Die Rolle des ordre public im internationalen Handelsrecht ist ein wichtiges Instrument der Staatensouveränität.
Anhand der vorliegenden Arbeit wird untersucht unter welchen Kriterien der ordre public nach Art. 6 EGBGB greift.
Aufgrund der zahlreichen ausländischen Rechtsnormen und verschiedenen
Gesellschaftsvorstellungen kann es vorkommen,
dass ausländische Sachverhalte mit direktem inländischem Bezug
nicht nach deutschem Recht, sondern nach ausländischem
Recht zu beurteilen sind. Selbst dann, wenn der Fall vor einem
deutschen Gericht entschieden wird. Dass diese Anwendung
ausländischen Rechts nicht immer den deutschen Grundsätzen
entspricht, liegt in der Natur der Sache. Für diese Kollision der
Rechtsordnungen sieht das deutsche Recht zum Schutz der inländischen
öffentlichen Ordnung den „ordre public-Vorbehalt“
nach Art. 6 EGBGB vor. Eine ähnliche Vorbehaltsklausel existiert
in den meisten Rechtsordnungen dieser Erde, wurde jedoch
in der Vergangenheit, sowie heute zumindest in Deutschland
sehr zurückhaltend angewendet. Durch ein vereintes Europa und
die allmähliche Angleichung nationaler Rechtsgrundlagen zu einem
einheitlichen Rechtssystem wird die Notwendigkeit der
Anwendung der ordre public-Klausel recht selten. Dennoch gibt
es weltweit aufgrund unterschiedlicher Religion, Kultur und politischen
Gesinnung eine Fülle widersprüchlicher Ansätze für
ein Rechtsproblem. Somit entstehen durchaus Fälle, in denen die
Anwendung des ordre public-Vorbehaltes zwingend notwendig
wird. Der ordre public ist Bestandteil des staatsvertraglichem Internationalen
Privatrechts. Er stellt einen der wichtigsten privatrechtlichen
Grundsätze dar. Zunächst ist festzuhalten, dass Art. 6
EGBGB nicht dem EG-Recht selbst entgegengehalten werden
kann. Es gilt auch hier der grundsätzliche Vorrang des europäischen
Rechts vor nationalem Recht bei Sachverhalten, die die
nationalen Grenzen überschreiten. Der ordre public-Vorbehalt
spielt dann eine Rolle, wenn im Zivilrecht Internationales Privatrecht
anzuwenden ist, die ausländischen Rechtsnormen jedoch
dem deutschen Recht erheblich entgegenstehen. Art. 6
EGBGB stellt somit eine kollisionsrechtliche Klausel dar. Der
Anwendungsbereich erstreckt sich über ausländisches staatsvertragliches
Recht und das Recht der ehemaligen DDR. Das
Einsatzfeld des ordre public ist mit 90% der ordre-public-
Anwendungen vornehmlich das Personen- und Familienrecht.
