Regionale Varietäten der deutschen Sprache und deren Relevanz im Unterricht "Deutsch als Fremdsprache"

Eine situationsbeschreibende Fragebogenstudie


Magisterarbeit, 2007

113 Seiten, Note: 1,7


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Verzeichnis der verwendeten Abkürzungen

0. Einleitung

1. Theoretische Grundlagen
1.1 Der Terminus Varietät
1.1.1 Die verschiedenen Ordnungsdimensionen von Varietäten
1.1.1.1 Die diatopische Dimension: lokale/ regionale Varietäten (Dialekte)
1.1.1.2 Die diastratische Dimension - Soziolekte
1.1.1.3 Die diaphasische Dimension - Situolekte
1.1.1.4 Die Standardvarietät
1.2 Zusammenfassung
1.3. Die deutsche Sprache und ihre nationalen und regionalen/ lokalen Varietäten
1.3.1 Plurizentrizität
1.3.1.1 Deutsch als plurizentrische Sprache und ihre nationalen Varietäten
1.3.2 Standarddeutsch vs. regionale Varietäten im Vollzentrum Deutschland
1.3.2.1 Die Kodifizierung der Standardsprache in Deutschland
1.3.2.2 Regionale Varietäten - von der Mundart zum Dialekt
1.3.2.4 Die innerdeutsche Dialektverteilung
1.3.2.5 Dialekttendenzen - Sprachwandel
1.3.3 Die Sprachsituation in den Vollzentren Schweiz und Österreich
1.3.3.1 Die Sprachsituation in der Schweiz
1.3.3.2 Die Sprachsituation in Österreich
1.4 Zusammenfassung

2. Regionale Varietäten der deutschen Sprache und deren Relevanz im Deutsch als Fremdsprachen - Unterricht
2.1 Regionale Varietäten im aktuellen DaF - Unterricht in den Vollzentren Deutschland, Schweiz und Österreich - eine situationsbeschreibende Fragebogenstudie
2.1.1 Zum Verfahren der Fragebogenstudie
2.1.2 Ergebnisse und Auswertung der in Deutschland durchgeführten Fragebogenstudie
2.1.3 Die regionalen Varietäten im schweizerischen und österreichischen DaF-Unterricht
2.1.4 Regionale Varietäten im deutschschweizerischen DaF-Unterricht
2.1.4.1 Ergebnisse und Auswertung der in der Deutschschweiz durchgeführten Fragebogenstudie
2.1.5 Regionale Varietäten im österreichischen DaF-Unterricht
2.1.5.1 Ergebnisse und Auswertung der in Österreich durchgeführten Fragebogenstudie
2.2 Zusammenfassung und Schlussfolgerung
2.3 Die Sonderstellung des bairischen Dialektraums
2.3.1 Schlussfolgerung und Konzeptansätze für den DaF-Unterricht im bairischen Dialektraum und im Bundesland Bayern

3. Forschungsauftrag - Forschungsansatz

4. Bilanz und Ausblick

5. Bibliografie

Verzeichnis der verwendeten Abkürzungen

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Verzeichnis der verwendeten Abbildungen

Abb. 1 Soziales Kräftefeld einer Standardvarietät (Ammon, 2005: 33)

Abb. 2 Modell regionaler Varietäten des Deutschen

(Baßler/ Spiekermann, 2001: 2)

Abb. 3 Staaten mit Deutsch als Amtssprache (Ammon, 1995: 12)

Abb. 4 Die Verteilung einheitssprachlicher Fertigkeiten auf

die soziale Schichtung (Ammon, 1973: 30)

Abb. 5 Die Einteilung der deutschen Dialekte nach Wiesinger:

Die Gliederung der deutschen Dialekte

(in den ersten Jahrzehnten des 20. Jhd.). (Wiesinger, 1983: 830)

Abb. 6a Alltagsformen und deren Verteilung, Bsp. wissen (Elspaß, 2007)

Abb. 6b Alltagsformen und deren Verteilung, Bsp. ich (Elspaß, 2007)

Abb. 6c Alltagsformen und deren Verteilung, Bsp. geben (Elspaß, 2007)

Abb. 7 Geographische Verteilung der Dialektkenntnis in

Deutschland, Österreich und der Schweiz (Löffler, 1994: 140)

Abb. 8 Die sprachlichen Verhältnisse in und um Österreich (Ebner, 1980: 8)

Abb. 9 von DaF - Lehrern empfundene Dialektstärke in einer Region

auf einer Skala von 1 - 6 (1 = sehr hoch, 6 = sehr niedrig)

Abb. 10 von DaF - Lernern empfundene Dialektstärke in einer Region

auf einer Skala von 1 - 6 (1 = sehr hoch, 6 = sehr niedrig)

Abb. 11 Unterricht Deutsch als Fremdsprache: sprachliche

Aspekte (Flüe - Fleck, 1994: 63)

Abb. 12 Der bairische Sprachraum (Zehetner, 1997:7)

Abb. 13 Durchschnittliche Dialektalitätswerte der vier Situalekte an drei

Ortspunkten (konstruiertes Beispiel) (Elmentaler, 2006: 12)

0. Einleitung

Die deutsche Sprache gehört zur Gruppe der plurizentrischen Sprachen. Sie variiert in verschiedenen Sprachzentren und weist dort vor allem lexikalische und phonetische Unterschiede auf. Die drei wichtigsten Zentren, in denen Deutsch die Nationalsprache ist, stellen Deutschland, Österreich und die Schweiz dar. Doch auch innerhalb eines solchen Zentrums gibt es verschiedene sprachliche Formen, welche als Varietäten bezeichnet werden und zu denen z.B. die regionalen zählen. In der vorliegenden Magisterarbeit wird der Frage nachgegangen, ob eine Integration dieser sprachlichen Abweichungen von der kodifizierten Standardsprache in den heutigen DaF - Unterricht als relevant erscheint. Den Schwerpunkt stellen dabei die regionalen Varietäten in Deutschland dar, wobei auch eine ausführliche Abhandlung der Varietätenproblematik in Österreich und der Schweiz stattfindet. Ziel des Exkurses nach Österreich und in die Schweiz war es, den dortigen DaF - Unterricht hinsichtlich einer Thematisierung von regionalen Varietäten zu untersuchen. Da die dialektale Ausprägung bzw. der Einzug von dialektalen Elementen in die Alltagssprache in beiden Vollzentren auf gesamter territorialer Ebene verhältnismäßig groß ist, kann angenommen werden, dass dort bereits eine Auseinandersetzung mit dem Thema im DaF - Unterricht geschieht. Ob diese Annahme stimmt, wird anhand von Fragebögen geklärt, die an verschiedene DaF - Einrichtungen der beiden Sprachzentren verschickt wurden. Der aktuelle Umgang mit regionalen Varietäten im DaF - Unterricht in Deutschland wird ebenfalls anhand von Fragebögen eruiert. Dafür wurden diese in unterschiedliche Regionen der BRD versandt, um nicht nur das ob, sondern auch das wo der möglichen Beschäftigung mit regionalen Varietäten im DaF - Unterricht zu klären. Des Weiteren wurden auch Nicht - Muttersprachler aus verschiedenen DaF - Schulen in ganz Deutschland anhand von Fragebögen zur Thematik befragt, um herauszufinden, ob auf deren Seite ein Bedarf an dialektalen Kenntnissen besteht. Es werden in dieser Arbeit die Antworten der Probanden ausgewertet um Rückschlüsse auf eine Ist - und eine Soll - Situation im DaF - Unterricht in Deutschland zulassen zu können. Anschließend wird differenziert, in welchen Sprachräumen Deutschlands ein Einbezug von regionalen Varietäten als besonders sinnvoll erscheint.

