Leseprobe
Inhalt
1 Einleitung
2 Die Luftfahrt im Ersten Weltkrieg
3 Die Luftfahrt in der Nachkriegszeit
3.1 Die Politischen Rahmenbedingungen
3.2 Die Luftfahrtindustrie und der Staat
3.3 Die Anfänge des zivilen Luftverkehrs
3.4 Die ersten Passagiere
3.5 Flugbegeisterung und Flugalltag
4 Schluss
5 Literatur
1 Einleitung
Eine Welt ohne Flugzeuge ist heute nicht mehr vorstellbar. Ob als Verkehrsmittel für Menschen in Beruf und Freizeit, als Transportmittel für Güter oder als Militärtechnik, überall ist das Flugzeug unentbehrlich geworden.
Vor über 100 Jahren gelang den Gebrüdern Wright der erste längere gesteuerte Motorflug. Die technische Verwirklichung des „Traums vom Fliegen“ veränderte nach und nach das Leben und den Alltag der Menschen. Die Luftfahrt verlor rasch ihre Wirkung als Sensation und wurde schon wenige Jahre nach den ersten erfolgreichen Motorflügen militärisch genutzt. Das Militär wurde bereits in den Jahren vor dem Ersten Weltkrieg zum bestimmenden und von den Herstellern umworbenen Abnehmer von Flugzeugen. Die expandierende militärische Nachfrage nach Flugzeugen während des Ersten Weltkrieges lies die Produktion innerhalb weniger Jahre explosionsartig wachsen. Wurden in den Jahren von 1911 bis 1914 insgesamt 1954 Flugzeuge in Deutschland hergestellt, so waren es im Jahr 1918 bereits 14365 Stück (Appel 1993, S. 14). Am Ende des Krieges waren in den Industrieländern, allen voran Deutschland und Großbritannien, leistungsfähige Flugzeugindustrien entstanden.
Nach Kriegsende gab es in Deutschland keine Nachfrage nach Militärflugzeugen mehr. Deutschland hatte als militärischer Verlierer des Krieges die Vorgaben der Versailler Verträge und deren Folgebestimmungen zu erfüllen. Deutschland durfte auf unbestimmte Zeit keinerlei Luftstreitkräfte mehr unterhalten und das gesamte militärische Flugmaterial musste den Alliierten ausgeliefert oder vernichtet werden (Bach 2003, S. 210). Die Kapazitäten der stark expandierten Flugzeugindustrie mussten nun den Bedingungen der Friedenszeit angepasst werden.
Hier stellt sich nun die Frage, wie die Industrie die Umstellung auf die Zivilluftfahrt bewältigte. Gab es Alternativen dazu? Welche Rolle spielte der Staat dabei? Welche Nutzer wurden anvisiert? Und wie erging es den Passagieren an Bord der ersten Verkehrsmaschinen? Welche Rolle spielten die Passagiere in den Anfangsjahren der Zivilluftfahrt?
Im Folgenden soll versucht werden, Antworten auf dieses Fragen zu finden und Zusammenhänge aufzuzeigen.
Quellenlage
Zur Geschichte der Luftfahrt für den Zeitraum von 1900 bis 1945 gibt es eine große Fülle von Veröffentlichungen. Einen breiten Raum nehmen dabei Biographien berühmter Protagonisten der Luftfahrt, im Sinne einer Heldengeschichtsschreibung verfasste Chronologien und Darstellungen zur Luftfahrzeugtechnik ein.
Es finden sich deutlich weniger Publikationen, die nach wissenschaftlichen Kriterien und auf Grundlage von Archivstudien erarbeitet worden sind. Für die vorliegende Arbeit wurden u.a. die Dissertationen von Appel[1] und Bach[2] ausgewählt. Sie untersuchen die Entwicklung der Luftfahrtindustrie im und nach dem Ersten Weltkrieg, die Bach in Interpendenz mit der Entwicklung der Militär- und Zivilfliegerei untersucht. Appel legt den Schwerpunkt seiner Arbeit auf die Beziehungen zwischen öffentlicher Hand und den privatwirtschaftlichen Luftverkehrsunternehmen. Eine wirtschaftshistorische Abhandlung zur Geschichte des frühen deutschen Luftverkehrs insbesondere der rivalisierenden Unternehmen Lufthansa und Verkehrsflug bietet Fischer[3]. Er verknüpft politische Geschichte, die Unternehmensgeschichte sowie volk- und betriebswirtschaftliche Aspekte miteinander. In diesen drei Arbeiten gehen die Autoren kaum bis gar nicht auf die Rolle der Passagiere als erste zivile Nutzer der neuen Technik ein. Deshalb wurden weitere zum Teil populärwissenschaftliche Veröffentlichungen zu Rate gezogen, die stärker auf die ersten Passagiere und deren Bedeutung in der Entwicklung der Luftfahrt eingehen[4].
