Umwelteinflüsse infolge des Insolvenzrechts


Hausarbeit (Hauptseminar), 2001

35 Seiten, Note: 2,0


Leseprobe


Inhalt

1 Vorgehensweise

2 Grundlagen zu Unternehmenskrisen und Insolvenzrecht
2.1 Unternehmenskrisen
2.2 Krisenursachen: eine Abgrenzung
2.3 Die neue Insolvenzordnung
2.3.1 Schwerpunkte der Insolvenzrechtsform
2.3.2 Ablauf des Insolvenzverfahren
2.4 Bisheriger Erfolg der neuen InsO

3 Insolvenzordnung als Krisenauslöser?
3.1 Behandlung von Forderungen in der Insolvenz
3.2 Behandlung von Verträgen in der Insolvenz
3.3 Krise durch die Insolvenz eines Kunden
3.4 Krise durch die Insolvenz eines Lieferanten
3.5 weitere potentielle Krisenauslöser

4 Krisenabwendung und internationales Recht
4.1 Gläubigerrechte in der Insolvenzordnung
4.2 Insolvenz- und Krisenvorhersage
4.2.1 Formen von Früherkennung
4.2.2 Grenzen der Früherkennung
4.3 Handlungsempfehlungen für Unternehmen
4.4 Ansätze bei grenzüberschreitenden Insolvenzen
4.4.1 Modellrecht der UNCITRAL
4.4.2 Recht der Europäischen Gemeinschaft
4.4.3 Ansatz der Weltbank

5 Zusammenfassung und offene Fragen
5.1 Umfeldeinflüsse durch die InsO und Reaktionsmöglichkeiten
5.2 Notwendigkeit weiterer Betrachtungen

6 Literaturverzeichnis

Absicht der Arbeit

Fragestellung und Ziele

Immer wieder kam es in der Vergangenheit zu spektakulären Fällen von Unternehmenskrisen, die oft auch zur Insolvenz führten. Beispielhaft seien hier die Krisen der Bremer Vulkan Werft, der Metallgesellschaft und Klöckner genannt. Abbildung 1 veranschaulicht die Entwicklung von Unternehmensinsolvenzen in den vergangenen 5 Jahren. Deutschland hat dabei in Europa eine vergleichsweise hohe Insolvenzrate.[1]

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 1: Unternehmensinsolvenzen in Deutschland[2]

Am 1. Januar 1999 trat nach einer Gesetzesreform das neue Insolvenzrecht in Kraft. Diese Arbeit soll sich mit der Frage beschäftigen, welche Konsequenzen aus dieser Insolvenzordnung (InsO) ein Unternehmen aus dem Umfeld des Insolvenzbetroffenen in eine Krise stürzen können. Es soll geklärt werden, wo Regelungen der InsO das einzelne Gläubigerunternehmen gefährden und welche Möglichkeiten der Entgegenwirkung aufgrund des Gesetzes bestehen. Weiterhin sollen Ansätze zur Vorhersage und Absicherung gegen Unternehmenskrisen und Insolvenzen aufgezeigt werden.

1 Vorgehensweise

Zu Beginn des Bearbeitungszeitraums galt das Hauptaugenmerk dem Studium der vorhandenen Literatur. Zunächst wurden die Regelungen des neuen Insolvenzgesetzes analysiert und dahingehend geprüft, inwieweit sie für die Bearbeitung des Themas relevant sind. Im Mittelpunkt der Literatur standen der Gesetzestext, verschiedene Kommentare zum Gesetz, Aufsätze sowie Praxishandbücher sowohl zum Insolvenzrecht als auch zu Unternehmenskrisen. Nach Sichtung der Quellen wurden Grob- und Feingliederung erstellt, um ein Grundgerüst für die Arbeit zu schaffen.

Um einen möglichst einfachen Einstieg in das Thema zu ermöglichen widmet sich das zweite Kapitel zunächst den wichtigen Begriffen des Insolvenzgesetzes. Weiterhin wird die Unternehmenskrise definiert und mögliche Ursachen werden beschrieben. Im dritten Kapitel erfolgt eine tiefergehende Betrachtung der Regelungen zu Forderungen und Verträgen. Dabei werden zunächst die Aussagen des Gesetzes und ausgewählter Literatur dargestellt, um danach eine krisenauslösende Wirkung zu erörtern. Dabei wird hauptsächlich praxisnah von insolventen Kunden und Lieferanten ausgegangen. Das vierte Kapitel stellt anhand des Gesetzes die Rechte der Gläubiger dar und zeigt Möglichkeiten der Krisenvorhersage. Da-rauf aufbauend werden Handlungsempfehlungen für das betroffene Unternehmen benannt. Abschließend erfolgt eine Betrachtung verschiedener internationaler Ansätze zu Regelungen bei grenzüberschreitenden Insolvenzen. Das fünfte Kapitel stellt eine Zusammenfassung der Ergebnisse dieser Arbeit dar und weist auf offene Fragen hin.

