Künstliche Intelligenz. Chancen, Herausforderungen und Managementimplikationen für die Automobilbranche im internationalen Vergleich


Masterarbeit, 2020

91 Seiten, Note: 1,7


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Inhaltsverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Tabellenverzeichnis

1. Einleitung

2. KonzeptionelleGrundlagen
2.1 Die Wertschöpfungskette nach Porter
2.2 Die Branchenstrukturanalyse nach Porter

3. Künstliche Intelligenz & Wertschöpfung in der Automobilbranche
3.1 Grundlagen der künstlichen Intelligenz
3.2 Grundlagen & Wertschöpfung der Automobilbranche

4. Einfluss & Implikationen von künstlicher Intelligenz innerhalb der Wertschöpfung von Automobilherstellern
4.1 Künstliche Intelligenz im Rahmen der primären Wertschöpfungsaktivitäten
4.1.1 Eingangslogistik
4.1.2 Produktion
4.1.3 Ausgangslogistik
4.1.4 Marketing & Vertrieb
4.1.5 Kundenservice
4.2 Künstliche Intelligenz im Rahmen der unterstützenden Wertschöpfungs­ aktivitäten

5. Auswirkungen von künstlicher Intelligenz auf die Automobilbranche im internationalen Vergleich
5.1 Neue Marktteilnehmer
5.2 Macht der Lieferanten
5.3 Macht der Kunden
5.4 PotenzielleSubstitute
5.5 Wettbewerbsrivalität

6. Implikationen, kritische Würdigung, Fazit
6.1 Implikationen für Praxis & Wissenschaft
6.2 KritischeWürdigung
6.3 Fazit

Literaturverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1. Die Wertschöpfungskette nach Porter

Abbildung 2. Porters "five forces"

Abbildung 3. Die grundsätzliche Funktionsweise von künstlichen neuronalen Netzen

Tabellenverzeichnis

Tabelle 1. Anwendungsbeispiele derEingangslogistik

Tabelle 2. Anwendungsbeispiele derProduktion

Tabelle 3. Anwendungsbeispiele der Ausgangslogistik

Tabelle 4. Anwendungsbeispiele des Marketings & Vertriebs

Tabelle 5. Anwendungsbeispiele des Kundenservice

Tabelle 6. Überblick aller "intelligenten" Anwendungen bzgl. der primären Wertschöpfungsaktivitäten

Tabelle 7. Zusammenfassende Ergebnisse der Branchenstrukturanalysen der europäischen als auch der nordamerikanischen Automobilbranche

Tabelle 8. Zusammenfassende Ergebnisse der Auswirkungen von künstlicher Intelligenz auf die individuellen Wettbewerbskräfte

1. Einleitung

Experten zufolge wird das Konzept der künstlichen Intelligenz als Schlüsseltechnologie des 21. Jahrhunderts gesehen, welches speziell in den vergangenen Jahren vermehrt Einzug in Praxis und Wissenschaft erhält (Chui et al., 2018; Wirtz & Weyerer, 2019). Dabei zeichnet sich die Thematik insbesondere in der Automobilbranche als eine der bedeutendsten Transformationstechnologien unseres digitalen Zeitalters aus. Fragen darüber, was es ist, was es bereits tun kann und welches Potenzial es aufweist, sind in sämtlichen Bereichen wie bspw. Technologie, Politik, Wirtschaft, Recht und Ethik Hauptgegenstand zahlreicher Diskussionen und Artikel (Chui et al., 2018). Während sich ein Großteil der öffentlichen Diskussionen über künstliche Intelligenz auf prominente Beispiele wie die Realisierung des autonomen Fahrens fokussiert, wächst die Zahl der weniger beachteten Anwendungen für künstliche Intelligenz in der gesamten Wirtschaft rasant. Hierbei ist künstliche Intelligenz insbesondere in der Automobilbranche bereits zu einer alltäglich eingesetzten Technologie geworden (Capgemini, 2019).

Welches Potenzial hat der Einsatz von künstlicher Intelligenz innerhalb der Automobilbranche jedoch tatsächlich und welche Chancen und Herausforderungen gilt es für das Management eines Unternehmens bei der Implementierung und den Auswirkungen zu berücksichtigen?

Fest steht, dass künstliche Intelligenz für Unternehmen der Automobilbranche eine höchst relevante Thematik darstellt. Dies lässt sich durch die Prognose verdeutlichen, dass der globale Markt für künstliche Intelligenz im Automobilsektor bis 2025 ein Volumen von 8,9 Milliarden US-Dollar beinhalten soll. Laut dieser Prognose weist der Markt im Zeitraum von 2018 bis 2025 ein durchschnittlich jährliches Wachstum von 45% auf (Podder, 2018). Die steigende Nachfrage nach verbesserten Benutzerfreundlichkeits- und Komfortfunktionen sowie der zunehmende Innovations- und Kostendruck für Unternehmen treiben das Wachstum der künstlichen Intelligenz in der Automobilbranche im Wesentlichen an (Buxmann & Schmidt, 2019).

In der wirtschaftswissenschaftlichen Literatur hingegen sind künstliche Intelligenz und ihre Auswirkungen auf die Automobilbranche eine junge Disziplin, werden jedoch zunehmend Gegenstand der Debatte und dabei kontrovers diskutiert (Kreutzer & Sirrenberg, 2019). Obwohl die Thematik eine sehr hohe praktische Relevanz aufweist, ist die Diskussion über Chancen und Herausforderungen, einhergehende Managementimplikationen sowie möglicher Auswirkungen von künstlicher Intelligenz in der Automobilbranche arm an empirischer Evidenz und reich an kontroversen Einschätzungen (Buxmann & Schmidt, 2019).

Das Ziel dieser Arbeit ist es daher, konkrete Chancen, Herausforderungen sowie Implikationen und Auswirkungen der künstlichen Intelligenz für Praxis und Wissenschaft in der Automobilbranche im internationalen Vergleich abzuleiten. Die zugrundeliegende Untersuchung untergliedert sich in zwei wesentliche Blöcke. In einem ersten Schritt wird der Einfluss von künstlicher Intelligenz im Rahmen der Wertschöpfung von Automobilhersteilem betrachtet. Basierend darauf, dass Experten das größte Potenzial von künstlicher Intelligenz für Automobilhersteller in den Prozessen entlang der Wertschöpfungskette vermuten, strukturiert sich die Analyse mit Hilfe des Konzepts der Wertschöpfungskette nach Porter (1985). Da der Inhalt der Untersuchung ein überaus praxisrelevantes Thema darstellt, werden konkrete Anwendungsbeispiele für Automobilhersteller erläutert und das damit einhergehende Potenzial anhand der Chancen und Herausforderungen analysiert. Darüber hinaus erweitert die vorliegende Arbeit in einem zweiten Schritt den Horizont auf die Thematik, indem die Auswirkungen von künstlicher Intelligenz auf die Automobilbranche untersucht werden. Da sich diese Analyse auf die Automobilbranche als Ganzes bezieht, wird Porters Modell der Branchenstrukturanalyse (1979) als Analysewerkzeug angewendet. Um internationale Gemeinsamkeiten und Unterschiede der Auswirkungen zu identifizieren, fokussiert sich die Analyse auf die europäische als auch die nordamerikanische Automobilbranche. Hieraus soll hervorgehen, welche Auswirkungen der Einsatz von künstlicher Intelligenz auf die Branchenstruktur beider Automobilbranchen aufweist. Aufbauend auf den Ergebnissen beider Untersuchungen werden anschließend Implikationen für die Praxis und Wissenschaft abgeleitet, wobei der Fokus auf den praktischen Managementimplikationen liegt.

