Der französische Schriftsteller Emile Zola (1840 - 1902), Hauptvertreter des naturalisti-schen Romans, lebte in einer Zeit, in der die geistige und politische Situation in Europa durch einen ungebrochenen Glauben an den Fortschritt und die Naturwissenschaft geprägt war. Die ‚Wirklichkeit’ trat in den Mittelpunkt von Philosophie, Politik, Ökonomie, Literatur und Kunst. Allgemeine ethische Werte traten zugunsten der Anerkennung und Be-obachtung der realen Gegebenheiten zurück. Ausgehend von dieser Grundlage entwi-ckelte sich der Positivismus, der jegliche metaphysischen Überlegungen ablehnte. Außer-dem beherrschten zwei Grundideen die Politik im 19. Jahrhundert: der Konservatismus und der Liberalismus. Für weite Teile der Unterschicht - Arbeiterschaft, Kleinbürger und Heimarbeiter - waren die Wohn- und Lebensverhältnisse von äußerster Armut geprägt. Dem entsprechend waren auch die hygienischen Verhältnisse miserabel. Tuberkulose war eine weit verbreitete Krankheit bei der arbeitenden Bevölkerung. Von der Unterschicht und dem Proletariat hob sich das Leben des gut gestellten Bürgertums deutlich ab. Aus dieser Zeit heraus entwickelte sich der literarische Naturalismus, der die widersprüchlichen Lebensverhältnisse wirklichkeitsgetreu beschrieb.
Nach dieser kurzen Erläuterung der historischen Hintergründe wird sich die vorliegende Seminararbeit im Folgenden zunächst mit Zola und seinem Leben beschäftigen. Darauf aufbauend soll Zolas Roman, La Bête Humaine, der 17. Band aus dem Rougon-Macquart Zyklus, behandelt werden. La Bête Humaine gehört mit zu den berühmtesten Romanen Zolas und handelt von der Geschichte einer qualvollen Liebe im Leben des Lokomotivfüh-rers Jacques Lantier, der unter einer vererbten psychischen Krankheit leidet. Ziel der Ar-beit ist es, das Verhalten des Protagonisten gegenüber seinen Mitmenschen als Ausdruck seiner psychischen Erkrankung zu analysieren. Die Analyse erfolgt aus dem zeitgenössi-schen Kontext heraus, der durch die Industrialisierung und die menschenunwürdigen und von Unterdrückung geprägten Lebensumstände der Arbeiterklasse im industrialisierten Europa des 19. Jahrhunderts geprägt war. Um den sozialkritischen Hintergrund zu ver-stehen, wird zunächst auf den Naturalismus in der Literatur eingegangen, zu dessen Hauptvertreter Zola gehört. Die Milieutheorie von Taines sowie die Vererbungslehre von Darwin sind eng verbunden mit dem Naturalismus. Sie dienen als theoretische Grundlage und geben Aufschluss über die Ursachen der Krankheit des Protagonisten.
Die Arbeit schließt damit ab, die Verbindung zwischen den oben genannten Theorien und dem von Zola beschriebenen Verhalten Jacques Lantiers herzustellen sowie die Frage zu klären, woher seine Krankheit rührt und was Zola mit der Schilderung der Krankheit Lantiers erreichen wollte.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Zola - Sein schriftstellerischer Werdegang
- Der Naturalismus in der Literatur
- Die Milieutheorie
- Darwin'sche Vererbungslehre
- La Bête Humaine
- Inhaltsanalyse
- Jacques Lantier – Charakterisierung
- Textstellenanalyse zur ererbten Krankheit von Jacques Lantier
- Schlussbetrachtung
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Seminararbeit analysiert Emile Zolas Roman "La Bête Humaine" im Kontext des französischen Naturalismus. Ziel ist die Untersuchung des Protagonisten Jacques Lantiers Verhalten als Ausdruck seiner psychischen Erkrankung, eingebettet in die sozioökonomischen Bedingungen des 19. Jahrhunderts. Die Arbeit beleuchtet Zolas schriftstellerischen Werdegang und die theoretischen Grundlagen des Naturalismus.