Inhaltsverzeichnis
1. Einführung
1.1 Allgemein
1.2 Begriffsbestimmung
1.3 Inhalt des Art. 6 EGBGB
1.4 Ziel des ordre public
2... Funktionen des ordre public
2.1 Positiver ordre public
2.2 Negativer ordre public
2.3 Art. 6 EGBGB positiv oder negativ?
2.4 Art. 34 EGBGB - Zwingende Vorschriften
3... Anwendung des ordre public-Vorbehaltes
3.1 Anwendungsvoraussetzungen
3.1.1 Ergebniskontrolle
3.1.2 Räumlicher, sachlicher und zeitlicher Bezug
3.2 Zurückhaltende Handhabung
3.3 Einschränkung der Anwendung von Art. 6 EGBGB durch staatsvertragliche Verein-barungen
4.. Rechtsfolgen eines ordre public-Verstoßes
4.1 Anzuwendende Sachnorm nach einer An-wendung der Vorbehaltsklausel gemäß Art. 6 EGBGB
1. Ausländisches lex causae als Ersatzrecht
2. Kollisionsrechtlicher Ansatz
3. Neue Sachnormen als Ersatzrecht
5 Die Anerkennung ausländischer Urteile in Deutschland
6. Eventuelle Auswirkungen auf die internationale Wirtschaft
8. Fazit
Literaturverzeichnis
1. Einführung
Aufgrund der zahlreichen ausländischen Rechtsnormen und verschiedenen Gesellschaftsvorstellungen kann es vorkommen, dass ausländische Sachverhalte mit direktem inländischem Bezug nicht nach deutschem Recht, sondern nach ausländischem Recht zu beurteilen sind. Selbst dann, wenn der Fall vor einem deutschen Gericht entschieden wird. Dass diese Anwendung ausländischen Rechts nicht immer den deutschen Grundsätzen entspricht, liegt in der Natur der Sache.[1] Für diese Kollision der Rechtsordnungen sieht das deutsche Recht zum Schutz der inländischen öffentlichen Ordnung den „ordre public·-Vorbehalt“ nach Art. 6 EGBGB vor. Eine ähnliche Vorbehaltsklausel existiert in den meisten Rechtsordnungen dieser Erde,[2] wurde jedoch in der Vergangenheit, sowie heute zumindest in Deutschland sehr zurückhaltend angewendet. Durch ein vereintes Europa und die allmähliche Angleichung nationaler Rechtsgrundlagen zu einem einheitlichen Rechtssystem wird die Notwendigkeit der Anwendung der ordre public-Klausel recht selten. Dennoch gibt es weltweit aufgrund unterschiedlicher Religion, Kultur und politischen Gesinnung eine Fülle widersprüchlicher Ansätze für ein Rechtsproblem. Somit entstehen durchaus Fälle, in denen die Anwendung des ordre public-Vorbehaltes zwingend notwendig wird.[3]
1.1 Allgemein
Der ordre public ist Bestandteil des staatsvertraglichem Internationalen Privatrechts.[4] Er stellt einen der wichtigsten privatrechtlichen Grundsätze dar.[5] Zunächst ist festzuhalten, dass Art. 6 EGBGB nicht dem EG-Recht selbst entgegengehalten werden kann. Es gilt auch hier der grundsätzliche Vorrang des europäischen Rechts vor nationalem Recht bei Sachverhalten, die die nationalen Grenzen überschreiten. Der ordre public-Vorbehalt spielt dann eine Rolle, wenn im Zivilrecht Internationales Privatrecht anzuwenden ist, die ausländischen Rechtsnormen jedoch dem deutschen Recht erheblich entgegenstehen.[6] Art. 6 EGBGB stellt somit eine kollisionsrechtliche Klausel dar.[7] Der Anwendungsbereich erstreckt sich über ausländisches staatsvertragliches Recht und das Recht der ehemaligen DDR.[8] Das Einsatzfeld des ordre public ist mit 90% der ordre-public- Anwendungen vornehmlich das Personen- und Familienrecht.[9]
1.2 Begriffsbestimmung
Der Begriff ordre public stammt aus dem französischen Rechtskreis und wurde erstmalig von dem französischen Staatsrat Bou- lay erwähnt; in Deutschland maßgeblich von Savignys[10] Lehren zum römischen Recht geprägt.[11] Der Inhalt des deutschen ordre public wurde aus Art. 6 Code Civil[12] maßgeblich geschaffen.[13] Ordre public bedeutet öffentliche Ordnung und wird in seiner aktuellen Fassung im deutschen Recht seit 1986[14] in Art. 6 EGBGB gesetzlich definiert. Ziel des ordre public-Vorbehaltes aus Art. 6 EGBGB ist somit die Wahrung der öffentlichen Ord- nung.[15]
Der Begriff Vorbehalt wurde 1968 vom Bundesgerichtshof umschrieben. Demnach handelt es sich um eine Verletzung des deutschen ordre public nach Art. 6 EGBGB, wenn eine Anwendung ausländischen Rechts im scharfen Gegensatz zu deutschem Recht und den darin liegenden Gerechtigkeitsvorstellungen stehen würde. Somit die Anwendung ausländischen Rechts als untragbar erscheint.[16]
