Maria Stuart – Ein Trauerspiel in fünf Aufzügen

Zu historischem Hintergrund, Aufbau und Charakteren


Hausarbeit (Hauptseminar), 2006

17 Seiten, Note: 2,3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung

2 Schiller und Kant

3 Der historische Hintergrund

4 Aufbau des Dramas

5 Die Charaktere
5.1. Elisabeths >gemischter Charakter<
5.2. Marias Wandlung

6 Schlussbetrachtung

7 Literaturverzeichnis

Primärliteratur

Forschungsliteratur

1 Einleitung

Schiller betritt zu der Zeit, in welcher er an dem Stoff zu „Maria Stuart“ schreibt eine neue Phase des kreativen Schaffens, welches unter anderem auch auf seine Lektüre Kants zurückzuführen ist. Er selbst empfindet seine „Maria Stuart“ als eine höhere Ebene in seiner Kunst. Er will Kunst produzieren, um der Kunst als rein ästhetischer Erfahrung willen. Der Leser oder vielmehr Zuschauer soll in einen Zustand der allgemeinen Rührung versetzt werden, die es ihm ermöglicht die Erfahrung der Erhabenheit zu machen.

Die dramatische Tragödie „Maria Stuart“ soll im Folgenden als charakteristisch hierfür angesehen und behandelt werden, auch wenn es ebenso möglich wäre, dies exemplarisch anhand der „Jungfrau von Orleans“ oder der „Braut von Messina“ darzustellen. Der historische Stoff dieses Dramas tritt eher in den Hintergrund. Zu Gunsten einer Psychologisierung der einzelnen Figuren, da die eigentliche Handlung vom Autor ins Innere der Figuren verlegt wird. In den folgenden Abschnitten wird sich genauer mit den einzelnen Charakteren auseinandergesetzt und ihre Funktionalität für das Drama herausgearbeitet.

Schiller selbst hatte den Anspruch dieses Drama strikt dem klassischen Dramenaufbau anzupassen, welches im Folgenden ebenfalls kurz thematisiert werden soll. Auffällig ist in diesem Stück ebenfalls eine hohe Strukturiertheit, Symmetrie im Aufbau und Ästhetizität. Kein Wort in diesem Werk scheint überflüssig oder gar „Füllsel“, weshalb es besonders wichtig scheint, sich jedes einzelne Wort ins Bewusstsein zu rufen und in die Analyse einzubeziehen, um es nicht gar zu missdeuten. Der kommende Abschnitt wird sich aber zunächst kurz mit den historischen Hintergründen des Dramas beschäftigen. Die verwendete Literatur handelt das hier thematisierte Werk teilweise etwas kurz ab. Zu Gunsten zweier scheinbar etwas populäreren Werke, die oben schon kurz erwähnt worden sind Allerdings erschienen in diesem Jahr einige neue Abhandlungen zu Schiller, die sehr viel versprechend scheinen, aber noch in laufender Beschaffung sind.

Es fand sich dennoch einige sehr gut zu verwendende Literatur Es wäre teilweise lediglich etwas mehr Ausführlichkeit zu wünschen gewesen, die für dieses interessante Werk durchaus angebracht wäre.

2 Schiller und Kant

Bereits Lessing formte die in der Antike verankerte Forderung, dass die Tragödie „Jammer und Schrecken“ wecken soll dahingehend um, dass er im Rezipienten Mitleid erwecken will und löst sich somit stückweise vom antiken Vorbild. Für Lessing steht das Mitleid für die Selbsterfahrung des Menschen, dass eine Differenz existiert zwischen dem ideellen Selbstentwurf des freien undeterminierten Menschen und der Erfahrung der physischen und sozialen Determiniertheit seiner realen Existenz. Das Mitleid soll diese Differenz auflösen, da sich in ihm die Moralität des Menschen auf dem Gebiet der Affekte offenbart. Hierin findet sich jedoch auch ein Unterschied zum antiken Vorbild, denn das eben genannte Mitleid soll im Gegensatz zum antiken Vorbild nicht der Distanzierung dienen, sondern im Gegenteil befestigt werden. Kants ‚Kritik der Urteilskraft’ ist die theoretische Grundschrift der Klassik und offenbarte dieser bürgerlichen Konzeption des Tragischen eine ästhetische Auflösung. Kant entwirft eine Tragikkonzeption, in der sich die Vernunft in Bezug auf ihre Verwirklichung selbst in Frage stellen soll.[1] Neben dem angesprochenen Mitleid kommt es also auch auf eine Verknüpfung vom ideellen Selbstentwurf und realer Existenz an, die in der Kunst als ästhetische Wirkung geleistet werden soll.

Schiller selbst entwickelt diesen Ansatz nach seiner Lektüre Kants dahingehend weiter, dass er sich auch auf Kants Kategorie des Erhabenen bezieht. Diese Kategorie des Erhabenen ist ein moderner Entwurf und spielt im antiken Tragödienexkurs keine Rolle.

In dieser Definition steht jedoch nicht die Beschränktheit des Individuums im Mittelpunkt, sondern die Erfahrung, Gewalten oder Mächten ausgesetzt zu sein, denen man nichts entgegenzusetzen hat, und denen man keinen Widerstand zu leisten vermag.

Bei Schiller ist, anders als bei Kant, das Mittel hierfür sowohl das psychische, als auch das physische Leiden, welches über die Figuren bzw. den Leser gebracht wird. Auch das Freiheitsmotiv wird bei Schiller anders umgesetzt. Im Tragischen wird die Freiheit mit einer Handlung verbunden, nämlich mit der „Übernahme der Verantwortung für ein Handeln“[2], wohingegen der von Schiller verwendete Erhabenheitsbegriff die Freiheit nicht mit einer Handlung verknüpft ist, sondern sich eher als theoretische Kategorie präsentiert, nämlich als moralischen Widerstand gegen das Leiden. Dies betrifft in erster Instanz die dargestellte Figur und erst in zweiter Instanz den Leser bzw. Zuschauer.