Nach der Einleitung folgt im zweiten Kapitel zunächst eine Erläuterung der konzeptionellen Grundlagen. Diese beinhalten das Konzept der Wertschöpfungskette nach Porter (1985) sowie das Modell der Branchenstrukturanalyse von Porter (1979). Das dritte Kapitel der Arbeit befasst sich mit den Grundlagen der künstlichen Intelligenz sowie der Wertschöpfung in der Automobilbranche. Im vierten Kapitel werden Einfluss und Implikationen von künstlicher Intelligenz innerhalb der Wertschöpfung der Automobilhersteller untersucht. Hierbei untergliedert sich das Kapitel in die Analyse der primären sowie der unterstützenden Wertschöpfungsaktivitäten, wobei der Fokus auf den primären Wertschöpfungsaktivitäten liegt. Das fünfte Kapitel befasst sich mit der Analyse der Auswirkungen von künstlicher Intelligenz auf die Automobilbranche. Hierbei wird die Branchenstrukturanalyse von Porter auf 2 die europäische als auch nordamerikanische Automobilbranche angewendet. Die Arbeit schließt mit resultierenden Implikationen für Praxis und Wissenschaft, einer kritischen Würdigung sowie einem abschließenden Fazit.

Durch die Anwendung der Konzepte nach Porter auf die Branchenstruktur und Wertschöpfung von Automobilherstellern leistet die vorliegende Arbeit einen ausschlaggebenden Mehrwert den Einfluss von künstlicher Intelligenz im Rahmen der Wertschöpfungskette und der Automobilbranche auf eine evidenzbasierte Säule zu stellen und dadurch wissenschaftlich fundiert deren internationale Auswirkungen in der Praxis abschätzen zu können.

2. Konzeptionelle Grundlagen

Da sich die Untersuchungen der vorliegenden Arbeit stark mit Hilfe von Porters Wertschöpfungskette (1985) sowie der Branchenstrukturanalyse nach Porter (1979) strukturieren, ist es notwendig, beide Konzepte vor ihrer Anwendung zu erläutern. Kapitel zwei befasst sich in einem ersten Schritt mit den konzeptionellen Inhalten der Wertschöpfungskette nach Porter, woraufhin die Grundlagen der Branchenstrukturanalyse in einem zweiten Schritt aufgegriffen werden.

2.1 Die Wertschöpfungskette nach Porter

Um Unternehmen analysieren und Potenziale erkennen zu können, kann man sowohl funktions- als auch wertorientiert vorgehen (Kreikebaum, 1997). Bei einer funktionsorientierten Betrachtung wird die Situation der einzelnen Unternehmenseinheiten wie bspw. Beschaffung, Produktion oder Forschung & Entwicklung untersucht und demnach Stärken und Schwächen von Unternehmen offengelegt (Krupp, 2014). Demgegenüber steht die wertorientierte Analyse von Unternehmen, die auf Porter (1985) zurück geht und das analytische Instrument dieser Arbeit darstellt. Porter entwickelte das Konzept der Wertschöpfungskette in den 1980er Jahren. Mit Hilfe des Konzeptes wurde die Art der Unternehmensanalyse nachhaltig geprägt (Hines, 1993). Porters Wertschöpfungskette bietet Wissenschaftlern und Managern einen Rahmen für die Synthese und Strukturierung von Wissen über die grundsätzliche Wertschöpfung in Unternehmen (deMozota, 1998).

Nach Porter (1985) sollten Unternehmen nicht als Ganzes betrachtet werden, sondern in strategisch relevante Funktionsbereiche, so genannte Wertschöpfungsaktivitäten, aufgegliedert werden. Anhand einer detaillierten Untersuchung dieser Wertschöpfungsaktivitäten ist es möglich, unternehmensspezifische Wettbewerbsvorteile und Potenziale zu identifizieren (Brown, 1997). Daher ist es für das Management von Unternehmen unumgänglich zu verstehen, welche Prozesse innerhalb der Wertschöpfung für welchen erschaffenen Wert verantwortlich sind und welche Kosten damit in Verbindung stehen. Darüber hinaus gilt es zu analysieren, wie eigene Produkte die Kundenbedürfnisse besser bedienen können als potenzielle Substitute von Wettbewerbern. Für eine systematische und detaillierte Untersuchung von Unternehmen mit dem grundsätzlichen Ziel der Identifizierung von Wettbewerbsvorteilen entwickelte Porter (1985) das Konzept der Wertschöpfungskette (vgl. Abbildung 1).

Die Grundidee des Konzepts basiert darauf, dass Produkte das Unternehmen vom Wareneinkauf bis zum Kundenservice nach dem Kauf durchlaufen. In diesem Prozess entstehen auf der einen Seite Kosten und auf der anderen Seite werden Werte geschaffen. Final ergibt sich eine Gewinnspanne für dasjeweilige Unternehmen.

Strukturell setzt sich die Wertschöpfungskette nach Porter (1985) aus insgesamt neun grundlegenden Wertschöpfungsaktivitäten und einer resultierenden Gewinnspanne zusammen (vgl. Abbildung 1). Wertschöpfungsaktivitäten sind dabei die unterschiedlichen physischen sowie technologischen Aktivitäten, die ein Unternehmen ausführt (Porter, 1985). Diese Aktivitäten stellen die Bausteine dar, mit denen ein für Kunden wertvolles Produkt geschaffen werden kann. Die Wertschöpfungsaktivitäten können in diesem Konstrukt nicht isoliert betrachtet werden. Sie sind ein System von voneinander abhängigen Aktivitäten und stehen somit in Wechselwirkung zueinander (Porter, 1985). Die Gewinnspanne ergibt sich aus der Differenz des geschaffenen Gesamtwertes und der totalen Kosten für die Ausführung der Wertschöpfungsaktivitäten. Der geschaffene Gesamtwert resultiert aus dem Preis, den ein Produkt des Unternehmens erzielen kann, multipliziert mit der verkauften Stückzahl. Ein Unternehmen kann als profitabel angesehen werden, wenn die Gewinnspanne positiv ist (Porter, 1985).

Die neun Wertschöpfungsaktivitäten lassen sich in die primären Aktivitäten und die unterstützenden Aktivitäten unterteilen (vgl. Abbildung 1). Um ihre Funktionen zu erfüllen, greift jede Wertschöpfungsaktivität auf vom Unternehmen erworbene Vorprodukte, Humane Ressourcen sowie bestimmte Technologien zurück (Porter, 1985).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 1. Die Wertschöpfungskette nach Porter (Quelle: eigene Darstellung in Anlehnung an Porter, 1985)

Die primären Aktivitäten der Wertschöpfungskette sind im Wesentlichen an der Erstellung des Produktes und dessen Verkauf sowie Transfer an den Käufer beteiligt. Darüber hinaus zählt der Kundenservice zur Kategorie der primären Aktivität. Die zuvor genannten Aktivitäten werden daher in der Regel auch als direkt wertschöpfende Aktivitäten bezeichnet (Becker, 2017). Nach Porter (1985) lassen sich die primären Aktivitäten in fünf generische Kategorien unterteilen. Diese Kategorien bilden Eingangslogistik, Produktion, Ausgangslogistik, Marketing & Vertrieb sowie der Kundenservice (vgl. Abbildung 1). Jede dieser fünf generischen Kategorien beinhaltet eine Reihe unterschiedlichster Unteraktivitäten. Diese Unteraktivitäten sind von der jeweiligen Branche sowie der Unternehmensstrategie abhängig und können somit zwischen Branchen sowie Unternehmen variieren und mehr oder weniger stark ausgeprägt sein. Porter (1985) erläutert die primären Aktivitäten wie folgt:

Die Eingangslogistik umfasst alle Aktivitäten, die im Zusammenhang mit dem Empfang, der Lagerung und der Verbreitung von Vorprodukten für das finale Produkt stehen. Hierunter fällt bspw. der Materialtransport, die Bestandskontrolle der Vorprodukte sowie Retouren an die Lieferanten.

Die Kategorie Produktion umfasst alle Aktivitäten, die im Zusammenhang mit der Umwandlung von Vorprodukten in die Endproduktform stehen. Hierunter fällt u.a. die Herstellung, die Verpackung sowie die Prüfung des Endproduktes.

Die Ausgangslogistik umfasst wiederum alle Aktivitäten, die im Zusammenhang mit der Sammlung, Lagerung und physischen Verteilung des Endproduktes an die Käufer stehen. Hierunter fällt bspw. die Fertigwarenlagerung, der Betrieb von Lieferfahrzeugen sowie die Auftragsabwicklung und Terminierung.

