Der Reichstagsbrand - seine Folgen und die Bedeutung für die Machtergreifung der Nationalsozialisten


Hausarbeit, 2006

26 Seiten, Note: 2,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

I. Einleitung

II. Zusammenfassender Überblick über die Reichstagsbrandkontroverse

III. Der 27. Februar 1933 – Die Brandnacht

IV. Nach dem Brand - Geschehnisse und Folgen Die Reichstagsbrandverordnung

V. Resümee

VI. Literaturverzeichnis

ANLAGE 1 Verordnung des Reichspräsidenten zum Schutz von Volk und Staat

ANLAGE 2 BILDMATERIAL

Anmerkungen

I. Einleitung

Meine Hausarbeit wird sich mit dem historischen Ereignis „Reichstagsbrand“, sowie mit der komplizierten Kontroverse um den Themenkomplex befassen. Sie soll sich allerdings in erster Linie mit den Folgen und der Bedeutung des Reichstagsbrandes für die Machtergreifung der Nationalsozialisten beschäftigen. War der Reichstagsbrand wirklich von so immenser Bedeutung für Hitlers Machtergreifung, für die Festigung der Macht der Nationalsozialisten? War der Reichstagsbrand eine Art Initialzündung? Oder war der Reichstagsbrand doch eher bedeutungslos? Hätte sich die Kette der Ereignisse nach dem 28.2.1933 genauso überschlagen, wenn der Reichstag nicht in Flammen aufgegangen wäre?

Auch der Tathergang, sowie die unmittelbaren Beschlüsse nach dem 28.2.1933, wie die Reichstagsbrandverordnung, verdienen es, einer näheren Betrachtung unterzogen zu werden. Dennoch, wenn man sich ausführlicher mit der Thematik des Reichstagsbrandes und den Folgen beschäftigt, kommt man nicht umhin, die seit 1933 tobende Kontroverse um die Urheberschaft des Brandes zu bemerken und sich damit zu befassen.

II. Zusammenfassender Überblick über die Reichstagsbrandkontroverse

Eine tiefergehende Beschäftigung mit der Reichstagsbrandkontroverse war für das Erstellen dieser Arbeit schon allein wegen der Quellenfrage unumgänglich – Wer vertritt welche These? Warum? Wer hat den Brand gelegt? Alleintäter van der Lubbe oder die Nationalsozialisten? Welche Quellen stehen unter welchem Einfluss? Gibt es vorsätzlich gefälschte Quellen? Vorab also eine kurze Zusammenfassung des bisherigen Verlaufs der Reichstagsbrand­kontroverse:

Nachdem der Reichstag in der Nacht vom 27. auf den 28. Februar 1933 in Flammen aufgegangen war, schrieben die Nationalsozialisten – allen voran Göring - die Tat dem kommunistischen Widerstand zu – als ausführender Alleintäter wurde später der niederländische Anarcho-Kommunist Marinus van der Lubbe verurteilt und hingerichtet. Noch in der Brandnacht begannen die Nationalsozialisten mit der Verfolgung ihrer politischen Gegner. Ebenfalls unmittelbar nach dem Brand brach die Diskussion um die Frage der Täterschaft aus. Konnte dieser junge Mann, Marinus van der Lubbe, tatsächlich im Alleingang das Reichstagsgebäude angesteckt haben? Von 1933 bis 1962 stritten viele Autoren und Geschichtswissenschaftler (die meist ideologisch motiviert waren) um die „wahren Täter“ des Reichstagsbrandes. Kommunisten und deren Sympathisanten wollten auf Biegen und Brechen den Nachweis der verdeckten NS-Täterschaft erbringen. Schon 1933 erschien das „Braunbuch über Reichstagsbrand und Hitler-Terror“, herausgegeben von Willi Münzberger, dem „brillianten ideologischen Publizisten der Kommunistischen Internationale“.1 Im Braunbuch werden die Nationalsozialisten als Brandstifter dargestellt, der vor Ort festgenommene van der Lubbe diene lediglich zur Rechtfertigung des harten Durchgreifens gegen die KP und andere politische Gegner.2 Neben der Kommunistischen Internationalen waren lange auch auswärtige Diplomaten wie z.B. Francois Poncet überzeugt, die Nationalsozialisten hätten den Brand gelegt, denn nach dem Prinzip „cui bono?“ (Wem nutzt es?) waren sie die offensichtlichen Nutznießer der Tat.3

Auch deutsche Intellektuelle zweifeln an van der Lubbes Alleintäterschaft. So z.B. der jüdische Schriftsteller und Literaturwissenschaftler Victor Klemperer, der am 10. März 1933 in seinem Tagebuch vermerkt:

„Acht Tage vor der Wahl die plumpe Sache des Reichstagsbrandes – ich kann mir nicht denken, dass irgend jemand wirklich an kommunistische Täter glaubt statt an bezahlte Hakenkreuz-Arbeit.“4

Auch der im Exil weilende Thomas Mann ist skeptisch. Von Zürich aus verfolgt er den Reichstagsbrandprozess und notiert am 11. Oktober 1933 in sein Tagebuch:

„[...] eine schauerliche und elende Groteske, Lubbe, der ihn allein angezündet haben (will), antwortet auf die dringliche Frage, ob er von irgendwem dazu angestiftet worden, mit tropfender Nase: ´Das Kann ich nicht sagen.` Die drei anderen Angeklagten sind längst offenkundig entlastet, aber der Beweis, dass der internationale Kommunismus hinter dem stupiden Verbrechen steht, wird dennoch als erbracht betrachtet werden.“5

Die Vorstellung von den Nationalsozialisten als Täter hält sich lange - bis 1959/60 das Magazin „Der Spiegel“ eine Serie über den Reichstagsbrand veröffentlicht. Der Autor der Serie, Fritz Tobias, Oberregierungsrat der SPD und Hobbyhistoriker vertritt in der Spiegel-Serie, sowie in seinem 1962 erschienen Buch „Der Reichstagsbrand. Legende und Wirklichkeit“ die These, dass van der Lubbe den Reichstag im Alleingang angezündet hat. Die Nationalsozialisten seien nicht wie bisher angenommen die Hauptbrandstifter, sondern völlig unbeteiligt an dem Verbrechen. Fritz Tobias sieht sich gewissermaßen gezwungen, das Geheimnis um den Reichstagsbrand zu lüften, denn der 1956 veröffentlichte Forschungsbericht des Dr. Richard Wolff (im Auftrag der Bundeszentrale für Heimatdienst in Bonn) ist ihm ein Dorn im Auge. Er bezeichnet ihn gar als „pseudo-wissenschaftlichen Bericht“.

Tobias zitiert im Vorwort seines Werkes einige Zeilen aus K. Stecherts Buch „Wie war das möglich?“:

„Legenden zu pflegen, mag manchem als politische Zweckmäßigkeit erscheinen, aber der Historiker muss auch zur Zertrümmerung von Legenden imstande sein, die ihm als Politiker vielleicht sehr nützlich sein könnten. Ein humanistisch=demokratischer Politiker muss im übrigen jeder Legende den Kampf ansagen, denn seine Sache kann immer nur durch die Wahrheit gefördert werden.“6 Durch dieses Zitat verdeutlicht Tobias seinen Anspruch auf richtige, wissenschaftliche und vor allem moralische Arbeit. Mit dem erscheinen seines Buches im Jahr 1962 scheint Fritz Tobias den Historikerstreit um vermeintliche Hintermänner und Mittäter ein Ende gesetzt zu haben. Zwei Jahre später übernahm und bekräftigte der renommierte, damals beim Institut für Zeitgeschichte angestellte Historiker Hans Mommsen Tobias´ These in seinem Artikel „Der Reichstagsbrand und seine politischen Folgen“ in den Vierteljahresheften für Zeitgeschichte und verlieh Tobias´ Ausführungen somit endgültig das Gütesiegel der historischen Forschung.7 Im Jahr 1986 schließlich äußerte sich Hans Mommsen noch einmal in seinem Artikel „Van der Lubbes Weg in den Reichstag – Ablauf der Ereignisse“ in dem von Uwe Backes editierten Band „Reichstagsbrand. Aufklärung einer historischen Legende“. Als weitere Vertreter der Alleintäterthese sind Karl-Heinz Janssen, Eckhard Jesse, und Henning Köhler zu nennen.8

Die Gegenposition nahm das sogenannte „Luxemburger Komitee“ ein. Walther Hofer, Eduard Calic und andere in diesem internationalen Komitee zur wissenschaftlichen Erforschung der Ursachen und Folgen des Zweiten Weltkrieges engagierte Historiker äußerten sich in “Der Reichstagsbrand. Eine wissenschaftliche Dokumentation“ kritisch gegenüber Tobias, Mommsen und deren Alleintäterthese.9 Auch Anfeindungen persönlicher Art und überaus unwissenschaftliche Vorgehensweisen blieben in den vielen Jahren, die diese stark emotional gefärbte Kontroverse nun andauert nicht aus. So bezichtigen sich die beiden Lager in manchen Fällen gegenseitig der Quellenfälschung oder der vorsätzlichen Nicht-Beachtung von Quellen. Tobias wird vorgeworfen, er habe mit Absicht unvollständig zitiert10, Vor allem Calic und Hofer sehen sich mit dem Vorwurf der Fälschung konfrontiert.11 Das Komitee verweigert die Einsicht in ihre Dokumente. Hans Mommsen war seinerzeit in die Unterdrückung des Autors Hans Schneider durch das Institut für Zeitgeschichte involviert.12

