Alexander der Große in der mittelhochdeutschen Literatur am Beispiel des Straßburger Alexanders


Hausarbeit (Hauptseminar), 2002

14 Seiten, Note: 2,5


Leseprobe


Inhaltsangabe

Zum Geleit

1. Das Alexanderlied in der Überlieferung - Abriß

2. Das historische Umfeld in der Entstehungszeit des Straßburger Alexanders

3. Wesentliche zeitspezifische Besonderheiten im Straßburger Alexander

4. Der fiktionale Text in der Geschichtswissenschaft

Literaturangaben
Germanistische Fachliteratur / Primärliteratur:
Germanistische Fachliteratur / Sekundärliteratur:
Geschichtswissenschaftliche Fachliteratur
Sonstiges

Zum Geleit

„Wirklich ist die Geschichte Alexanders wie ein Epos, das historische Wirklichkeit wurde.“ so schreibt Wolfgang Schuller in seinem Porträt „Alexander der Große – die Inszenierung eines Welteroberers“[1]. Die Eroberungen und Taten des mazedonischen Herrschers regten daher auch im Laufe der Jahrhunderte immer wieder Autoren und Dichter an, sich künstlerisch mit ihm auseinanderzusetzen. Der Sohn Philipp des Zweiten wurde zum einen als Eroberer aber auch Herrscher zum reellen Vorbild von verschiedenen historischen Persönlichkeiten, zum anderen wurde er von diversen Literaten zum Vorbild stilisiert. Dies begann bereits nach seinem Ableben am 10.Juni 323 v. Chr. und zieht sich bis in die Jetztzeit, in das 21. Jahrhundert.

Die vorliegende Arbeit behandelt in diesem Zusammenhang den Alexanderroman in der mittelhochdeutschen Literatur, die hier aufgrund der Zeitumstände im Europäischen Mittelalter der Entstehungszeit bzw. Adaptierungszeit des antiken Alexanderstoffes eigene Akzente aufweist. Als Textgrundlage wird der sogenannte „Straßburger Alexander“[2] herangezogen, eine Bearbeitung des „Alexanderliedes des Pfaffen Lamprecht“, welches Leben und Taten Alexander des Großen erzählt. Die zu bearbeitenden mittelalterspezifischen Aspekte können anhand dieser ausgewählten Textgrundlage herausgearbeitet werden; eine Heranziehung weiterer, etwa frühneuhochdeutscher Bearbeitungen des Stoffes würde den Rahmen dieser Arbeit sprengen.

Der erste Teil der Arbeit wird kurz auf die bekannten Fakten zur Überlieferung und Adaption des Alexanderliedes eingehen. Der darauffolgende behandelt in knapper Weise das historische Umfeld der Entstehungszeit des ausgewählten Werkes, soweit es dem Verständnis der spezifischen Aspekte dienlich ist. Im dritten, dem umfangreichsten Teil, gilt es einige wesentliche Besonderheiten des mittelhochdeutschen Textes herauszuarbeiten. Abschließend folgen noch ein paar Gedanken zur geschichtswissenschaftlichen Verwertung der fiktionalen Texte.

1. Das Alexanderlied in der Überlieferung - Abriß

Das Alexanderlied des Pfaffen Lamprecht hatte als Quelle eine französische Dichtung, ein Werk von „Alberich von Bisinzo“, wie der Autor selbst in den Zeilen 13/14 schreibt; eine in der mittelhochdeutschen Literatur übliche Benennung der Textquelle. „Elberîch von Bisenzum – der brâte uns diez liet zû, [...]“, „Alberich von Bisinzo, der überlieferte uns das Lied.“[3] Alberich seinerseits stützte sich in der Hauptsache auf eine lateinische Übersetzung des griechischen Alexanderromans des sogenannten Pseudo-Kallisthenes von Julius Valerius, um 300-330 herum entstanden.[4] Als weitere Quelle zog der mittelhochdeutsche Verfasser, der Pfaffe Lamprecht, die „Historiae Alexandri Magni Macedonis“ des Geschichtsschreibers Quintus Curtius Rufus heran. Der Pfaffe Lamprecht hatte sein Werk um 1150 herum verfaßt und vorzeitig beendet; es endet mit dem Tod des Perserkönigs Darius. In der Germanistischen Mediävistik ist umstritten, ob dieser Schluß vom Autor bewußt und absichtlich oder aus einer Not heraus gewählt wurde. Diese Fragestellung ist jedoch für die vorliegende Arbeit irrelevant, da sowohl in Lamprechts Alexanderlied, als auch im Straßburger Alexander und den anderen zeitnahen Bearbeitungen die typisch mittelalterlichen Aspekte enthalten sind und es sich bei dieser Arbeit um keine germanistische handelt.