1.3 Inhalt des Art. 6 EGBGB
Der deutsche ordre public ist im Einführungsgesetz zum BGB festgehalten. Art. 6 EGBGB wird im Allgemeinen als Vorbehaltsklausel bzw. Generalklausel bezeichnet und ist eine Kolli- sionsnorm.[17] Somit kommt er grundsätzlich dann zur Anwendung, wenn im Zivilrecht Internationales Privatrecht angewen- det werden muss und dieses ausländisches Recht bestimmt. Dies jedoch oftmals mit der Folge, dass das anzuwendende ausländische Recht mit dem deutschen Recht im drastischen Zwiespalt steht.[18] Danach ist insbesondere ausländisches Recht dann nicht anzuwenden, wenn es mit fundamentalen deutschen Gerechtigkeitsprinzipien kollidiert.[19] Der ordre public-Vorbehalt verdrängt somit ausländisches Recht und lässt eine Lücke entstehen, ohne gesetzliche Definition, welches Recht als Ersatzrecht angewendet werden soll um diese Lücke zu schließen.[20] [21] Diese Verdrängung ausländischen Rechts wird als negativer ordre public- Vorbehalt21 bezeichnet.[22]
Ein Beispiel für die Anwendung des ordre public nach Art. 6 EGBGB wäre eine nach ausländischem Recht geschlossene Vielehe. Dies widerspricht dem Grundsatz monogamer Ehen nach deutschem Recht gemäß § 1306 BGB. Wird die Schließung einer zweiten Ehe in Deutschland, zwischen zwei Parteien von denen zumindest eine die deutsche Staatsbürgerschaft besitzt, gewünscht, so ist automatisch der Anwendungsbereich des ordre public eröffnet. Eine zweite Eheschließung in Deutschland darf demnach gemäß § 1306 BGB erst gar nicht geschlossen werden bzw. müsste nach § 1314 Abs. 1 BGB aufgehoben werden. Ganz anders jedoch, sollte die zweite Ehe im Ausland geschlossen worden sein. Hier fehlt, trotz deutscher Staatsbürgerschaft, der Inlandsbezug und eine Aufhebung nach § 1314 Abs. 1 BGB kommt nicht in Betracht. So hat der ordre public nicht das Ziel in ausländisches Recht einzugreifen, sondern dieses lediglich abzuwehren.[23]
1.4 Anwendungsbereich des ordre public
Kern der Vorbehaltsklausel bzw. Generalklausel nach Art. 6 EGBGB ist der Schutz der deutschen Grundrechte bzw. im weiteren Sinne der Schutz der deutschen Grundsätze; folglich der Schutz der öffentlichen Ordnung. Der ordre public fungiert somit als Ordnungsprinzip des innerstaatlichen Rechtes. Im weiteren Deckungsbereich des Art. 6 EGBGB ist auch das allgemeine Völkerrecht, zumindest in Teilen,[24] mit inbegriffen. Aufgrund der Formulierung in Art. 6 Satz 2 EGBGB, dass „...die Anwendung [ausländischen Rechts] mit den Grundrechten...“ vereinbar sein muss, wird auch das allgemeine Völkerrecht aus Art. 25 GG geschützt. Denn so will Art. 25 GG, dass das allgemeine Völkerrecht ein Bestandteil des Bundesrechtes ist. Somit kann die durch das IPR[25] berufene ausländische Norm, die gegen allgemeines Völkerrecht nach Art. 25 GG verstößt, durch den ordre public-Vorbehalt i.S.d. Art. 6 EGBGB abgewehrt werden.[26] Im weiteren Sinne kann dies auch auf die Menschenrechte projiziert werden. Der Anwendungsbereich des ordre public erstreckt sich somit auf die Wahrung der inländischen Grundrechte und Grundwerte bis hin zu den Menschenrechten.[27]
2. Funktionen des ordre public
Um Klarheit zu schaffen, wird zwischen der positiven und negativen Funktion einer Klausel unterschieden. Nun stellt sich die Frage welche Funktion Artikel 6 EGBGB aufweist.[28]
2.1 Positiver ordre public
Eine Positivfunktion hat eine Klausel wenn sie als zwingende Norm nationales Recht unbedingt durchgesetzt werden möchte, unabhängig von dem Inhalt der eigentlich anwendbaren ausländischen Norm.[29]
2.2 Negativer ordre public
Negativer Funktion ist eine Norm dann, wenn zuvor ausländisches Recht bestimmt, dessen Anwendung jedoch aufgrund der Kollision mit nationalem Recht abgewehrt wird.[30]
2.3 Art. 6 EGBGB positiv oder negativ?
Somit hat die Abwehrfunktion gem. Art. 6 EGBGB unbestritten rein negativen Charakter.[31] Dennoch scheint es falsch zu sagen, dass es sich bei der Anwendung der Vorbehaltsklausel um eine rein negative Funktion handelt.
