Das von Martin Buber entwickelte dialogische Prinzip muß als schulpädagogisch relevant beurteilt und kann als Unterrichtsprinzip für eine alternative Gesprächskultur veranschlagt werden. Es fordert die Persönlichkeit des Grundschulkindes auch hinsichtlich seiner Sozialkompetenz heraus. Die aufgezeigten ästhetisch-ethischen Faktoren können dafür die Grundlage liefern.
Inhaltsverzeichnis
I. Historischer Abriss
1.1 Antike: Philosophische Faktoren dialogischen Erziehungsverhaltens
1.1.1 Das griechische Weisheitsverständnis
1.1.1.1 Der Weise als Person
1.2 Dialogik und die Erkenntnis des Guten
1.3 Ethisches Paradigma: Sittlichkeit
1.3.1 Besonnenheit
1.3.2 Freiheit
II. Mittelalter
2.1 Thomas von Aquins christliche Transformation des antiken Tugendbegriffs
III. Neuzeit
3.1 Martin Bubers Prinzip der Dialogik
3.2 Verantwortung
3.3 Gespräch
IV. Allgemeine Faktoren eines heutigen ästhetisch-ethischen
Erziehungsdialogs in der Grundschule
4.1 „Sittlichkeit“ als Bildungsziel
4.2 Hörerziehung und Wahrnehmungsschulung
4.3 Fazit
Bibliographie
Abbildungsverzeichnis
I. Historischer Abriss
1.1 Antike: Philosophische Faktoren dialogischen Erziehungsverhaltens
Bereits bei Sokrates (469-399), findet sich eine erste Festlegung des Sittlichen, die er als Zweck aller Erziehung sieht.
Dieser „ethische Optimismus“ führt uns einen Menschen vor Augen, der das Böse nicht will bzw. nicht wissentlich tut.
Das Böse geht aus einem Mangel an Einsicht hervor. Für Sokrates sind Tugenden lehrbar. Aus der Notwendigkeit des einzelnen Menschen zur Selbsterkenntnis, entwickelt Sokrates das dialogische Gespräch.
Zentral scheint hier das fragende Verhalten des Gegenüber, d.h. des zu Erziehenden positioniert zu werden.
Ethische Begrifflichkeit erhält somit Klarheit und Transparenz.
Ziel aller Erziehung ist folglich das tugendhafte Leben und die Hinführung zur Glückseligkeit, die durch Tugendhaftigkeit realisiert wird.
Pädagogisch relevant ist sicher auch Sokrates Herausbildung des Gewissens, bzw. eine Erziehung zur Gewissenhaftigkeit. Die sittlich selbständige Persönlichkeit ist somit Ziel jeder guten Erziehung.
1.1.1 Das griechische Weisheitsverständnis
Der Weisheitsbegriff wird von griechischen Philosophen hoch veranschlagt, weisheitliches Verhalten ist pädagogisch wertvoll!
Weiterhin beinhaltet der Weisheitsbegriff eine praktische und theoretische Orientierung an der Welt.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. 1: Das Licht der Weisheit (Kupferstich um 1720)
Die Antike verstand somit Weisheit als <Tüchtigkeit>, vor allem auch in Hinsicht auf die berufliche Tätigkeit, wie den tüchtigen Zimmermann bei Homer und den Wetterkundigen bei Pindar.
Aus dieser Sicht versteht sich die Befragung der Politiker, der Dichter und der Handwerker durch Sokrates. Er verurteilt auch die Geschwätzigkeit des Sophisten und Alleswisser.
Das weisheitliche Ideal steht für Platon unter dem Vorbehalt der Endlichkeit, d.h. wirklich weise sind nur die Götter.
„Die Weisheit wird in der ganzen Antike als eine Seinsweise aufgefaßt, als ein Zustand, in dem der Mensch sich in seinem Sein radikal von anderen Menschen unterscheidet, eine Art Übermensch darstellt. Wenn die Philosophie die Aktivität ist, mittels derer der Philosoph sich in Weisheit übt, betrifft diese Übung nicht nur eine besondere Art des Sprechens und Erörterns, sondern auch das Sein, das Handeln und eine besondere Sicht der Welt.