- Der Naturalismus in der Literatur und seine theoretischen Grundlagen (Milieutheorie, Darwinismus).
- Zolas schriftstellerischer Werdegang und seine Darstellung gesellschaftlicher Verhältnisse.
- Charakterisierung von Jacques Lantier und Analyse seines Verhaltens.
- Der Einfluss von Vererbung und Milieu auf Lantiers Psyche und Handeln.
- Zolas sozialkritische Intention in "La Bête Humaine".
Zusammenfassung der Kapitel
Einleitung: Die Einleitung skizziert den historischen Kontext des Naturalismus im 19. Jahrhundert, geprägt vom Positivismus, den widersprüchlichen Lebensverhältnissen der Arbeiterklasse und den wissenschaftlichen Fortschritten. Sie umreißt die Zielsetzung der Arbeit: die Analyse von Jacques Lantiers Verhalten in "La Bête Humaine" als Ausdruck seiner erblich bedingten Krankheit im Kontext der Industrialisierung und der sozialen Ungleichheit. Die Arbeit verspricht eine Auseinandersetzung mit dem Naturalismus, der Milieutheorie Taines und der Darwin'schen Vererbungslehre als theoretische Grundlagen für das Verständnis von Lantiers Schicksal.
Zola - Sein schriftstellerischer Werdegang: Dieses Kapitel beschreibt Zolas Leben, von seiner Geburt in Paris bis zu seinem Tod 1902. Es beleuchtet seine berufliche Entwicklung als Schreiber, Journalist und Schriftsteller, seine Freundschaft mit Paul Cézanne und den Erfolg seines Romans "Thérèse Raquin". Der Schwerpunkt liegt auf Zolas Werkzyklus "Les Rougon-Macquart", der die Geschichte zweier Familien über mehrere Generationen hinweg darstellt und die Determinierung der Figuren durch Erbanlagen, Milieu und historische Umstände zeigt. Die Erwähnung des "J'accuse"-Briefes verdeutlicht Zolas Engagement und seine Rolle im Dreyfus-Affäre. Das Kapitel betont Zolas realistische und detaillierte Darstellung gesellschaftlicher Zustände und das Verhalten seiner Protagonisten als Folge bestimmter Bedingungen, nicht als Ergebnis von Willkür.
Der Naturalismus in der Literatur: Dieses Kapitel erläutert die theoretischen Grundlagen des Naturalismus, insbesondere den Einfluss von Auguste Comte, Charles Darwin, Hippolyte Taine und Claude Bernard. Es charakterisiert den Naturalismus als eine literarische Bewegung, die naturwissenschaftliche Methoden und Erkenntnisse in die Literatur einbringt, die Wirklichkeit exakt abbildet und auf jegliche Ausschmückung oder subjektive Ansichten verzichtet. Der Fokus liegt auf Zolas Werk "Le roman expérimental" und seiner Verwendung der "dokumentarischen" Erzählformen, insbesondere des Sekundenstils, um die Wirklichkeit detailgetreu darzustellen. Das Kapitel unterstreicht die deterministische Sichtweise des Naturalismus, die die Figuren trotz ihrer heroischen Anstrengungen in ihrem sozialen Milieu und ihrer erblichen Veranlagung gefangen sieht. Zolas journalistische Recherchemethoden und seine dreifache Stütze des Naturalismus - die Milieutheorie, die Darwin'sche Vererbungslehre und die Sozialgeschichte - werden ebenfalls beleuchtet.
Schlüsselwörter
Emile Zola, La Bête Humaine, Naturalismus, Milieutheorie, Darwinismus, Vererbung, Determinismus, Sozialkritik, Industrialisierung, Arbeiterklasse, Jacques Lantier, psychische Krankheit.
Häufig gestellte Fragen zu "La Bête Humaine" - Seminararbeit
Was ist der Gegenstand dieser Seminararbeit?