Einen wichtigen Schwerpunkt innerhalb der Arbeit stellt die Auseinandersetzung mit der Thematik des Sprachwandels dar. Warum dieser als Basis für jegliche didaktisch - methodischen Konzepte auftritt, wird im Verlauf der Arbeit geklärt. Damit verbundene Forderungen nach weiterführenden wissenschaftlichen Untersuchungen und Projekten werden, neben exemplarisch aufgezeigten Forschungsansätzen, gestellt. Abschließend werden die Ergebnisse der Untersuchung in der Deutschschweiz und in Österreich hinsichtlich einer Vorgabe für den DaF - Unterricht in Deutschland überprüft. Es werden konkrete praktische Ansätze präsentiert, die einen Umgang mit regionalen Varietäten im Rahmen einer DaF - Ausbildung vorschlagen.

1. Theoretische Grundlagen

1.1 Der Terminus Varietät

Varietät F. (-; -en), entlehnt aus (m)lat. Varietas Buntheit; Mannigfaltigkeit; Vielseitigkeit; Verschiedenheit; Abwechslung; Unbeständigkeit; Wankelmut [...] 3 fachspr. in der Linguistik verwendet (vgl. -> Variante d) zur Bezeichnung einer besonderen Ausprägung einer Einzelsprache (z.B. als Soziolekt, Regiolekt).“ (Schulz, 1983: 121)

Die Varietätenforschung gehört zur Forschungsrichtung der Soziolinguistik. Bevor im späteren Verlauf der Arbeit speziell auf die regionalen Varietäten der deutschen Sprache eingegangen wird, findet hier eine Klärung des Terminus Varietät statt.

Sprache tritt uns, seit dem es Überlieferungen gibt, heterogen entgegen. In der modernen Linguistik nimmt man Abstand von der Homogenitätstheorie und somit von den Ansichten de Saussures und Chomskys. Seit den 70 - er Jahren erfolgt eine tendenzielle Ablehnung der Homogenität der Sprache. Auch die Einführung der synchronischen langue und der damit verbundenen homogenen Varietät, als Antwort de Saussures auf die Wiederentdeckung der Heterogenität, erweist sich, laut Schmidt, als „leer und theoretisch als falsch.“ (2005: 61ff.)

Auch laut Dittmar sind Sprachgemeinschaften selten homogen. In den meisten Fällen setzen sie sich aus sprachlichen Varietäten zusammen, die einerseits durch eine Menge geteilter sozialer Normen an die Sprachgemeinschaft als Ganzes gebunden sind, andererseits historisch tradierte regional- und interessenbedingte Verschiedenheiten widerspiegeln. Entsprechend der deskriptiven Auffassung der Linguistik ist der Terminus Varietät ein neutraler Begriff. Dittmar unterscheidet vier sprachliche Varietäten, die sich gegebenenfalls noch weiter differenzieren lassen: Standardvarietäten, regionale Varietäten, soziale Varietäten, funktionale Varietäten ( vgl.1973: 133ff.).

Der Begriff Varietät ist allerdings keine Erfindung der modernen Linguistik. Bereits in der Antike unterteilte man Varietäten wenigstens in geografische und soziale, auch wenn der Terminus dort noch nicht Gegenstand der Reflexion und Analyse war. Varietätenlinguistik im heutigen Sinn, wurde Anfang der 80 - er Jahre in der Romanistik eingeführt. (vgl. Berruto, 2005: 192)

Obwohl es sich bei Varietät um eine der Kardinaltermini der Soziolinguistik handelt, ist es schwierig, eine eindeutige und allumfassende Definition abzugeben. „Die Hauptschwierigkeiten der strengen Definition von Varietät liegen darin, dass es nicht ganz klar ist, welche Menge und welche Typen sprachlicher Merkmale erforderlich sind, um von einer eigenständigen Varietät zu sprechen. [...] Schließlich darf nicht übersehen werden, dass in einer Sprache nicht alles variabel ist, sondern es einen stattlichen invariablen Kern des Systems gibt, und folglich alle Varietäten ein und derselben Sprache einen nicht geringen gemeinsamen Teil (common core) haben.“ (Berruto, 2005: 189)

Varietät bezieht sich, laut Berruto, in jedem Fall auf Verschiedenheit in der sprachlichen Struktur und ist gekennzeichnet durch Besonderheiten auf einer oder mehreren Ebenen der Sprachanalyse. (vgl. 2005: 193)

Nach Ulrich Ammon umfasst eine Sprache eine Menge von Subsystemen. Ammon nennt diese Subsysteme auch Existenzformen. Er benennt eine Sprache La[1] als die Menge von Varietäten.

Somit setzt sich La aus mehreren untergeordneten Varianten zusammen: la, lb, lc….

La = (la, lb…, ln) (vgl. Ammon, 1995: 2)

Solche Varietäten sind z.B. die Dialekte (dialektale Varietäten), die in einem späteren Abschnitt ausführlicher behandelt werden.

Eine wichtige Frage, die sich in diesem Zusammenhang stellt, ist die Frage nach den Kriterien, die eine Sprache als eigenständig charakterisieren, bzw. wann eine Sprache eine Varietät ist und keine eigenständige Sprache darstellt. D.h. also, wann gehören la und lb zu La, und stellen somit keine eigenständige Lb dar?

Für Ammon spielen hier zwei hauptsächliche Kriterien eine Rolle:

1.Überdachung

„...eine der beiden Varietäten, sagen wir la, überdacht die andere, lb, bzw. überdacht sie nicht.….[...] Die Überdachung einer Varietät durch eine andere ist eine grundsätzlich asymmetrische Relation: wenn Varietät la Varietät lb überdacht, dann ist ausgeschlossen, dass lb auch la überdacht. Wobei die Überdachung von Seiten der Standardvarietät her geschieht (hier la), die die Nonstandardvarietät (hier lb) überdacht. Standardvarietäten können nicht überdacht werden, Nonstandardvarietäten können nicht überdachen.“

(1995: 2) Der Terminus Standardvarietät wird in einem eigenen Unterpunkt in dieser Arbeit betrachtet.

2. Grad der linguistischen Ähnlichkeit

„ …oder umgekehrt gesehen, der Grad der linguistischen Distanz zwischen beiden Varietäten.“ (Ammon, 1995: 2)

Ammon unterscheidet hierbei drei Grade der linguistischen Ähnlichkeit: große, mittlere und kleine linguistische Ähnlichkeit, oder eben umgekehrt, kleine, mittlere und große linguistische Distanz.

(große Ähnlichkeit = kleine Distanz, kleine Ähnlichkeit = große Distanz) (vgl. ebd.)

Allerdings sind beide Definitionen nicht als absolut zu betrachten. Die Explikation beider Kriteriengruppen bleibt unscharf.

Des Weiteren unterscheidet Ammon strikt zwischen den Begriffen Variante (einzelne Einheit) und Varietät (System). Wobei sprachliche Variablen, wie alle Variablen (im Sinne der Mathematik), verschiedene Werte annehmen können. Diese Werte sind nichts anderes als sprachliche Varianten.

