Mafia ist seit Mitte des 19. Jahrhunderts, aber vor allem in der heutigen Zeit ein geflügeltes Wort. Nicht zuletzt aufgrund der Fantasie der Massenmedien und Filmemacher, die sich gerne dieses Stoffs bedienen, wurden so die abenteuerlichsten Geschichten in die Welt gesetzt. Dabei ist der Begriff oft ein diffus verwendeter Ausdruck für Verbrechen, organisierte Kriminalität und jegliche kriminelle Vereinigung, häufig im Zusammenhang mit Prostitution, Waffen-, Menschen- und Drogenhandel auf der ganzen Welt.
Bei genauerer Betrachtung ist jedoch festzustellen, dass die Mafia nicht nur oberflächlich unter dem Einheitsbgriff kriminelle Organisation gesehen werden kann; vielmehr noch wird sie als italienisches Phänomen wahrgenommen, als ein Mythos, dessen Ursprünge auf Sizilien zu finden sind. Über die Jahrhunderte sollen sich hier besondere Werte und Strukturen der Mafia entwickelt haben, nach und nach hat sie zudem ein Gewicht in Politik und Wirtschaft bekommen und sich als einflussreicher Machtfaktor so tief verwurzelt, dass sie bis heute aus der Gesellschaft nicht mehr wegzudenken ist.
Mafia ist also nicht gleich Mafia. Man kann feststellen, dass es keinen klaren Einheitsbegriff Mafia gibt. Je nach Zeit und Wahrnehmung kann die Mafia eine ganz unterschiedliche Bedeutung haben. Die meist im Zusammenhang mit der Mafia verwendeten Begriffe, wie Phänomen oder Mythos sprechen für sich und zeigen, dass selbst die Wissenschaft bis heute kein einheitliches Bild der Mafia gefunden hat.
Ziel dieser Arbeit ist es, in einem ersten Schritt den speziellen Mythos, die Thematik Mafia anhand der wissenschaftlichen Erkenntnisse herauszuarbeiten und ihre Historie, ihre Strukturen und ihren Einfluss bis heute knapp darzustellen.
In einem zweiten Schritt sollen die gewonnenen Erkenntnisse in literaturwissenschaftlicher Hinsicht auf die Romane Leonardo Sciascias ausgeweitet werden. Es gilt, herauszustellen, wie Sciascia das Bild der Mafia in seinen Detektivromanen umsetzt und warum und wie er sich dabei des Genres des Detektivromans bedient. Hier wird sich Sciascias besondere Stellung in der italienischen und europäischen Kriminalliteratur zeigen.
Abschließend können und sollen, im Vergleich zu den unterschiedlichen Ansätzen der historisch-wissenschaftlichen Betrachtung der Mafia, Erklärungen für Sciascias Umsetzung der Mafia-Thematik in Form seiner fiktiven Detektivromane gegeben werden. Dabei spielen seine Intentionen und seine Art der Leserlenkung eine wichtige Rolle.
Inhaltsverzeichnis
- Einführung - erste Spurensuche zur Mafia
- Phänomen Mafia: Interpretationsmöglichkeiten, Aspekte ihrer Historie und Strukturen
- Mafia unter dem Aspekt der traditionellen Kultur
- Mafia als Unternehmen
- Mafia als Organisation und strukturelles System
- Mafia als Rechtsordnung oder Staat im Staat
- Ergebnis, Erkenntnis und aktuelle Betrachtung / Bekämpfung der Mafia
- Umsetzung der Mafia-Thematik in den Detektivromanen Leonardo Sciascias
- Zur Person Leonardo Sciascia
- Leonardo Sciascia und der etwas andere Detektivroman
- Formaler Vergleich zwischen den Detektivromanen Sciascias und dem Genre des klassischen Detektivromans
- Kriterien des klassischen Detektivromans
- Formaler Vergleich mit Sciascias Detektivromanen
- Darstellung der Handlung und Protagonisten in Sciascias Mafia-Detektivromanen - unter dem Aspekt der Genreverkehrung
- Kriminalhandlung als Ausgangspunkt für die Mafia-Geschichte
- Il giorno della civetta und die Verstrickung von Politik und Mafia
- A ciascuno il suo - im Bann des fingierten Leidenschaftsdelikts
- Il contesto und die Verflechtung von Machtinteressen auf nationalpolitischem Niveau
- Figur des Detektivs als bedeutender Protagonist
- Die Protagonisten der Mafia
- Schilderung von Macht, Staat und Gesellschaft
- Rezeption Sciascias – ergänzende literarische Aspekte und Einflussfaktoren in seinen Texten
- Intentionen Sciascias: Der realistische Detektivroman und spezieller Gebrauch des Genres als Instrument von Mafia- und Sozialkritik
- Schlussbetrachtung
- Die Mafia als historisches und soziologisches Phänomen
- Die literarische Darstellung der Mafia in den Detektivromanen Leonardo Sciascias
- Der Vergleich von Sciascias Detektivromanen mit dem klassischen Detektivroman
- Die Intentionen Sciascias und seine Kritik an der Mafia und der italienischen Gesellschaft
- Die Rolle des Detektivs und der Protagonisten in den Romanen
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Hausarbeit setzt sich zum Ziel, die Darstellung der Mafia in den Detektivromanen Leonardo Sciascias zu analysieren und in Beziehung zu den historischen und soziologischen Aspekten des Mafia-Phänomens zu setzen. Die Arbeit untersucht die spezifischen Merkmale von Sciascias Detektivromanen im Vergleich zum klassischen Detektivroman und beleuchtet die Intentionen des Autors, die Mafia und die italienische Gesellschaft zu kritisieren.
Zusammenfassung der Kapitel
Die Arbeit beginnt mit einer Einführung in das Phänomen der Mafia, das sich durch seine historische Entwicklung und seine komplexen Strukturen auszeichnet. Sie beleuchtet die verschiedenen Begrifflichkeiten, die im Zusammenhang mit der Mafia verwendet werden, und analysiert den Mythos, der sich um diese Organisation gebildet hat.
Im zweiten Kapitel wird die Mafia unter verschiedenen Aspekten betrachtet, darunter ihre Einbettung in die traditionelle Kultur Siziliens, ihre Organisation als Unternehmen, ihre Rolle als Rechtsordnung oder Staat im Staat und die aktuellen Bemühungen, sie zu bekämpfen.
Im dritten Kapitel widmet sich die Arbeit der literarischen Umsetzung der Mafia-Thematik in den Detektivromanen Leonardo Sciascias. Es werden die formalen Unterschiede zwischen Sciascias Romanen und dem klassischen Detektivroman herausgestellt. Besonders hervorgehoben werden die Kriminalhandlungen und die Figuren der Detektive, die als Protagonisten in Sciascias Romanen agieren.
Die Arbeit untersucht die Handlungsverläufe in Sciascias Werken, wie beispielsweise in den Romanen „Il giorno della civetta“ und „A ciascuno il suo“, und beleuchtet die Rolle der Mafia im politischen Kontext.
Sie beleuchtet auch die Darstellung der Machtstrukturen, der Gesellschaft und die Rolle der Mafia-Protagonisten in Sciascias Werken.
Schlüsselwörter
Mafia, Detektivroman, Leonardo Sciascia, Sizilien, Cosa Nostra, Camorra, 'Ndrangheta, Kriminalität, Organisation, Politik, Gesellschaft, Kritik, Italien, Geschichte, Kultur, Mythos.
- Arbeit zitieren
- MA Stefanie Gentner (Autor:in), 2007, Die Mafia und ihre literarische Betrachtung in den Detektivromanen Leonardo Sciascias, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/89195