Ziel ist aber nicht, das bloße Leiden einer Figur zu präsentieren, dies wäre nicht Teil der Ästhetik. Vielmehr soll das potentielle Erheben über das Leiden vorgeführt werden, denn nur der moralische Widerstand dagegen kann das Prinzip der Freiheit, nämlich die Intelligenz, kenntlich machen. Das Leiden wird also nicht um des Leidens, sondern um der beim Zuschauer ausgelösten Reaktion willen gezeigt. Seine eigentliche Funktion zeigt sich also erst in der ästhetischen Wirkung, indem es zur moralischen Selbstständigkeit im Leiden führt. Dies fällt bei Schiller unter den Begriff des „Pathetischerhabenen“.[3] Diese erhabene Rührung reißt den Menschen aus der ihn umklammernden Sinnlichkeit heraus, in die der Mensch in seiner Doppelnatur als sinnliches und sittliches Wesen geraten kann. Die Erfahrung des Erhabenen ist demnach das Mittel, die Sinnlichkeit im Menschen zurückzudrängen. Die Kategorie der Kunst, wie sie von Schiller entworfen wird, bietet das Mittel, den in jedem Menschen vorhandenen Keim zum Erhabenen, zu kultivieren.

Hierbei macht Schiller einen Unterschied zwischen der Kunst um der Kunst willen, die also einzig dem Schönen dient und so die Sinnlichkeit im Menschen fördert und der tragischen Kunst, die die Vernunft anspricht und das Erhabene fördert. Als optimal gilt eine Synthese aus beidem, da das Erhabene allein eine reine Vernunftsbestimmtheit des Menschen implizierte und das Fördern der Sinnlichkeit im Menschen als ebenso negativ eingestuft wird.

Diese Synthese entspricht dem „Idealschönen“, indem Vernunft und Natur vereint werden und beide vorhandenen Anteile im Menschen gleichermaßen angesprochen werden. Die erhabene Kunst ist demnach das Mittel gegen die schöne Kunst, was dann wiederum in der idealschönen Kunst gipfeln soll.

Diese schillersche Konstruktion widerspricht bereits im Ansatz derjenigen von Kant, da dieser eine Erhabenheit in der Kunst von Vornherein als widersprüchlich ausschließt, da Erhabenheit nur durch die rohe Natur auf den Menschen wirken kann, da die Kunst immer schon durch den Menschen geschaffen, d.h. determiniert ist. Es sei denn, die Kunst wirkte wie die Naturerfahrung auf den Menschen, was bedeuten würde, dass die Kunst auf die Übereinstimmung mit der Natur beschränkt würde. Diese Vorraussetzung ist nicht zu leisten und wirkt eher wie eine überflüssige Einschränkung einer ursprünglich radikaleren These.

„Schillers Konzeption der Tragödie vom Erhabenen her erscheint hinsichtlich des zu Grunde gelegten Wirkungsmodells in doppelter Weise problematisch. Zum einen ist mit der Tragödie als strukturiertem ästhetischem Gebilde die Ausgangserfahrung des Erhabenen, die Konfrontation mit nicht zu Bewältigendem nicht gegeben. Zum andern verlangt das Wirkungsziel der erhabenen Wende eine gewandelte Bestimmung der Katharsis in der Tragödie. Diese wird von Aristoteles wirkungsästhetisch dadurch definiert, dass sie die Affekte Jammer und Schrecken hervorruft, um dann den Betrachter von eben diesen Affekten zu reinigen. Leistung des Erhabenen- und entsprechend der vom Erhabenen her gedachten Tragödie- ist es demgegenüber, die affektive Konstitution des Menschen überhaupt zu überwinden (nicht nur von bestimmten Affekten zu reinigen). Wie dies erreicht werden kann bleibt unklar.“[4]

[...]


[1] Greiner, Bernhard: „Negative Ästhetik: Schillers Tragisierung der Kunst und Romantisierung der Tragödie (»Maria Stuart« und »Die Jungfrau von Orleans«). In: Text + Kritik. Zeitschrift für Literatur 2005, IV/05: 53.

[2] Greiner, Bernhard: „Negative Ästhetik: Schillers Tragisierung der Kunst und Romantisierung der Tragödie (»Maria Stuart« und »Die Jungfrau von Orleans«). In: Text + Kritik. Zeitschrift für Literatur 2005, IV/05: 54.

[3] Ebd.: 55.

[4] Greiner, Bernhard: „Negative Ästhetik: Schillers Tragisierung der Kunst und Romantisierung der Tragödie (»Maria Stuart« und »Die Jungfrau von Orleans«). In: Text + Kritik. Zeitschrift für Literatur 2005, IV/05: 58.

Ende der Leseprobe aus 17 Seiten

Details

Titel
Maria Stuart – Ein Trauerspiel in fünf Aufzügen
Untertitel
Zu historischem Hintergrund, Aufbau und Charakteren
Hochschule
Christian-Albrechts-Universität Kiel
Note
2,3
Autor
Jahr
2006
Seiten
17
Katalognummer
V89415
ISBN (eBook)
9783638028899
ISBN (Buch)
9783638926935
Dateigröße
442 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Maria, Stuart, Trauerspiel, Schiller
Arbeit zitieren
Janina Kieckbusch (Autor:in), 2006, Maria Stuart – Ein Trauerspiel in fünf Aufzügen, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/89415

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