Z.B. kann die Variable APRIKOSE als Werte die beiden Varianten Aprikose und Marille annehmen. Ammon schreibt hier bewusst APRIKOSE, als abstrakte Variable, in Großbuchstaben und Aprikose und Marille als deren konkreten Varianten in Kleinbuchstaben, um eine Übereinstimmung mit mathematischen Schreibkonventionen herzustellen. (vgl. Ammon, 1995: 61ff.) Daraus ergibt sich folgender Definitionszusammenhang:

„Eine Varietät muss bei der Auswahl von Varianten aus den sprachlichen Variablen mindestens eine der beiden folgenden Bedingungen erfüllen:

(i) über wenigstens eine für sie spezifische (einzelne) Variante verfügen, oder zumindest
(ii) eine spezifische Kombination von Varianten aufweisen.“ (Ammon, 1995: 64)

Eine Variante bezieht sich jedoch nur auf eine der linguistischen Ebenen, wobei die Merkmale, die eine Varietät charakterisieren, verschiedenen Ebenen angehören können, der phonologischen, der morphosyntaktischen, der lexikalisch - semantischen (erst recht der pragmatischen und textuellen). (vgl. Berruto, 2004: 193) Das Vorkommen der Varietäten auf verschiedenen linguistischen Ebenen begründet sich in ihrer Typologie, in ihrer Klassifizierung nach Zeit, Raum, sozialer Schicht und soziokommunikativer Situation. Um diese Klassifizierung zu spezifizieren ist es möglich, eine noch detailliertere Aufteilung zu unternehmen in:

- diachrone Varietäten (interessant für die historische und rekonstruktive Soziolinguistik)
- diatopische (geographisch)
- diastratische (soziale)
- diaphasische (situative, situationale, funktional - kontextuelle)
- eventuell mediale (diamesische; Varietätenskala läuft z.T. quer durch die anderen Variationsdimensionen) (vgl. Berruto, 2004: 193)

„Da die Dimensionen bei der Bestimmung der Varietäten oft parallel wirken, kann jede auf einer Achse identifizierte Varietät durch Projektion anderer Dimensionen auf diese Subvarietäten aufweisen (z.B. regional- unterschichtspezifisch - informelle Varietät).“ (Berruto, 2004: 193ff.)

1.1.1 Die verschiedenen Ordnungsdimensionen von Varietäten

Im vorangegangenen Kapitel wurden die verschiedenen Dimensionen erwähnt, in die man Varietäten unterteilen kann. Dabei handelt es sich um verschiedene Klassifizierungen, durch deren Einordnung Varietäten bestimmbar sind. Die Basis - Dimensionen, die allerdings noch weiter spezifizierbar sind, werden bestimmt durch Zeit, Raum, soziale Schicht und soziale Situation. Somit kann man Varietäten, wie bereits erwähnt, in die Dimensionen:

- diachronische, - diatopische - diastratische, - diaphasische unterteilen. Diese von Coseriu (1976: 14) erwähnten Dimensionen bezeichnet Dittmar auch als Ordnungsdimensionen. Auf die diachronische Dimension soll an dieser Stelle nicht weiter eingegangen werden, da sie nach Berruto „nur eine historische und rekonstruktive Soziolinguistik interessieren“ (1987: 266) und auch bei Coseriu nur eine geringe Berücksichtigung finden. (vgl. 1988: 280) Nach Dittmar „wäre darüber ein eigenes Buch zu schreiben.“ (1997: 180) Das Problem bei der Einteilung ist die teilweise Überlappung einer Dimension in eine andere, die die Grenzen unscharf zieht. Im folgenden Abschnitt werden die verschiedenen Dimensionen von Varietäten näher untersucht.

1.1.1.1 Die diatopische Dimension: lokale/ regionale Varietäten (Dialekte)

Der Raum gilt hier als Klassifizierungsinstanz der lokalen/ regionalen Varietäten (Dialekt) und der Umgangssprache. Ziel ist es, herauszufinden, inwiefern man Varietäten durch räumliche Faktoren, z.B. nach Maßgabe der Größenordnung von Räumen, abgrenzen kann. Gemäß der Raumskala kleinräumig - mittelräumig - großräumig unterscheidet Dittmar :

a) überregionale Varietät (Umgangssprache, Regiolekt)
b) städtische Varietät (Urbanolekt)
c) regionale Varietät (Dialekt)
d) lokale Varietät

Auf den Terminus Standardvarietät, der laut Dittmar die normativ - präskriptive Dimension darstellt, wird in Kapitel 1.1.1.4 näher eingegangen. In Kapitel 1.3.2.3 erfolgt eine intensive Auseinandersetzung mit dem Terminus Dialekt bzw. mit dialektalen Elementen in einer Varietät. An dieser Stelle soll darauf hingewiesen werden, dass sich eine genaue Definition als durchaus schwierig erweist. Jedoch können Dialekte, im Vergleich mit anderen Sprachvarietäten als „eigenständige Varietäten“ angesehen werden. Diese sprachliche Eigenständigkeit liegt darin, dass Dialekte auf allen sprachlichen Ebenen mehr oder weniger ausgeprägte Systeme entfaltet haben, und zwar auf den Ebenen der Phonologie, der Morphologie, der Syntax und der Lexik.“ (Braun, 1998: 22) Nach Mattheier ist Dialekt „ein historisches Phänomen, das seine Natur im Laufe der Zeit verändert und für jedes Land in unterschiedlicher Weise definiert werden kann“. (1980: 12ff.) Mattheier unterscheidet drei Arten von Dialekt: 1. Dialekt als Relikt: heißt, dass dieser nur noch von älteren Menschen gesprochen wird, 2. Dialekt als soziales Symbol, 3. Dialekt als Hauptvarietät. (vgl. Mattheier, 1980: 12ff.) Dialekt besitzt die Merkmale der linguistischen Ähnlichkeit, Kleinräumigkeit und Nichtnormiertheit, wobei die dialektologische Forschung gezeigt hat, dass diese Merkmale allein nicht für eine gehaltvolle Bestimmung ausreichen.

Unterschieden werden müssen ebenfalls die Binnendialekte, die als Varietäten von einer Standardsprache überdacht werden, von den Außendialekten, die zu den von der Standardsprache isolierten Varietäten gezählt werden. Beide Dialektarten weisen Unterschiede in der linguistischen Ähnlichkeit auf, welche auf einer Überdachung bzw. Nichtüberdachung durch die Standardsprache basieren. Außendialekte werden von dieser nicht überdacht und entziehen sich somit der gängigen Dialektdefinition. Sprecher des Außendialekts zählen sich nicht zur Sprachgemeinschaft der überdachenden Standardsprache.

Ammon weist daraufhin, dass Dialekte als Nonstandardvarietät nicht institutionalisiert sind, zwar in Wörterbüchern zu finden sein können, was dann aber nur einem wissenschaftlichen Zweck diene. (vgl. 1995: 2) Dialekte sind also nicht kodifiziert und werden durch mündlichen Gebrauch verbreitet bzw. verwendet. Somit verwenden Dialektsprecher diesen unterschiedlich stark. „Zwischen Dialekt und Standardsprache existiert dann vielfach die in sich stark variable, wenig strukturierte Zwischenschicht der Umgangssprache als Ausgleichprodukt mit deutlicher Ausrichtung auf die Standardsprache, doch trotz des Kontinuums bei den verschiedenen Erscheinungen mit Akzeptanzgrenzen sowohl nach oben als auch nach unten.“ (Wiesinger, 1997: 11) Die Umgangssprache wird als eigene Sprachform verstanden und als Sprache des täglichen Umgangs. Die Umgangssprache liegt zwischen Dialekt und Standardsprache und tritt dort als vielfach variierender Übergangsbereich auf und wird von vielen Millionen häufiger als Dialekt oder Standard gesprochen. (vgl. Besch, 1983: 985) Umgangssprache kann als Resultat eines strukturellen Ausgleiches zwischen Dialekt und Hochsprache gesehen werden, wobei komplexere dialektale Strukturen einfacheren hochsprachlichen angepasst werden. Umgangssprache wird somit auch überregional verstehbar und lässt sich nur noch durch den regionalen Akzent charakterisieren. In der Soziolinguistik verwendet man heute eher den Terminus Substandard. (vgl. Munske, 1983: 1009)