Der Straßburger Alexander, der das Werk Lamprechts ausbaut und fortführt, zieht als Quelle die „Historia de preliis (Alexandri Magni)“ des neapolitanischen Erzpriesters Leo – zwischen 951 und 969 verfaßt – heran, welche wiederum eine zweite Übersetzung des Pseudo-Kallisthenes ist. Diese ist in mehreren Rezensionen bekannt. Der unbekannte Autor des Straßburger Alexanders, der das Werk vor 1187 fertiggestellt hatte[5], schöpfte zudem aus einigen anderen, im einzelnen unbekannten Quellen. Es wird angenommen, daß über das Französische überlieferte indische Sagen zu diesen Quellen gehören. Alexanders Fahrt zum Paradies, im Straßburger Alexander geschildert, kann auf das lateinische Werk „Iter ad Paradisum“ zurückgehen, das aus dem Jüdischen überliefert ist. Doch dazu später im dritten Teil.

Festzuhalten gilt an dieser Stelle, daß das mittelalterliche mittelhochdeutsche Alexanderlied keine eigenständige Kreation ist, sondern aus den unterschiedlichsten Quellen schöpft, die teils märchenhafte, teils historisch verfälschte Sachverhalte zum Inhalt hatten, wie sich noch zeigen wird. Das Werk stand dabei aber nicht im leeren Raum, sondern wurde dem spezifischen Geschmack und Interesse der Leserschaft angepaßt. Was war das nun für eine Leserschaft und in welcher Zeit lebte sie? Das und ein paar andere Überlegungen gilt es im folgenden Kapitel anzustellen, um das Werk, den Straßburger Alexander, in einen kultur- und sozialgeschichtlichen Kontext zu bringen.

2. Das historische Umfeld in der Entstehungszeit des Straßburger Alexanders

Der Straßburger Alexander ist in der zweiten Hälfte des 12. Jahrhunderts entstanden, das mittelhochdeutsche „Urwerk“ dazu, Lamprechts Alexanderlied, wird, wie bereits angesprochen, um 1150 herum fertiggestellt worden sein. Das Dichten und Schreiben eines solchen Werkes nahm viel Zeit in Anspruch und kostete große Summen; der Autor, in dieser Zeit normalerweise ein Kleriker – nicht zwangsläufig ein Geistlicher, aber doch einer, der an einer Klosterschule Lesen und Schreiben gelernt hatte –, mußte von einem reichen Gönner verpflegt und untergebracht werden, zudem war häufig ein zusätzlicher Schreiber vonnöten, dem der Autor das Werk diktierte. Und es waren natürlich verschiedene Vorlagen zu beschaffen, was weite Reisen inklusive aller Unannehmlichkeiten und Gefahren wie Unwetter, Krankheit und Überfälle nötig machte, und ebenfalls etliches kostete. Tinte und erst recht Pergament waren zudem sehr teuer, so mußten beispielsweise für ein Exemplar von Wolfram von Eschenbachs berühmten „Parcival“ ungefähr vierundzwanzig Kälber oder sechsunddreißig Lämmer ihr Leben lassen, denn so viele Tierhäute benötigte man, um das nötige Pergament herzustellen[6]. Allein an diesem Beispiel erkennt man, daß die Buchherstellung vor der weitflächigen Einführung der Papierherstellung in Europa und vor Erfindung des Buchdrucks eine aufwendige und geldverschlingende Angelegenheit war.