Wenn also die Philosophie nicht nur ein Diskurs, sondern eine Lebenswahl, eine existentielle Entscheidung und eine gelebte Übung ist, dann weil sie Begehren der Weisheit ist. Es trifft zu, daß im Begriff der Weisheit die Idee eines vollkommenen Wissens enthalten ist. Dennoch besteht dieses Wissen, wie wir bei Platon und Aristoteles gesehen haben, nicht im Besitz von Informationen über die Wirklichkeit, sondern ist ebenfalls eine Lebensweise, die der höchsten Tätigkeit, die der Mensch ausüben kann, entspricht und eng mit der Vortrefflichkeit, mit der Tugend der Seele verbunden ist“ (Hadot, P., 1999, 256).
Der weise Mensch ist ein glücklicher Mensch, unter welchen Umständen auch immer er lebt. Weisheitliches Leben ist als Seinsweise zu verstehen: sogesehen ein Lebensideal.
Aus dieser Lebensentscheidung heraus, findet der Mensch das je angemessene Verhalten und die der Situation entsprechende Autarkie.
Für Aristoteles bedarf der weise Mensch keiner äußerlichen Dinge und führt ein kontemplatives Leben, das Gelassenheit mit sich bringt. „Er übt sich im Denken und im Leben des Geistes. Auch hier ist das Göttliche Vorbild des Weisen. Denn die conditio humana bewirkt, wie Aristoteles anmerkt, dass die in die Zeit verstreute und dem Irrtum und dem Vergessen ausgesetzte Aktivität des Geistes zerbrechlich und diskontinuierlich ist. Der Weise lebt so auf diskontinuierliche Art das, was Gott auf eine kontinuierliche Art lebt. Auf diese Weise lebt er ein Leben, das die conditio humana überwindet und dennoch dem entspricht, was das Wesentliche im Menschen ausmacht: das Leben des Geistes“ (Hadot, P., 1999, 263).
Philo v. Alexandrien definiert <Weisheit> als Wissen der göttlichen und menschlichen Ursachen.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. 2: Allegorie der Philosophie, die dreiköpfig dargestellt ist. Zu ihren Füßen Logik, Rhetorik, Grammatik, Arithmetik, Musik, Geometrie, Astronomie. Außerhalb des Kreises Aristoteles (Naturwissenschaft), Seneca (Moralllehre). Oben als Vertreter des Philosophia divina (Lehre von Gott) die Kirchenväter St. Augustin, Gregorius, Heironymus und Ambrosius. Holzschnitt aus: Gregor Reisch, Straßburg 1504
Origenes, einer der Ersten, der die philosophischen Wurzeln des Christentums reflektiert und meditiert, schließt sich der biblischen Weisheit im Zusammenhang von Weisheit 7,23ff an: „nicht zu hemmen, wohltätig, menschenfreundlich, fest, sicher, ohne Sorge alles vermögend, alles überwachend und alle Geister durchdringend, die denkenden, reinen und zartesten. Denn die Weisheit ist beweglicher als alle Bewegung; in ihrer Reinheit durchdringt und füllt sie alles. Sie ist ein Hauch der Kraft Gottes und reiner Ausfluß der Herrlichkeit des Allherrschers; darum fällt kein Schatten auf sie“.
Methodisch stellt Origenes den Konnex zwischen Theologie und Philosophie her und fragt nach der Suche der göttlichen Dinge und deren Ursache, aufgrund ihrer je eigenen Weisheit[1].
Christus selbst ist die Weisheit, jede menschliche Weisheit kann nur als Übung auf die göttliche hin verstanden werden.
Es ist die „Weisheit“ Salomons, die den Menschen die göttliche Philosophie lehrt und das Hohelied.