1.1.1.2 Die diastratische Dimension - Soziolekte

Auf der diastratischen Dimension finden sich Varietäten, die für sozial definierte Gruppen charakteristisch sind und somit auch als Gruppensprachen bezeichnet werden. (vgl. Bußmann, 2002: 608) Dittmar nennt es auch die Sprache der sozialen Schichten, während Schicht eine von Gruppen und Individuen abstrahierende soziolinguistische Größe darstellt. Andere soziale Gruppen werden nach Berufs-, Tätigkeits- oder Statusmerkmalen zusammengefasst und häufig als Sondersprachen bezeichnet: Standes-, Berufs-, Fach- und Gruppenvarietäten. (vgl. Dittmar 1997: 189) Kubczak stellt an dieser Stelle die Frage wie groß denn eine solche Gruppe sei. Sind damit vollständige Sprachsysteme mit genügender Kapazität zur Bezeichnung sämtlicher Sachverhalte gemeint oder nur größere bzw. kleinere Listen von sprachlichen Spezifika einer Sprechergruppe (z.B. die Reitersprache)? Es gibt viele verschiedene Konzeptionen und Definitionen von Soziolekt, Kubczak schließt sich folgender an: „Als Soziolekt hat nur ein solches Subsystem bzw. eine solche Varietät zu gelten, dessen/ deren Sprechergruppe gerade mit einer oder mehreren soziologisch ermittelten Sozialschicht(en) identisch ist.“ (Kubczak, 1987: 269) Nach Kubczak dürfen Soziolekte niemals mit einer positiven oder negativen Bewertung einhergehen. Dittmar hält dem entgegen, dass ihm keine Fälle wertneutraler Schichten bekannt seien und merkt an, dass soziolektale (schichtspezifische) Varietäten empirisch eindeutig isoliert werden müssen, um auf dieser Basis Bewertungen über den objektsprachlichen Varianten berücksichtigen zu können. Für das Typische an diastratischen Varietäten hält Dittmar ihre Symptomfunktion auf der vertikalen Skala der Werte mit den Extremen gut vs. schlecht, prestigebesetzt vs. stigmatisiert etc. (vgl. 1997: 190ff.) Die schichtspezifischen Varietäten der Unterschicht gelten demnach als zunehmend stigmatisiert (in ihren sprachlichen Möglichkeiten) und die der oberen Schichten als prestigebesetzt. Man kann also sagen, dass Soziolekte der sprachliche Spiegel sozialer Verhältnisse, in Verbindung mit den daraus resultierenden Wertekonflikten, sind. (vgl. ebd.: 190ff.) Wichtig an dieser Stelle ist auch der Hinweis darauf, dass Dialekte mit Soziolekten in enger Verbindung stehen und ein untrennbarer Zusammenhang zwischen räumlicher (horizontaler) und sozialer (vertikaler) dialektaler Variation existiert. „All dialects are both regional and social, since all speakers have a social backround as well as a regional location.” (Chambers & Trudgill, 1980: 54) Auch Steinig weist a) auf die enge Verbindung zwischen Soziolekt und Dialekt hin, welche auf historischen Beziehungen basiert. Des Weiteren führt er folgende Punkte als Definitionsversuch von Soziolekt an, die hier abschließend Erwähnung finden sollen:

b) Das Sprachverhalten von einer Gruppe von Individuen, die gesellschaftlich abgegrenzt sind, bezeichnet man als Soziolekt.
c) Die Zugehörigkeit zu einer solchen Gruppe wird durch Sprecher anderer Varietäten bestimmt. Ob sich ein Sprecher selbst zu einer Varietät zählt, ist nicht entscheidend.
d) Für eine objektive Beurteilung der soziolektalen Varietät muss ein Vergleich zwischen der eigenen und der fremden Varietät vorgenommen werden, d.h. es erfolgt eine Bewertung der eigenen Varietät bzw. der Varietät anderer Sprecher. (vgl. 1976: 14ff.)

1.1.1.3 Die diaphasische Dimension - Situolekte

Die diaphasische Dimension bezieht sich auf eine bestimmte Situation, in welcher Sprache gebraucht wird. Nach Dittmar gibt die diaphasische Dimension Auskunft darüber,: „w er mit wem wie in welchem sozialen Kontext (Kaufhaus, Straßenbahn, Schule, Kirche, Jugendzentrum, Privathaushalt etc.) über was (Thema) redet.“ (1997: 206) Das wie in Dittmars Ausführungen soll Auskunft darüber geben, ob die Kommunikation mündlich oder schriftlich stattfindet, wobei register- und stilspezifische Varianten zu beachten sind. Wer mit wem konzentriert sich auf die Gesprächspartner und deren Beziehung/ Vertrautheit zueinander. Sie haben unterschiedliche lokale und soziale Identitäten, verfügen über verschiedenes sprachliches Wissen und Weltwissen und haben je nach sozialer Situation unterschiedlichen sozialen Status. Das soziale Umfeld (Setting) beschreibt die Lebensbereiche und Handlungsräume, in denen die Interaktionspartner bestimmte Rechte und Pflichten zu beachten haben. Neben den Freizeitbereichen gehören Beziehungsverhältnisse wie zwischen Käufer - Verkäufer, Patient - Arzt, Kirchgänger - Pfarrer, Kinder - Eltern etc. dazu. Die Gesprächspartner ziehen nun ein bestimmtes Register[2] und treffen die Wahl des Sprachgebrauchs auf Grund von eben beschriebenen Faktoren. Der Registerbegriff ist abzugrenzen von Kode, Dialekt und Stil. Inwiefern, soll hier kurz erläutert werden.

Register stellt, anders als Dialekt, den tätigkeitsbezogenen sozialen Prozess dar. Die wesentlichsten Merkmale des Registers sind wissensbezogen (kommunikative Muster), situations- und rollengebunden, schwach normiert (mündliche Register), stark normiert (schriftliche Register). Demgegenüber ist Dialekt kleinräumig, nicht kodifiziert, nur gesprochen. Die Abgrenzung zu Stil erscheint schon etwas schwieriger, da er mit dem Registerbegriff eng verknüpft ist. „Stile verbinden sich prototypisch mit der personen- oder gruppenspezifischen Expressivität der jeweils durchzuführenden kommunikativen Aufgabe. Aus sozio - kognitiver Perspektive vermitteln Stile Sprecherinformationen (Geschlecht, Alter, Herkunft etc.), während Register in erster Linie je nach Kontext, Situation und Aufgabe sprachgebrauchsbezogene Informationen liefern. Die erfolgreiche Anwendung von Registern lässt sich an der angemessenen Folge und Kohärenz von Handlungen ablesen; darüber hinaus mögen Sprecher auf Grund unterschiedlicher Stile in der Durchführung der einzelnen Handlungen mehr oder weniger erfolgreich sein (soziale Wirkung, Image, etc.). Im erläuterten Sinne sind Register und Stil eng miteinander verschränkt - Stil ist jedoch Register (qua Tätigkeit) nachgeordnet.“ (Dittmar, 1997: 212)

Einen interessanten Aspekt nimmt Register in der Kommunikation zwischen Muttersprachlern und Nicht - Muttersprachlern als Fremdenregister ein. Es tritt hier als eine Art Mischvarietät auf, indem es eine kommunikative Annäherung zwischen Muttersprachler und Nicht - Muttersprachler beschreibt. Beide Gruppen vereinfachen ihre Sprache jeweils um sich somit verständlicher machen zu können. Diese Mischvarietät ist situativ bedingt und kann auf eine Art natürliches Musterwissen zurückgreifen, welches angemessene Sprachgebrauchsmuster zur Verfügung stellt. Nach Dittmar vermischen sich bei ihrem Gebrauch Dialektformen mit pidginisierten[3] Sprachformen, die den Gebrauch von hyperkorrekten Formen bedingen, die weder im Dialekt noch in der pidginisierten Varietät des Ausländers vorkommen. (vgl. Dittmar, 1997: 216ff.) Abhängig vom Einsatz der Mischvarietät ist der Wille des muttersprachlichen Sprechers, zu schneller und optimaler Verständigung zu kommen. Davon ableiten lassen sich die Regeln: „Je langsamer das Sprechtempo und je größer die Sprechkontrolle,

(i) desto mehr hyperkorrekte Formen gelangen zur Anwendung;
(ii) desto mehr nähert sich der Sprecher den systematischen Eigenschaften der pidginisierten Varietäten der Ausländer an;
(iii) desto mehr tritt der Dialekt in den Hindergrund.“ (ebd.)

