Die Herausarbeitung des Zusammenhangs zwischen politisch motiviertem Terrorismus und Kommunikation im Falle der RAF wurde bisher erst in einem Aufsatz in Angriff genommen, der das Wechselspiel zwischen den deutschen Terroristen und den Medien im öffentlichen Diskurs untersucht. Ansonsten aber sind Arbeiten zu diesem Thema „so selten, dass man von einer Terra incognita sprechen kann.“
Die Arbeit wird deshalb der Frage nachgehen, wie sich anhand der Kommunikationsstrategie der ersten Generation der RAF die charakteristische Selbstbezüglichkeit dieser Gruppe bereits kurz nach ihrer Entstehung bemerkbar macht.
Die These der partiellen Selbstadressierung als Merkmal der terroristischen Selbstbezüglichkeit soll im Folgenden durch das erste veröffentlichte Positionspapier der RAF und den Bekennerschreiben der so genannten „Mai-Offensive“ belegt werden. Der im April 1971 veröffentlichte Text "Das Konzept Stadtguerilla" stellt die erste theoretische Äußerung der Gruppe dar, in dem der Versuch unternommen wird, über das eigene Handeln, die eigene Ideologie und die selbst gesetzten Ziele Rechenschaft abzulegen. Die in diesem Text angekündigte „bewaffnete Propaganda“ wird im Mai 1972 durch fünf Bomben- und Sprengstoffanschläge in die Tat umgesetzt.
Die Analyse dieser Ereignisse muss dabei zwei Formen der Codierung in den Blick nehmen: erstens die Codierung durch die Bekennerschreiben der RAF und zweitens die Bedeutung der Anschlagsziele im historischen Kontext. Gerade der zweite Punkt ist dabei für die Herausarbeitung der Selbstbezüglichkeit der RAF unerlässlich, da er die Relationen zwischen der Terrororganisation und den Anschlagszielen erhellt, ohne dabei auf die terroristische Propaganda Rücksicht zu nehmen. Gleichzeitig wird sich zeigen, dass in einzelnen Bekennerschreiben die RAF selbst diese historischen Relationen integriert und offen ausstellt.
Die Propaganda des Wortes und die Propaganda der Tat anhand des ersten theoretischen Textes sowie den ersten ideologisch fundierten Taten und deren Bekennerschreiben werden als Beleg für das Scheitern der terroristischen Kommunikationsstrategie herangezogen, um dadurch die isolierte und auf sich selbst fixierte Haltung der RAF bereits im frühesten Stadium zu verdeutlichen. Dass die erste Aktion der RAF eine Gefangenenbefreiung verbunden mit der Gefährdung eines Menschenlebens war, deutete somit unmerklich schon den kommenden Weg voraus.
Inhaltsverzeichnis
- Terrorismus als Kommunikationsstrategie
- Die Propaganda des Wortes am Beispiel der RAF-Schrift Das Konzept Stadtguerilla
- „Herrschende Öffentlichkeit ist die Öffentlichkeit der Herrschenden“ - Merkmale einer Gegenöffentlichkeit
- Die argumentative Erzwingung des bewaffneten Kampfes
- Internationale Intertexte
- Die Propaganda der Tat – Fünf Anschläge im Mai 1972
- Die Codierung der Anschlagsziele
- Die Aporien der Kommunikationsstrategie
- Die Kommunikationsstrategie als Terrorismus
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit untersucht die Kommunikationsstrategie der ersten Generation der Roten Armee Fraktion (RAF) und analysiert, wie sich die Selbstbezüglichkeit dieser Gruppe bereits kurz nach ihrer Entstehung manifestierte. Ziel ist es, die Rolle von Kommunikation im Kontext des politisch motivierten Terrorismus anhand der RAF-Strategie zu beleuchten.
- Die Selbstbezüglichkeit der RAF als charakteristisches Merkmal
- Die Kommunikation der RAF als Mittel zur Bewusstseinsbildung in der Bevölkerung
- Die Rolle der Medien im Wechselspiel zwischen Terroristen und Öffentlichkeit
- Die Adressierung der RAF-Kommunikation an eigene Mitglieder und Sympathisanten
- Die Paradoxie des kommunikativen Abbruchs und der Fortsetzung durch terroristische Mittel
Zusammenfassung der Kapitel
Kapitel 1 beleuchtet die Entstehung der RAF und stellt den Widerspruch zwischen dem programmatischen Anspruch auf soziale Revolution und der tatsächlichen Praxis der Gruppe heraus. Es wird die Bedeutung der Selbstbezüglichkeit der RAF und die Bedeutung von Kommunikation im Kontext des Terrorismus betont.
Kapitel 2 analysiert die RAF-Schrift "Das Konzept Stadtguerilla" als Beispiel für die Propaganda des Wortes. Hier wird die Argumentation der RAF für den bewaffneten Kampf und die Strategie der Gegenöffentlichkeit untersucht.
Kapitel 3 widmet sich der Propaganda der Tat und analysiert fünf Anschläge der RAF im Mai 1972. Es wird die Codierung der Anschlagsziele und die damit verbundenen kommunikativen Strategien der RAF betrachtet.
Schlüsselwörter
Die Arbeit fokussiert auf die folgenden Schlüsselbegriffe: Terrorismus, Kommunikation, RAF, Selbstbezüglichkeit, Propaganda, Gegenöffentlichkeit, Bewusstseinsbildung, Medien, Anschläge, Kommunikationsstrategie.
- Arbeit zitieren
- Frank Dersch (Autor:in), 2007, Die Propaganda des Terrors - Eine Analyse der Kommunikationsstrategie der ersten RAF-Generation, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/89912