John Rawls' Theorie der Gerechtigkeit


Seminararbeit, 2007

15 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis:

1. Einleitung

2. Motivationen für eine Theorie der Gerechtigkeit
2.1 Rawls’ Motivation
2.2 Kritik am Utilitarismus
2.3 Die Motivationen der Gesellschaftsmitglieder

3. Grundbegriffe der Theorie
3.1 Der Urzustand
3.2 Die sozialen Grundgüter
3.3 Die zwei Gerechtigkeitsgrundsätze
3.3 Das Differenzprinzip

4. Ein dynamisches Kohärenzmodell

5. Das Gerechte und das Gute

6. Konklusion

Bibliographie:

1. Einleitung

Diese Arbeit befasst sich mit John Rawls’ umfassenden Werk A Theory of Justice von 1971. Es gilt als eines der bedeutendsten moralphilosophischen Werke des 20. Jahrhunderts. Betrachtet man die Tradition der politischen Philosophie vor der Erscheinung dieses Werks, erklärt sich die große Bedeutung dieses Werks. Vor den 1970er Jahren war die politische Philosophie von Peter Laslett als dem Tode geweiht erklärt worden.[1] Tatsächlich war es seit der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts um diese Teildisziplin der Philosophie still geworden. Das Nachdenken über moralische Werte, über das Gute und Gerechte wurde von den Philosophen als reine Spekulationen dargestellt. Vor allem durch den Einfluss des Logischen Empirismus galten nur noch empirische und analytische Sätze als sinnvoll. Moralische Urteile wurden geschmacklichen Äußerungen gleichgestellt, sie galten als subjektives und irrationales Gerede. Sie konnten nicht in den Rang objektiv beurteilter Normen gehoben werden, denn in den Augen der Logischen Empiristen konnten sie keinen rational begründeten Geltungsanspruch erheben.[2] Es ist mit Rawls’ Verdienst, der politischen Philosophie wieder zu mehr Glaubwürdigkeit verholfen zu haben. A Theory of Justice entzündete eine lebhafte Diskussion über gesellschaftliche Gerechtigkeit. Das Werk wurde vielfach rezipiert, es wurden Verbesserungen und Erweiterungen vorgenommen, Kritik geübt z.B. von Seiten der „Liberitarians“ und der „Kommunitarians“[3]. Rawls selber hat einige Revisionen seiner Theorie vorgenommen, so u.a. in Political Liberalism (1993). Im Kern blieb sie jedoch bestehen.

Grundlage meiner Erläuterungen ist Wolfgang Kerstings Einführung zu John Rawls. Dieses Werk besticht durch die klare, schrittweise vorgehende Darlegung und die kritische Hinterfragung der Theorie. Weniger hilfreich war mir die Werkinterpretation von Johannes Frühbauer. Seine Sprache ist weniger klar und seine Ausführungen wirken, vielleicht auch durch die Zitathäufungen, gelegentlich etwas unsystematisch. Außerdem werden Kritikpunkte weniger überzeugend dargelegt als bei Kersting.

2. Motivationen für eine Theorie der Gerechtigkeit

2.1 Rawls’ Motivation

Rawls’ Theorie knüpft an den klassischen Kontraktualismus von Hobbes, Locke und Rousseau an. In seiner Theorie soll die Vorstellung eines Gesellschaftsvertrags jedoch verallgemeinert werden, wichtige Grundbegriffe und Prinzipien sollen abstrahiert werden: „Ich möchte eine Gerechtigkeitsvorstellung darlegen, die die bekannte Theorie des Gesellschaftsvertrags etwa von Locke, Rousseau und Kant verallgemeinert und auf eine höhere Abstraktionsebene hebt.“[4] Wie beim klassischen Kontraktualismus geht Rawls von einer Kooperation unter Gesellschaftsmitgliedern aus, die sich für alle zum wechselseitigen Vorteil auswirken soll. Entgegen den Konzeptionen seiner Vorgänger ist es aber nicht ein Vertrag, der in Realität geschlossen wird, sondern es ist eben eine Theorie, eine „kontraktualistische Rechtfertigungstheorie“[5]. Mit ihrer Hilfe versucht Rawls die verschiedenen Grundsätze zu rechtfertigen, die er ihr zugrunde gelegt hat, und er führt vor, wie man in der gedanklichen Durchführung des kontraktualistischen Verfahrens, d.h. mittels der hypothetischen Vertragsschließung im Urzustand, zu allgemein zustimmungsfähigen normativen Prinzipien gelangt. Rawls will mit seiner Theorie Denkanstöße geben um zum Nachdenken über grundsätzliche Gerechtigkeitsfragen anzuregen. Seine Theorie ist insofern nur mittelbar als praktische Anleitung zu verstehen, denn er sieht sich hauptsächlich als Philosoph und nicht als Politiker.[6]

