Das Syndrom Demenz ist eine psychische Störung, welche sich auszeichnet durch eine Abnahme des Gedächtnisses und mindestens einer weiteren kognitiven Fähigkeit, wie z.B. Urteilsfähigkeit, Denkvermögen oder Planen (Försterl & Calabrese, 2000). Der Mensch ist in seiner einst erworbenen Intellektualität (Fertigkeiten) beeinträchtigt (Peters,1984 zitiert nach Wetterling, 2001, S.52). Beispielsweise hat er Schwierigkeiten sich an neue Situationen und soziales Milieu anzupassen (Wetterling, 2001). Es kommt zu Störung von Affektkontrolle, Antrieb und Sozialverhalten, wobei emotionale Labilität, wie Reizbarkeit und Apathie auftreten können (Försterl & Calabrese, 2000).
Die Beeinträchtigungen oder Symptome werden demnach in kognitive und Verhaltensstörungen eingeteilt (Grond,2005) welche sich durch eine deutliche Beeinträchtigung der Alltagsbewältigung auszeichnen (Försterl, 2000).
Der Erkrankte wird spätestens im mittleren Verlaufsstadium sozial auffällig (Grond, 2005), kann sich nicht mehr selbst versorgen und ist unweigerlich durch mangelnde Orientierungs- und Anpassungsfähigkeit auf pflegende Unterstützung, wie die einer Heimeinrichtung angewiesen (Wedel- Parlow & Fitzner, Nehen, 2004).
Im Zentrum steht die Frage, wie der Lebensraum eines Pflegeheims räumlich gestaltet sein sollte, um das Wohlbefinden und eine optimale Lebens(abend)qualität des Demenzkranken zu fördern. Betrachtet werden jene psychischen Merkmale, die beim Demenzkranken durch kognitive Beeinträchtigungen hervorgerufen werden und ihre Wechselwirkung im räumlich, heimischen Lebensraum des Patienten. Dabei steht vor allem das subjektive Erleben dieser Wechselwirkung im Mittelpunkt, mit dem Bestreben, verbleibende kognitiv psychische Ressourcen des Patienten durch entsprechend räumliche Gestaltung zu unterstützen.
Die für eine Milieutherapie zentralen Begriffe, wie Sicherheit, Geborgenheit, Orientierung, Autonomie, Privatheit und soziale Teilhabe, werden mit Hilfe geeigneter Theorien und Methoden als angestrebte Ziele konfiguriert und innerhalb eines empirisch abgesicherten Rahmens mit räumlichen Gestaltungsansatzpunkten in Beziehung gesetzt.
Inhaltsverzeichnis
- 1. Einleitung
- 2. Demenz, ein stetig wachsendes Problem
- 2.1 Studien zeigen Handlungsbedarf
- 3. Räumliche Gestaltung als Bestandteil einer Milieutherapie
- 3.1 Mögliche Anwendungsbereiche
- 4. Der Unterschied zwischen Demenz und dem normalen Alterungsprozess
- 4.1 Der funktionelle Aufbau des Gedächtnisses
- 4.2 Welche Gedächtnisfunktionsbereiche sind beim Demenzkranken beeinträchtigt und wie wirkt sich dies auf Erleben und Verhalten aus?
- 4.3 Die klassischen Verlaufsstadien dementieller Erkrankungen
- 4.3.1 Früh- oder Vergessensstadium (1-3 Jahre)
- 4.3.2 Mittleres Verwirrtheitsstadium (2-10 Jahre)
- 4.3.3 Fortgeschrittenes Hilflosigkeits- oder Spätstadium (8-12 Jahre)
- 5. Theoretische Perspektiven und Modellansätze
- 5.1 Was sind wohnliche Grundbedürfnisse, sind Demenzkranke hierfür überhaupt empfänglich?
