem Logos erfüllt ist (im Gegensatz zu Tieren oder Pflanzen), kann aufgrund dessen sowohl allumfassende Erkenntnis erlangen, als auch eine Selbsterlösung bewirken. Negative Einflüsse von außen, wie etwa durch die Bestrafung eines richtenden Gottes sind demnach ausgeschlossen und als einzige Unheilsquelle verbleibt die soziale Ungerechtigkeit. Somit vertritt die Theosophie den Standpunkt, dass die Verbrüderung der Menschen und der positive Umgang miteinander im Kollektiv die obersten Ziele auf dem Weg zur Selbsterlösung darstellen. In der Theosophie ist die Rechtfertigung gegenüber dem Nächsten höher einzuschätzen als eine Rechfertigung gegenüber einem göttlichen Wesen (das in Form eines personifizierten Gottes ohnehin nicht existiert). Folgerichtig lehnen Theosophen auch die Kirche als Instanz ab. Die Beschwörung eines Gottes durch Gebete oder Sakramente steht im Widerspruch zum theosophischen Glauben, für seine Erlösung und sein Wohlergehen selbst verantwortlich zu sein.[7]

Die Theosophie umfasst in ihrer Ganzheit verschiedene Ansätze zur Struktur des menschlichen Wesens. Der bekannteste ist jedoch der, von der Theosophischen Gesellschaft formulierte, der sich (vielleicht noch stärker als ohnehin in der theosophischen Gedankenwelt) sehr eng an den östlichen Religionen orientiert. Der menschliche Körper wird demnach als Vehikel des göttlichen Funkens verstanden. Er besteht aus einem Astralkörper, einem Mentalkörper und einem physischen Körper. Gemäß buddhistisch-hinduistischer Lehren kann der physische Körper seine Stofflichkeit abwerfen um in die spirituelle Welt aufzusteigen aus der er ursprünglich kommt. Bei jeder Wiederkehr in stoffliche Form (Reinkarnation) besteht die Möglichkeit der Weiterentwicklung (Evolution).

2.3 Theosophie und Wissenschaft

Die Theosophie kann als eine Synthese von Philosophie, Religion und Wissenschaft beschrieben werden. Sie versucht nicht, das weltliche Geschehen ausschließlich mit göttlicher Sinngebung zu erklären, sondern bettet auch die Wissenschaft ein in ihre Lehren und Arbeiten zur Sinnfindung.

Daher ist es beispielsweise für einen Theosophen ganz natürlich die Evolutionstheorie (als Prinzip) nicht anzuzweifeln (wie es beispielsweise die katholische Kirche noch immer tut). Wissenschaft, als eine vom Menschen ausgehende Disziplin zur Erklärung der Welt und des Sinns, hat ebenso ihre Daseinsberechtigung im theosophischen Weltbild wie die Religion und die Philosophie. Jegliche Form der Sinnsuche ist in der Theosophie geleitet vom göttlichen Inneren im physischen Menschen. Demnach ist auch die Wissenschaft nichts anderes als eine göttlich gewollte und durch den Logos initiierte Form des Weltverstehens im göttlichen Sinne. Erkenntnis ist in der Theosophie nicht ausschließlich eine „Sache des Herzens“. Der Verstand des Menschen trägt einen ebenso großen Teil zur Erleuchtung bei, da beide Faktoren bereits den gottgleichen Ur-Menschen durchströmten.

Grund für diese ganz „unreligiöse“ Akzeptanz der Wissenschaft durch die Theosophen ist folgende Annahme: Jeder stoffliche Körper besitzt zudem noch jeweils zwei astrale, mentale und kausale Körper, die im Laufe ihrer Entwicklung nacheinander auftauchen und wieder verschwinden. Die stoffliche Welt ist demnach nur ein vorübergehender Zustand den man mit den Naturwissenschaften analysieren kann. Nichts desto trotz sagen die gefundenen Ergebnisse nichts über die anderen Körper der Welt aus, was zur Folge hat, dass Wissenschaft neben der Religion existieren kann, ohne diese ad absurdum zu führen.[8]

2.4 Theosophie und Evolution

Die geistige Grundlage der Fortentwicklung von Leben in der theosophischen Lehre folgt dem Prinzip der der „Involution und Evolution“. Das ursprüngliche Leben bewegt sich demzufolge von einer grundlegenden Göttlichkeit herab in die stoffliche Welt (Involution). Danach strebt es zurück in die spirituelle Welt, wobei es sich auf diesem Weg weiter entwickelt (Evolution).