2 Grundlagen zu Unternehmenskrisen und Insolvenzrecht

2.1 Unternehmenskrisen

Krisen gehören zum allgemeinen Wirtschaftsleben und sind somit natürlicher Bestandteil des Lebenszyklus eines Unternehmens. Sie treten dann auf, wenn sich ein Unternehmen nicht mehr schnell genug an die Änderungen in seinem Umfeld anpassen kann. Schnell führt solch eine Entwicklung zu einer Existenzkrise mit massiver Überschuldung.[3] Eine Unternehmenskrise liegt dann vor, „...wenn die Unternehmung überschuldet oder zahlungsunfähig ist und damit die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens gegeben ist.“[4]

Krisen sind meist endogen bedingt, das heißt, sie brechen nicht unabwendbar von außen über das Unternehmen herein. Sie beginnen mit kleineren falschen Entscheidungen, die dann Konsequenzen wirtschaftlicher Art, wie zum Beispiel unkontrollierte überteuerte Materialbeschaffung, hervorrufen. Durch die Ergebnisverschlechterung, die oft fast unbemerkt stattfindet, werden Entscheidungen erzwungen, die einen Ressourcenmangel zur Folge haben. Dies schränkt die unternehmerische Freiheit ein und führt in die Krise.[5] Krisen tauchen aber nicht ohne Vorwarnung auf. Das Beispiel der Insolvenz der Bremer Vulkan Werft zeigt, dass es im Vorfeld einer Krise Anzeichen gibt, die nur erkannt werden müssen.[6]

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 2: Krisenentwicklung[7]

Abbildung 2 zeigt, dass die Stärke einer Krise im Zeitablauf überproportional ansteigt, wobei der Spielraum des Managements, abmildernd auf die Krise einzuwirken, sinkt. Die Entwicklung vollzieht sich in Phasen von der strategischen Krise zur akuten Gefahr des Liquiditätsmangels. Jede dieser Phasen hat ihre eigenen Ursachen.

2.2 Krisenursachen: eine Abgrenzung

In der Praxis geben Unternehmen häufig sehr ungenaue Gründe für Krisen an. So werden zum Beispiel Preisverfall, Konkurrenzdruck, Rückgang der Nachfrage und Mangel an Eigenkapital genannt. „Ursachen für Unternehmenskrisen sind sie nur in zweiter Linie.“[8] Grundsätzlich lassen sich vor allem zwei Arten von Ursachengruppen bestimmen: betriebliche und strukturelle Ursachen.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Tabelle 1:Ursachen von Unternehmenskrisen[9]

Zu den durch Tabelle 1 gezeigten kommen noch verschärfende Ursachen wie Mangel an Eigenkapital, unzureichende Planungs- und Kontrollsysteme, Kalkulationsmängel und unzureichendes Rechnungswesen und Controlling.[10] Einzelne Ursachen lösen aber noch keine Krise aus, erst das Zusammentreffen von bestimmten Ursachen führt zur Unternehmenskrise.[11] Im folgenden wird versucht vier Typen krisenhafter Unternehmen herauszufiltern.[12]

Das Unternehmen mit massiven Absatzproblemen erleidet einen plötzlichen Absatzeinbruch gefolgt von einem Mangel an Eigenkapital. Das Management kann das Problem nicht bewältigen und die Krise breitet sich über das gesamte Unternehmen aus. Für den Typ des abhängigen Unternehmens ist es symptomatisch, dass starke Bindungen zu Lieferanten oder Abnehmern bestehen und diese Beziehung insbesondere durch Ausfall zu kritischen Situationen führt. Häufig herrschen zudem Mängel im Materialbereich sowie persönliche Probleme im Management. Beim dritten Krisentyp stellt die Person des Unternehmers das Problem dar. Er trifft aufgrund von Selbstüberschätzung falsche Entscheidungen und lehnt betriebliche Kontrollsysteme ab. Besonders der Absatzsektor ist davon betroffen. Durch unkorrektes Verhalten der Mitarbeiter wird im letzten Typ die Krise ausgelöst. Verschärfend kommt hinzu, dass das Management nicht ausreichend qualifiziert ist und nur unzureichende Systeme zur Planung und Kontrolle existieren.