Marketing & Vertrieb umfasst alle Aktivitäten, die im Zusammenhang mit der Bereitstellung von Mitteln stehen, mit dem Käufer das Produkt kaufen können und darüber hinaus genau dazu veranlasst werden. Hierunter fällt u.a. die Werbung, Verkaufsförderungsmaßnahmen sowie die Auswahl von Vertriebskanälen.

Die fünfte Kategorie, der Kundenservice, umfasst alle Aktivitäten, die im Zusammenhang mit der Erbringung von Dienstleistungen zur Steigerung und Aufrechterhaltung des Produktwertes stehen. Hierunter fällt bspw. die Installation, die Betreuung und Erreichbarkeit von Mitarbeitern sowie die Produktanpassung.

Ergänzend zu den primären Aktivitäten beinhaltet die Wertschöpfungskette nach Porter (1985) ebenfalls die unterstützenden Aktivitäten (vgl. Abbildung 1). Die unterstützenden Aktivitäten der Wertschöpfungskette sind im Wesentlichen an der Unterstützung der primären Aktivitäten beteiligt. Elementare Aufgaben sind u.a. die Bereitstellung von zugekauften Betriebsmitteln, Technologien sowie Humankapital. Darüber hinaus stellen die unterstützenden Aktivitäten diese Ressourcen auch untereinander bereit. Nach Porter (1985) lassen sich die unterstützenden Aktivitäten in vier generische Kategorien unterteilen. Diese Kategorien bilden Unternehmensinfrastruktur, Personalwirtschaft, Technologieentwicklung sowie Beschaffung (vgl. Abbildung 1). Die Kategorien Personalwirtschaft, Technologieentwicklung sowie Beschaffung können sowohl spezifische primäre Aktivitäten unterstützen als auch die gesamte Wertschöpfungskette. Die Kategorie Unternehmensinfrastruktur hingegen unterstützt in der Regel lediglich die Wertschöpfungskette als Ganzes. Dieser Inhalt wird in der obigen Abbildung 1 durch die gestrichelten Linien dargestellt. Wie bereits bei den primären Aktivitäten beinhaltet jede generische Kategorie der unterstützenden Aktivitäten zugehörige Unterkategorien (Porter, 1985). Diese sind ebenfalls je nach Branche und Untemehmensstrategie variabel und unterschiedlich stark ausgeprägt. Nach Porter (1985) nehmen diejeweiligen Aktivitäten folgenden Rahmen ein und lassen sich wie folgt erläutern:

Die generische Kategorie Unternehmensinfrastruktur beinhaltet diverse allgemeine Aktivitäten wie die Buchhaltung, Finanzen sowie das Qualitätsmanagement. Mit Hilfe dieser Aktivitäten werden in der Regel keine spezifischen primären Aktivitäten unterstützt, sondern die Wertschöpfungskette als Ganzes. Mit dieser Eigenschaft grenzt sich die Untemehmensinfrastruktur zu den anderen unterstützenden Aktivitäten ab. Je nach Diversifizierung des Unternehmens kann die Unternehmensinfrastruktur in sich geschlossen oder zwischen einer Geschäftseinheit und der Muttergesellschaft getrennt sein. In diversifizierten Unternehmen sind die Aktivitäten bzgl. der Untemehmensinfrastruktur typischerweise zwischen der Geschäftseinheit und der Muttergesellschaft getrennt, sodassjede Organisation seine eigene Untemehmensinfrastruktur aufweist.

Personalwirtschaft hingegen beinhaltet alle Aktivitäten im Rahmen der Mitarbeiter. Hierunter fallen das Rekrutieren und Weiterbilden sowie das Kompensieren von ausscheidenden Mitarbeitern. Personalwirtschaft unterstützt sowohl die gesamte Wertschöpfungskette als auch spezifische primäre Aktivitäten. Durch den Einfluss auf die Fähigkeiten und Motivation der Mitarbeiter sowie die Kosten für Einstellung und Weiterentwicklung dieser, kann speziell die Personalwirtschaft in jedem Unternehmen einen großen Einfluss auf die Effizienz der Wertschöpfung haben.

Die Technologieentwicklung beinhaltet alle technischen Aktivitäten zur Verbesserung der Prozesse und des finalen Produktes. Hierunter fallen Technologien zum Bearbeiten von Dokumenten, Technologien zum Transportieren von Waren sowie Technologien, die direkter Bestandteil des Produktes sind. Folglich kann die Kategorie Technologieentwicklung sowohl die gesamte Wertschöpfungskette als auch spezifische primäre Aktivitäten unterstützen.

Beschaffung beinhaltet im Rahmen der Wertschöpfung nach Porter (1985) alle Aktivitäten bzgl. des Einkaufes und der Beschaffung von Vorprodukten, die in der Wertschöpfungskette des Unternehmens verwendet werden. In die Kategorie der gekauften Vorprodukte fallen Rohmaterialien, Verbrauchsmaterialien sowie Bürozubehör und Gebäude. Die Beschaffung ist in der Regel innerhalb eines Unternehmens verteilt. Hierbei werden Rohmaterialien vom traditionellen Einkauf beschafft, wohingegen weitere Vorprodukte von anderen Verantwortlichkeiten wie bspw. einem Werksleiter oder Geschäftsstellenleiter beschafft werden. Die Beschaffung kann somit einzelne primäre Aktivitäten unterstützen als auch die gesamte Wertschöpfungskette.

Porter (1985) kommt in diesem Kontext zu dem Schluss, dass sich Unternehmen primär mittels zwei Möglichkeiten einen Wettbewerbsvorteil gegenüber ihren Konkurrenten verschaffen können. Wenn Unternehmen die Fähigkeit haben, die zuvor erläuterten Wertschöpfungsaktivitäten zu relativ günstigen Kosten durchzuführen, können sie gegenüber Konkurrenten den Wettbewerbsvorteil der sogenannten Kostenführerschaft haben. Darüber hinaus können sich Unternehmen über eine Differenzierung einen Wettbewerbsvorteil verschaffen (Walters & Lancaster, 2000). Eine Differenzierung liegt dann vor, wenn sich Unternehmen durch etwas Einzigartiges innerhalb der Wertschöpfungsaktivitäten von anderen Unternehmen abgrenzen und somit Kundenbedürfnisse besser bedienen können. Infolgedessen wird dem Produkt ein höherer Wert zugeschrieben. Typische Beispiele für eine Differenzierung sind ein einzigartiges Produkt, einzigartige Technologien sowie überdurchschnittlich qualifiziertes Personal.

Die zuvor erläuterten Grundlagen beziehen sich hauptsächlich auf die interne Wertschöpfungskette von Unternehmen. Ergänzend beschreibt Porter (1985) Verzahnungen zwischen den Wertschöpfungsaktivitäten sowie die Beziehung zu vor- und nachgelagerten Wertschöpfungsketten. Die vorliegende Arbeit beschränkt sich hier jedoch fokussiert auf die internen Wertschöpfungsketten von Unternehmen.

Abschließend lässt sich somit feststellen, dass das Konzept der Wertschöpfungskette nach Porter (1985) ein mögliches wissenschaftliches und systematisches Analyseinstrument für Unternehmen und ihre internen Prozesse ist. Anhand der Unterteilung in einzelne Wertschöpfungsaktivitäten lassen sich innerhalb der Wertschöpfung gezielt potenzielle Einflüsse und Implikationen zur Effizienzsteigerung identifizieren und analysieren. Mit diesem Wissen ist es nach Porter (1985) für Unternehmen möglich, sich gegenüber ihren Wettbewerbern einen Vorteil zu verschaffen.

2.2 Die Branchenstrukturanalyse nach Porter

Porter entwickelte das Modell der Branchenstrukturanalyse in den späten 1970er Jahren. Mit der Einführung des Modells wurde die Art und Weise, wie Manager, Berater und Akademiker Wettbewerbsumgebungen betrachten, nachhaltig geprägt (Slater & Olson, 2002). Das Modell ist bis heute in der Theorie sowie in der Praxis ein einflussreiches Werkzeug, um die Stärke von Branchen zu untersuchen und darauf basierend strategische Maßnahme abzuleiten (Dobbs, 2014; Johnson, Scholes, & Whittington, 2008).