Die methodische Grundlage der Evolution in der Theosophie ist das Prinzip des Hylozoismus.[9] Dieser ist ebenfalls stark mit der theosophischen Auffassung einer göttlichen Kraft verknüpft und erklärt die ursprüngliche, allumfassende Kraft, die eine Schöpfung des Weltalls aus einem Ur-Geist und einem Ur-Stoff ermöglicht. Diese existieren jedoch nicht dual nebeneinander sondern fließen im Unendlichen zusammen. Es besteht also ein monistisches System (im Gegensatz zum Christentum, das Körper und Geist getrennt behandelt). Die Genesis im theosophisch-hylozoischen Sinn wird durch die so genannte Logos-Lehre beschrieben. In der Theosophie ist Gott ein Bewusstsein, welches das Universum belebt. Der Kosmische Logos füllt das All mit seinen unzähligen Universen. Da ohne den Logos nichts existiert und erst mit ihm Existenz entsteht, ist im All auch nichts enthalten, was nicht von ihm durchdrungen wäre. Somit ist in allem Leben und Sein eine göttliche Kraft enthalten. Der Logos als das Bewusstsein umfasst jedoch nicht nur die Erschaffung der Existenz, sondern eben auch (wie bei anderen philosophisch-religiösen Lehren) dessen Erhaltung oder Zerstörung. Zum besseren Verständnis ist ein Vergleich mit anderen Systemen hierbei durchaus sinnvoll:

[...]


[1] Vgl. BRUHN, Wilhelm, „Theosophie und Anthroposophie“, In: Aus Natur und Geisteswelt, Sammlung wissenschaftlich-gemeinverständlicher Darstellungen, Band 775, Berlin, Leipzig, 192,

[2] Vgl. ebd. S. 6ff.

[3] Vgl. http://www.bible-only.org/german/handbuch/Theosophische_Gesellschaft.html

[4] Siehe. Kapitel 2.5. Exkurs: Die Theosophische Gesellschaft

[5] Vgl. BROCKHAUS ENZYKLOPÄDIE, Band 22, Mannheim, 1993, S. 85

[6] Pantheismus: Konzept nachdem die alles weltliche zugleich den göttlichen Funken oder das „Wort“ (Logos) in sich trägt. Pantheismus gewann in der Phase der Aufklärung an Bedeutung und dient als Grundlage für die Erklärung der Verbindung zwischen Gott und der materiellen Welt. Im Gegensatz zur monotheistischen Lehre schließt der Pantheismus einen personifizierten Gott aus. Vgl. BROCKHAUS ENZYKLOPÄDIE, Band 16, Mannheim, 1993, S. 485 f.

[7] Vgl. MATZKA, Anna Louise, „Theosophie und Anthroposophie“, Graz, Salzburg, 1950, S.15 ff.

[8] Vgl. HOLTHAUS, Stephan, „Theosophie - Speerspitze des Okkultismus“, Asslar, 1989, S.101 ff.

[9] Hylozoismus: Abgeleitet von „ hylisch“ ( griech. h_le). In der Philosophie verwendet zur Beschreibung des körperlich-stofflichen. Vgl. BROCKHAUS ENZYKLOPÄDIE, Band 10, Mannheim, 1993, S. 340

Ende der Leseprobe aus 32 Seiten

Details

Titel
Schöpfung und Evolution in der Theosophie
Untertitel
Erklärt anhand des Werkes "Die Urgestalt" von Edgar Dacqué
Hochschule
Technische Universität Dortmund  (Institut für Journalistik )
Veranstaltung
Ethik
Note
1,3
Autor
Jahr
2007
Seiten
32
Katalognummer
V88249
ISBN (eBook)
9783638069946
Dateigröße
768 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Die Arbeit ist insofern interessant, dass sie den klassischen theosophischen Ansatz mit christlichen Wertvorstellungen kombiniert und nicht (wie üblich) nur auf fernöstliche Ansätze eingeht.
Schlagworte
Schöpfung, Evolution, Theosophie, Ethik
Arbeit zitieren
Jennifer Dacqué (Autor:in), 2007, Schöpfung und Evolution in der Theosophie, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/88249

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