2.3 Die neue Insolvenzordnung

2.3.1 Schwerpunkte der Insolvenzrechtsform

Die Ursprünge der neuen Insolvenzordnung sind im Jahre 1978 zu finden. Damals sollten von einer Kommission aus Wissenschaftlern, Praktikern des Insolvenzrechts sowie anderen Sachverständigen Anregungen für eine Gesetzesreform erarbeitet werden. Auslöser dafür war die Tatsache, dass durch das damals geltende Konkurs- und Vergleichsrecht kaum noch Verfahren eröffnet wurden, weil in den Unternehmen nicht genügend Masse vorhanden war.[13]

Der wichtigste Ansatzpunkt des Gesetzes sollte es sein, Maßnahmen gegen die Massearmut zu treffen, damit die Anzahl der eröffneten und nicht wieder eingestellten Verfahren zunimmt. Daneben sind als wesentliche Punkte eine bessere Abstimmung von Liquidation und Sanierung zu nennen. Um das zu erreichen, wurde ein einheitliches Verfahren eingeführt und die außergerichtliche Sanierung gefördert. Es wurden Maßnahmen gegen die Massearmut ergriffen, die Autonomie der Gläubiger gestärkt und die Verteilungsgerechtigkeit erhöht. Schließlich wurde der Verbraucherkonkurs eingeführt und eine Restschuldbefreiung für Schuldner geregelt.[14]

Das einheitliche Verfahren wurde ermöglicht, indem das Nebeneinander von Ost- und Westrecht beseitigt und Konkurs- und Vergleichsverfahren vereinheitlicht wurden. Damit sind alle Insolvenzverfahren von einem einheitlichen Zweck, der Verwirklichung der Vermögenshaftung, geprägt. Diese kann durch Liquidation des Schuldnervermögens, durch Sanierung des Schuldnerunternehmens oder durch übertragende Sanierung erreicht werden. Die neue Insolvenzordnung beinhaltet verschiedene Maßnahmen, mit denen erreicht werden soll, dass es möglichst nicht zur Insolvenz kommt. So soll die Abschaffung des früheren § 419 BGB die übertragende Sanierung außerhalb der Insolvenz erleichtern. Dazu besteht der Vorrang der außergerichtlichen Einigung bei der Verbraucherinsolvenz nach §304ff InsO.

Mit den Maßnahmen gegen die Massearmut soll erreicht werden, dass die Verfahren „...frühzeitiger, leichter und häufiger eröffnet werden...“[15] und am Ende eine höhere Verteilungsmasse zur Verfügung steht. Eingeführt wurde dazu der Eröffnungsgrund der drohenden Zahlungsunfähigkeit.[16] Er ist gegeben, wenn die Verpflichtungen voraussichtlich zu dem Termin nicht mehr erfüllt werden können, zu dem sie fällig werden. Weiterhin müssen für die Verfahrenseröffnung nur noch die Verfahrenskosten gedeckt sein.[17] Durch die Neuordnung der Vergütung der beteiligten Organe sowie durch die Einführung eines vereinfachten Verbraucherinsolvenzverfahrens soll das Verfahren billiger werden. Wichtig ist dabei, dass ein einmal eröffnetes Verfahren nicht wieder eingestellt wird und dass eine möglichst hohe Verteilungsmasse zur Verfügung steht. Dazu werden die Masseverbindlichkeiten neu strukturiert. Durch § 35 InsO gehört jetzt auch das Vermögen zur Insolvenzmasse, das der Schuldner während des Verfahrens erlangt. Mit dieser Regelung soll die Masse angereichert werden.[18]

Das Bestreben nach mehr Autonomie der Gläubiger wird durch erhöhte Mitspracherechte ermöglicht. Die Insolvenzordnung kennt nur noch 3 „Gläubigerklassen“[19]: Massegläubiger, nachrangige Insolvenzgläubiger und nicht nachrangige Insolvenzgläubiger. Daneben existieren mit den aussonderungsberechtigten und absonderungsberechtigten Gläubigern zwei Gruppen mit Rechten an Sicherungsgütern, die eine eigene Stellung im Verfahren einnehmen. Eine weitere wesentliche Neuerung ist der Insolvenzplan nach den §§ 217ff InsO. Er bildet einen flexiblen Rechtsrahmen für eine einvernehmliche Bewältigung der Insolvenz und ist für alle Maßnahmen offen.

