„Trotz allgemeiner Liberalisierung, jahrelangen Geschlechterkampfes und sexueller Revolution im Zusammenhang mit dem erstarkten Feminismus in der zweiten Hälfte unseres Jahrhunderts sind Sex und Sexualität ein Tabubereich geblieben.“ (Pheterson 1990: 7). Der Sex und die Sexualität, so Pheterson, gehören nach Ansicht der Mehrheit der Gesellschaft in den Privatbereich jeder Person, der unangetastet bleibt, weswegen auch der Handel und der Einkommenserwerb mit Sex als Verstoß gegen gewisse Normen angesehen wird (vgl. ebd.: 7-8). Daher widerspricht auch die „Prostitution, die körperliche Hingabe des Körpers zur sexuellen Betätigung aus anderen Motiven als Liebe, (…) dem sexuell-erotischen Standard und empört das moralische Empfinden.“ (Gödtel 1992: 79). Dennoch wird die Prostitution als fest verankerte gesellschaftliche Institution bezeichnet und gilt als ältestes Gewerbe der Welt. Thomas von Aquin stellte hierzu fest: Die Prostitution gehört zur Gesellschaft, wie die Kloake zum herrlichsten Palast.“ (Thomas von Aquin, zitiert nach Krafft 1996: 129). Der Vergleich zur Kloake verdeutlicht auch hierbei den gesellschaftlichen Status bzw. das Ansehen, das die Prostitution genießt. Direkt von diesem Urteil betroffen sind alle, die aktiv mit der Prostitution zu tun haben, also hauptsächlich die Prostituierten und die Zuhälter.
Bezüglich westlichen modernen Gesellschaften wird daher in der Forschung von einer Ausgrenzung der Prostitution und mit ihr der Prostituierten, die als einheitliche Gruppe aufgefasst werden, gesprochen (vgl. Girtler 2004: 274; vgl. auch Drössler u. Kratz 1994: 33; Bargon 1982: 150). Meyer und Holter sprechen in diesem Zusammenhang von „einer Subkultur der Prostitution“ (Meyer und Holter 1994: 18). Pheterson bemängelt in ihrer Studie zum Beruf der Hure die Stigmatisierung der Prostituierten, die in einer „Prostituierten-Subkultur“ resultiert, ausgelöst durch die herrschende Kultur der Gesellschaft (vgl. Pheterson 1990: 11). Girtler bestätigt ebenfalls die Ausgrenzung, bezeichnet die Prostitution allerdings als „Randgruppe“ (Girtler 1995: 20).
Inwiefern diese Bezeichnung als Subkultur auf die Prostitution zutrifft und ob die Prostitution als einheitliche Gruppe erfasst werden kann, wird nun in dieser Arbeit untersucht. Dazu wird zuerst näher betrachtet, was unter dem Begriff der Subkultur verstanden wird. Nach einer Definition des Begriffs der Subkultur ist dann zu prüfen, was unter dem Begriff Prostitution verstanden wird.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Von der Kultur zur Subkultur
- Die Subkultur und ihre Definitionen
- Milieu oder Subkultur
- Prostitution: Definitionen
- Formen der Prostitution heute
- Zwangsprostitution und Kinder- und Jugendlichenprostitution
- Die Subkultur der Prostitution?
- Schlussbetrachtung
- Literaturverzeichnis
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit untersucht, ob die Prostitution als Subkultur bezeichnet werden kann und ob die Prostituierten als einheitliche Gruppe betrachtet werden können. Dabei wird zunächst der Begriff der Subkultur definiert und seine verschiedenen Interpretationen beleuchtet. Anschließend werden verschiedene Definitionen der Prostitution untersucht, um den Umfang des Phänomens zu erfassen und die Frage zu beantworten, ob es sich um ein einheitliches Phänomen handelt.
- Definition des Begriffs der Subkultur
- Definition des Begriffs der Prostitution
- Beziehung zwischen Milieu und Subkultur
- Ausgrenzung der Prostitution als Subkultur
- Einheitlichkeit der Prostitution als Gruppe
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung führt in die Thematik der Prostitution ein und verdeutlicht die gesellschaftliche Wahrnehmung der Prostitution als tabuisiertes Thema. Es wird darauf hingewiesen, dass die Prostitution als ältestes Gewerbe der Welt gilt und in der Forschung häufig als Randgruppe oder Subkultur betrachtet wird. Die Arbeit untersucht, ob diese Bezeichnung zutreffend ist.
Kapitel 2 befasst sich mit der Definition des Begriffs der Subkultur. Es wird dargestellt, dass der Begriff der Subkultur vielfältig interpretiert wird und verschiedene Definitionen existieren. Verschiedene Ansätze zur Definition von Kultur werden vorgestellt und auf ihre Eignung für die Beschreibung von Subkulturen geprüft.
Kapitel 3 widmet sich der Definition der Prostitution. Es wird darauf hingewiesen, dass auch der Begriff der Prostitution in der Forschung umstritten ist und verschiedene Definitionen existieren. Es werden verschiedene Formen der Prostitution vorgestellt und der Umfang des Phänomens untersucht.
Kapitel 4 beleuchtet die Frage, ob die Prostitution als Subkultur bezeichnet werden kann. Es werden Argumente für und gegen eine Subkultur der Prostitution vorgestellt und die verschiedenen Perspektiven in der Forschung beleuchtet.
Schlüsselwörter
Prostitution, Subkultur, Kultur, Milieu, Ausgrenzung, Randgruppe, Stigmatisierung, Definition, Formen der Prostitution, Zwangsprostitution, Kinder- und Jugendlichenprostitution.
- Arbeit zitieren
- Christoph Monnard (Autor:in), 2006, Prostitution in Deutschland - Eine Subkultur?, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/89178