- 5.1.1 Sicherheit und Schutz
- 5.1.2 Beständigkeit und Vertrautheit
- 5.1.3 Privatheit
- 5.1.4 Kontakt, Kommunikation und Zugehörigkeit
- 5.1.5 Anerkennung, Repräsentation, Selbstgestaltung und -verwirklichung
- 5.2 Das Komplementaritäts-Ähnlichkeits-Modell (Carp & Carp, 1984)
- 5.2.1 Teil 1 (Carp & Carp, 1984)
- 5.2.2 Die Rolle der Autonomie
- 5.2.3 Teil 2 (Carp & Carp, 1994)
- 5.2.4 Die Rolle der subjektiven Wahrnehmung als Modell - Interpretation
- 5.2.5 Die Rolle der Modifiers
- 5.3 Das Belastungs-Bewältigungs-Paradigma zur Person-Umwelt-Interaktion älterer Menschen (Saup, 1987)
- 5.3.1 Das Erleben von objektiven Belastungsfaktoren
- 5.3.2 Der Umgang mit objektiven Belastungsfaktoren
- 5.4 Fazit
- 6. Konkrete Ansatzpunkte milieutherapeutisch räumlicher Gestaltung
- 6.1 Sicherheit, Übersichtlichkeit und Beständigkeit des Wohnbereichs
- 6.2 Blick auf Zonen mit zeitlicher Strukturiertheit
- 6.3 Zugehörigkeit
- 6.4 Selbstgestaltung und Repräsentation des Privaten Bereichs
- 6.5 Autonomieförderung durch Aufforderungscharakter und soziale Ressource
- 6.6 Freie Wandermöglichkeit als ästhetischer Erlebnisraum
- 6.7 Außenbereich
- 6.8 Abschließende Bemerkung
- 7. Empirische Befunde zu milieutherapeutisch räumlicher Gestaltung
- 8. Resümee
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit untersucht die räumliche Gestaltung therapeutischer Milieus für Menschen mit Demenzerkrankungen. Ziel ist es, die Wechselwirkung zwischen den durch kognitive Beeinträchtigungen hervorgerufenen psychischen Merkmalen und dem räumlichen Lebensraum zu analysieren, um verbleibende Ressourcen durch entsprechende Gestaltung zu fördern. Der Fokus liegt auf dem subjektiven Erleben dieser Wechselwirkung.
- Räumliche Gestaltung und Wohlbefinden von Demenzkranken
- Theoretische Modelle der Person-Umwelt-Interaktion bei Demenz
- Konkrete Gestaltungsansätze für ein milieutherapeutisches Umfeld
- Analyse der Bedürfnisse von Demenzkranken im Hinblick auf ihren Wohnraum
- Empirische Befunde zur Wirkung räumlicher Gestaltung
Zusammenfassung der Kapitel
1. Einleitung: Die Einleitung führt in die Thematik der Demenzerkrankung und deren Auswirkungen auf das Leben Betroffener ein. Sie stellt die zentrale Forschungsfrage nach der optimalen räumlichen Gestaltung von Pflegeheimen für Demenzkranke vor und skizziert den Aufbau der Arbeit.
2. Demenz, ein stetig wachsendes Problem: Dieses Kapitel beleuchtet das wachsende Problem der Demenzerkrankungen und die daraus resultierende Notwendigkeit, die stationäre Versorgung zu verbessern. Es werden Studien zitiert, welche den Handlungsbedarf in diesem Bereich unterstreichen. Der Fokus liegt auf der steigenden Anzahl der Betroffenen und den Herausforderungen für das Gesundheitssystem.
3. Räumliche Gestaltung als Bestandteil einer Milieutherapie: Hier wird der Begriff der Milieutherapie im Kontext der Demenzpflege eingeführt. Es werden mögliche Anwendungsbereiche der milieutherapeutischen Gestaltung im Hinblick auf die Verbesserung der Lebensqualität von Demenzpatienten diskutiert und der Zusammenhang zwischen räumlicher Gestaltung und therapeutischem Ansatz hergestellt. Die Kapitel beschreibt die Bedeutung des Lebensraums für die Behandlung und das Wohlbefinden der Betroffenen.