2.2 Kritik am Utilitarismus

Rawls Gerechtigkeitstheorie versteht sich als Kritik am Utilitarismus. Der Utilitarismus ist eine teleologische Theorie, die sich an der Handlungsfolgenabwägung orientiert. Seine größte Schwäche ist die Indifferenz gegenüber Gerechtigkeitsüberlegungen, denn Handlungen haben gemäß der Theorie keinen intrinsischen, sondern nur einen konsequentiellen Wert.[7] Die Gesellschaft soll also so geordnet werden, „dass ihre Institutionen und Regelsysteme dafür sorgen, dass sie die größte Summe der Befriedigung für die Gesamtheit ihrer Mitglieder hervorbringen“.[8] Das hieße aber auch, dass eine gewisse Anzahl Sklaven gerechtfertigt wären, denn das Glück der Mehrheit würde die Frustrationen dieser Minderheit aufwiegen. Die Mitglieder einer Gesellschaft werden als „Träger verrechenbarer Glücks- und Leideinheiten“[9] angesehen.

Für Rawls hingegen bilden Gerechtigkeit und Freiheit die Grundpfeiler einer gerechten sozialen Ordnung. Seine Theorie ist deontologisch, d.h. die Normen und Systeme der Gesellschaftsordnung haben ausnahmslose Gültigkeit und eine Handlung wird nicht im Hinblick auf ihre Konsequenzen zu einer guten Tat. Deswegen werden gewisse Rechte und Pflichten schon in Grundsätzen formuliert, wobei das Recht immer Vorrang über Ungleichheiten hat, eine Sklavenhaltergesellschaft also nie gerechtfertigt sein könnte.

2.3 Die Motivationen der Gesellschaftsmitglieder

Welche Motivationen haben wir als Mitglieder einer Gesellschaft an einem solchen Vertrag? Warum haben wir ein Bedürfnis nach Gerechtigkeit?

Wir sind uns als Gesellschaftsmitglieder zunächst einmal einig, dass wir innerhalb einer geordneten Gesellschaft besser leben können. Mit gegenseitiger Hilfe lässt es sich besser überleben, als wenn jeder allein um sein überleben kämpfen muss. Davon gingen auch schon Hobbes und Locke aus. Ihr Ausgangszustand, der Naturzustand, ist der Kampf eines jeden gegen jeden, den es also mittels des Vertrags und der daraus hervorgehenden Einschränkung der individuellen Freiheit zu vermeiden galt. Rawls Konfliktsituation sieht etwas anders aus: Innerhalb der Gesellschaft wird eine bestimmte Anzahl von Gütern erwirtschaftet, die jedoch begrenzt sind und von denen jeder so viel wie möglich haben will. Es gilt also diese gerecht unter den Gesellschaftsmitgliedern zu verteilen und somit definiert Rawls Gerechtigkeit vor allem als Verteilungsgerechtigkeit: wir haben aufgrund der Knappheit der Güter ein natürliches Bedürfnis nach Gerechtigkeit.

Zu den Grundgütern zählt Rawls aber nicht nur Einkommen und Vermögen, sondern auch Rechte, Pflichten, Lebenschancen und sogar Selbstachtung.[10] Daraus folgt, dass wir außerdem auch auf kultureller Ebene ein Bedürfnis nach Gerechtigkeit haben: die moderne Gesellschaft zeichnet sich aus durch einen Pluralismus der Interessen und Weltanschauungen, der unterschiedlichsten Konzeptionen des Guten; wir können einen Gesellschaftsvertrag heute nicht mehr mit dem Rekurs auf den Willen Gottes oder eine objektive natürliche Wertordnung rechtfertigen.[11] Die moderne Rechtfertigungskonzeption ist daher der

[...]


[1] Vgl. Kersting, Wolfgang: John Rawls zur Einführung, Hamburg 2001, S. 13.

[2] Vgl. Ebd., S. 14ff.

[3] Vgl. Frühbauer, Johannes: John Rawls’ Theorie der Gerechtigkeit, Darmstadt 2007, S. 98ff.

[4] Rawls, John: Eine Theorie der Gerechtigkeit, Frankfurt 1979, S. 27f.

[5] Kersting, S. 115.

[6] Vgl. Hüther, Michael: Klassiker der Ökonomie, Bonn 2006.

[7] Kersting, S. 96ff.

[8] Ebd., S. 101.

[9] Ebd., S. 103.

[10] Kersting, S. 35.

[11] Ebd., S. 31.

Ende der Leseprobe aus 15 Seiten

Details

Titel
John Rawls' Theorie der Gerechtigkeit
Hochschule
Albert-Ludwigs-Universität Freiburg
Veranstaltung
EPG I
Note
1,0
Autor
Jahr
2007
Seiten
15
Katalognummer
V89142
ISBN (eBook)
9783638025799
ISBN (Buch)
9783638921664
Dateigröße
406 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
John, Rawls, Theorie, Gerechtigkeit
Arbeit zitieren
Almut M. Pilz (Autor:in), 2007, John Rawls' Theorie der Gerechtigkeit, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/89142

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