„Diese „Weisheit Gottes“ erweckt in der Seele die Liebe nach den göttlichen und menschlichen Dingen, die durch die Liebe zur Einheit mit Gott gelangen (InCant, Prol). So unterscheidet sie sich von der Weisheit der Welt, die die Künste und Humanwissenschaften umschließt und die doch verschieden ist, von der Weisheit von den Anfängen dieser Welt , Erfindungen von den der Wahrheit entgegengesetzten Lehren (CoJo XIX,82)“ (Meis, A., 1994, 95).
Es ist der Heilige Geist, der die Theologie zur „wahren Philosophie“ macht, denn ohne diesen können die göttlichen Dinge, ebenso wie das Problem des Bösen nicht verstanden werden“ (vgl. Meis, A., 1994, 95).
In Peri Euche (Vom Gebet) findet sich der Gebrauch des Wortes < sophia > im Vorwort und vor allem im ersten Kapitel (3x), sowie auch sophos (weise, 1x) !
Origenes führt hier an: „Nun ist es für die menschliche Natur unmöglich, Weisheit zu erlangen, das Unmögliche wurde möglich durch unseren Herren Jesus Christus“ (Bertrand in Daly, R., 1992, 475).[2]
Alle Gebete, die im Hl. Geist erfolgen, sind voller göttlicher Weisheit.
Es sind für Origenes die Heiligen, „weil sie wirklich im Hl. Geist und durch den Hl. Geist Ausdruck erfuhren und erfüllt waren von göttlicher Weisheit“ (Bertrand in Daly, R., 1999, 475).[3]
Weiterhin ist es die Weisheit, die den Menschen vom Tun des Schlechten abhält.
1.1.1.1 Der Weise als Person
Aus pädagogisch-dialogischer Perspektive scheint die Annäherung an die Person des Weisen sinnvoll.
Wer ist nach antikem Verständnis weise und was kennzeichnet den weisen Menschen?
Mit „sofia“ bezeichnet die Antike auch das intelligente, kluge Verhalten gegenüber einem Mitmenschen.
Als Vorbild dienten die sieben Weisen, die bei Dichtern des 6. Jahrhunderts vor Christus, bei Herodot und bei Platon angetroffen werden können. Sie verfügten über politisches oder juristisches Geschick. Des weiteren besaßen sie technische und wissenschaftliche Fähigkeiten.
„Man schrieb diesen Sieben Weisen Maximen zu, >>kurze und denkwürdige Sprüche<<, wie Platon sagt, die ein jeder von ihnen geäußert hat, als sie in Delphi zusammenkamen, um Apoll in seinem Tempel die ersten Früchte ihrer Weisheit zu opfern und ihm die Inschriften widmeten, die seitdem in aller Munde sind: >>Erkenne Dich selbst<<,>> Nichts zu sehr<<. Tatsächlich war eine Liste mit Maximen, die man für das Werk der Sieben Weisen hielt in der Nähe des Tempels von Delphi eingraviert. Der Brauch sie in Stein zu hauen, war weit verbreitet, damit sie in den verschiedenen griechischen Städten von allen Passanten gelesen werden konnten“ (Hadot, P., 1999, 37).
Weise sind aber auch Experten-so hat es Thales von Milet vorgelebt.
„Zudem hat sich seit Thales von Milet ein zunehmend genaueres Nachdenken auf dem Gebiet entwickelt, das die Griechen die „physis“ nannten, d.h. das Phänomen des Wachstums oder Lebewesens, des Menschen aber auch des Universums, ein Nachdenken, das im übrigen oft mit ethischen Betrachtungen verbunden war, wie beispielsweise bei Heraklit oder auch bei Demokrit“ (Hadot, P., 1999, 38).
[...]
[1] vgl. auch Meis, Anneliese: El rostro amado. Aproximaciones a la Antropologia teologica. Santiago 1994, 86
[2] <<Lors donc qu ‘ il est impossible à la nature humaine d’acquérir la sagesse…l’impossible devient possible par notre Seigneur Jésus Christ >>
[3] <<parce qu’elles étaient vraiment produites et exprimées en Esprit, on été rempliees des lecons de la sagesse divine>>
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