In meinem Text möchte ich einen möglichen Rahmen zu skizzieren, in dem ein Komplex wie Krieg und Gewalt bzw. kriegerische Gewalt in der Moderne beschrieben werden könnte. Ich möchte dabei für verschiedene historische Konstellationen aufzeigen, wie erstens in einem allgemeinen Diskurs jeweils das Verhältnis von Krieg und Gesellschaft formuliert wurde und zweitens welche Funktion Krieg innerhalb bestimmter Machtverhältnisse und in Bezug auf den genannten allgemeinen Diskurs hatte. Mit beiden Punkten hängt natürlich zusammen, wie Krieg geführt wurde, d.h. welche Formen und Ausprägungen er annahm. Diesen Punkt werde ich jedoch im Rahmen meiner eher theoretisch-analytisch orientierten Arbeit weitgehend vernachlässigen.
Um einen Interpretationsrahmen entwickeln zu können, der es erlaubt, die skizzierten Fragen zu beantworten, werde ich eine Art vergleichende Kombination zweier Ansätze versuchen, dabei aber weniger zwei Konzepte gegenüberstellen, sondern vielmehr beide kombinieren und ergänzen und dabei ggf. Unterschiede und Abweichungen herauszustellen. Der eine - verbunden mit dem Namen Norbert Elias - legt das Augenmerk auf langfristige historische Entwicklungen und versucht, Aussagen "Über den Prozeß der Zivilisation" zu treffen. Krieg und Gewalt werden im Verlauf dieses Prozesses zunehmend zentralisiert - man denke an die voranschreitende Errichtung eines staatlichen Gewaltmonopols - und aus den alltäglichen Bereichen heraus- und stattdessen in besondere, räumlich und zeitlich begrenzte Zonen hineingedrängt. Auch die Art und Weise des Kriegführens bzw. der Gewaltausübung verschiebt sich in diesem Kontext. Der andere Ansatz - derjenige Michel Foucaults - verweist auf verschiedene historische Konstellationen, in denen die Phänomene Krieg und Gewalt bzw. kriegerische Gewalt unterschiedlich thematisiert wurden. Foucault arbeitet dabei nicht mit einer wie auch immer gearteten Entwicklungslogik, sondern entfaltet die Denkfigur spezifischer Diagramme, in denen sich die jeweils maßgeblichen Mechanismen der Machtausübung realisierten. Krieg und Gewalt nehmen unterschiedliche Ausprägungen an, weil sie als Appendix, Manifestation oder Instrument der Machtausübung jeweils unterschiedlichen Funktionsweisen einverleibt und unterschiedlichen funktionalen Erfordernissen unterworfen sind.
Inhaltsverzeichnis
- I. Einleitung
- 1. Thema und thematische Abgrenzung
- 2. Begriffliche Annäherung an Krieg, Gewalt und kriegerische Gewalt
- 3. Darstellungsabsicht und Ausgangsthesen
- 4. Aufbau der Arbeit
- II. Krieg in historischen Konstellationen oder als Element eines Prozesses
- 1. Allgegenwart und Alltäglichkeit von Krieg und kriegerischen Praktiken
- a) Ort und Rahmen mittelalterlich-feudaler Kriege
- b) Der Krieg in Theorie und Praxis
- 2. Monopole (legitimer) Gewaltanwendung: Die Kriege des Souveräns in höfischen Gesellschaften
- a) Rechte und Privilegien des Souveräns: Gewaltsame und kriegerische Machtausübung
- b) Souveräne Kriege oder Kriege des Souveräns?
- 3. Erneute Verallgemeinerung kriegerischer Praktiken: Krieg und Militär als paradigmatische Orte der Disziplinargesellschaft
- a) Die anonymen und verallgemeinernden Disziplinen
- b) Das universalisierte und zweckgebundene Kriegerische
- 4. „Der Krieg deckt die Geschichte vollständig ab, er ist nicht nur ihr Umsturz und ihre Unterbrechung“
- 5. Der absolute Wert des Lebens: Form(ul)ierung von Rassismus und Bio-Macht
- a) Der Zugriff auf das Leben
- b) Im Dienste des Lebens Kriege führen!
- c) Faschistische Kriege
- III. Schlussakkord
- IV. Siglen- und Literaturverzeichnis
- Die Entwicklung des Verhältnisses von Krieg und Gesellschaft in verschiedenen historischen Epochen
- Die Rolle des Krieges innerhalb von Machtverhältnissen
- Die Analyse von Kriegspraktiken als Manifestation der Machtausübung
- Die Verbindung der Ansätze von Elias und Foucault zur Analyse von Krieg und Gewalt
- Die Bedeutung von Krieg in der historischen Entwicklung und in Bezug auf den Diskurs der Zivilisation
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit zeichnet einen möglichen Rahmen für die Beschreibung des Komplexes Krieg und Gewalt in der Moderne. Sie untersucht, wie das Verhältnis von Krieg und Gesellschaft in verschiedenen historischen Konstellationen im Diskurs formuliert wurde, welche Funktion Krieg innerhalb bestimmter Machtverhältnisse und in Bezug auf diesen Diskurs hatte, und welche Formen und Ausprägungen er in diesem Kontext annahm. Die Arbeit integriert und kombiniert die Ansätze von Norbert Elias und Michel Foucault, um ein tieferes Verständnis des Themas zu ermöglichen.
Zusammenfassung der Kapitel
Im ersten Kapitel wird das Thema Krieg und Gewalt in der Moderne eingegrenzt und ein Überblick über die begriffliche Annäherung an diese Themen gegeben. Weiterhin werden die Darstellungsabsicht und die Ausgangsthesen der Arbeit dargelegt.
Das zweite Kapitel befasst sich mit dem Krieg in verschiedenen historischen Konstellationen und untersucht seine allgegenwärtige Präsenz in mittelalterlich-feudalen Kriegen sowie in den Kriegen des Souveräns in höfischen Gesellschaften. Der Fokus liegt auf der Entwicklung des Gewaltmonopols und der Veränderungen in den Kriegspraktiken.
Das dritte Kapitel analysiert die erneute Verallgemeinerung kriegerischer Praktiken in der Disziplinargesellschaft. Es werden die Disziplinen und Mechanismen der Macht im Kontext von Krieg und Militär untersucht, die zu einer Universalisierung und Zweckbindung des Kriegerischen führten.
Das vierte Kapitel beschäftigt sich mit der Bedeutung des Krieges für die Geschichte und dem Einfluss auf die gesellschaftliche Entwicklung.
Das fünfte Kapitel analysiert den Wert des Lebens und die Entstehung von Rassismus und Bio-Macht im Zusammenhang mit Krieg.
Schlüsselwörter
Die Arbeit konzentriert sich auf die Analyse von Krieg und Gewalt in der Moderne, wobei die Ansätze von Norbert Elias und Michel Foucault miteinander verknüpft werden. Wichtige Schlüsselwörter sind Krieg, Gewalt, kriegerische Gewalt, Macht, Gesellschaft, Zivilisation, Disziplinargesellschaft, Rassismus, Bio-Macht, historische Konstellationen, Kriegspraktiken, Gewaltmonopol.
- Quote paper
- Timo Luks (Author), 2002, Todesmacht und Kriegspraktiken. Ein Analyseraster mit Foucault und Elias., Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/8963