In den letzten Jahren hat Dr. Hersch Fischler die Originalakten des Reichstagsbrand­verfahrens, die erst seit Anfang der 90iger Jahre als „Fond 551“ zugänglich waren, analysiert und auf Versäumnisse, Lücken, Widersprüche und Vorurteile in der bisherigen Argumentation aufmerksam gemacht und lange Zeit unbekannt und verloren geglaubtes Material wieder ans Licht gebracht. Dies und Hans Schneiders unvollendetes Manuskript „Neues Vom Reichstagsbrand“, welches vom Münchner Institut für Zeitgeschichte unterdrückt wurde und neuerdings erschienen ist, hat die Kontroverse neu entfacht.

Zusammenfassend bleibt festzuhalten, dass es auf die Frage nach der Täterschaft zum gegenwärtigen Zeitpunkt keine allgemein akzeptierte Antwort gibt. Ich bemühe mich daher, eine Vielzahl verschiedener Publikationen zu verwenden.

[...]


1 Hans Schneider: Neues vom Reichstagsbrand? Eine Dokumentation. Ein Versäumnis der deutschen Geschichtsschreibung, Berlin 2004, BWV, S. 12.

2 Vgl. Braunbuch über Reichstagsbrand und Hitlerterror, Vorwort von Lord Marley, 2. Aufl, Basel 1933, Universum Bücherei Basel.

3 Francois Poncet: Als Botschafter im Dritten Reich. Die Erinnerungen des französischen Botschafters in Berlin, September 1933 bis Oktober 1938, Mainz, Berlin 1980, S. 109 – 110.

4 http://de.wikipedia.org/wiki/Victor_Klemperer“ (25.9.2006)

5 Thomas Mann: Tagebücher 1933 – 1934, Frankfurt 1977, S. 220.

6 Fritz Tobias: Der Reichstagsbrand. Legende und Wirklichkeit, Rastatt 1962, Grote Verlag, S.4.

7 Vgl. Hans Mommsen: Der Reichstagsbrand und seine politischen Folgen, in: „Vierteljahrshefte für Zeitgeschichte“ 12 (1964), S. 351-413.

8 Vgl. Uwe Backes, Karl-Heinz Janssen, Eckhard Jesse, Henning Köhler, Hans Mommsen, Fritz Tobias: Reichstagsbrand - Aufklärung einer historischen Legende, München-Zürich 1986, Piper

9

10 Walter Hofer, Eduard Calic, Karl Stephan, Friedrich Zipfel, Karl-Dietrich Bracher, Ernst Fraenkel u.a.: Der Reichstagsbrand. Die Provokation des 20. Jahrhunderts. Forschungsergebnis, Luxemburg, 1978, Verlag DER FREUNDESKREIS Luxemburg

11 Hans Schneider: Neues vom Reichstagsbrand? Eine Dokumentation. Ein Versäumnis der deutschen Geschichtsschreibung, Berlin 2004, BWV, S. 44.

12 Vgl. 8

Ende der Leseprobe aus 26 Seiten

Details

Titel
Der Reichstagsbrand - seine Folgen und die Bedeutung für die Machtergreifung der Nationalsozialisten
Hochschule
Universität Trier  (FBIII - Neueste Geschichte)
Veranstaltung
Das Herrschaftssystem des Nationalsozialismus
Note
2,0
Autor
Jahr
2006
Seiten
26
Katalognummer
V88359
ISBN (eBook)
9783638040334
Dateigröße
972 KB
Sprache
Dänisch
Anmerkungen
Der Anhang der Arbeit besteht aus Bildmaterial sowie einer Quelle ("Reichstagsbrandverordnung"), die dem Dokument Archiv (www.documentarchiv.de) entnommen ist.
Schlagworte
Reichstagsbrand, Folgen, Bedeutung, Machtergreifung, Nationalsozialisten, Herrschaftssystem, Nationalsozialismus
Arbeit zitieren
Robert Bliedung (Autor:in), 2006, Der Reichstagsbrand - seine Folgen und die Bedeutung für die Machtergreifung der Nationalsozialisten, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/88359

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