Ein Plädoyer für die Filmanalyse im Geschichtsunterricht am Beispiel von "Schindlers Liste"


Seminararbeit, 2006

17 Seiten, Note: 2,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Zur Terminologie unterschiedlicher Filmgattungen im Geschichtsunterricht
2.1 Die filmische Fiktion
2.2 Filmische Rekonstruktion
2.3 Archiv- bzw. Dokumentarfilm

3. Plädoyer für die Filmanalyse im Geschichtsunterricht

4. Filmanalyse von „Schindlers Liste“
4.1 Figurencharakterisierung
4.1.1 Oskar Schindler
4.1.2 Amon Göth
4.2 Die Kamera
4.2.1. Einstellungen
4.2.2. Einstellungsgröße
4.2.3. Einstellungsperspektive

5. Resümee

Literaturverzeichnis

1. Einleitung

Die vorliegende Arbeit versucht den Film „Schindlers Liste“ im Hinblick auf die Sympathielenkung zu analysieren. Im 2. Kapitel wird zunächst ein Vorschlag bezüglich spezieller Begrifflichkeiten für den Geschichtsunterricht gemacht. Dies erscheint notwendig, da die Geschichtsdidaktik in Bezug auf die Filmanalyse noch nicht mit eigenen Wörtern operiert. Fachspezifische Benennungen und ihre semantische Zuschreibungen bereitzustellen und zu manifestieren, zeigen die Relevanz eines Themengebiets für ein wissenschaftliches Feld. Es ist also zunächst festzuhalten, daß sich die Geschichtsdidaktik noch nicht genügend mit dem Thema „Filmanalyse“ beschäftigt hat. Von diesem Manko ausgehend und dem Versuch einer Definition der Begriffe, filmische Fiktion, filmische Rekonstruktion und Archiv- bzw. Dokumentarfilm in Ahnlehnung an Norbert Zwölfer, versucht die Arbeit zu begründen, warum die Filmanalyse gerade für den Geschichtsunterricht relevant ist, um im Anschluß eine Filmanalyse an der filmischen Fiktion „Schindlers Liste“ vorzunehmen. Diese Filmanalyse erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit, vielmehr soll sie die Argumentation bezüglich des Filmeinsatzes bzw. der Filmanalyse im Geschichtsunterricht unterstreichen.

2. Zur Terminologie unterschiedlicher Filmgattungen im Geschichtsunterricht

Trotz der verbreiteten Verwendung des Mediums Films im Geschichtsunterricht, hat sich die Geschichtsdidaktik noch nicht auf eine einheitliche, allgemein akzeptierte Terminologie geeinigt.[1] Die in dieser Arbeit verwendete Terminologie geht auf Norbert Zwölfer zurück, dessen Augenmerk bei der Einteilung der Filmgattungen auf das immanente historische Material gerichtet ist.[2] Es sei an dieser Stelle ergänzend zu dieser materialistischen Definition und der daraus resultierende Abgrenzung der einzelnen Präsentationsformen historischer Inhalte bemerkt, dass jegliche filmische Präsentationen kritisch analysiert werden müssen auch wenn sie per Definition einen bestimmten historischen Wahrheitsgehalt suggerieren.[3]

2.1 Die filmische Fiktion

Der Begriff filmische Fiktion wird im Folgenden für filmische Darstellungen verwendet, die historische Stoffe und Themen bewußt szenisch gestalten und unter filmästhetische Geschichtspunkte stellen. Historische Ereignisse werden dramatisiert und personifiziert und gewähren so höchstmögliche Identifikationsmöglichkeiten für den Zuschauer.[4]

Filmische Fiktionen halten die Sicht historischer Ereignisse zu einer bestimmten Zeit fest, sind Ausdruck eines bestimmten Zeitgeschmacks oder spiegeln Wünsche und Ängste wider (Heimatfilm der 50er Jahre). Somit können filmische Fiktionen herangezogen werden, um zu erfahren, wie eine Gesellschaft einen Teil ihrer Geschichte sichert bzw. wie sie sich selber sieht.[5] Des Weiteren können sie Zeugnisse für die Nutzung des Films in politisch-manipulativer Absicht sein.[6]