Die Seminararbeit analysiert Emile Zolas Roman "La Bête Humaine" im Kontext des französischen Naturalismus. Der Fokus liegt auf der Untersuchung des Protagonisten Jacques Lantiers Verhalten als Ausdruck seiner psychischen Erkrankung, eingebettet in die sozioökonomischen Bedingungen des 19. Jahrhunderts. Die Arbeit beleuchtet auch Zolas schriftstellerischen Werdegang und die theoretischen Grundlagen des Naturalismus.
Welche Themen werden in der Arbeit behandelt?
Die Arbeit behandelt folgende Themenschwerpunkte: Der Naturalismus in der Literatur und seine theoretischen Grundlagen (Milieutheorie, Darwinismus); Zolas schriftstellerischer Werdegang und seine Darstellung gesellschaftlicher Verhältnisse; Charakterisierung von Jacques Lantier und Analyse seines Verhaltens; Der Einfluss von Vererbung und Milieu auf Lantiers Psyche und Handeln; und Zolas sozialkritische Intention in "La Bête Humaine".
Wie ist die Seminararbeit strukturiert?
Die Arbeit gliedert sich in eine Einleitung, ein Kapitel zu Zolas schriftstellerischem Werdegang, ein Kapitel zum Naturalismus in der Literatur, ein Kapitel zur detaillierten Analyse von "La Bête Humaine" (inkl. Inhaltsanalyse und Charakterisierung Jacques Lantiers) und eine Schlussbetrachtung. Zusätzlich werden Zielsetzung, Themenschwerpunkte, Kapitelzusammenfassungen und Schlüsselwörter bereitgestellt.
Welche Rolle spielt der Naturalismus in der Analyse?
Der Naturalismus bildet den theoretischen Rahmen der Analyse. Die Arbeit untersucht den Einfluss der Milieutheorie (Taine), des Darwinismus (Vererbungslehre) und der sozialhistorischen Bedingungen auf Jacques Lantiers Schicksal und Verhalten. Zolas Werk "Le roman expérimental" und seine "dokumentarischen" Erzählmethoden werden ebenfalls beleuchtet.
Wie wird Jacques Lantier in der Arbeit charakterisiert?
Jacques Lantier wird als Protagonist charakterisiert, dessen Verhalten als Ausdruck seiner erblich bedingten psychischen Erkrankung interpretiert wird. Die Analyse seines Verhaltens steht im Kontext der sozioökonomischen Bedingungen des 19. Jahrhunderts und der deterministischen Sichtweise des Naturalismus.
Welche Schlüsselwörter beschreiben die Arbeit?
Die Schlüsselwörter sind: Emile Zola, La Bête Humaine, Naturalismus, Milieutheorie, Darwinismus, Vererbung, Determinismus, Sozialkritik, Industrialisierung, Arbeiterklasse, Jacques Lantier, psychische Krankheit.
Was ist die Zielsetzung der Seminararbeit?
Die Zielsetzung ist die Analyse von Jacques Lantiers Verhalten in "La Bête Humaine" als Ausdruck seiner erblich bedingten Krankheit im Kontext der Industrialisierung und der sozialen Ungleichheit. Die Arbeit soll Zolas schriftstellerischen Werdegang und die theoretischen Grundlagen des Naturalismus beleuchten.
Welche Aspekte von Zolas Leben werden behandelt?
Die Arbeit beleuchtet Zolas Leben von seiner Geburt bis zu seinem Tod, seine berufliche Entwicklung als Schreiber, Journalist und Schriftsteller, seine Freundschaft mit Paul Cézanne, den Erfolg seines Romans "Thérèse Raquin" und sein Engagement im Dreyfus-Affäre (J'accuse-Brief). Schwerpunkt ist sein Werkzyklus "Les Rougon-Macquart".
- Arbeit zitieren
- Margret Jonas (Autor:in), 2008, Zu: Emile Zola - La Bête Humaine, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/89443