Die Grundannahme des Modells basiert darauf, dass die grundsätzliche Stärke sowie die langfristige Gesamtrentabilität einer Branche hauptsächlich von der zugrundeliegenden Branchenstruktur abhängt (Porter, 2008; Slater & Olson, 2002). Dabei kristallisiert Porter in seinem Ursprungswerk fünf Wettbewerbskräfte heraus, die die Branchenstruktur sowie damit einhergehend auch die Stärke und langfristige Profitabilität der Branche ausschlaggebend bestimmen (Porter, 1979). Diese fünf Wettbewerbskräfte sind die Bedrohung durch neue Marktteilnehmer, die Macht der Lieferanten, die Macht der Kunden, die Bedrohung durch potenzielle Substitute sowie die Wettbewerbsrivalität innerhalb der Branche (vgl. Abbildung 2). Aufgrund dieser Unterteilung findet sich das Modell in der Literatur häufig auch unter dem Namen „Porters five forces“ wieder (Slater & Olson, 2002). Der Wettbewerbsdruck, der sich aus der Stärke sowie dem Zusammenspiel aller fünf Wettbewerbskräfte ergibt, prägt die Art der Wettbewerbsinteraktion innerhalb einer Branche. Während unzählige Faktoren die Branchenprofitabilität kurzfristig beeinflussen können, setzt die Branchenstruktur, die sich aus den Wettbewerbskräften zusammensetzt, die mittel- bis langfristige Profitabilität einer Branche fest (Porter, 2008). Wenn die oben genannten Wettbewerbskräfte eine starke Ausprägung innerhalb einer Branche haben, erzielen in der Regel nur wenige Unternehmen langfristig eine attraktive Rendite. Sind die Wettbewerbskräfte innerhalb einer Branche weniger stark ausgeprägt, ergibt sich für die Unternehmen langfristig eine höhere Profitabilität (Porter, 1979). Neben der Stärke der fünf Wettbewerbskräfte ist es elementar, dass die Wechselwirkungen zwischen diesen für eine Gesamtbeurteilung berücksichtigt werden (Porter, 2008). Die Stärke der Branche hat nach Porter (2008) somit einen maßgeblichen Einfluss auf die Wettbewerbsregeln sowie die Unternehmensstrategie der Branchenteilnehmer. Folglich ist es für die Strategie von Unternehmen wichtig, sich vor den Wettbewerbskräften innerhalb einer Branche zu schützen und sie darüber hinaus nach Möglichkeit zu Gunsten des eigenen Unternehmens zu gestalten.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 2. Porters "five forces"

(Quelle: eigene Darstellung in Anlehnung an Porter, 2008)

Nach Porter (2008) ergibt sich eine Bedrohung durch neue Marktteilnehmer für die etablierten Unternehmen einer Branche in der Regel durch die Beanspruchung von Kapazitäten sowie Marktanteilen durch neue Marktteilnehmer. Dies führt zu einem erhöhten Druck in Bezug auf die Preise, die Kosten sowie die Investitionsrate, welche für Unternehmen im Rahmen eines erfolgreichen Wettbewerbs erforderlich ist. Folglich verringert sich das Profitpotenzial der betroffenen Branche. Eine Bedrohung ist besonders hoch, wenn sich neue Marktteilnehmer von anderen Märkten diversifizieren und somit auf bereits vorhandene Kenntnisse und Ressourcen zurückgreifen können (Porter, 2008). Wie hoch die Gefahr neuer Markteintritte innerhalb einer Branche ist, hängt von der Höhe sogenannter Markteintrittsbarrieren sowie der erwarteten Reaktion etablierter Unternehmen ab. Ist die Eintrittsbarriere niedrig und haben neue Marktteilnehmer wenig Gegenmaßnahmen von den etablierten Unternehmen zu erwarten, ist die Gefahr des potenziellen Markteintritts neuer Teilnehmer hoch und die Branchenprofitabilität verringert sich. Markteintrittsbarrieren sind Vorteile, die bereits etablierte Unternehmen gegenüber neuen Marktteilnehmer haben können. Porter geht in seinem Ursprungswerk von 1979 von den sechs Markteintrittsbarrieren Skaleneffekte, Produktdifferenzierung, Kapitalbedarf, Kostennachteile unabhängig von der Größe, Zugang zu Distributionskanälen sowie der Regierungspolitik aus. In einer aktuelleren und überarbeiteten Auflage aus dem Jahr 2008 spezifiziert Porter seine Annahme und geht von sieben entscheidenden Markteintrittsbarrieren aus. Diese benennt er als angebotsseitige Skaleneffekte, nachfrageseitige Skaleneffekte, Wechselkosten für Kunden, Kapitalbedarf, Etablierungsvorteile unabhängig von der Größe, ungleicher Zugang zu Vertriebskanälen sowie restriktive Regierungspolitik. Im Rahmen dieser Arbeit werden die sieben Markteintrittsbarrieren nach Porters aktueller Auffassung aus dem Jahr 2008 wie folgt berücksichtigt:

Angebotsseitige Skaleneffekte entstehen, wenn Unternehmen größere Mengen produzieren und somit geringere Stückkosten haben. Dies kann u.a. aus besseren Lieferantenkonditionen, dem Einsatz von effizienteren Technologien sowie einer effizienteren Verteilung der Fixkosten auf die Anzahl der produzierten Einheiten resultieren. Angebotsseitige Skaleneffekte stellen eine Markteintrittsbarriere dar, indem sie neue Marktteilnehmer zwingen in großem Umfang in die Branche einzusteigen oder einen Kostennachteil in Kauf zu nehmen.

Nachfrageseitige Skaleneffekte entstehen in Branchen, in denen die Zahlungsbereitschaft der Kunden für das Produkt eines Unternehmens mit der Anzahl anderer Käufer steigt. Ein Grund könnte sein, dass Kunden größeren Unternehmen mehr Vertrauen für ein spezielles Produkt entgegenbringen. Aus diesem Grund wird dieser Effekt auch als Netzwerkeffekt bezeichnet. Nachfrageseitige Skaleneffekte stellen eine Markteintrittsbarriere dar, da etablierte Unternehmen einer Branche einen über die Zeit gewachsenen Kundenstamm haben. Unternehmen können durch nachfrageseitige Skaleneffekte beim Eintritt in eine neue Branche somit einen Nachteil gegenüber etablierten Unternehmen erleiden.

Wechselkostenfür den Kunden sind Fixkosten, mit denen Kunden konfrontiert werden, wenn sie für ein bestimmtes Produkt den Anbieter oder Lieferanten wechseln. Diese Kosten können bspw. entstehen, wenn Produktspezifikationen geändert werden oder Mitarbeiter zur Nutzung eines neuen Produktes umgeschult werden müssen. Je größer eventuelle Wechselkosten innerhalb einer Branche sind, desto schwieriger ist es für neue Marktteilnehmer Kunden zu gewinnen.

Die vierte Markteintrittsbarriere des Kapitalbedarfs entsteht aus der Notwendigkeit für Unternehmen hohe finanzielle Ressourcen zu investieren, um im Wettbewerb bestehen zu können. Dies kann neue Marktteilnehmer abschrecken. Die Barriere ist besonders hoch, wenn eine Branche es erfordert, das Kapital für unwiderrufliche Kosten wie bspw. Vorabwerbung oder Forschung und Entwicklung zu investieren.

In bestimmten Branchen ist es ebenfalls möglich, dass Etablierungsvorteile unabhängig von der Größe neue Marktteilnehmer abschrecken. Etablierte Unternehmen können unabhängig von ihrer Größe Kosten- oder Qualitätsvorteile haben, die potenziellen Wettbewerbern nicht zur Verfügung stehen. Diese Vorteile können sich u.a. aus geschützten Technologien, bevorzugtem Zugang zu Rohstoffquellen sowie einer etablierten Markenidentität ergeben.

Der ungleiche Zugang zu Vertriebskanälen stellt für neue Marktteilnehmer ebenfalls eine Herausforderung dar und wird als sechste Markteintrittsbarriere genannt. Neue Marktteilnehmer müssen den Vertrieb der eigenen Produkte sicherstellen und in der Regel Produkte von etablierten Unternehmen innerhalb dieser Vertriebskanäle verdrängen. Dies gelingt u.a. durch Preisabsprachen, Werbeaktionen sowie intensiver Verkaufsförderungsmaßnahmen. Je begrenzter die Kapazitäten der Vertriebskanäle innerhalb einer Branche sind, desto höher ist die Markteintrittsbarriere für neue Wettbewerber.