4. Der Unterschied zwischen Demenz und dem normalen Alterungsprozess: Dieses Kapitel vergleicht den normalen Alterungsprozess mit dem Verlauf einer Demenzerkrankung. Es werden die funktionellen Gedächtnisstörungen bei Demenzkranken detailliert erläutert, sowie die Auswirkungen auf das Erleben und Verhalten der Betroffenen. Die klassischen Verlaufsstadien der Krankheit werden vorgestellt und hinsichtlich ihrer Auswirkungen auf die räumliche Gestaltung von Wohnbereichen analysiert.
5. Theoretische Perspektiven und Modellansätze: Dieses Kapitel beleuchtet verschiedene theoretische Ansätze, die für die Gestaltung des therapeutischen Milieus relevant sind. Es werden wohnliche Grundbedürfnisse, die Empfänglichkeit von Demenzkranken dafür und das Komplementaritäts-Ähnlichkeits-Modell von Carp & Carp sowie das Belastungs-Bewältigungs-Paradigma von Saup vorgestellt und kritisch diskutiert. Die Kapitel dient der fundierten theoretischen Basis für die Entwicklung konkreter Gestaltungsansätze.
6. Konkrete Ansatzpunkte milieutherapeutisch räumlicher Gestaltung: Basierend auf den vorherigen Kapiteln werden hier konkrete Ansatzpunkte für eine milieutherapeutische räumliche Gestaltung vorgestellt. Es werden verschiedene Aspekte wie Sicherheit, Übersichtlichkeit, Beständigkeit, Zugehörigkeit, Selbstgestaltung, Autonomieförderung und die Gestaltung des Außenbereichs detailliert behandelt. Die Kapitel bietet konkrete Handlungsempfehlungen für die Planung und Gestaltung von Wohnbereichen für Demenzkranke.
7. Empirische Befunde zu milieutherapeutisch räumlicher Gestaltung: Dieses Kapitel präsentiert empirische Befunde, die die Wirkung einer milieutherapeutischen räumlichen Gestaltung belegen. Es werden Studien und Forschungsergebnisse vorgestellt und diskutiert, welche die positive Auswirkung der hier beschriebenen Gestaltungselemente auf das Wohlbefinden und die Lebensqualität von Demenzpatienten unterstützen.
Schlüsselwörter
Demenz, Milieutherapie, räumliche Gestaltung, Person-Umwelt-Interaktion, Wohnbedürfnisse, kognitive Beeinträchtigung, Pflegeheim, Lebensqualität, Autonomie, Sicherheit, Orientierung, Beständigkeit, subjektives Erleben.
Häufig gestellte Fragen (FAQ) zu "Räumliche Gestaltung therapeutischer Milieus für Menschen mit Demenzerkrankungen"
Was ist der Inhalt dieser Arbeit?
Diese Arbeit untersucht die räumliche Gestaltung therapeutischer Milieus für Menschen mit Demenzerkrankungen. Sie analysiert die Wechselwirkung zwischen kognitiven Beeinträchtigungen und dem räumlichen Lebensraum, um verbleibende Ressourcen durch entsprechende Gestaltung zu fördern. Der Fokus liegt auf dem subjektiven Erleben dieser Wechselwirkung. Die Arbeit beinhaltet eine Einleitung, Kapitel zu Demenz als Problem, Milieutherapie, den Unterschied zwischen Demenz und normalem Altern, theoretische Modelle, konkrete Gestaltungsansätze, empirische Befunde und ein Resümee. Ein Inhaltsverzeichnis, die Zielsetzung, Kapitelzusammenfassungen und Schlüsselwörter sind ebenfalls enthalten.
Welche Themenschwerpunkte werden behandelt?