[...]
[1] Heldrich in: Palandt, BGB, Art. 6, Rn. 1 f.
[2] Vgl. Bar/Mankowski, IPR, § 7, Rn. 258.
[3] Siehr, Internationales Privatrecht, S. 491.
[4] Vgl. Kegel/Schurig, Nachtrag zu Internationales Privatrecht, S. 147; Sonnenberger, MüKo BGB, Art. 6, Rn. 1.
[5] Lorenz in: Bamberger/Roth, Kommentar zum BGB, Art. 6, Rn. 1.
[6] Von Winterfeld, Noch einmal: Der deutsche ordre public in der internationalen Schiedsgerichtbarkeit, NJW 1987, Heft 48, S. 3059, 3060.
[7] Firsching/von Hoffmann, Internationales Privatrecht, § 4, Rn. 9 f;
Sonnenberger, MüKo BGB, Art. 6, Rn. 6.
[8] Lorenz in: Bamberger/Roth, Kommentar zum BGB, Art. 6, Rn 5.
[9] Hohloch, in: Erman, BGB, Band 2, Art. 6, Rn. 1; Sonnenberger, MüKo BGB, Art. 6, Rn. 21 ff.
[10] Deutscher Rechtsgelehrter: * 21. Februar 1779 - t 25. Oktober 1861.
[11] Vgl. Schemmer, Der ordre public-Vorbehalt unter der Geltung des Grundgesetzes, S. 10.
[12] Dieser lautet: “On ne peut pas déroger, par des conventions particulières aux lois qui interessent l’ordre public et les bonnes moeurs“. Dies bedeutet in etwa: Die im Interesse des ordre public oder der guten Sitten erlassenen Gesetzesvorschriften sind unabdingbar.
[13] Pentzlin, Der universelle ordre public im Wirtschaftsrecht als ein Ordnungsprinzip des innerstaatlichen Rechts, S. 8a.
[14] Vor der Neuregelung des Internationalen Privatrechts am 25. Juli 1986 war er in Art. 30 EGBGB a.F. zu finden.
[15] Vgl. Bar/Mankowski, IPR, Band 1, § 1, Rn. 28 ff.
[16] BGH vom 17.09.1968, BGHZ 50, S. 370, 375 f ; s. auch NJW 1969, S. 369, 370.
[17] Völker, Zur Dogmatik des ordre public, § 3, S. 94.
[18] Bar/Mankowski, IPR, Band 1, § 1, Rn. 28 ff.
[19] Vgl. Kegel/Schurig, Nachtrag zu Internationales Privatrecht, S. 518; Bar/Mankowski, IPR, Band 1, § 1, Rn. 28 ff.
[20] Kegel/Schurig, Nachtrag zu Internationales Privatrecht, S. 518.
[21] Hierzu ausführlich Punkt 2. dieser Arbeit.
[22] Bar/Mankowski, IPR, Band 1, § 1, Rn. 28 ff.
[23] Pauli, Islamisches Familien- und Erbrecht und ordre public, S. 20 ff.: Kegel/Schurig, Nachtrag zu Internationales Privatrecht, S. 518 ff.
[24] Vgl. Sonnenberger, MüKo BGB, Art. 6, Rn. 69.
[25] IPR = Internationales Privatrecht.
[26] Vgl. Sonneberger, MüKo BGB, Art. 6, Rn. 70.
[27] Kropholler, Internationales Privatrecht, § 36 II, S. 246 ff.; ebenso Sonnenberger, MüKo BGB, Art. 6, Rn. 70.
[28] Sonnenberger, MüKo BGB, Art. 6, Rn. 2 ff.
[29] Kropholler, Internationales Privatrecht, § 36 I, S.242; Sonnenberger, MüKo BGB, Art. 6, Rn. 2 ff.; Lorenz in: Bamberger/Roth, Kommentar zum BGB, Art. 6, Rn 3.
[30] Vgl. Sonnenberger, MüKo BGB, Art. 6, Rn. 2 ff.; Kegel/Schurig, Nachtrag zu Internationales Privatrecht, S. 516 f.
[31] Vgl. Sonnenberger, MüKo BGB, Art. 6, Rn. 2 ff.; Kropholler, Internationales Privatrecht, § 36 I, S.242.
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