Porters siebte und letzte Markteintrittsbarriere ist eine restriktive Regierungspolitik. Die Regierungspolitik kann den Markteintritt von Neueinsteigern direkt behindern oder unterstützen sowie Einfluss auf die weiteren Zugangsbarrieren haben. Dieser Einfluss resultiert bspw. aus Lizenzbestimmungen und Beschränkungen für ausländische Investoren, Patentierungsreglungen sowie Umwelt- oder Sicherheitsvorschriften.

Neben der zuvor erläuterten Wettbewerbskraft der neuen Marktteilnehmer stellt die Maehl der Lieferanten für Porter (2008) eine weitere Kraft bei der Bewertung einer Branche dar. Mächtige Lieferanten beeinflussen eine Branche, indem sie höhere Preise verlangen, Qualität oder Dienstleistungen einschränken oder ihre Kosten auf die Branchenteilnehmer verlagern. Sind die Branchenteilnehmer nicht fähig diese Kostensteigerung auf ihre eigenen Preise zu übertragen, sinkt die Profitabilität innerhalb der betroffenen Branche. Unternehmen sind auf eine Vielzahl von Vorprodukten oder Dienstleistungen unterschiedlichster Lieferantengruppen angewiesen. Nach Porter (2008) ist eine Lieferantengruppe mächtig, wenn bestimmte Kriterien erfüllt sind. Ein exemplarisches Kriterium ist dabei die Umsatzabhängigkeit. Ist eine Lieferantengruppe in ihren Umsätzen nicht stark von der Branche abhängig, so kann sie maximalen Profit erzwingen und nimmt eine höhere Machtposition gegenüber den Branchenteilnehmern ein. Darüber hinaus besitzt eine Lieferantengruppe mehr Macht, wenn es keinen Ersatz für die Waren der Lieferanten gibt. Gibt es keine alternativen Vorprodukte für Unternehmen innerhalb einer Branche, sind diese gezwungen, auf die Produkte der Lieferantengruppe zurückzugreifen.

Analog zur Macht der Lieferanten definiert Porter (2008) die Macht der Kunden als dritte seiner fünf Wettbewerbskräfte im Rahmen der Branchenstrukturanalyse. Mächtige Kunden beeinflussen eine Branche, indem sie Preise senken oder eine bessere Qualität in Form von mehr Service zum gleichen Preis verlangen. Dies wirkt sich negativ auf die Profitabilität der Unternehmen innerhalb der Branche aus. Nach Porter (2008) sind Kunden mächtig, wenn sie über Verhandlungsspielraum gegenüber den Branchenteilnehmern verfügen. Dies ist insbesondere der Fall, wenn Kunden preissensibel sind und durch vorhandenen Verhandlungsspielraum Preissenkungen durchsetzen können. Sind Produkte nicht differenziert, im Verhältnis zum Einkommen teuer oder hat das Produkt einen geringen Einfluss auf den Konsumenten, liegt innerhalb einer Kundengruppe in der Regel eine erhöhte Preissensibilität vor (Erdem, Swait, & Louviere, 2002). In Bezug auf den Verhandlungsspielraum hat eine Kundengruppe gegenüber den Branchenteilnehmem einen Vorteil, wenn es eine Vielzahl von Großabnehmern gibt. Diese kaufen Mengen, die im Verhältnis zur Größe eins einzelnen Unternehmens sehr hoch sind. Durch die Abnahme gewisser Mengen verschafft sich der Kunde einen gewissen Verhandlungsspielraum und kann somit geringere Preise oder einen besseren Service verlangen. Darüber hinaus hat eine Kundengruppe Verhandlungsspielraum, wenn Produkte der Branche standardisiert und nicht differenziert sind. Sobald Kunden davon ausgehen, dass siejederzeit ein gleichwertiges Produkt finden können, neigen sie dazu Anbieter gegeneinander auszuspielen und zu profitieren. Somit lässt sich in Bezug auf Porters dritte Macht feststellen, dass die Branchenprofitabilität sinkt, wenn eine hohe Macht der Kunden gegeben ist.

Nach Porter (2008) hat die Bedrohung durch potenzielle Substitute ebenfalls einen ausschlaggebenden Einfluss auf die Struktur und Stärke einer Branche. Ein Substitut erfüllt die gleiche oder eine ähnliche Funktion wie ein typisches Produkt der Branche (Pfannmöller, 2020). Porter nennt in seiner überarbeiteten Auflage aus dem Jahr 2008 bspw. Videokonferenzen als einen möglichen Ersatz für das Reisen. Die Gefahr von potenziellen Substituten innerhalb einer Branche ist hoch, wenn ein potenzielles Ersatzprodukt ein attraktives Preis-Leistungsverhältnis gegenüber den Produkten der Branche hat. Darüber hinaus sind geringe Wechselkosten ein Faktor für eine hohe Gefahr von potenziellen Substituten. Die Umstellung auf ein neues Produkt ist in diesem Fall kostengünstig und mit geringem Aufwand möglich. Wenn sich eine Branche nicht von potenziellen Substituten durch Produktleistungen, Marketing oder anderen Maßnahmen distanziert, wird durch die Gefahr potenzieller Substitute folglich die Branchenprofitabilität gemindert.

Die fünfte und letzte Kraft in der Branchenstrukturanalyse nach Porter (2008) ist die vorhandene Wettbewerbsrivalität innerhalb der Branche. In Bezug auf die Rivalität innerhalb einer Branche sind die Intensität sowie die Dimension der Rivalität ausschlaggebend. Bei einer intensiven Rivalität und spezifischen Dimensionen wird die Branchenprofitabilität stark gemindert. Es gibt zahlreiche Gründe, warum sich die Intensität der Rivalität innerhalb einer Branche verstärken kann. Hierzu zählt laut Porter (2008) eine hohe Anzahl von konkurrierenden Unternehmen, die in Größe und Macht innerhalb der Branche auf dem gleichen Niveau liegen. In diesen Situationen neigen Unternehmen dazu, Macht und Marktanteile von anderen Unternehmen zu übernehmen. Darüber hinaus wird die Intensität der Rivalität gefördert, wenn sich konkurrierende Unternehmen stark mit dem Geschäft identifizieren und Ziele haben, die über die wirtschaftliche Leistung innerhalb der Branche hinaus gehen. Dies kann z.B. ein bestimmtes Image, Prestige oder die Schaffung von Arbeitsplätzen sein. Neben der Intensität der Rivalität spielt die Basis, also die Dimension der Rivalität, ebenfalls eine entscheidende Rolle. Rivalität ist für die Profitabilität besonders destruktiv, wenn sie sich auf die Dimension der Preise beschränkt. Preissenkungen sind für Wettbewerber leicht zu erkennen, sodass aufeinander folgende Vergeltungsrunden von Wettbewerbern höchst wahrscheinlich sind. Ein anhaltender Preiswettbewerb drückt die Profitabilität der teilnehmenden Unternehmen somit konstant nach unten (Porter, 2008). Preiswettbewerb innerhalb einer Branche entsteht bspw. durch nahezu identische Produkte oder Dienstleistungen der Wettbewerber sowie geringen Wechselkosten für Kunden. Preissenkungen stellen für Unternehmen einen Anreiz dar, neue Kunden zu gewinnen. Wettbewerb in anderen Dimensionen, wie z.B. Produkteigenschaften, Markenimage oder Lieferzeiten beeinflussen die Branchenprofitabilität in der Regel nicht zwingend negativ, da diese Bereiche zu einem höheren Kundennutzen führen und somit höhere Preise rechtfertigen können. Führt Wettbewerbsrivalität zu einem höheren Kundennutzen und steigenden Preisen, ist es ebenfalls möglich, dass ein positiver Einfluss auf die Branchenprofitabilität geschaffen wird (Porter, 2008). In Bezug auf die Wettbewerbsrivalität lässt sich somit festhalten, dass eine intensive Rivalität, insbesondere in Bezug auf Preise, in der Regel zu einer Minderung der Branchenprofitabilität führt. Ist Rivalität in der Lage den Kundennutzen zu erhöhen und somit höhere Preise zu rechtfertigen, kann dies jedoch ebenfalls zu einer Erhöhung der Branchenprofitabilität führen.

