Multimodales Interview als Personalauswahlverfahren aus Unternehmensperspektive


Seminararbeit, 2007

34 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1 Einführung
1.1 Problemstellung und Zielsetzung
1.2 Definition
1.3 Einsatzgebiete des multimodalen Interviews

2 Aufbau des multimodalen Interviews
2.1 Beobachtung und Bewertung
2.2 Anzahl der Interviewer
2.3 Interviewtrainings
2.4 Ablauf des Interviews

3 Kritische Auseinandersetzung
3.1 Indikatoren psychometrischer Qualität
3.2 Soziale Validität
3.3 Vorzüge und Gefahren des multimodalen Interviews

4 Fazit und Ausblick
4.1 Fazit
4.2 Ausblick

5 Anhang

6 Quellenverzeichnis

1 Einführung

Zum Thema Personalauswahl gibt es in der heutigen Zeit eine Vielzahl verschiedenster Auswahlverfahren. Das multimodale Interview (MMI) ist in der Familie der Einstellungsinterviews eines der neueren Verfahren, das sich im Laufe der letzten Jahre immer größerer Beliebtheit erfreut. Im Rahmen meiner Seminararbeit werde ich das MMI vorstellen und dessen Hintergründe, Aufbau und Grenzen genauer beleuchten.

1.1 Problemstellung und Zielsetzung

Unternehmen sind früher wie heute, zum einen aufgrund eines verstärkten Konkurrenzkampfes am Arbeitsmarkt oder zum anderen durch die Tatsache eines immer größer werdenden Spezialisierungsgrades von Arbeitsplätzen, auf der Suche nach dem geeignetsten Verfahren zur Personalauswahl. Vom unstrukturierten Interview über die Anwendung von Assessment-Centern bis hin zur Arbeitsprobe gibt es eine Vielzahl von Möglichkeiten den richtigen Mitarbeiter aus einer Masse von Bewerbern auszuwählen.

Das von mir hier vorgestellte Verfahren, das MMI bringt in seiner Anwendung eine Vielzahl von Vorteilen im Vergleich zu anderen, aktuell genutzten Verfahren mit sich, die ich im Laufe meiner Seminararbeit dem Leser nahebringen möchte.

Folgende Fragen möchte ich im Verlauf meiner Arbeit beantworten:

- Was ist das multimodale Interview und wie ist es aufgebaut?
- Wo liegen die primären Einsatzgebiete des MMI?
- Welche Punkte sind bei der Durchführung des MMI zu beachten?
- Was ist Validität und inwiefern hängt sie mit dem MMI zusammen?
- Wo liegen die Vorteile und Grenzen bei der Anwendung?

1.2 Definition

Das Grundkonzept des multimodalen Interviews baut auf dem trimodalen Ansatz der Berufseignungsdiagnostik auf. Dieser Ansatz beinhaltet drei methodische Grundkonzepte: den Eigenschaftsansatz, den Simulationsansatz und den biographischen Ansatz (vgl. Schuler 2002, S. 13-15). Im Rahmen des Eigenschaftsansatzes werden Charaktereigenschaften des Bewerbers erfasst, deren Vorhandensein als fest, kaum veränderlich angenommen wird wie bspw. Verantwortungsbewusstsein, Gewissenhaftigkeit oder Ehrlichkeit. Im Simulationsansatz werden Fragen gestellt, die den Bewerber an seinem Arbeitsplatz erwarten können. Zweck ist die Vorausberechnung zukünftigen Verhaltens. Zu guter Letzt werden im biographischen Ansatz vergangene Ereignisse, bereits gemachte Erfahrungen oder für den Fall, dass es sich um einen Ausbildungsberuf handelt und keine Berufserfahrungen vorhanden sind, Schulleistungen und sonstige soziale Betätigungen des Bewerbers erfasst (siehe Kapitel 2.3).

Das MMI beinhaltet somit alle, zur Entscheidungsfindung wichtigen Komponenten der Eignungsdiagnostik und befähigt das Unternehmen, das sich dafür entschieden hat, sich ein umfangreiches Bild über den Bewerber zu machen und dessen Stärken und Schwächen zu erkennen. In der heutigen Wirtschaft beansprucht das Einstellungsinterview als Mittel zur Personalauswahl prozentual den größten Anteil aller gewählten Verfahren (siehe Grafik, Anhang 1.2).