Die Anwendung der pidginisierten Varietäten erfolgt mit praktischem Hintergrund. Wie bereits erwähnt, soll das Fremdenregister Vorteile für die Verständigung bieten. Ebenfalls auf der diaphasischen Dimension zu finden sind die Sondersprachen [Argot (olekt) /Slang], die sozialgebundene Besonderheiten aufeisen, anders als z.B. die sachgebundenen Fachsprachen[4]. Ein spezieller Wortschatz, der typisch für eine bestimmte Interessengemeinschaft (Gruppe, Stand, Beruf) ist, wird durch diese gebildet und genutzt. Zum Beispiel findet man diesen bei Jägern, Fischern, Bergleuten, Weinbauern, Druckern, Studenten, Bettlern oder Gaunern. (vgl. Bußmann, 2002: 606) In diesem Zusammenhang werden oft die Begriffe Jargon und Slang erwähnt, die allerdings in der Literatur teilweise recht widersprüchlich dargestellt werden. Jargon wird von Domaschnev wie folgt definiert: „In Gemeinschaften von Menschen, die eine gemeinsame berufliche oder außerberufliche Betätigung ausüben, die ständig miteinander verkehren oder enger zusammenleben, entstehen Wörter und Wendungen, mit welchen die Sprechenden die gewöhnlichen Ausdrücke ersetzen. Man nennt ihre Gesamtheit Jargon [...] das Gefühl der Zugehörigkeit zu einer sozialen Gruppe und zugleich eine gewisse Absonderung zu den übrigen Teilen der Gesellschaft spielen dabei bewusst oder unbewusst eine Rolle. Diese Absonderung führt keineswegs zur Abschließung nach außen, wie es bei der Bildung von verschiedenen Formen der Geheimsprache (Rotwelsch, Argot) der Fall ist. “ (1987:313) Der Unterschied zu Argot (Slang) ist also der, dass eine interne Gruppenidentität erhalten und verstärkt wird, auch unter dem Vorbehalt Nicht - Gruppenmitglieder auszuschließen. Jargon dient der zweckgebundenen Verständigung zwischen Kollegen gleicher Arbeitsfelder z.B. oder gilt als unentbehrlich in technischer und wissenschaftlicher Forschung, wobei Slang entbehrlich ist und kreative alternative Bezeichnungen für z.B. Soldaten, Sportler, Musiker usw. findet.

Innerhalb der diaphasischen Varietäten tauchen auch die Sexolekte, also die geschlechtsspezifischen Sprachvarianten und die Gerontolekte, die Jugendsprache auf. Da man sich bei den Sexolekten wissenschaftlich nicht einig darüber ist, ob es sich überhaupt um eine Varietät handelt und bei dem Terminus Jugendsprache der Begriff Jugend noch nicht ausreichend definiert ist, soll hier von einer näheren Beleuchtung beider Begriffe abgesehen werden.

1.1.1.4 Die Standardvarietät

Die Standardvarietät ist, möchte man dem Namen nachgehen, eine öffentlich gültige Kommunikations - Variante, die für eine Nation oder Sprachgemeinschaft als grundsätzliche Richtlinie gilt.

„Sie ist durch unterschiedlich herrschende gesellschafts- und machtpolitische Verhältnisse in historischem Prozess als überregionales Verständigungsmittel legitimierte und institutionalisierte Varietät einer Sprachgemeinschaft. [...] Die Standardvarietät ist kodifiziert durch eine Reihe von Normen, die ihren korrekten schriftlichen und mündlichen Gebrauch festlegen.“ (Dittmar, 1973: 134) Sie definiert sich also u. a. über ihre festgelegte Schreibweise und „...muss somit korrekt gebraucht werden. Die Formen der Standardvarietät sind in einem Sprachkodex niedergeschrieben, in Wörterbüchern, Grammatiken und Ähnlichem. Diese kodifizierte Form ist in ihrer Sprachgemeinschaft amtlich institutionalisiert, wird an Schulen unterrichtet und in Behörden verwendet.“ (Ammon, 1995: 2) Wobei für Ammon eine Äquivalenzdefinition, die eine vollständige Bestimmung des definierten Ausdrucks erlaubt (vgl. Pawlowski 1980: 125ff.), für die Standardvarietät nicht möglich ist. Es gibt keine hinreichende und notwendige[5] Bedingung für die Standardvarietät, als Voraussetzung für eine äquivalente Bedingung, die eine vollständige Definition gibt. (vgl. Ammon 1986)[6] Nach Dittmar erwirbt der Sprecher dieser Varietät durch ihren Gebrauch soziale Privilegien, durch das Lernen in der Schule. Durch den anschließenden korrekten Einsatz der Standardvarietät bekommt der Sprecher Prestige. Außerdem findet diese

intersubjektive Verkehrssprache Anwendung im Rahmen staatlicher und gesellschaftlicher Institutionen, sowie in allen formalen Kontexten, die Sanktionen befürchten lassen, wenn sie nicht korrekt benutzt wird. (vgl. Dittmar, 1973: 134)

Die Standardsprache (auch Literatursprache, Hochsprache) stellt laut Daneš „...eine wirkliche Formation und die repräsentative Existenzform einer Nationalsprache dar, die auf Grund einer kleineren und festen Menge von Dimensionen (Parametern) - vor allem soziologischen Charakters - ausgebaut ist“ (2005: 41) Innerhalb einer Sprachgemeinschaft hat eine Standardvarietät nach Garvin vier Funktionen:

1. einigende Funktion: sie beherrscht, kontrolliert verschiedene Dialektbereiche durch einen Standard;
2. separierende Funktion: sie grenzt Sprachen gegenüber anderen ab;
3. Prestigefunktion: vermittelt dem Sprecher ein gewisses Ansehen bei ihrer Verwendung;
4. Funktion zur Korrektheitsnormierung: dient als normativer Bezugsrahmen für die Orientierung seiner Sprecher; (vgl. Dittmar, 1973: 135)

Wichtig und von Bedeutung für Qualität und Quantität bei der Anwendung der Standardvarietät ist die Einstellung des Sprechers ihr gegenüber, sowie sein Grad an Sprachtreue, Sprachstolz und Normbewusstsein . Deutrich und Schank (vgl. Dittmar 1973: 135ff.) haben einen Versuch unternommen, Standard operational zu definieren, geltend für einen bestimmten Raum, eine bestimmte Zeit und einen bestimmten Sprecher und machen, am Beispiel der Standardvarietät des Deutschen, folgenden Vorschlag der Einteilung und Zuordnung:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Es bleibt die Frage zu klären, wer den Standard einer Sprache erstellt, bzw. ihn als solchen unter verschiedenen Möglichkeiten fixiert und der Menge als gegeben vorstellt.