Neben den zuvor ausführlich erläuterten fünf Wettbewerbskräften, die nach Porter für eine Branchenstrukturanalyse ausschlaggebend sind, nennt Porter in seiner überarbeiteten Auflage aus dem Jahr 2008 ergänzend noch drei weitere Wettbewerbskräfte, die bei einer detaillierten Untersuchung berücksichtigt werden könnten. Hierzu zählen die Wachstumsrate der Industrie, Technik und Innovationen sowie die Regierung. Im Rahmen dieser Arbeit würde eine Analyse der weiteren Wettbewerbskräftejedoch zu tiefgreifend sein. Aus diesem Grund beschränkt sich die vorliegende Arbeit im Rahmen der Branchenstrukturanalyse auf die oben erläuterten fünf Wettbewerbskräfte aus Porters Ursprungswerk aus dem Jahr 1979.

Anhand der Betrachtung der fünf Wettbewerbskräfte nach Porter (1979) lassen sich also Chancen und Herausforderungen sowie Auswirkungen in klar definierten Bereichen einer Branche identifizieren. Um abschließend jedoch ein vollständiges Bild der Branchenstruktur und damit in Verbindung stehend auch von der Stärke und der langfristigen Profitabilität der Branche zu erhalten, muss die Betrachtung der einzelnen Wettbewerbskräfte zusammengeführt werden. Hierbei ist es elementar mögliche Wechselwirkungen zwischen den Wettbewerbskräften zu berücksichtigen (Porter, 2008). Nach einer analytischen Zusammenführung hat ein Unternehmen Anhaltspunkte dafür, ob sich ein Einstieg in den Wettbewerb lohnen kann und welche Implikationen damit einhergehen. Darüber hinaus unterstützt die Branchenstrukturanalyse nach Porter (2008) etablierte Unternehmen einer Branche bei der Identifikation von weiterem Potenzial und möglichen Bedrohungen.

3. Künstliche Intelligenz & Wertschöpfung in der Automobilbranche

Analog zu Kapitel zwei gibt das dritte Kapitel einen ersten Einblick in die Grundlagen der künstlichen Intelligenz sowie der Automobilbranche und ihrer Wertschöpfung. Mit dem gewonnenen Grundlagenwissen lassen sich Ausführungen und Ergebnisse der Untersuchungen des vierten sowie fünften Kapitels dieser Arbeit nachvollziehen und in den richtigen Kontext einordnen.

3.1 Grundlagen der künstlichen Intelligenz

Laut Experten wird das Konzept der künstlichen Intelligenz als Schlüsseltechnologie des 21. Jahrhunderts gesehen, welches speziell in den vergangenen Jahren vermehrt Einzug in Forschung und Praxis erhält (Wirtz & Weyerer, 2019). Die Ursprünge der künstlichen Intelligenz lassen sich bis in die 1950er Jahre zurückverfolgen. Alan Turing (1950) stellte in seiner wissenschaftlichen Arbeit die grundlegende Frage, ob Maschinen in der Lage sind zu denken (Turing, 1950). Dieser erste Gedankengang wurde im Jahr 1955 im Rahmen des „Dartmouth summer research projects on artificial intelligence“ durch John McCarthy und weiteren renommierten Wissenschaftlern aufgegriffen und zu einem ersten Konzept der künstlichen Intelligenz zusammengefasst. Die Mitglieder der Projektgruppe teilten zu dieser Zeit schon die Ansicht, dass Intelligenz außerhalb des menschlichen Gehirns geschaffen werden kann (McCarthy, Minsky, Rochester, & Shannon, 2006). Aus diesem Grund wird das Jahr 1955 in der Literatur auch als das Geburtsjahr der künstlichen Intelligenz bezeichnet. Eine mögliche Umsetzung in die Praxis sowie der Name „artificial intelligence“ waren zu dieser Zeit umstritten und wurden kontrovers diskutiert. Durch darauffolgende Fehleinschätzungen bezüglich des Potenzials der künstlichen Intelligenz wie von Herbert Simon (1958), der prognostizierte, dass innerhalb der nächsten zehn Jahre ein Computer Schachweltmeister werden würde, nahmen das Interesse sowie die Forschungsaktivitäten zunächst ab (Simon & Newell, 1958). Die Jahre von 1965 bis 1975 werden daher auch als Winter der künstlichen Intelligenz bezeichnet (Buxmann & Schmidt, 2019). In den 1980er Jahren wurde speziell die praktische Anwendung der künstlichen Intelligenz weiterentwickelt. Ein Meilenstein stellt der Wettkampf zwischen IBMs entwickeltem System „Deep Blue“ und dem Schachweltmeister Garri Kasparov im Jahr 1997 dar. Das von IBM entwickelte Deep Blue konnte das Duell gewinnen und vermittelte somit in der Öffentlichkeit überspitzt den Sieg des Computers über die Menschheit (Buxmann & Schmidt, 2019). Mittels dieses Ereignisses beschleunigten sich die Fortschritte und die Popularitäten des Bereichs der künstlichen Intelligenz. Das rasante Wachstum hält bis heute an und künstliche Intelligenz hat bereits in einer Vielzahl von Anwendungsbeispielen Einzug in das alltägliche Leben gewonnen. Wesentliche Treiber für den massiven Fortschritt sind die Verfügbarkeit von großen Datenmengen sowie die steigende Rechenleistung und -kapazität von Computern (Kreutzer & Sirrenberg, 2019; Wodecki, 2019).

Obwohl die Idee der künstlichen Intelligenz die Menschheit seit Jahrzehnten beschäftigt, gibt es in der Literatur noch keine universell akzeptierte Definition (Wirtz & Weyerer, 2019). Es gibt jedoch eine Vielzahl von Defmitionsansätzen. So definiert Kurzweil im Jahr 1990 künstliche Intelligenz als die Kunst, Maschinen zu erschaffen, die Funktionen erfüllen die menschliche Intelligenz benötigen (Kurzweil, Richter, & Schneider, 1990). Franklin und Graesser (1996) sprechen anschließend hingegen von der Erforschung und Entwicklung intelligenter Agenten, die selbstständig Probleme lösen können (Franklin & Graesser, 1996). Darüber hinaus gibt es ergänzende Defmitionsansätze, die zwischen einer „starken“ sowie einer „schwachen“ künstlichen Intelligenz differenzieren (Pennachin & Goertzel, 2007). In diesem Kontext ist es der starken künstlichen Intelligenz möglich, selbständig zu denken und somit den menschlichen Verstand perfekt zu repräsentieren. Diesbezüglich hätten Maschinen oder Systeme alle Fähigkeiten, die Menschen auch haben (Buxmann & Schmidt, 2019; Kreutzer & Sirrenberg, 2019). Im Rahmen der schwachen künstlichen Intelligenz geht es hingegen darum, dass Maschinen oder Systeme programmiert werden können, um Intelligenz vorzutäuschen. Intelligente Eigenschaften und Abläufe werden imitiert und als Werkzeuge für das einfachere Entdecken von Lösungswegen verwendet (Goertzel, 2010; Pennachin & Goertzel, 2007). Aufgrund der diversen Definitionen, die in der Literatur zu finden sind, soll künstliche Intelligenz im Rahmen dieser Arbeit für ein einheitliches Verständnis wie folgt verstanden werden: Künstliche Intelligenz umfasst alle Maschinen und Systeme, deren Aktivitäten mit menschlicher Intelligenz assoziiert werden können. Diese weitgefasste Definition stellt sicher, dass der Einfluss von künstlicher Intelligenz in der vorliegenden Arbeit in seiner gesamten Bandbreite untersucht werden kann. Da das Prinzip der oben beschriebenen starken künstlichen Intelligenz momentan technisch noch nicht vollständig umsetzbar ist und der Literatur keine Anwendungsbeispiele vorliegen, geht diese Arbeit grundsätzlich eher von der Form der schwachen künstlichen Intelligenz aus.