1.3 Einsatzgebiete des multimodalen Interviews

Das MMI kennt eine Vielzahl verschiedenster Einsatzgebiete (siehe Anhang 1.3a).

Seine Funktion im Sinne der Personalauswahl dient der Filterung einer Vielzahl von Bewerbern hin zu dem, der zu der ausgeschriebenen Stelle am besten passt. So kann es vorkommen, dass im Laufe des Auswahlverfahrens interne und externe Bewerber aufeinandertreffen. Bei der internen Durchführung dient das MMI meist der Mitarbeiterbeurteilung, der Potentialanalyse. Es handelt sich dabei um den Bereich der Personalentwicklung. Fragestellungen wie:

- Ist der Mitarbeiter fachlich und sozial kompetent genug eine Führungsposition zu ü bernehmen?
- Besitzt ein Mitarbeiter in Führungsposition Schwächen, die durch Einsatz von Schu- lungen und ähnlichem behoben sollten?
- Ist der Mitarbeiter bereits in der Lage einen Auslandseinsatz erfolgreich zu bewälti gen?“

sind zu klären wozu der Einsatz des MMI eine hervorragende Methode ist (Schuler 2003, S. 143). Worauf man bei einer Durchführung mit internen Mitarbeitern allerdings immer achten sollte, ist ein hohes Maß an Verschwiegenheit und Professionalität, die auf jeden Fall eingehalten werden sollte. Ohne jeden Zweifel wird bei der Durchführung eines MMI der interne Bewerber auf ‚Herz und Nieren‘ geprüft und hat somit bereits zu Beginn eine noch viel größere Ablehnungshaltung als dies bei einem externen Bewerber der Fall wäre. Die Erkenntnisse, die das Unternehmen über ihn im Laufe des MMI erhält, sind aus Unternehmenssicht zwar überaus informativ, der Mitarbeiter könnte bspw. das Beisein eines direkten Vorgesetzten allerdings als bedrohlich empfinden, wenn nicht sogar Angst davor bekommen, dass man ihm ‚einen Strick daraus dreht‘. Aus diesem Grund sollten sich alle durchführenden Teilnehmer eines internen MMI ihrer Verantwortung stets bewusst sein und mit ihr auch umgehen können, denn, noch schädlicher für ein Unternehmen als die fälschliche Ablehnung eines externen Bewerbers, ist der Verlust eines internen Mitarbeiters. (Zur Bedeutung multimodaler Interviews für die interne Personalauswahl siehe Anhang 1.3b)

In den folgenden Ausführungen meines Berichtes behandle ich primär Themen, die auf externe Bewerber zugeschnitten sind.

2 Aufbau des multimodalen Interviews

2.1 Beobachtung und Bewertung

Die wichtigste Rolle in der Verwendung des MMI nimmt die Beobachtung und folglich auch die Bewertung der Kandidaten ein. Es versteht sich von selbst, dass die Auswahl der Beobachter mit Bedacht erfolgen muss. Grundvoraussetzung für die Teilnahme am MMI ist, dass sich die jeweiligen Mitarbeiter freiwillig zur Verfügung stellen. Zweckmäßigerweise handelt es sich ferner um Führungskräfte aus den eigenen Reihen, die mit den aktuellen Problemstellungen, die die angebotene Stelle mit sich bringt im Allgemeinen vertraut sind. Hier sollte auf jeden Fall der Linienvorgesetzte, in dessen Abteilung die Stelle zu besetzen ist mit eingebunden werden. Gerade bei der Erstellung des Anforderungsprofils und der situativen Fragen (siehe Kapitel 2.4) liefert er wichtige Hinweise, die der Validität des Interviews zu Gute kommen (Hufnagl 2002, S. 12).

2.2 Anzahl der Interviewer

Die klassische Interviewkonstellation besteht in der Regel aus zwei Personen, dem Interviewer und dem Bewerber. Nur auf diese Art liegt die Aufmerksamkeit der Interviewteilnehmer immer nur bei einer Person, ein wechselseitiges Verhältnis aus Aktion und Reaktion kann entstehen und die Gesprächssteuerung wie geplant erfolgen (Schuler 2002, Seite 223). Schuler geht davon aus, dass mit einem hohen Strukturierungsgrad eine Objektivität von r = .80 oder gar .90 erreicht werden kann und somit von der Anwesenheit eines zweiten Interviewers abgesehen werden kann.