Die Arbeit behandelt die räumliche Gestaltung und das Wohlbefinden von Demenzkranken, theoretische Modelle der Person-Umwelt-Interaktion bei Demenz, konkrete Gestaltungsansätze für ein milieutherapeutisches Umfeld, die Analyse der Bedürfnisse von Demenzkranken im Hinblick auf ihren Wohnraum und empirische Befunde zur Wirkung räumlicher Gestaltung.
Welche theoretischen Modelle werden diskutiert?
Die Arbeit diskutiert das Komplementaritäts-Ähnlichkeits-Modell von Carp & Carp (mit Fokus auf Autonomie und subjektiver Wahrnehmung) und das Belastungs-Bewältigungs-Paradigma von Saup. Diese Modelle dienen als Grundlage für die Entwicklung konkreter Gestaltungsansätze.
Welche konkreten Gestaltungsansätze werden vorgeschlagen?
Konkrete Ansatzpunkte für eine milieutherapeutische räumliche Gestaltung umfassen Aspekte wie Sicherheit, Übersichtlichkeit, Beständigkeit des Wohnbereichs, zeitliche Strukturierung von Zonen, Zugehörigkeit, Selbstgestaltung und Repräsentation des Privatbereichs, Autonomieförderung, freie Wandermöglichkeiten, ästhetische Erlebnisräume und die Gestaltung des Außenbereichs.
Welche empirischen Befunde werden präsentiert?
Das Dokument erwähnt die Präsentation empirischer Befunde, die die positive Wirkung einer milieutherapeutischen räumlichen Gestaltung auf das Wohlbefinden und die Lebensqualität von Demenzpatienten belegen. Konkrete Studien und Ergebnisse werden jedoch nicht im Detail genannt. Die Kapitel 7 verweist auf entsprechende Forschungsergebnisse.
Welche Bedürfnisse von Demenzkranken werden im Hinblick auf ihren Wohnraum betrachtet?
Die Arbeit betrachtet wohnliche Grundbedürfnisse wie Sicherheit und Schutz, Beständigkeit und Vertrautheit, Privatheit, Kontakt, Kommunikation und Zugehörigkeit sowie Anerkennung, Repräsentation, Selbstgestaltung und -verwirklichung. Es wird untersucht, inwieweit Demenzkranke für diese Bedürfnisse empfänglich sind.
Wie wird der Unterschied zwischen Demenz und normalem Alterungsprozess dargestellt?
Das Dokument beschreibt detailliert die funktionellen Gedächtnisstörungen bei Demenzkranken und deren Auswirkungen auf Erleben und Verhalten. Die klassischen Verlaufsstadien der Demenz (Früh-, Mittel- und Spätstadium) werden hinsichtlich ihrer Auswirkungen auf die räumliche Gestaltung analysiert. Der Fokus liegt auf den Unterschieden in den kognitiven Funktionen und deren Einfluss auf das räumliche Erleben.
Was ist das Ziel der Arbeit?
Das Ziel der Arbeit ist es, die Wechselwirkung zwischen den durch kognitive Beeinträchtigungen hervorgerufenen psychischen Merkmalen und dem räumlichen Lebensraum zu analysieren, um verbleibende Ressourcen durch entsprechende Gestaltung zu fördern. Der Fokus liegt auf dem subjektiven Erleben dieser Wechselwirkung.
Welche Schlüsselwörter beschreiben den Inhalt?
Schlüsselwörter sind: Demenz, Milieutherapie, räumliche Gestaltung, Person-Umwelt-Interaktion, Wohnbedürfnisse, kognitive Beeinträchtigung, Pflegeheim, Lebensqualität, Autonomie, Sicherheit, Orientierung, Beständigkeit, subjektives Erleben.
- Arbeit zitieren
- Henrike Marie Stock (Autor:in), 2006, Räumliche Gestaltung des therapeutischen Milieus dementiell Erkrankter, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/89705