Ammon hat mit seinem Identifizierungsversuch der wichtigsten normsetzenden Instanzen für Standardvarietäten seit 1995 eine Graphik geschaffen, die genau diese Instanzen zu benennen versucht.

Soziales Kräftefeld einer Standardvarietät

Als Instanz 1 nennt er Modellsprecher - oder - schreiber, die als prominente Berufssprecher und -schreiber zwar eine umstrittene Standardsprachlichkeit verbreiten könnten, durch ihr permanentes Erscheinen und durch ihre zwangsläufige Vorbildfunktion aber einen Standard erzeugen können. Als Modelltexte dienen von diesen Personen veröffentlichte mündliche und schriftliche Prosatexte, auch Sachtexte, wie öffentliche Reden und Zeitungstexte in Massenmedien. Diese Art der Standardisierung ist primär bedingt durch ihre Publikumsreichweite.

Die 2. Instanz, nach Ammons Identifizierungsversuch die Sprachkodexe oder - kodizes, sind autoritative Nachschlagewerke, für den korrekten Sprachgebrauch, unter anderen die Dudenbände.[8] Mitglieder einer Sprachgemeinschaft können sich in Sprachnormkonflikten auf sie berufen, dies allein empfindet Ammon als entscheidend. Nach Hägi „kann der Sprachkodex selber nur grob umrissen werden, da z.T. unklar bleibt, was konkret noch dazugehört und was nicht. Ein Grund hierfür liegt darin, dass ein Kodex unvermeidlich an Aktualität einbüßt, ohne dass dies zeitlich festzumachen wäre.“ (2006: 40)

Die 3. Instanz in der Darstellung nennt Ammon die Sprachexperten, sprachwissenschaftliche Fachleute, die als solche gelten: „Fach- oder auch Laienlinguisten - ohne die eigentlichen Kodifizierer.“ (2005:33) Sie können unter Umständen die Normsetzungen des Kodexes kritisieren und vielleicht Änderungen in ihnen bewirken.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 1 Soziales Kräftefeld einer Standardvarietät (Ammon, 2005: 33)

Sprachnormautoritäten nennt Ammon die 4. Instanz. Hierzu zählen z.B. Lehrer, denen von Berufs wegen erlaubt ist Korrekturen vorzunehmen, die sogar dazu angehalten werden. Diese halten sich in Normsachen an den Sprachkodex (z.B. Duden). Die Wechselwirkung der Pfeile im Modell zeigt, dass diese sich aber auch an Modellsprechern orientieren und sich auf Fachurteile von Sprachexperten (Linguisten) berufen.

Ammons verdeutlicht in seiner Grafik, dass alle Instanzen in irgendeiner Form aufeinander einwirken und sich bedingen können. Wobei er darauf hinweist, dass die vier Instanzen nicht begrifflich geschärft sind und in ihren Normsetzungen divergieren können. Um alle vier Instanzen herum befindet sich die Bevölkerungsmehrheit. Deren Standardgebrauch wirkt nur indirekt auf die Standardnorm ein, wie die perforierte Linie verdeutlichen soll. „Die normsetzenden Instanzen wählen daraus aus, zunächst vor allem die Modellsprecher und

-schreiber.“ (Ammon, 2005: 33ff.) Das Kräftemodell von Ammon wurde häufig angewendet (vgl. z.B. Dovalil [in Vorbereitung]) und bisher nicht maßgeblich modifiziert, obwohl Ammon selber auf den Ad - hoc- Charakter hinweist. Das Modell macht die Komplexität einer Standardvarietät und damit auch deren Konstruktcharakter nachvollziehbar. (vgl. Hägi, 2006: 41)

In den bisher vorgestellten Ansätzen gibt es gegenüber den Nonstandardvarietäten unterschiedliche Ansätze und Eingrenzungen der Standardvarietät, die von verschiedenen Linguisten definiert wird. Harald Baßler und Helmut Spiekermann haben ein Modell entwickelt, in dem die Standardvarietät in drei verschiedene Varianten aufgeteilt werden kann, bei denen es nur eine wirkliche standardsprachliche Norm gibt. (vgl. 2001: 3) Sie unterscheiden: a) Regionalstandards, b) nationale Standardsprachen und c) Standard. Inwiefern sie sich gegenüberstellen lassen, soll an folgender Grafik verdeutlicht werden:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 2 Modell regionaler Varietäten des Deutschen (Baßler/ Spiekermann, 2001: 2)

Die Regionalstandards (rst) sind standardsprachliche Varietäten, die in formalen Situationen verwendet werden, zum Teil aber große regionale Variationen aufweisen, vor allem in Bezug auf lexikalische und phonologische Merkmale. Eine regionale Einteilung der Sprecher ist leicht möglich. Da die linguistischen Merkmale meist dialektalen Ursprungs sind, sind sie nicht kodifiziert. Regionalsprachen basieren zwar auf Dialekten, haben Dialektales aber möglichst abgebaut und durch standardsprachliche Annäherungen ersetzt. Die nationalen Standardsprachen (nst) verstehen Baßler/ Spiekermann in gleicher Definition wie Ammon (vgl. 1995: 6ff.), d.h. die drei nationalen Standardsprachen in Deutschland, Österreich und der Schweiz gehören zwar zur selben Sprache Deutsch, unterscheiden sich aber auf verschiedenen linguistischen Ebenen voneinander und sind in Wörterbüchern kodifiziert. Während im Modell die Anzahl von Dialekten (dx), Regionalsprachen (ry) und regionalen Standards (rstz) nach oben offen ist, sind die nationalen Standards auf drei, Deutschland, Österreich, Schweiz, begrenzt. „Nationale Standards sind die regionalen Varietäten entlang des sprachlichen Kontinuums, die am stärksten kodifiziert sind und die wenigsten regionalen Merkmale aufweisen.“ (Baßler/ Spiekermann, 2001: 3) Standard (st) sei ein sprachliches Konstrukt, welches in der natürlichen Sprache kaum zu finden ist und im Modell allen anderen Varietäten gegenübergestellt wurde. Laut Baßler/ Spiekermann ist Standard zwar in Aussprache- und Rechtschreibwörterbüchern sowie Grammatiken kodifiziert, wird aber nur unter sehr kontrolliertem, professionellem Sprechen und Schreiben benutzt. „Die Standardsprache wird in ihrer alltagssprachlichen Bedeutung als Zielvarietät verstanden, die wir wegen ihrer strengen Orientierung an kodifizierten Normen aber als Konstrukt (s.o. Standrad) bezeichnet haben.“ (Baßler/ Spiekermann, 2001: 3)

Auch Daneš weist darauf hin, dass eine gegenwärtige Tendenz zur Destandardisierung via Substandardisierung (Ausdehnung der Umgangssprache) zu einer graduellen Abschwächung der Kompaktheit, eine Lockerung der Normen und einer allmählichen Abgrenzung zum Standard führen. (vgl. 2005: 41) Somit erscheint die Unterteilung der Standardsprache in Unterformen nach Baßler/ Spiekermann als sehr schlüssig. Betrachtet man Standard als das, was ausschließlich kodifiziert ist, und nur bei absolut exakter Anwendung als solcher bezeichnet werden kann, kann der Terminus Standard dadurch als relativ konstant angesehen werden. Das Modell von Baßler/ Spiekermann stellt die auftretenden Probleme einer klaren Einteilung verschiedener Varianten heraus und ist ein gelungener Umgang mit der diatopischen Varianz des Deutschen.