2.3 Interviewtrainings

Auch wenn das MMI, als Mittel zur geeigneten Personalauswahl eine, im Vergleich zu anderen Verfahren (siehe Kapitel 3.1), hohe Erfolgsquote verspricht ist diese doch stark fehleranfällig wenn die Auswahl der geeigneten Interviewer nicht gewissenhaft genug erfolgt. Schuler schreibt in einem Fachartikel aus der Zeitschrift Personalführung: „Oft sind die Interviewer schlecht vorbereitet, kennen die Anforderungen das Arbeitsplatzes nur ungenügend, stellen untaugliche Fragen und wissen mit den Antworten nicht das Richtige anzufangen.“(Schuler 2006, S. 62-70) Schuler ist der Meinung, dass ein nicht ausreichend hoher Grad an Professionalität der Interviewer nicht nur falsche Einstellungs- und Ablehnungsentscheidungen zur Folge haben kann, sondern ferner dem Unternehmen selbst einen hohen ökonomischen Schaden in Bezug auf die Arbeitsleistung und dem Image zufügt. Es ist also ganz im Sinne des Unternehmens, dieses Risiko zu minimieren und Verbesserungsmöglichkeiten zu finden. Schuler geht davon aus, dass unter gewissen Voraussetzungen ein Interviewertraining die Treffsicherheit von Auswahlgesprächen steigern kann und beschreibt deren Funktion als ‚Gebrauchsanweisung‘ für die richtige Durchführung eines Interviews. Einfach formuliert werden in so einem Interviewtraining Übungen mit Gruppendiskussionen und Feedbackgesprächen abgehalten, bei denen die zukünftigen Interviewer mit Situationen konfrontiert werden, denen sie auch in einem späteren MMI begegnen werden. Das Erlernen der richtigen Reaktion, die Vermeidung von Urteilsfehlern soll dadurch erzielt werden. Diese Annahme der Wirksamkeit von Trainings wird unter anderem von Conway gestützt, der durch metaanalytische Berechnung eine Steigerung der Objektivität von r=.62 auf .74 nachwies (Conway 2006, S. 485-506).

2.4 Ablauf des Interviews

Das multimodale Interview beinhaltet in der Regel acht Einzelkomponenten von denen fünf zur Eignungsbewertung und der Verhaltenseinschätzung des Teilnehmers herangezogen werden. Die Funktion der anderen drei Komponenten liegt in der Einführung, Überleitung und Klärung abschließender Fragen. Ganz im Sinne eines strukturierten Ablaufs ist die Reihenfolge der Einzelkomponenten weitestgehend festgelegt, da diese u. a. aufeinander aufbauen. Eines der besonderen Merkmale an der Gesprächsführung im MMI ist der Wechsel zwischen standardisierten und freien Gesprächsteilen. Auf diese Art wird eine von den Teilnehmern als angenehm empfundene Gesprächssituation erreicht. Die Gesamtdauer des Interviews liegt in der Regel zwischen 30 und 60 Minuten, was verglichen mit anderen Verfahren eine gute Praktikabilität ermöglicht. Die einzelnen Bestandteile des Interviews sind im Folgenden aufgeführt:

- Gesprächsbeginn.

Er bildet den ersten Teil des MMI und beinhaltet ein kurzes, informelles Gespräch, das der Überleitung von der Begrüßung in das eigentliche Interview dient und eine offene, freundliche Stimmung zwischen den Gesprächsteilnehmern erzeugt. Eine Bewertung findet in diesem Gesprächsabschnitt noch nicht statt.

- Selbstvorstellung des Bewerbers

Diese Komponente wurde aus der Assessment-Center-Forschung übernommen und dient der Selbstvorstellung des Bewerbers bzgl. seines bisherigen beruflichen oder schulischen Werdegangs. Darüber hinaus nutzt der Interviewer die Selbstvorstellung um Informationen über die Berufswahl und die berufsbezogenen Erwartungen des Bewerbers zu erhalten. Dieser erste Bewertungsabschnitt dient sowohl der Verhaltensbeurteilung des Bewerbers als auch der Gewinnung eines ersten Gesamteindrucks.