Wie oben bereits angesprochen waren die Autoren meistens Kleriker, zumindest in der hier zu behandelnden Zeit. Denn es gab nur diese eine Möglichkeit im Heiligen Römischen Reich deutscher Nation die Grundfertigkeiten Lesen und Schreiben zu lernen, die Kloster- und Kathedral-Schulen. „So müssen alle Nicht-Kleriker bis ins Hochmittelalter, z. T. auch ins Spätmittelalter hinein mehr oder weniger als Analphabeten betrachtet werden.“[7] Die erste Universität in der Region, die Universität von Prag, wurde im übrigen erst 1348 gegründet[8], also weit nach der Entstehungszeit des Alexanderliedes. In den Klöstern wurden die wichtigsten Werke der Antike und später des Mittelalters bewahrt und abgeschrieben, sie waren Garanten für die Erhaltung der Literatur[9]. Die herrschenden Adeligen beherrschten meist nicht diese grundlegenden Künste, nichtsdestotrotz bedeutete es einen Prestigegewinn, Bücher über bekannte Themen und von den wenigen überregional bekannten Dichtern sein Eigen zu nennen. Wer eine der auch in der Herstellung prunkvollen Dichtungen in Auftrag zu geben in der Lage war, konnte wahrlich als reich und mächtig gelten. Und Literatur konnte den Auftraggebern schließlich auch vorgelesen werden.

[...]


[1] Wolfgang Schuller, Alexander der Große – die Inszenierung eines Welteroberers. In: Wilfried Nippel (Hg.), Virtuosen der Macht. Herrschaft und Charisma von Perikles bis Mao. München 2000. S.39 ff.

[2] Als Textgrundlage dient: Irene Ruttmann, Das Alexanderlied des Pfaffen Lamprecht. (Strassburger Alexander.) Darmstadt 1974.

[3] Übersetzungen, soweit nicht anders gekennzeichnet, vom Autor dieser Seminararbeit.

[4] Alle Fakten zu den Quellen knapp zusammengefaßt im Vorwort von Irene Ruttmann. Ausführlich nachzulesen in: Karl Kinzel (Hg.), Lamprechts Alexander. In: Julius Zacher (Hg.), Germanistische Handbibliothek VI.. Halle a.S. 1884. S. XI ff.

[5] Datum aus: Horst Brunner, Geschichte der deutschen Literatur des Mittelalters im Überblick. Stuttgart 1997. S.148

[6] Zahlen aus: Stadt Wolframs-Eschenbach (Hg.), Wolfram Museum von Eschenbach. Kann man Literatur ausstellen? (Museumskatalog). Wolframs-Eschenbach 1994. S.16. Im folgenden als Stadt Wolframs-Eschenbach zitiert.

[7] Zitiert nach: Max Wehrli, Literatur im deutschen Mittelalter. Eine poetologische Einführung. Stuttgart 1994. S. 56. Im folgenden als Max Wehrli zitiert.

[8] Stadt Wolframs-Eschenbach. S.4

[9] Einen Einblick darin gibt Umberto Ecos Roman „Der Name der Rose“, der viele historische Fakten mit verarbeitet.

Ende der Leseprobe aus 14 Seiten

Details

Titel
Alexander der Große in der mittelhochdeutschen Literatur am Beispiel des Straßburger Alexanders
Hochschule
Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg  (Institut für Geschichte)
Veranstaltung
Alexander der Große - Wirken und Wirkungen
Note
2,5
Autor
Jahr
2002
Seiten
14
Katalognummer
V89924
ISBN (eBook)
9783638040983
ISBN (Buch)
9783638938051
Dateigröße
445 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Literatur, Straßburger, Wirken, Wirkungen, Mittelhochdeutsch, Mittelalter, Mittelhochdeutsche Literatur, Straßburger Alexander, Alexander der Große, Alexanderlied, Alte Geschichte, Geschichtswissenschaften, Geschichte, Mittelaltergeschichte, Pfaffe Lamprecht, Alexanderlied des Pfaffen Lamprecht, Germanistische Mediävistik, Germanistik
Arbeit zitieren
M.A. Claus Carl Jakob (Autor:in), 2002, Alexander der Große in der mittelhochdeutschen Literatur am Beispiel des Straßburger Alexanders, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/89924

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