2.2 Filmische Rekonstruktion

Eine filmischen Rekonstruktion widmet sich der Abbildung eines historischen Ereignisses bzw. Zustandes oder eines geschichtlichen Zusammenhangs, wobei Kleidung, historische Orte, Werkzeuge oder ähnliches möglichst originalgetreu rekonstruiert werden.[8] Zumeist werden die Bilder mit erklärenden und erläuternden Kommentaren unterlegt. Filmische Rekonstruktionen veranschaulichen und vergegenwärtigen Geschichte und gewährleisten so ein klares Vorstellungsvermögen. Durch die Bilder, die lange stehen und durch die schrittweise erfolgende Rekonstruktion werden historische Abläufe nachvollziehbar. Diese Filme sind meist ohne künstlerischen Anspruch für Bildungszwecke geschaffen. Eben angedeutete einfache Strukturen ohne dramaturgische Finessen, wie zum Beispiel besondere Musikuntermalung, erfordern nur eine dem entsprechend abgespeckte Analyse.[9][7]

2.3 Archiv- bzw. Dokumentarfilm

Filmaufnahmen wie Wochenschauen und andere gleichzeitig mit den gefilmten Ereignissen hergestellte Produktionen gehören zu dieser Sparte.[11] Die authentischen Bilder und Tonaufnahmen geben einen unmittelbaren Zeiteindruck. Dabei ist zu beachten, dass solche Dokumentarfilme oftmals mehr über die Zeit und deren Geschichtsdeutung aussagen, als über die Ereignisse selbst. Auch eine Wochenschau liefert nur scheinbar ein getreues Abbild der gefilmten Wirklichkeit. Genausowenig wie ein Dokumentarfilm, der mit Archivmaterial arbeitet, eine objektive Darstellung liefert. „Er ‚inszeniert’ durch Schnitt, Montage und zitierte Original-Töne historische ‚Wirklichkeit’ und steuert durch Auswahl und Anordnung des Materials die Rezeption.“[12] [10]

3. Plädoyer für die Filmanalyse im Geschichtsunterricht

Die Vorteile eines Filmeinsatzes im Geschichtsunterricht wurden in verschiedenen geschichtsdidaktischen Abhandlungen aufgeführt. Die genannten Vorteile beziehen sich meist darauf, dass beim Anschauen eines Films fast alle Sinne angesprochen werden und somit zum einen der Lerneffekt größer ist als beim Lesen eines Textes[13] und zum anderen durch die Verwendung eines Films im Geschichtsunterricht an eine vertraute Informationsaneignung der Schüler angeknüpft wird. Das Medium Film fördert, wie Gerhard Schneider sich ausdrückt, die Bereitschaft sich regelrecht in Geschichte hineinziehen zu lassen. Eine filmische Fiktion spricht den Zuschauer emotional an. Dies geschieht durch die Identifikation mit den Protagonisten.[14] Ein geschichtliches Thema wird durch das „Miterleben“ für den Zuschauer greifbarer. Dem Medium Film wird geglaubt und mehr noch, was ein Film zeigt, sei es eine realitätsnahe Produktion wie eine Wochenschau oder eine filmische Fiktion, gilt als tatsächlich geschehen und objektiv. Die Arbeit mit Filmen im Geschichtsunterricht darf sich deshalb nicht allein auf eine Inhaltsanalyse beschränken, denn es besteht die Gefahr des distanzlosen Miterlebens. Filmische Fiktionen im Geschichtsunterricht zu zeigen, setzt zunächst eine vorangegangene oder nachbereitende Auseinandersetzung mit der Thematik voraus, sei es durch Quellen oder andere Materialien. Des Weiteren ist es erforderlich den Schülern unabhängig des gezeigten Filmes die Methoden der Filmanalyse[15] zu lehren, um ihre Medienkompetenz (im Sinne eines Verstehens der Stilisierungsmechanismen) zu schulen und damit der Reduktion des kritischen Bewußtseins beim Fernsehen vorzubeugen. Filme sind inszenierte Realitäten, die manipulative Elemente beinhalten. Die Manipulation als eine gegebene immer präsente Konstante eines filmischen Werks zu erkennen und ihre technischen Mittel und Vorraussetzungen offenzulegen, sind Kompetenzen, deren Vermittlung sich die Geschichtsdidaktik im Allgemeinen und speziell im schulischen Unterricht widmen muß, gerade weil sie sich nicht mehr nur als ein Organ der geschichtlichen Wissensvermittlung versteht, sondern vielmehr als „Wissenschaft vom „Geschichtsbewußtsein“, welches maßgeblich durch Fernsehen und Filme geprägt wird.