- Freier Gesprächsteil

In diesem freien Gesprächsabschnitt werden Fragen gestellt, die sich entweder aus den vorangegangen Antworten des Bewerbers oder aus der Auswertung seiner Bewerbungsunterlagen ergeben. Der Ablauf ist unstrukturiert und weder Fragenart noch Frageninhalt sind festgelegt. Die Bewertung erfolgt am Ende dieses Abschnitts in summarischer Form.

- Berufsinteressen, Berufs- und Organisationswahl

Dieser Gesprächsabschnitt dient der Hinterfragung berufsbezogener Interessen und der Beweggründe, die zur Berufswahl und letztendlich zur Bewerbung geführt haben. „Auch Fragen zur Selbsteinschätzung und zum Vergleich des Selbstbilds mit den vermuteten Tätigkeitsanforderungen haben an dieser Stelle ihren Platz“(Schuler 2002, S. 192). Bewertet wird wieder nach einem System von Einstufungsskalen. (Beispiel hierzu siehe Anhang 2.4 a)

- Biographie bezogene Fragen

„Biographische Fragen werden aus Anforderungsanalysen abgeleitet oder anforderungsbezogen aus biographischen Fragebogen übernommen.“(Schuler 1996, S. 90) Dieser Fragenteil ist speziell auf die Anforderungen, die der Bewerber in seinem zukünftigen Arbeitsalltag antreffen wird, zugeschnitten. Begonnen wird zumeist mit weitgefassten Fragen, die dann, im Laufe des Gesprächs zunehmend ins Detail gehen. „Wichtig ist, dass von konkreten Beispielen berichtet wird“(Schuler 2002, Seite 192). Die Bewertung erfolgt anhand einer Einstufungsskale. (Beispiel siehe Anhang 2.4 b)

- Realistische Tätigkeitsinformation

Hier wird der Bewerber über die vorherrschenden Rahmenbedingungen im Unternehmen informiert. Es handelt sich dabei um Informationen bezüglich der Ausbildung oder Tätigkeit sowie der Anforderungen, die an seinen, potentiell zukünftigen Berufsalltag gestellt sein werden. Es werden dabei nicht nur positive Aspekte angesprochen, sondern auch über aktuelle Probleme der Abteilung oder des Unternehmens informiert. Zweck dieses Abschnitts ist die Klärung offener Fragen seitens des Bewerbers, die mögliche Unterstützung seiner persönlichen Selektion und Entscheidungsfindung, und ferner die Überleitung zum situativen Fragenabschnitt. Eine Bewertung findet hier nicht statt.

- Situative Fragen

Situative Fragen dienen der Feststellung des Verhaltens des Bewerbers auf typische, alltägliche Problemstellungen am Arbeitsplatz. Es wird kurz eine erfolgskritische Situation dargestellt, die der Bewerber auf verschiedene Arten bewältigen kann. Dieser Fragentypus ermöglicht es dem Interviewer ein reales Bild über die Problembewältigungskompetenz des Bewerbers und dessen bereits gemachten Erfahrungen zu erhalten. Bewertet werden die Antworten durch Vergleich mit Skalenverankerungen und sofortiger Einstufung. (Beispiel siehe Anhang 2.4 c)

- Gesprächsabschluss

Der Gesprächsabschluss dient der Klärung noch offener Fragen, der Information über das weitere Vorgehen und der Beantwortung organisatorischer Fragen. Eine weitere Bewertung findet an dieser Stelle nicht mehr statt (vgl. Schuler 2002, S. 191-193; Unbek. Verf. 2007, S.1).

3 Kritische Auseinandersetzung

3.1 Indikatoren psychometrischer Qualität

Objektivität und Reliabilität. Eine der wichtigsten Voraussetzungen für die erfolgreiche Durchführung eines multimodalen Interviews ist die Objektivität der Interviewer. Wie bereits in Kapitel 2 angesprochen wird durch die Anwendung verschiedenster Mechanismen wie einem hohen Grad an Strukturierung oder der gezielten Schulung der Interviewer dem Verlust von Objektivität erfolgreich entgegengewirkt. In einer 1995 durchgeführten Studie von Schuler, Funke, Moser und Donat wurde dem MMI ein Objektivitätswert von r=.78 bescheinigt. Die Werte der Beurteilerübereinstimmungen lagen dabei, bezogen auf die einzelnen Anforderungsdimensionen bei: der Selbstvorstellung bei r=.45, den biographischen Fragen bei r=.89, den situativen Fragen Teil 1 bei r=.55 und den situativen Fragen Teil 2 bei r=.66. Bezüglich seinem Grad an Objektivität erzielt damit das MMI einen respektablen Wert, der, laut Schuler, bei trainierten Interviewern sogar noch um r=.10 höher liegen soll (Schuler 2002, Seite 206). Bezüglich der Reliabilität betrug die interne Konsistenz (Cronbachs Alpha, siehe Anhang 3.1 a) des Gesamtinterviews α=.82 (Schuler 2002, Seite 206).