Innerhalb der Gruppen der Masse- und Insolvenzgläubiger sind für eine Erhöhung der Verteilungsgerechtigkeit Neustrukturierungen vorgenommen worden. Bei den Insolvenzgläubigern gibt es nur noch die einfachen und die nachrangigen Insolvenzgläubiger. Wichtig ist, dass die Ansprüche des Staates und der Arbeitnehmer nicht mehr privilegiert sind.[20] Eine weitere wichtige Neuerung ist die Einführung des Verbraucherinsolvenzverfahren. Dies ist ein vereinfachtes Verfahren für natürliche Personen, „...die keine oder nur eine geringfügige selbständige Tätigkeit ausüben.“[21] Damit im Zusammenhang steht die Einführung der Restschuldbefreiung, deren Ziel es ist, natürlichen Personen unter bestimmten Voraussetzungen ihre Schulden zu erlassen.

2.3.2 Ablauf des Insolvenzverfahrens

Ein Insolvenzverfahren wird grundsätzlich nur nach Antrag des Schuldners oder eines Gläubigers eröffnet.[22] Dabei muss einer der bereits erwähnten Eröffnungsgründe: Zahlungsunfähigkeit oder drohende Zahlungsunfähigkeit vorliegen. Abbildung 3 zeigt, dass neben dem Grund auch die Insolvenzfähigkeit und die Gerichtszuständigkeit während des Eröffnungsverfahrens geprüft werden.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 3: Verfahrensablauf[23]

Wenn das Eröffnungsverfahren mit dem Ergebnis schließt, dass der Antrag seine Berechtigung hat, ist als nächstes zu prüfen, ob die Insolvenzmasse die Kosten eines Insolvenzverfahrens deckt.[24] Falls das nicht der Fall ist, besteht dennoch die Möglichkeit, dass ein Insolvenzverfahren eröffnet wird, wenn ein Dritter die Verfahrenskosten vorschießt.

Kommt es danach zur Eröffnung des Insolvenzverfahrens, so wird dies vom Insolvenzgericht beschlossen, welches auch den Verwalter benennt.[25] Mit dem Eröffnungsbeschluss besteht die Aufforderung an die Insolvenzgläubiger, ihre Forderungen innerhalb einer Frist anzumelden. Daraufhin erfolgt die Verwertung und Verteilung der Insolvenzmasse. Auf die Bestimmungen bezüglich der einzelnen Gläubigerklassen geht Kapitel 3.1 näher ein. Ist die Verwertung beendet, erfolgt gemäß den Regelungen des §196 InsO die Schlussverteilung. Das Verfahren wird vom Insolvenzgericht aufgehoben, sobald die Schlussverteilung abgeschlossen ist.[26]

[...]


[1] European Business Review 1998,

[2] Das Diagramm basiert auf Daten des statistischen Bundesamts. Zu beachten ist, dass die Zahlen für 1999 und 2000 nur vorläufige Schätzungen sind, weil die Statistik nach der Rechtsreform umgestellt und erst im Laufe des Jahres 2001 neu veröffentlicht wird.

[3] vgl. Schlebusch 2000,

[4] vgl. Hauschildt 2000,

[5] vgl. Schlebusch 2000, S. 1, 2

[6] vgl. Pröschold,

[7] Quelle: Schlebusch 2000,

[8] vgl. Schlebusch 2000,

[9] vgl. Hauschildt 2000,

[10] vgl. Hauschildt 2000,

[11] vgl. Hauschildt 2000,

[12] vgl. Hauschildt 2000,

[13] InsO 2000, S. IX

[14] vgl. dazu InsO 2000, S. X

[15] vgl. InsO 2000, S. XII

[16] vgl. §18 InsO

[17] vgl. §26 (1) Satz 1 InsO

[18] vgl. InsO 2000, S. XIV

[19] vgl. §§35 – 54 InsO

[20] vgl. Huntemann et al. 1999,

[21] vgl. InsO 2000, S. XVIII

[22] vgl. § 13 InsO

[23] eigene Darstellung; z.T. in Anlehnung an Birker 2000,

[24] vgl. § 26 InsO

[25] vgl. § 27 InsO

[26] vgl. § 200 InsO

Ende der Leseprobe aus 35 Seiten

Details

Titel
Umwelteinflüsse infolge des Insolvenzrechts
Hochschule
Technische Universität Dresden  (SAP Stiftungslehrstuhl)
Veranstaltung
Hauptseminar Unternehmenskrisen
Note
2,0
Autor
Jahr
2001
Seiten
35
Katalognummer
V891
ISBN (eBook)
9783638105699
Dateigröße
768 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Insolvenzrecht, Unternehmenskrise
Arbeit zitieren
Dörthe Müller (Autor:in), 2001, Umwelteinflüsse infolge des Insolvenzrechts, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/891

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