1.2 Zusammenfassung

Als Einführung in die vorliegende Magisterarbeit beschäftigt sich Kapitel 1.1 mit den theoretischen Grundlagen rund um die Varietätenforschung als Gebiet der Soziolinguistik. In Punkt 1.1 wird erwähnt, dass die Homogenitätstheorie der Sprache heute als veraltet betrachtet wird. Dementsprechend wird das Konstrukt Sprache als heterogen vorgestellt. Diese Heterogenität gilt als Vorraussetzung für die Erschließung von sprachlichen Varietäten und deren Abgrenzungen von anderen Termini. Die Varietäten lassen sich, wie ab Punkt 1.1.1 gezeigt, in verschiedene Ordnungsdimensionen unterteilen. In Kapitel 1.1.1.1 wird die diatopische Dimension, welche sich mit den lokalen/ regionalen Varietäten, den Dialekten beschäftigt, vorgestellt. Dieser folgen unter 1.1.1.2 die diastratische Dimension (Soziolekte) und unter 1.1.1.3 die diaphasische Dimension (Situolekte). Mit der Standardvarietät, als amtlich institutionalisiertes Verständigungsmittel, beschäftigt sich Kapitel 1.1.1.4. Die Standardvarietät erhält hier besondere Beachtung, da sie für die Diskussion rund um die Frage nach der Integration von regionalen Varietäten in den DaF - Unterricht das wichtigste Gegenstück zu regionalen Varietäten für DaF - Lehrer und Lerner darstellt. Ein normaler

DaF - Unterricht ist in erster Linie nach der Standardvarietät ausgerichtet, die in kodifizierten Werken fixiert ist und als Richtlinie gilt. Im nun folgenden Abschnitt wird die deutsche Sprache mit ihren nationalen und regionalen Varietäten vorgestellt. Dafür wird u.a. ein Blick auf die Vollzentren Deutschschweiz und Österreich geworfen und die dortige Sprachsituation hinsichtlich einer Existenz von Standardvarietät und regionaler Varietät untersucht.

1.3. Die deutsche Sprache und ihre nationalen und regionalen/ lokalen Varietäten

1.3.1 Plurizentrizität

Die deutsche Sprache ist, wie auch z.B. die englische (vgl. britisches vs. US - amerikanisches vs. kanadisches Englisch) oder Spanisch (Spanisch in Spanien vs. Spanisch in verschiedenen Ländern Mittel- und Südamerikas), eine plurizentrische Sprache. Plurizentrisch heißt, dass die Sprache zwischen verschiedenen Nationen variiert. „Es handelt sich hierbei um ein Getrenntsein durch gemeinsame Sprache - wie Mark Twain (in Bezug auf die Amerikaner und Briten) und Karl Kraus (in Bezug auf die Österreicher und Deutschen) immer wieder zitiert werden (z.B. Polenz, 1999a: 415)[9].“ (Hägi, 2006: 17) D.h. es handelt sich um eine Sprache, die mehrere nationale Zentren besitzt, welche jeweils unterschiedliche Standardvarietäten ausbilden. Diese Standardvarietäten unterscheiden sich zwar vorwiegend im lexikalischen und phonetisch - phonologischen Bereich, rechtfertigen aber nicht den Ansatz einer eigenen Sprache. (vgl. Bußmann, 2002: 521) Die Summe der Formen und Regeln einer Sprache, die in solch einer Nation gelten, nennt man nationale Varietäten. (vgl. Hägi, 2006: 17) Nach Ammon handelt es sich bei dem Terminus nationale Varietät um „...eine Standardvarietät, die mindestens eine der beiden folgenden Bedingungen erfüllt: Sie enthält (a) spezifische nationale Varianten (mindestens eine), oder (b) für eine Nation spezifische Kombination von nationalen Varianten, die dann im Einzelnen auch unspezifisch sein können.“ (Ammon, 1995: 72) Die Sprache Deutsch wird in verschiedenen Ländern gesprochen, stellt aber nicht überall eine eigene nationale Varietät dar. (vgl. ebd.)

Einteilungs- und Abgrenzungskriterien werden im folgenden Kapitel näher erläutert.

1.3.1.1 Deutsch als plurizentrische Sprache und ihre nationalen Varietäten

Als staatliche Amtssprache ist Deutsch in insgesamt sieben Staaten zu finden. Der Status der deutschen Sprache ist allerdings recht unterschiedlich in den einzelnen Ländern. D.h., dass Deutsch in einigen Staaten Amtssprache auf nationaler Ebene ist und in zentralen Staatsorganen, wie dem Parlament genutzt wird. Ammon nennt dieses Solo - offiziell. (1995, 12) Ko - offiziell dagegen heißt, dass Deutsch zusammen mit anderen Sprachen als Amtssprache verwendet wird. Zu einer Einschränkung kommt es, wenn Deutsch nicht auf nationaler, sondern auf regionaler Ebene staatliche Amtssprache ist.

Solo - offiziell ist Deutsch in: BRD, Österreich, Liechtenstein.

Ko - offiziell ist Deutsch in: Schweiz (Deutsch hier neben Französisch, Italienisch, Rätoromanisch, Luxemburg (Deutsch neben Französisch und Letzeburgisch).

Regionale Amtssprache ist Deutsch in: Deutschsprachige Gemeinschaft in Belgien (nur Deutsch bei subsidiärer Verwendung von Französisch), autonome Provinz Bozen - Südtirol in Italien (Deutsch neben Italienisch und Gebietsweise auch Ladinisch). (vgl. Ammon, 1995: 12)

Die Regionen, in denen Deutsch als Amtssprache gilt, sind aber nicht gleichzeitig auch die Regionen, in denen Deutsch als Muttersprache gesprochen wird. Nur in vier Staaten wird Deutsch als Muttersprache gebraucht, in der BRD, der Schweiz, Österreich und in Lichtenstein.[10]

In folgender Tabelle werden die Verhältnisse im Einzelnen im Überblick dargestellt:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 3 Staaten mit Deutsch als Amtssprache (Ammon, 1995: 12)

Des Weiteren lassen sich diese Regionen in deutsche Sprachzentren einteilen. Als die drei Vollzentren lassen sich Deutschland, Österreich und die deutschsprachige Schweiz benennen und zu den Halbzentren zählen Liechtenstein, Luxemburg, die deutschsprachige Gemeinschaft in Belgien und die autonome Provinz Bozen in Südtirol in Italien. Das Merkmal eines Vollzentrums ist, dass die standardsprachlichen Besonderheiten dieser nationalen Varietät in eigenen Nachschlagewerken, z.B. Wörterbüchern, festgehalten und autorisiert sind. (vgl. Ammon, 2004: XXIIX)

Insbesondere in Deutschland, in der Schweiz und in Österreich ist eine eigene Standardvarietät ausgebildet.