Validität. „Darunter ist der Grad zu verstehen, zu dem ein Verfahren (z. B. ein Test) das misst, was er beansprucht zu messen. Damit verbunden sind Begriffe wie ‚Angemessenheit‘, ‚Bedeutung‘, ‚Sinnhaftigkeit‘ oder ‚Nützlichkeit‘ der Schlüsse, die aus Testwerten abgeleitet werden können“(Weinert 2005, S. 331).

Um zu erkennen welchen Bezug der Begriff Validität bezüglich des Oberbegriffs Eignungsdiagnostik hat, erfordert es ein kurzes Beleuchten der DIN 33430, die nach mehrjährigen Bemühungen von der Deutschen Gesellschaft für Psychologie gemeinsam mit dem Berufsverband Deutscher Psychologinnen und Psychologen im Ausschuss des Deutschen Instituts für Normen entwickelt wurde (vgl. unbek. Verf. A, unbek. Jahr). Es handelt sich dabei um eine Art Wegweiser für Unternehmen und Institutionen bezüglich des Umgangs mit Bewerbern im Rahmen des Eignungsfeststellungsprozesses. Im Wesentlichen geht es dabei um:

1. „Kriterien für den Ablauf, die Organisation sowie die Verantwortlichkeiten des Diag- noseprozesses.
2. Anforderungen an die Qualifikation der Auftragnehmer für die Eignungsbeurteilung.
3. Anforderungen an die verwendeten Verfahren (z. B. Interview, Fragebogen, Test, AC etc.)“(Reimann, G. 2005, S. 114).

Die Norm entstand 2002 nach fünfjähriger Arbeit, man möchte sagen aus der Not heraus. Sarges schreibt 2003 in der Zeitschrift Personalmagazin, dass nach wissenschaftlichen Untersuchungen Deutschland immer noch ein „eignungsdiagnostisches Entwicklungsland“ (Sarges 2003, S. 58-59) zu sein scheint. In Bezug auf diese Aussage scheint das MMI eines der geeignetsten Verfahren der Personalauswahl der heutigen Zeit zu sein, welche Aussage durch die folgenden Validitätswerte ihre Rechtfertigung erhalten wird. (zur vertiefenden Lektüre der DIN 33430 siehe Anhang 3.1 b)

Beginnen möchte ich mit meiner Konkretisierung an dieser Stelle mit der sogenannten Inhaltsvalidität, die sich auf den Simulationsansatz bezieht. Hier werden, wie in Kapitel 2.3 beschrieben Fragen zu alltagstypischen Situationen gestellt, um das Verhalten des Bewerbers in solchen Situationen zu hinterfragen. Die Inhaltsvalidität beschreibt also in wie weit das Auswahlverfahren MMI die Anforderungen des Berufs oder der Ausbildung im konkreten Fall abdeckt. Der bereits erwähnte hohe Anforderungsbezug im MMI bescheinigt dem Verfahren folglich also eine hohe Inhaltsvalidität (vgl. Schuler 2002, S. 206-207).

Ein weiteres Kriterium ist die prognostische oder prädiktive Validität. Sie erzielt einen hohen Wert unter der Voraussetzung, dass die künftige Arbeitsleistung tatsächlich der Vorhergesagten entspricht (Weinert 2004, S. 332). In der bereits erwähnten F&E-Studie, die von Schuler, Funke, Moser und Donat 1995 durchgeführt wurde erzielte das MMI eine prädiktive Validität von r=.50.