[...]


[1] Vgl. Gerhard Schneider: Filme. In: Hans Jürgen Pandel/ Gerhard Schneider (Hrsg.) Handbuch Medien im Geschichtsunterricht. Schwalbach/Ts. 2002, S. 367.

[2] Vgl. Norbert Zwölfer: Filmische Quellen und Darstellungen. In: Hilke Günther Arndt (Hrsg.): Geschichts-Didaktik. Praxishandbuch für die Sekundarstufe I und II. Berlin 2003, S.129.

[3] Auf eine Begriffsbestimmung kann trotz dieser Erkenntnis nicht verzichtet werden, da sie zum Repertoire der Filmanalyse selber gehört.

[4] Vgl. Zwölfer, S. 129.

[5] Vgl. Schneider, S. 368.

[6] Vgl. Schneider, S. 368f.

[7] Vgl. Zwölfer, S. 130.

[8] Vgl. Zwölfer, S.130.

[9] Es ist zu bemerken, dass sich die Hausarbeit der Analyse von filmischen Fiktionen, am Beispiel der Miniserie Holocaust, widmet und an dieser Stelle auf eine ausführliche Beschreibung der Analysemethoden von filmischen Rekonstruktionen verzichtet. Vgl. Zwölfer, S. 130ff.

[10] Vgl. Zwölfer, S. 131f.

[11] Vgl. Schneider, S. 368.

[12] Zwölfer, S. 131.

[13] Vgl. Wolfgang Hug: Geschichtsunterricht in der Praxis der Sekundarstufe I, Frankfurt a. M./ Berlin/ München 1977, S. 143f.

[14] Auf die filmischen Mittel, die eine solche Identifizierung hervorrufen wird im folgenden Kapitel eingegangen.

[15] Mit dem Begriff Filmanalyse ist hier ein Untersuchungsansatz gemeint, der unabhängig von einem (film-)historischen, psychologischen, soziologischen Erkenntnisinteresse die Präsentationsformen von Handlung und Inhalt, die jeweiligen Kontextbedingungen und – soweit möglich – die realen Rezeptionsvarianten zum Gegenstand macht. Vgl. Helmut Korte: Einführung in die systematische Filmanalyse. Ein Arbeitsbuch. Berlin 2004, S. 26ff.

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Details

Titel
Ein Plädoyer für die Filmanalyse im Geschichtsunterricht am Beispiel von "Schindlers Liste"
Hochschule
Universität Münster  (Institut für Didaktik der Geschichte)
Veranstaltung
Einführung in die Geschichtsdidaktik
Note
2,0
Autor
Jahr
2006
Seiten
17
Katalognummer
V88645
ISBN (eBook)
9783638030052
ISBN (Buch)
9783638927864
Dateigröße
425 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Plädoyer, Filmanalyse, Geschichtsunterricht, Beispiel, Schindlers, Liste, Einführung, Geschichtsdidaktik
Arbeit zitieren
Simone Bender (Autor:in), 2006, Ein Plädoyer für die Filmanalyse im Geschichtsunterricht am Beispiel von "Schindlers Liste", München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/88645

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