Seit sich der Ostblock vor bald zwei Jahrzehnten aufgelöst hat, konnte sich das liberal-demokratische Gesellschaftsmodell als weltweit führende Ideologie des ausgehenden 20. Jahrhunderts etablieren. Parallel dazu setzte auch der globale Kapitalismus, d.h. die Überzeugung der freie Markt als sich selbst regulierendes System könne der Welt ein Höchstmass an Freiheit und Wohlstand bringen, zu seinem Siegeszug an. Im Zentrum der Globalisierungsde-batte steht die Entgrenzung der Märkte und die aktuelle Globalisierungspolitik unterwirft die Politik dem Effizienztest des Marktes (Ulrich 2002: 159). Mit der Welthandelsorganisation (WTO) hat der globale Kapitalismus eine institutionalisierte Form gefunden. Gegen eben diese Organisation wird von unzähligen Parteien der Vorwurf erhoben, sie sei undemokratisch und in ihr herrsche ein Demokratiedefizit.
Ob dieser Vorwurf berechtigt ist, lässt sich auf verschiedene Arten prüfen. Demokratie kann als ein Modus der kollektiven Entscheidungsfindung betrachtet werden, bei der das Volk die oberste Instanz ist. Zu untersuchen sind in dieser Betrachtensweise die Formen und die Ausprägung der Partizipationsrechte und Partizipationsmöglichkeiten. An dieser Stelle wird ein anderer, für die Politikwissenschaft ungewöhnlicher, Weg eingeschlagen. Demokratie wird nicht isoliert als Prozess der Entscheidungsfindung betrachtet sondern als normatives Ideal. An diesem „politisch-ethischen Leitbild einer wohlgeordneten Gesellschaft freier und gleicher Bürger“ (Ulrich 2002: 29), verdichtet in sechs exemplarischen Forderungen, wird die kapitalistische Ideologie globalen Wirtschaftens, vertreten durch die WTO, gemessen. Auf diese Weise soll die Frage, ob die WTO ein Demokratiedefizit hat, beantwortet werden.
Die moderne Form der Demokratie, der liberal-demokratische Verfassungsstaat, muss vielfäl-tigen Kriterien genügen. Sie verlangt nach Volkssouveränität und politischer Gleichheit aller, sie ist an bürgerliche Grundrechte und an politische Partizipationsrechte gebunden, sie soll den Einzelnen vor der Willkür der Anderen schützen, verlangt nach Chancengleichheit bei der Durchsetzung der Interessen, nach einer Responsivität der Regierenden und impliziert sowohl soziale Teilhabe als auch ein bestimmtes, als legitim anerkanntes Mass, an sozialer Gerechtigkeit (Schultze 2003).
Inhaltsverzeichnis
- AUSGANGSLAGE UND FRAGESTELLUNG
- DAS DEMOKRATISCHE IDEAL
- IDEOLOGISCHE GRUNDLAGEN DER DEMOKRATIE
- GLOBALE DEMOKRATIE
- DIE DEMOKRATISCHE LEGITIMITÄT DER WTO
- DIE ZIELE DER WTO
- DIE MITTEL DER WTO
- FAZIT
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Kolloquiumsarbeit analysiert das Demokratiedefizit der Welthandelsorganisation (WTO) und untersucht, ob die WTO den Kriterien des demokratischen Ideals entspricht. Die Arbeit betrachtet die WTO im Kontext des globalen Kapitalismus und setzt sie im Hinblick auf ihre Ziele und Mittel einem normativen Ideal der Demokratie gegenüber.
- Das liberale und demokratische Gesellschaftsmodell als dominierende Ideologie des ausgehenden 20. Jahrhunderts
- Der globale Kapitalismus als treibende Kraft der Globalisierung und seine Auswirkungen auf die Politik
- Die Kritik an der WTO als undemokratische Institution
- Die Analyse der WTO im Hinblick auf die sechs exemplarischen Forderungen des demokratischen Ideals: Freiheit, Gewaltenteilung, gemeinsame Wohlfahrt, soziale Gerechtigkeit, Primat der Politik, Subsidiarität
- Die Herausforderungen der Globalisierung und die Notwendigkeit einer globalen Demokratie
Zusammenfassung der Kapitel
Das erste Kapitel stellt die Ausgangslage und Fragestellung dar. Es beleuchtet den Aufstieg des liberal-demokratischen Gesellschaftsmodells und des globalen Kapitalismus im ausgehenden 20. Jahrhundert. Weiterhin wird auf die Kritik an der WTO als undemokratische Institution eingegangen. Das zweite Kapitel behandelt das demokratische Ideal und seine ideologischen Grundlagen. Es werden die zentralen Forderungen des liberal-demokratischen Verfassungsstaates erläutert und in sechs exemplarische Punkte gefasst. Das dritte Kapitel untersucht die demokratische Legitimität der WTO. Es werden zunächst die Ziele der WTO, insbesondere der globale freie Markt, betrachtet und dann deren Mittel analysiert.
Schlüsselwörter
Die Arbeit befasst sich mit dem Demokratiedefizit der WTO, globaler Demokratie, dem liberal-demokratischen Gesellschaftsmodell, dem globalen Kapitalismus, den Zielen und Mitteln der WTO sowie mit den sechs exemplarischen Forderungen des demokratischen Ideals. Im Zentrum steht die ideologische Auseinandersetzung zwischen dem globalen Kapitalismus und dem demokratischen Ideal.
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- Patrick Weber (Author), 2007, Das Demokratiedefizit der WTO, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/88328