Für diese drei bekanntesten nationalen Varianten sind bestimmte Termini eingeführt worden:

Austriazismus für eine österreichische nationale Variante, Helvetismus für eine schweizerische Variante und Teutonismus oder auch Deutschlandismus ( vgl. Ammon, 1996: 7), oder auf Vorschlag Polenz, auch Germanismus (vgl. 1996: 211), für die deutschländische Variante. Lange Zeit wurde das Deutsch, welches in Deutschland gesprochen wird, als Hauptvarietät angesehen, auf Grund von politischen und demografischen Gegebenheiten. Seit 1978 plädierten zuerst Kloss (vgl. 1978: 66ff.), dann Clyne ab 1984 (vgl. 1984) für eine Gleichrangigkeit der verschiedenen nationalen Varietäten des Deutschen. Dagegen gab es z.B. von Wiesinger (vgl. 1995: 69) Einwände. Bis jetzt ist die Diskussion um die Wertigkeit der verschiedenen Nationalvarietäten nicht beendet. Der Begriff Binnendeutsch, als Bezeichnung für das deutschländische Standarddeutsch, wird in der Forschung mittlerweile gemieden. Die Kritik richtet sich gegen die Randstellung jedes anderen Deutschs, welche im Begriff zum Ausdruck käme. (vgl. Lingg, 2006: 24ff.) „Daher kann Binnendeutsch nur in einem normativ wertenden Sinn gemeint sein.“ (Ammon, 1999: 386)

Die Beantwortung der Frage, ob auch in den Halbzentren eine eigene Standardvarietät existiert, erweist sich für Ammon als schwierig. Tendenziell verneint er aber diese Frage, mit der Begründung, dass bei den Halbzentren des Deutschen kein eigener Sprachkodex vorhanden ist und die geringe Größe der Gebiete dafür sorgt, dass Grundlagen einer Standardvarietät nur schwach entwickelt sind. (vgl. 1996: 7)

1.3.2 Standarddeutsch vs. regionale Varietäten im Vollzentrum Deutschland

1.3.2.1 Die Kodifizierung der Standardsprache in Deutschland

Die deutsche Schriftsprache ist durch die amtliche Neuregelung der deutschen Rechtschreibung, die am 1. August 1998 in Kraft getreten ist, kodifiziert. Dieses amtliche Regelwerk enthält neben den Regeln selbst auch ein Wörterverzeichnis. Die Wörter dieses Wörterverzeichnisses sind in Rechtschreibwörterbüchern enthalten, außerdem werden die Regeln aber auch auf einen wesentlich umfangreicheren Wortschatz angewendet. Amtliche Regelungen normieren aber nicht nur die anderen Sprachebenen. „So ist die Aussprachenorm nur in verschiedenen Aussprachewörterbüchern kodifiziert, die grammatische Norm in Grammatiken, die lexikalische Norm in Wörterbüchern, die Stilnorm in Stilratgebern. Für diese Ebenen der schriftsprachlichen Norm stehen die Norm darstellenden Werke vor der Aufgabe, die gültige und sich wandelnde Norm angemessen zu erfassen.“ (Bergmann, 2005: 211)

1.3.2.2 Regionale Varietäten - von der Mundart zum Dialekt

1870 wurde in der bisher existenten Mundartforschung eine grundsätzliche Wende geschaffen, indem diese mit Hilfe von Sprachatlanten berufen war, den Streit um die Ausnahmslosigkeit der Lautgesetze zu entscheiden. Als Georg Wenker den Sprachatlas des Deutschen Reiches (1876-1881) schuf, wurde eine neue Epoche in der Mundartenforschung eingeleitet: Mundartenforschung wurde zu Dialektgeografie [11], indem sie geografisch und historisch vertieft wurde. Eigentlich wollte Wenker mit seinem Sprachatlas die Ausnahmslosigkeit der Lautgesetze bestätigen, musste dabei aber genau das Gegenteil feststellen. Man musste einsehen, dass es keine ausnahmslos wirkenden Gesetze gibt, nicht einmal scharf umrissene Mundartgebiete.

[...]


[1] L= lingua

[2] Als Register bezeichnet man eine „...funktionsspezifische, d.h. für einen bestimmten Kommunikationsbereich (Institution) charakteristische Sprech- oder Schreibweise, z.B. die eines Pfarrers bei der Predigt, der Eltern gegenüber dem Kind, der Angestellten gegenüber Vorgesetzten. (Bußmann, 2002: 558)“

[3] Pidgin bezeichnet eine aus einer Notsituation heraus entstandene Mischsprache. Diese funktionsfähige Mischsprache entsteht beim Kontakt von Sprechern zweier oder mehrerer Sprachen. Ohne gegenseitiges Sprachverständnis werden Struktur und Vokabular der einzelnen muttersprachlichen Systeme nachhaltig reduziert, um eine Verständigung herbei zu führen. Pidgin ist gekennzeichnet durch vereinfachte phonologische, morphologische und syntaktische Strukturen, durch einen stark reduzierten Wortschatz und eine Tendenz zur Umschreibung und Metaphorik. (vgl. Bußmann, 2002: 519)

[4] Da sich aber fachspezifische Gruppierungen (wie Berufe) häufig mit sozialen Schichtungen decken, sind die Übergänge zwischen Sonder- und Fachsprachen fließend. (vgl. Bußmann, 2002. 606)

[5] Ein Faktor A ist eine hinreichende Bedingung für einen Faktor B, wenn beim Auftreten von A auch B auftritt. Ein Faktor A ist eine notwendige Bedingung für Faktor B, wenn beim Nichtauftreten von A auch B nicht auftritt. (dazu vgl. Pawlowski 1980: 126, Anm.3 und 4).

[6] Dieser These schließt sich der Verfasser dieser Arbeit hier an und aufgeführte Definitionen sollen unter diesem Aspekt betrachten werden.

[7] Operationalisierung bedeutet, definiert nach Ammon (vgl. 1995: 73), die Angabe von Kriterien, nach denen Sprachformen als standardsprachlich identifiziert werden können.

[8] An dieser Stelle soll auf folgendes hingewiesen werden: Wenn das, was kodifiziert ist, als normsetzende Instanz für Standardvarietät definiert wird, muss in Kauf genommen werden:

„1. dass die so definierte Standardvarietät Lücken aufweist oder Sprachzeichen zugezählt werden müssen, die nicht kodifiziert sind; 2. die Standardvarietät in kodifizierter Form geschriebene Sprache ist und so für die Beschreibung mündlicher Sprache nicht oder nur unzulänglich herangezogen werden kann; dass 3. durch die Art der Entstehung und Fortschreibung des Dudens sich das hochsprachliche Sprachsystem als Flickwerk erweist, aus dem beliebige Einzelstellen herausgenommen und durch neue ersetzt werden können und somit nicht von einem kohärenten System gesprochen werden kann; und dass 4. durch die zuvor getroffene Auswahl der Texte und die Einzelentscheidungen über Änderungen im Kodex, sich die hochsprachliche Varietät als ein formbares Objekt in den Händen einzelner erweist.“ (Huesmann, 1998: 23)

[9] Der ehemalige Schweizer Botschafter Thomas Borer verwendete während seiner Rede im Januar 2002 anlässlich der Aachener Verleihung des 25. Karnevalsordens Wider den tierischen Ernst das gleiche Zitat in Bezug auf die Verhältnisse zwischen der Deutschschweiz und Deutschland.

[10] Dass Deutsch auch in Liechtenstein als Muttersprache gesprochen wird, ist weniger bekannt als das Vorhandensein des Deutschen als Muttersprache in der BRD, der Schweiz und in Österreich.

[11] Dialektgeografie soll an dieser Stelle nicht ausschließlich räumliche, sondern wie erwähnt, auch historische Merkmale beinhalten.

Ende der Leseprobe aus 113 Seiten

Details

Titel
Regionale Varietäten der deutschen Sprache und deren Relevanz im Unterricht "Deutsch als Fremdsprache"
Untertitel
Eine situationsbeschreibende Fragebogenstudie
Hochschule
Universität Leipzig  (Herder Institut)
Note
1,7
Autor
Jahr
2007
Seiten
113
Katalognummer
V89772
ISBN (eBook)
9783638038089
ISBN (Buch)
9783638934541
Dateigröße
1517 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Regionale, Varietäten, Sprache, Relevanz, Unterricht, Deutsch, Fremdsprache
Arbeit zitieren
Melanie Schreer (Autor:in), 2007, Regionale Varietäten der deutschen Sprache und deren Relevanz im Unterricht "Deutsch als Fremdsprache", München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/89772

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