Herrschaft und Recht in der frühmittelalterlichen Grundherrschaft


Seminararbeit, 2002

16 Seiten, Note: 1


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung, Fragestellung, Quellen

2. Herrschaft und Recht in der Grundherrschaft
2.1 Das System der frühmittelalterlichen Grundherrschaft
2.2 Herrschaft und Gewohnheitsrecht
2.3 Hofrecht des Bischofs Burchard von Worms

3. Fazit

4. Literaturverzeichnis

5. Quellen

1. Einleitung, Fragestellung, Quellen

Unter Grundherrschaft versteht die Mehrheit der Historiker heutzutage „eine Grundform mittelalterlicher Herrschaft (…), welche von der Verfügung über Grund und Boden ausgeht und die auf diesem Boden ansässigen Personen herrschaftlich erfasst“[1]. Dieser Definition liegt die Annahme zugrunde, dass es sich bei der Grundherrschaft nicht um einen „Zustand freiwilliger Arbeitsteilung“ handelte, sondern vielmehr um ein „Herrschafts- und Machtverhältnis“.[2]

Dieses System der Landleihe umfasst wirtschaftliche und soziale Faktoren, die ein gegenseitiges Abhängigkeitsverhältnis zwischen Grundherrn und Grundholden begründen. Grundvoraussetzung dafür ist der Landbesitz und die Vergabe des Nutzungsrechts an diesem Land. „Als Gegenleistung für die Nutzung von Grund und Boden schulden die damit Beliehenen ihrem Grundherrn Abgaben und vielfach auch Dienstleistungen“.[3]

Diese Hausarbeit soll sich mit der Frage beschäftigen, ob sich aus dem Landbesitz Herrschaftsrechte ableiten lassen[4] und in wieweit diese willkürlich von dem Grundherrn ausgenutzt werden konnten, oder ob nicht das genossenschaftliche Element in der frühmittelalterlichen Grundherrschaft so stark ausgeprägt war, dass „für Herrschaft kein Raum war“[5].

Es soll näher untersucht werden, ob dem Grundherrn ein Ermessensspielraum bei der Ausübung von Herrschaft und bei der Festlegung der Abgaben bzw. bei der Setzung von Recht im Allgemeinen blieb, oder ob sich diese Einflussnahme im Gewohnheitsrecht auflöste und somit Herrschaft bzw. deren Missbrauch verhinderte.

Dazu soll zunächst näher auf das System der frühmittelalterlichen Grundherrschaft und insbesondere auf die Definition des darin enthaltenen Begriffes der Herrschaft eingegangen werden, um die daraus gewonnenen Ergebnisse anschließend anhand des Hofrechts Bischof Burchards von Worms als zeitgenössischer normativer Quelle zu überprüfen.

2. Herrschaft und Recht in der Grundherrschaft

2.1 Das System der frühmittelalterlichen Grundherrschaft

Das gegenseitige Abhängigkeitsverhältnis zwischen Grundherrn und Grundholden beruhte neben den Abgaben und Dienstleistungen als Gegenleistung für die Nutzung des grundherrschaftlichen Landes auf weiteren Faktoren.

So erwarb der Grundholde durch die Bodenleihe „Rechte an Haus und Hof, Grund und Boden, die über bloße Nutzungsrechte (…) hinausgehen“[6].

Die Eigentumsrechte des Grundherrn wurden stark eingeschränkt, da das „weit verbreitete Erbzinsrecht die Vererbung an die Nachkommen gestattete“[7]. Schulze versucht, dieses Rechtsverhältnis mit den Begriffen des „Herreneigentums“ des Grundherrn und des „Nutzungseigentums“ des Grundholden zu definieren. Des Weiteren befreite die Waffenleistung des Herrn die Bauern vom eigenen Kriegsdienst, und er war zu „Schutz und Schirm“ verpflichtet, hatte sie also in wirtschaftlichen Notlagen zu unterstützen und ihre Rechte vor Gericht zu vertreten.[8]

Diese Rechte der Hintersassen dürfen allerdings nicht überbewertet werden, denn diese Schutzherrschaft entstand aus der Not der Bauern, Schutz zu erlangen, wofür sie sich und ihren Besitz tradierten, was erst die damit verbundene Ausübung von Herrschaft über sie möglich machte.[9]

Die daraus entstehende klassische bipartite Grundherrschaft teilte sich in zwei Wirtschaftsbereiche. Die terra salica gruppierte sich um den Fronhof (curtis) des Grundherrn und wurde neben den unfreien servi und mancipia am Hof durch die zu Frondiensten verpflichteten Bauern bewirtschaftet. Der Fronhof selbst bildete zugleich die Hebestelle für die zu leistenden Abgaben der Bauern, die sie in eigener Bewirtschaftung auf dem geliehenen Hufenland erwirtschafteten.[10]