Der Begriff künstliche Intelligenz steht in der Literatur mit den drei Begriffen künstliche neuronale Netze, Maschinelles Lernen und Deep Learning in Verbindung. Diese Kategorien lassen sich als elementare Teilgebiete bzw. Fundamente der künstlichen Intelligenz verstehen.

Künstliche neuronale Netze haben ihren Ursprung in den neurologischen Wissenschaften. Ein neuronales Netz bezeichnet die Verbindungen zwischen einzelnen Neuronen, die insbesondere für die Informationsverarbeitung und -Weitergabe verantwortlich sind (Rosenblatt, 1961). Im Rahmen der künstlichen Intelligenz wird versucht, diese neuronalen Netze nachzubilden, um das selbstständige Lernen eines Systems u.a. in Form von Sprach- und Bilderkennungen zu ermöglichen. Dabei nehmen künstliche neuronale Netze wesentliche Eingabeinformationen auf und berechnen daraus entscheidungsrelevante Beurteilungsgrößen (Rehkugler, 1994). Um zu einem Ergebnis zu kommen, berechnet jedes Neuron aus den von außen oder von einem benachbarten Neuron des Netzwerks stammenden Eingabedaten mittels einer jeweiligen Gewichtung einen Ausgabewert, der wiederum an nachgeschaltete Neuronen weitergegeben wird (vgl. Abbildung 3). In der nachfolgenden Abbildung steht die Variable X für die unterschiedlichen Informationen aus den Eingabedaten, die mit Hilfe der Variable w, also der zugehörigen Gewichtung, sowie allen weiteren Eingabeinformationen einen aggregierten Ausgabewert generieren (vgl. Abbildung 3). Es entsteht also eine Informationskaskade, die einen durch das künstliche neuronale Netz berechneten Ausgabewert unter Berücksichtigung aller individuell gewichteten Eingabedaten liefert (Lackes & Mack, 1998). Der jeweilige Ausgabewert berechnet sich dabei mathematisch konkret durch die Formel: Ausgabewert =

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 3. Die grundsätzliche Funktionsweise von künstlichen neuronalen Netzen

(Quelle: eigene Darstellung in Anlehnung an Lippmann, 1987)

Häufig arbeiten künstliche neuronale Netze aufgrund der komplexen Verarbeitung der Eingabedaten mit der „trial and error“ Methode (Lippmann, 1987). Dabei werden parallellaufende Probedurchgängen durchgeführt, um die beste aller möglichen Lösungen aus den eingehenden Daten zu ermitteln. Durch diese Vorgehensweise werden individuelle Neuronen „trainiert“ und können die verarbeiteten Informationen bei zukünftigen Entscheidungen in Form einer angepassten Gewichtung einzelner Informationen berücksichtigen. Infolgedessen können die Daten durch das System oder die Maschine selbstständig ausgewertet werden. Darüber hinaus ist es dem „intelligenten“ System durch die selbstständige Anpassung der Gewichtung einzelner Informationen möglich, zukünftige Aktivitäten oder Entscheidungen selbstständig zu optimieren (Lippmann, 1987). Versteht das System oder die Maschine, dass eine Eingabeinformation für eine bestimmte Situation einen geringen Stellenwert hat, so wird diese Eingabeinformation in zukünftigen Aktivitäten mit einer geringeren Gewichtung berücksichtigt. Künstliche neuronale Netze können diese Abhängigkeiten also selbstständig auf der Basis von Erfahrungsdaten erlernen. Zusammenfassend stellen künstliche neuronale Netze den Versuch dar, Informationen grundsätzlich mit der gleichen Funktionsweise wie das menschliche Gehirn zu verarbeiten. Mit Hilfe dieser Funktionsweise bilden künstliche neuronale Netze das Fundament der künstlichen Intelligenz und ermöglichen das Integrieren von „Intelligenz“ in Systemen oder Maschinen.

Maschinelles Lernen lässt sich hingegen als ein elementares Teilgebiet der künstlichen Intelligenz bezeichnen. Die zuvor beschriebenen künstlichen neuronalen Netze bilden dabei das Fundament des maschinellen Lernens (Murphy, 2012). Grundsätzlich umfasst der Begriff des maschinellen Lernens eine Vielzahl von Methoden, die mit Hilfe von Lernprozessen Zusammenhänge in bestehenden Datensätzen erkennen, um darauf aufbauend automatisiert Vorhersagen zu treffen (Murphy, 2012). Um diese Lernprozesse zu ermöglichen, werden Algorithmen entwickelt, die es dem System ermöglichen, empirische Daten und Erfahrungen zu nutzen, um sich selbstständig an Änderungen innerhalb der Daten anzupassen und weiterzuentwickeln. Mit Hilfe dieser trainierten Algorithmen sind Systeme oder Maschinen in der Lage, vordefinierte Aufgabenstellungen konstant zu optimieren, ohne dafür erneut programmiert werden zu müssen. Bei dieser Funktionsweise bilden die oben erläuterten neuronalen Netze die Basis, um mit Hilfe von Anpassungen der Gewichte das selbstständige Lernen des Systems oder der Maschine von diversen Informationen zu ermöglichen. Die Lernprozesse lassen sich mit großen, qualitativ hochwertigen Datensätzen, die die Funktion von Trainingsmaterialien einnehmen fördern (Buxmann & Schmidt, 2019). Mit Hilfe dieser Trainingsdaten werden neue Algorithmen generiert, um das System zu optimieren. Weitere Inputdaten überprüfen kontinuierlich die Genauigkeit der generierten Algorithmen, um so zu verbesserten Entscheidungsgrundlagen zu kommen (Agrawal, Gans, & Goldfarb, 2018). Darüber hinaus können beim maschinellen Lernen verschiedene Arten des Lernens unterschieden werden. Dazu zählen die Arten beaufsichtigtes Lernen, nicht überwachtes Lernen sowie verstärkendes Lernen (Kreutzer & Sirrenberg, 2019). Im Rahmen dieser Arbeit ist eine detaillierte Unterscheidung der Arten des maschinellen Lemensjedoch zu tiefgreifend, sodass eine genauere Ausführung nicht notwendig ist.

Der dritte wesentliche Begriff und analog zum maschinellen Lernen ein weiteres tiefgreifendes Teilgebiet der künstlichen Intelligenz ist das Deep Learning. Es stellt eine spezielle Ausgestaltung der neuronalen Netze dar und wird in der Literatur häufig als Teilmenge des maschinellen Lernens verstanden (Kreutzer & Sirrenberg, 2019). Dieser Ansatz verwendet künstliche neuronale Netze als Grundlage, indem eine Vielzahl einzelner neuronaler Netze zu einem komplexen künstlichen neuronalen Netzwerk verknüpft werden (Arel, Rose, & Karnowski, 2010). Daraus entsteht ein „tiefes“ künstliches neuronales Netzwerk, das eine große Anzahl an Neuronen in diversen Schichten beinhaltet. Die Schichten umfassen eine Eingabeschicht, über die Daten in das System gelangen, sowie eine Ausgabeschicht, über die Antworten generiert werden. Zwischen diesen beiden Schichten befinden sich ein oder mehrere „versteckte“ Schichten, die für das eigentliche Lernen verantwortlich sind (Kreutzer & Sirrenberg, 2019). Das Erlernen erfolgt analog zum Lernen der einfachen neuronalen Netze über Gewichtsveränderungen einzelner Informationen. Die neuronalen Netze bilden im Netzwerk Ebenen von unterschiedlicher Komplexität. In der ersten Ebene beginnt das System mit der Identifizierung von einfachen Mustern in Form von Helligkeitsstufen oder einzelnen Pixeln. Die zweite Ebene erweitert die Erkennung um Kanten und Formen, sodass in der dritten Ebene eine Erkennung des Objektes erfolgen kann (Kreutzer & Sirrenberg, 2019). Bei diesem Vorgang fließen vermehrt Trainingsdaten durch die neuronalen Netze, wodurch die interne Gewichtung kontinuierlich optimiert wird. Das System wird „intelligenter“. Mehrschichtige Netzwerke profitieren dabei von einer großen Anzahl an Trainingsdaten (Krizhevsky, Sutskever, & Hinton, 2012). Einfache neuronale Netze könnten bspw. die Helligkeitsstufe oder Kanten erkennen, würden dies jedoch nicht einem spezifischen Objekt zuordnen können. In einer datengesteuerten Umgebung ermöglichen Deep Learning Systeme somit eine automatisierte Extraktion und Identifikation von Daten und Korrelationen. Diese Zusammenhänge würden einfachen Algorithmen des maschinellen Lernens verborgen bleiben (Buxmann & Schmidt, 2019). Darüber hinaus weisen Deep Learning Systeme einen sehr hohen Autonomiegrad auf und bieten vielfältige Anwendungsmöglichkeiten.