2 Die Luftfahrt im Ersten Weltkrieg
Über das in zahlreichen Veröffentlichungen zur Geschichte der Luftfahrt gepflegte Bild der heldenhaften, idealistischen Flugpioniere wird oft vergessen, dass das Flugzeug schon frühzeitig zum Gegenstand kommerzieller Interessen und zum Geschäft wurde. Bedenkt man den finanziellen Aufwand zur Entwicklung und Herstellung eines Flugzeuges und der nötigen Infrastruktur, überrascht dieser Umstand nicht. Schon die Gebrüder Wright, denen der erste gesteuerte Motorflug zugeschrieben wird, versuchten, ihre technischen Neuentwicklungen für militärische Zwecke an die Vereinigten Staaten und an die europäischen Großmächte zu verkaufen (Bach 2003, S. 8).
In den Jahren vor dem Ersten Weltkrieg erlaubte der technische Stand der Flugzeuge noch keine kommerzielle Nutzung für den Transport von Personen, Post oder Fracht. So sahen viele Flugpioniere die primäre Verwendungsmöglichkeit ihrer Flugapparate im Einsatz für militärische Zwecke (Bach 2003, S. 8). Das Militär der europäischen Großmächte nahm im 19. und frühen 20. Jahrhundert eine Reihe technischer Neuerungen auf. Die großen Flugschauen und Aufsehen erregende Pionierflüge trugen dazu bei, das Interesse der militärischen und politischen Entscheidungsträger an der Nutzung von Luftschiffen und Flugzeugen als Kriegsmittel zu wecken und zu stärken (Bach 2003, S. 27).
Unter dem Eindruck der gespannten weltpolitischen Lage, geprägt von Nationalismus, Expansionsbemühungen, wirtschaftlicher Rivalität und militärischem Wettrüsten begannen die Armee und Marine vieler Staaten, Flugzeuge zu beschaffen und Besatzungen ausbilden zu lassen. Bald wurden die Militärbehörden der Großmächte die wichtigsten Abnehmer und finanzkräftigen Förderer der aufstrebenden Luftfahrtindustrie (Bach 2003, S. 28).
Zu Beginn des Ersten Weltkriegs war die Militärfliegerei noch im Anfangsstadium. Diese Situation änderte sich rasch. Die Konstrukteure und Hersteller von Flugzeugen wurden jetzt von den nationalen Regierungen in jeder Weise unterstützt, was dem Wachstum der Flugzeugindustrie beste Voraussetzungen bot (Behringer 1991, S. 418).
Zwei grundlegende Entwicklungstendenzen prägen die deutsche Luftfahrtindustrie während des Ersten Weltkriegs: Eine starke Expansion mit einer Vervielfachung der Produktionskapazität und eine Ausweitung der staatlichen Einflussnahme (Bach 2003, S. 145). Zur Gesamtzahl der während des Ersten Weltkriegs in Deutschland hergestellten und vom Militär abgenommenen Flugzeuge finden sich in der Literatur nach Bach unterschiedliche Angaben, sie reichen von ca. 45700 bis zu 48000 Exemplaren (Bach 2003, S. 161).
Auch die technische Leistungsfähigkeit der Flugzeuge wurde kontinuierlich verbessert. Appel (1993, S. 15) und Fischer (2003, S. 24) betonen, dass die Flugzeugindustrie ohne die politisch-militärisch induzierte Nachfrage des Staates im Ersten Weltkrieg nicht die erreichten technischen Fortschritte hätte realisieren können. Der Staat förderte somit maßgeblich die technische und strukturelle Entwicklung des Flugzeugbaus.
[...]
[1] Appel, Bernd-Marian (1993): Entwicklungsbedingungen für Luftverkehrsunternehmen in Deutschland 1919-1926.
[2] Bach, Martin (2003): Luftfahrtindustrie im Ersten Weltkrieg. Mobilisierung und Demobilisierung der britischen und deutschen Luftfahrtindustrie im Ersten Weltkrieg.
[3] Fischer, Albert (2003): Luftverkehr zwischen Markt und Macht (1919–1937). Lufthansa, Verkehrsflug und der Kampf ums Monopol.
[4] Grant, R. G. (2003): Fliegen. Die Geschichte der Luftfahrt.
Allen, Oliver E. (1981): Die ersten Fluggesellschaften.
Behringer, Wolfgang; Ott-Koptschalijski, Constance (1991): Der Traum vom Fliegen. Zwischen Mythos und Technik.
Marschik, Matthias (2002): Heldenbilder. Kulturgeschichte der österreichischen Aviatik.