„Das Gute – dieser Satz steht fest, ist stets das Böse, das man lässt.“ Selbst Wilhelm Busch hat in seinen eher heiteren Versen die Diskrepanz zwischen Gut und Böse aufgegriffen. Nach ihm soll also der Mensch lediglich das böse Handeln unterbinden, um gut zu werden; oder auch: gut zu bleiben. Hier wird demnach eine relativ simple Lösung eines seit Menschengedenken bestehenden Problems der Moralphilosophie vorgeschlagen. Allerdings wird in den Worten Wilhelm Buschs nicht ganz deutlich, wo der Anfang des Bösen liegt. Wenn wir davon ausgehen, dass wir das Böse in unserem Handeln einfach fortlassen sollen, bieten sich aus philosophischer Sicht zwei Interpretationen an: Das Böse wird von außen an den (von Natur aus guten) Menschen herangetragen; und wenn er es unterlässt, indem er es gar nicht erst annimmt, bleibt er gut. Die zweite Variante wäre folgende: Der Mensch ist von Natur aus böse, soll aber jene Seite in sich unterdrücken, um dann ein guter Mensch zu werden. Ohne große Probleme könnten wir beide Interpretationen der obigen Verse akzeptieren; und darüber hinaus müssten wir uns natürlich auch fragen, was das Böse überhaupt ist und ob das bloße Weglassen desselben gleichzeitig das Gutsein des Menschen impliziert. Schon allein diese Aspekte demonstrieren uns die Komplexität des Themas.
Mit eben jener Problematik beschäftigt sich die vorliegende Arbeit: Ist eher die erste oder die zweite Interpretation des Busch-Zitats auf die Anthropologie anwendbar? Hierzu herrschen unterschiedliche Anschauungen vor, die wir in dieser Arbeit anhand der biblischen Erzählung vom sogenannten Sündenfall und dem ersten Stück aus Immanuel Kants 1793 erschienener Schrift „Die Religion innerhalb der Grenzen der bloßen Vernunft“ darlegen wollen. Um obiger Frage nachzugehen, ist gleich zu Beginn eine kurze inhaltliche Darstellung der erwähnten Bibelstelle unerlässlich: Hier wird, identisch mit der ersten Deutung der Verse Wilhelm Buschs, von einem Zustand des Menschen ausgegangen, der von Natur aus gut ist. Deshalb müssen wir unser Interesse auch auf die Hermeneutik des Sündenfalls stützen: Erwartungen des Lesers an die Religion sowie die Deutung jener Bibelstelle sollen hier insbesondere eine Rolle spielen. Denn erst, wenn diese erläutert wurden, können Vergleiche zu der Bibelinterpretation Kants angestellt und seine Gedankengänge dazu ausgeführt werden.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Die Heilige Schrift und Kant
- Die Erzählung vom Sündenfall
- Zur Hermeneutik dieser Bibelstelle
- Kants Überlegungen
- Gut und Böse durch Freiheit
- Das Wesen des Guten und Bösen
- Autonome Moral
- Einfluss auf die Religion
- Zur Problematik des Religionsglaubens
- Wie verändert sich das Gottesbild durch Kants Argumente?
- Abschließende Diskussion
- Literaturverzeichnis
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit beschäftigt sich mit der Frage, ob die menschliche Natur von Natur aus gut oder böse ist und wie sich diese Frage anhand der biblischen Erzählung vom Sündenfall und Kants Schrift „Die Religion innerhalb der Grenzen der bloßen Vernunft“ analysieren lässt.
- Die Interpretation der biblischen Erzählung vom Sündenfall und ihre Bedeutung für die Vorstellung von Gut und Böse.
- Kants Philosophie der Religion und seine Auseinandersetzung mit dem Konzept der Ursünde.
- Die Rolle der Freiheit und Autonomie in der Gestaltung von Moral.
- Der Einfluss der Religion auf das Gottesbild und die Moral des Menschen.
- Die Problematik des Religionsglaubens und seine Beziehung zur Moral.
Zusammenfassung der Kapitel
- Einleitung: Die Einleitung stellt die Problematik der Unterscheidung zwischen Gut und Böse dar und führt die beiden zentralen Bezugspunkte der Arbeit – die Bibel und Kant – ein. Sie legt den Fokus auf die Interpretation des Zitates von Wilhelm Busch und die Herangehensweise der Arbeit an die Thematik.
- Die Heilige Schrift und Kant: Dieses Kapitel untersucht die biblische Erzählung vom Sündenfall und die Hermeneutik dieser Bibelstelle. Es beleuchtet die Bedeutung der Bibel als Quelle der Offenbarung und die Herausforderungen der Bibelinterpretation in der heutigen Zeit.
- Gut und Böse durch Freiheit: Das Kapitel widmet sich der Frage, welche Kriterien die Unterscheidung zwischen Gut und Böse ermöglichen. Es analysiert das Wesen des Guten und Bösen sowie den Einfluss der Freiheit und Autonomie auf die Moral.
- Einfluss auf die Religion: Dieses Kapitel betrachtet die Auswirkungen der Argumente Kants auf das Gottesbild und die Religion im Allgemeinen. Es beleuchtet die Problematik des Religionsglaubens und die Frage, wie sich die Moral mit dem Glauben vereinbaren lässt.
Schlüsselwörter
Schlüsselwörter dieser Arbeit sind: Sündenfall, Bibelinterpretation, Immanuel Kant, „Die Religion innerhalb der Grenzen der bloßen Vernunft“, Gut und Böse, Freiheit, Autonomie, Moral, Gottesbild, Religionsglaube.
- Arbeit zitieren
- Mirco Rauch (Autor:in), 2006, Gut und Böse im 1. Stück von Kants 'Die Religion innerhalb der Grenzen der bloßen Vernunft', München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/88321