Bereits ein Blick auf die jüngsten publizistischen Auseinandersetzungen um die (Selbst-)Definition der Bundeshauptstadt Berlin als "Metropole" zeigt, dass dieser Begriff offenbar nur schwer mit konkreten Inhalten zu füllen ist. Um sich daher der Nürnberger Kirchengeschichte im späten Mittelalter unter dem Gesichtspunkt zuwenden zu können, ob die Stadt eine "religiöse Metropole" jener Zeit war, ist es notwendig, den Begriff zunächst näher einzugrenzen, wie dies Evamaria Engel und Karen Lambrecht in einem begriffsgeschichtlich orientierten Aufsatz versucht haben: "Metropolis" meinte in seiner ersten, ursprünglich antiken Bedeutung "eine ′Mutter-Stadt′ in Hinblick auf die von ihr ausgehenden Neugründungen, aber auch ′Zentrum′ und ′Hauptstadt′ einer Provinz" . Daran anknüpfend habe sich zweitens der kirchenrechtliche Begriff des Metropoliten entwickelt, der als Erzbischof einer Kirchenprovinz vorsteht; eine Metropole wäre damit die Residenzstadt eines Erzbischofs. Schließlich bezeichne der Begriff drittens - losgelöst von seiner Ursprungsbedeutung - Städte, in denen "zentrale Faktoren überregionale Bedeutung qualitativer Art bekommen [...] oder zu einer Region in Beziehung gesetzt werden [...]" .
Sofern man einen solchen Metropolenbegriff also auf das mittelalterliche Nürnberg anwenden möchte, ist man zu einer Auseinandersetzung mit diesen drei Definitionsansätzen gezwungen.
Der erste Ansatz scheint auf das Mittelalter nur sehr bedingt übertragbar zu sein. Er basiert zu sehr auf einem zentralistischen Herrschaftsbild und dem Modell einer von einer Hauptstadt aus regierten, festgefügten Region ("Provinz"), als dass er der Vielfältigkeit mittelalterlicher Herrschaftsverhältnisse gerecht werden könnte. Wenngleich die Stadt Nürnberg "[ä]hnlich wie die italienischen Stadtrepubliken [ein Territorium besaß], das zudem das größte aller deutschen Reichsstädte war" , so war die Stadt doch selbst innerhalb ihrer eigenen Mauern nicht vollkommen rechtlich autonom, sondern unter anderem abhängig vom König, vom Burggrafen und nicht zuletzt vom Bamberger Bischof.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Die Stellung der Nürnberger Pfarreien im spätmittelalterlichen Kirchensystem
- Das pfarrliche Leben
- Das monastische Leben
- „Metropolis"? - die Spezifik der Religiösität in Nürnberg
- Literatur
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die vorliegende Hausarbeit befasst sich mit der Frage, ob Nürnberg im späten Mittelalter eine „religiöse Metropole" war. Die Arbeit untersucht die Stellung der Nürnberger Pfarreien im Kirchensystem, das pfarrliche und monastische Leben sowie die spezifische Ausprägung der Religiösität in der Stadt.
- Die rechtliche Stellung der Nürnberger Kirchen im spätmittelalterlichen Kirchensystem
- Das pfarrliche Leben in Nürnberg, einschließlich der Gottesdienste, der Liturgie und der Frömmigkeit der Bevölkerung
- Die Rolle des monastischen Lebens in Nürnberg, mit einem Fokus auf die Benediktiner, Franziskaner und Dominikaner
- Die spezifischen Merkmale der Religiösität in Nürnberg im Vergleich zu anderen Städten
- Der Einfluss des Rates der Stadt auf die Kirchen und Klöster in Nürnberg
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung beleuchtet den Begriff „Metropole" und seine verschiedenen Bedeutungen im Kontext des mittelalterlichen Nürnbergs. Sie stellt fest, dass Nürnberg zwar politisch und wirtschaftlich eine überregionale Bedeutung hatte, aber kein Bischofssitz war. Die Arbeit setzt sich zum Ziel, zu untersuchen, ob die Kirche in Nürnberg trotz des fehlenden Bischofssitzes ein „zentraler Faktor" von überregionaler Bedeutung war.
Kapitel 2 analysiert die rechtliche Stellung der Nürnberger Kirchen im spätmittelalterlichen Kirchensystem. Es zeigt, dass die Nürnberger Pfarreien, St. Sebald und St. Lorenz, erst ab dem 13. Jahrhundert durch Abpfarrungen entstanden und unter der Aufsicht eines Bamberger Domkanonikers standen. Durch eine Bulle von Papst Urban VI. aus dem Jahr 1388 wurde die Stadt Nürnberg schließlich im 15. Jahrhundert das Präsentationsrecht für die beiden Pfarreien übertragen und die rechtliche Verselbstständigung der Nürnberger Pfarreien bis zum Beginn der Reformation abgeschlossen.
Kapitel 3 beschreibt das pfarrliche Leben in Nürnberg. Es beleuchtet die täglichen Gottesdienste in den beiden Pfarrkirchen, die Vielfalt der liturgischen Ausgestaltung und die Frömmigkeit der Nürnberger Bevölkerung. Die Arbeit stellt fest, dass sich das religiöse Leben der Nürnberger im Wesentlichen auf eine Schau- und Anbetungsfrömmigkeit konzentrierte. Die Bedeutung der eucharistischen Frömmigkeit wird in Bezug auf den Anblick und nicht den Empfang der Hostie untersucht. Außerdem wird die Bedeutung der Sakramente, insbesondere Bußsakrament, Krankensalbung, Taufe und Hochzeit, für die Nürnberger Bevölkerung dargestellt.
Kapitel 4 befasst sich mit dem monastischen Leben in Nürnberg. Es beleuchtet die Rolle des Benediktinerklosters St. Egidien, insbesondere die liturgische Bedeutung des Abtes für die Stadt Nürnberg. Die Arbeit untersucht die Bedeutung der Medikantenorden, insbesondere der Franziskaner und Dominikaner, für die Seelsorge der wachsenden Bevölkerung. Die Reformbemühungen des Rates der Stadt im Hinblick auf die Nürnberger Klöster werden analysiert, wobei die Rolle der Dominikanerinnen im Katharinenkloster sowie die Reform der Benediktiner und Augustinereremiten hervorgehoben werden.
Schlüsselwörter
Die Schlüsselwörter und Schwerpunktthemen des Textes umfassen die Kirchengeschichte, das spätmittelalterliche Nürnberg, die Stadtentwicklung, die Religiösität, die Kirche, die Pfarreien, das monastische Leben, die Liturgie, die Frömmigkeit, die Reformation und die „religiöse Metropole". Die Arbeit analysiert die Rolle der Kirche und Religion im spätmittelalterlichen Nürnberg und untersucht, ob die Stadt aufgrund ihrer spezifischen religiösen Merkmale als „religiöse Metropole" bezeichnet werden kann.
- Quote paper
- Peter Riedel (Author), 2000, Nürnberg im späten Mittelalter - eine religiöse Metropole?, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/8862
-
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X.