Bezüglich der Konstruktvalidität gab es bereits eine Reihe von Studien. Zusammengefasst kann man sagen, dass sich die Konstruktvalidität, bezogen auf eine Charaktereigenschaft auf Merkmale wie Ehrgeiz oder Gewissenhaftigkeit bezieht. Derart wichtige Eigenschaften werden im MMI mit geeigneten, psychologisch sinnvollen Fragen ermittelt. „Beispielsweise ergaben sich für ein MMI, dessen Aufgabe“ unter anderem “die Erfassung der Leistungsmotivation ist, Korrelationen in Höhe von r=.57 und .54“(Schuler 2002, S. 208) mit den Faktoren des Leistungs-Motivations-Tests (LMT; Hermans, Pertermann und Zielinski, 1978) Leistungsstreben und Ausdauer und Fleiß (Schuler 2002, S. 208).

Des Weiteren erwähnenswert ist die inkrementelle Validität des MMI. Sie umschreibt den Zuwachs an Aussagekraft eines anderen Auswahlverfahrens bei zusätzlicher Anwendung des MMI. Bei einer Meta-Analyse, durchgeführt von Schmidt & Hunter, 1998 erzielte unter den eignungsdiagnostischen Verfahren das strukturierte Einstellungsgespräch eine inkrementelle Validität von inkV=.12 was lediglich durch „Integrity“-Tests mit einem Wert von inkV=.14 übertroffen wurde (siehe Anlage 3.1 c).

3.2 Soziale Validität

Eignungsdiagnostische Verfahren mussten in den letzten Jahrzehnten ein steigendes Maß an Kritik über sich ergehen lassen. Selbst aus den Reihen der Psychologen, die die Entwicklung der Einstellungsinterviews im Laufe der Jahre maßgeblich beeinflussten gab es negative Äußerungen (Triebe und Ulrich, 1977). Es geht um die sinkende Akzeptanz bei der Durchführung psychologischer Testverfahren, das Eingreifen in die Privatsphäre durch ungeeignete Fragestellungen, die „Schreckensvision des gläsernen Menschen“(Schuler und Stehle 1985, Seite 134). Die Hauptkritik bezieht sich schlicht darauf, dass die Durchführung solcher Tests mehr dem Unternehmen als dem Bewerber nutze, dass sie den Bewerber in eine unbehagliche Situation zwinge, in der er sich der Machtposition des Interviewers ausgeliefert fühle und die Situation als solche gar als bedrohlich empfinden kann (Spitznagel 1982, S. 38). Über die Sicht der Bewerber in einem Einstellungsinterview gab es in den letzten Jahren kaum Erhebungen, die diese ausreichend beleuchten. Es wurde aber zum Beispiel von Schmitt und Coyle herausgefunden, dass das Verhalten und das Auftreten des Interviewers die Entscheidung des Bewerbers das Einstellungsangebot anzunehmen entscheidend beeinflussten (Schmitt 1976, S. 58). Unter diesem Gesichtspunkt und in Verbindung mit dem bereits angesprochenen Imageschaden, den ein Unternehmen mit der unzulänglichen Behandlung seiner Bewerber zweifellos davontragen wird (siehe Kapitel 2.3) ist des unabdingbar die soziale Komponente, die Akzeptanz der Bewerber genauer zu beleuchten und dem wachsenden Unmut Einhalt zu gebieten.

[...]

Ende der Leseprobe aus 34 Seiten

Details

Titel
Multimodales Interview als Personalauswahlverfahren aus Unternehmensperspektive
Hochschule
Hochschule Pforzheim
Veranstaltung
Personalbeschaffung, -einsatz und -freisetzung
Note
1,3
Autor
Jahr
2007
Seiten
34
Katalognummer
V88470
ISBN (eBook)
9783638041843
ISBN (Buch)
9783638940771
Dateigröße
2056 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Multimodales, Interview, Personalauswahlverfahren, Unternehmensperspektive, Personalbeschaffung
Arbeit zitieren
Stefan Weber (Autor:in), 2007, Multimodales Interview als Personalauswahlverfahren aus Unternehmensperspektive , München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/88470

Kommentare

  • Noch keine Kommentare.
Blick ins Buch
Titel: Multimodales Interview als  Personalauswahlverfahren aus Unternehmensperspektive



Ihre Arbeit hochladen

Ihre Hausarbeit / Abschlussarbeit:

- Publikation als eBook und Buch
- Hohes Honorar auf die Verkäufe
- Für Sie komplett kostenlos – mit ISBN
- Es dauert nur 5 Minuten
- Jede Arbeit findet Leser

Kostenlos Autor werden