Die Höhe dieser Abgaben war in den verschiedenen Grundherrschaften unterschiedlich. Sie ist in Güterverzeichnissen von insbesondere geistlichen Grundherrschaften überliefert. Exemplarisch soll hier nur ein Auszug aus dem Urbar der Abtei Werden genannt werden, wo neben den Abgaben für die einzelnen Hufen insgesamt sechs Wochen im Jahr auf dem Fronhof zu arbeiten war. „ De servicio. Duas ebdomadas in autumno. Duas ebdomadas ante vernum. Duas ebdomadas in Junio. In singulis ebdomadibus 5 quinque dies.“[11]

In der Forschung ist allerdings umstritten, ob die Festsetzung solcher Abgaben als Ausfluss von Herrschaft zu werten ist und im Ermessensspielraum des Grundherrn lag. Allein das Vorhandensein solcher Urbare belegt nicht, ob sie nach dem Willen des Herrn frei änderbar waren oder das bereits bestehende allseitig als legitim anerkannte Gewohnheitsrecht lediglich festgeschrieben wurde.

Bevor auf diese Diskussion näher eingegangen werden kann, muss zunächst definiert werden, was unter Herrschaft zu verstehen ist und worauf sie in Bezug auf die Grundherrschaft gründet.

2.2 Herrschaft und Gewohnheitsrecht

G. L. v. Maurer, K. Th. v. Inama-Sternegg und K. Lamprecht, „sahen in der allmählichen Konzentration von Grundbesitz in den Händen weniger Grundeigentümer den Ausgangspunkt für die Entstehung der frühmittelalterlichen Grundherrschaft, was nach ihrer Meinung (…) zu Herrschaft über Land und Leute führte“.[12]

Gegen diese Auffassung der älteren Geschichtsschreibung wendeten sich insbesondere Otto Brunner, Walter Schlesinger und Alfons Dopsch.

Brunner sah „das Haus als Kern aller Herrschaft“[13]. Es bildet den „organisatorischen Mittelpunkt“ und das „rechtliche Bezugszentrum“ und damit die Grundvoraussetzung für die Ausübung von Herrschaft. Das Abhängigkeitsverhältnis zwischen Hausherrn und familia ergibt sich aus dem „Frieden“ des Hauses, den der Herr gewährt und der seine Dienstleute schützt.[14] Dadurch, dass Otto Brunner das herrschaftliche Element nicht aus dem Landbesitz ableitete, ergab sich für ihn kein Widerspruch zwischen dem Landbesitz in Streulage und der Ausübung von Herrschaft über dieses Gebiet, dessen „Streuung“ schließlich nicht willkürlich ist, sondern „ein bestimmtes Gefüge“ hat.[15]

[...]


[1] Werner Rösener, Grundherrschaft im Wandel, 25

[2] Knut Borchardt, Grundriß der deutschen Wirtschaftsgeschichte, 16

[3] Hans K. Schulze, Grundstrukturen der Verfassung im Mittelalter, Bd. 1, 96

[4] Vgl. Hans-Werner Goetz, Leben im Mittelalter, 116

[5] Vgl. Hanna Vollrath, Herrschaft und Genossenschaft im Kontext frühmittelalterlicher Rechtsbeziehungen, in: HJb 102, 49

[6] Hans K. Schulze, 97

[7] Ders., 97

[8] Vgl. Knut Borchardt, 16

[9] Vgl. Hans Werner Goetz, 123

[10] Ders., 119

[11] Rudolf Kötzschke (Hrsg.), Rheinische Urbare II, 15ff.

[12] Werner Rösener, Art. Grundherrschaft, in: LexMA IV, 1739-1740

[13] Otto Brunner, Land und Herrschaft, 254

[14] Ders., 257

[15] Ders., 248

Ende der Leseprobe aus 16 Seiten

Details

Titel
Herrschaft und Recht in der frühmittelalterlichen Grundherrschaft
Hochschule
Freie Universität Berlin  (Friedrich Meinecke Institut)
Veranstaltung
PS Die frühmittelalterliche Grundherrschaft
Note
1
Autor
Jahr
2002
Seiten
16
Katalognummer
V8919
ISBN (eBook)
9783638157582
Dateigröße
503 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Herrschaft, Recht, Grundherrschaft
Arbeit zitieren
Daniel Quadbeck (Autor:in), 2002, Herrschaft und Recht in der frühmittelalterlichen Grundherrschaft, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/8919

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