Unabhängig von oben erläuterten Formen findet künstliche Intelligenz grundsätzlich immer mehr Anwendung in der Wirtschaft und darüber hinaus in vielen weiteren Bereichen. Sowohl digitale persönliche Assistenten als auch Expertensysteme zur Auswertung von Kundendaten oder Systeme zur Bilderkennung bedienen sich der Algorithmen der künstlichen Intelligenz (Luckow et al., 2018). Speziell in der Automobilbranche gibt es eine Vielzahl von Anwendungsbereichen der künstlichen Intelligenz, um Prozesse zu optimieren und Wettbewerbsvorteile gegenüber konkurrierenden Unternehmen zu generieren. Daher ist künstliche Intelligenz insbesondere in der Automobilbranche ein sehr aktuelles und rasant wachsendes Thema, von dem sich die Branchenteilnehmer ein hohes Potenzial versprechen (Breunig, Kässer, Klein, & Stein, 2017).

3.2 Grundlagen & Wertschöpfung der Automobilbranche

Die Begriffe Automobilbranche, Automobilindustrie und Automobilwirtschaft könnenje nach Auffassung sehr unterschiedliche Bedeutungen haben. Der Verband der Automobilindustrie verbindet den Begriff Automobilindustrie mit Herstellern von Kraftwagen und Motoren, Anhängern und Aufbauten sowie Herstellern von Kfz-Teilen und Zubehör (Verband der Automobilindustrie, 2007). Diese Definition richtet den Fokus auf die Produktion innerhalb der Branche. Häufig wird der Begriff in der Literatur noch weiter gefasst und um Dienstleister ergänzt (Strassner, 2005). Die Begriffe Automobilbranche und Automobilwirtschaft sind in der Literatur ähnlich aufzufassen. Die Forschungsstelle der Automobilwirtschaft definiert das Feld der Automobilwirtschaft in einem weiteren Sinne. Demnach umfasst die Automobilwirtschaft alle Teilnehmer, die an Produktion, Distribution, Aufrechterhaltung der Nutzungsfähigkeit sowie der endgültigen Verwendung von Automobilen beteiligt sind (Wallentowitz, Freialdenhoven, & Olschewski, 2009). In der vorliegenden Arbeit sollen die oben genannten Begrifflichkeiten synonym verwendet werden und einer engeren Definition wie der des Verbands der Automobilindustrie unterliegen. Im Kontext dieser Arbeit stellt dies speziell in Bezug auf den Fokus der Kapitel vier und fünf eine sinnvolle Definition dar, da ein besonderer Fokus auf den Automobilherstellern liegt.

Den Begriff des Automobilherstellers findet man in der Literatur auch vermehrt unter dem Namen „Original Equipment Manufacturer“ (Wallentowitz et al., 2009). Hierunter werden im Bereich der Automobilbranche Unternehmen verstanden, die selbst gefertigte oder fremdbezogene Komponenten zu vollständigen Fahrzeugen zusammensetzen und diese sowohl Einzelhändlern als auch den Endverbrauchern am Markt anbieten (Wallentowitz et al., 2009). Durch starke Markenidentitäten und die unmittelbare Kundennähe sind Kunden insbesondere mit den Automobilherstellern der Automobilbranche vertraut (Schaefer, Berens, Heinze, & Rotte, 2006). Typische Automobilhersteller sind bspw. Volkswagen, Toyota oder Ford.

Eine Besonderheit der Automobilbranche ist die gewisse Abhängigkeit der Hersteller von ihren Zulieferern, da die Hersteller in den letzten Jahren vermehrt Fertigungsprozesse einzelner Komponenten ausgelagert haben (Takeishi, 2001). Diese Abhängigkeit wird im Verlauf des fünften Kapitels dieser Arbeit noch im Detail untersucht. Als Zulieferer werden dabei alle wirtschaftlichen Einheiten, die für ein in der gesamten Wertschöpfung nachgelagertes Unternehmen industrielle Vorprodukte liefern oder Dienstleistungen erbringen, verstanden (Wallentowitz et al., 2009). Speziell in der Automobilbranche wird häufig von der sogenannten Zulieferpyramide gesprochen. Die Zulieferpyramide ist eine systematische Darstellung der Zulieferer bis hin zum Hersteller an der Spitze der Pyramide. Zulieferer werden dabei nach ihrer Position im Rahmen der gesamten Wertschöpfung differenziert. Dem Automobilhersteller direkt vorgelagert ist demnach ein „Tier-1“ Zulieferer. In Abhängigkeit der Lieferantenebene folgen „Tier-2“ bis „Tier-n“ Zulieferer (Tietze, 2003). Klassische Zulieferer sind in diesem Kontext bspw. Bosch oder Continentale. Neben der besonderen Beziehung zwischen Hersteller und Zulieferer zeichnet sich die Automobilbranche vermehrt durch innovative Trends aus.

Diese Trends werden insbesondere durch gesteigerte Kundenanforderungen sowie verstärkte Regularien wie Abgasregularien getrieben. Neben dem autonomen Fahren stellen speziell die Elektromobilität sowie der Antrieb durch Wasserstoff innovative Trends dar (Graham-Rowe et al., 2012; Wilberforce et al., 2017). Diese werden in der Regel von traditionellen Automobilhersteilem mitgegangen. Es ergeben sich auch neue prominente Hersteller wie das Unternehmen Tesla, welches sich speziell auf Elektromobilität fokussiert hat.

Die vollständige Wertschöpfung im Rahmen der Automobilbranche umfasst alle erzeugten Werte von Komponenten, Materialien und Fahrzeuge, die an Verbraucher, Unternehmen und Regierungen verkauft werden, sowie Dienstleistungen und After-Sales Produkte, die zur Wartung und zum Betrieb der Fahrzeuge gekauft werden (McAlinden & Andrea, 2002). Die gesamte Wertschöpfung innerhalb der Branche setzt sich daher aus einer Vielzahl von individuellen Wertschöpfungsketten einzelner Akteure zusammen. So ist die interne Wertschöpfungskette der Zulieferer der internen Wertschöpfungskette der Hersteller vorgelagert (Wallentowitz et al., 2009). Aus einer makroökonomischen Perspektive ist es möglich, die vollständige Wertschöpfungskette mit allen Akteuren der Branche zu betrachten. Diese Arbeit konzentriert sich jedoch, wie in Abbildung 1 dargestellt, auf die mikroökonomische Wertschöpfungskette der Automobilhersteller, um Chancen und Herausforderungen von künstlicher Intelligenz für diese repräsentativen Akteure zu analysieren. Aus diesem Grund werden vor- und nachgelagerte Wertschöpfungsketten im Folgenden ausgeklammert, obwohl diese grundsätzlich bei der makroökonomischen Analyse der Wertschöpfung, speziell in der Automobilbranche, eine wichtige Rolle einnehmen (Takeishi, 2001).

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Ende der Leseprobe aus 91 Seiten

Details

Titel
Künstliche Intelligenz. Chancen, Herausforderungen und Managementimplikationen für die Automobilbranche im internationalen Vergleich
Hochschule
Universität Hamburg
Note
1,7
Autor
Jahr
2020
Seiten
91
Katalognummer
V899733
ISBN (eBook)
9783346244819
ISBN (Buch)
9783346244826
Sprache
Deutsch
Schlagworte
künstliche, intelligenz, chancen, herausforderungen, managementimplikationen, automobilbranche, vergleich
Arbeit zitieren
Felix Meyer (Autor:in), 2020, Künstliche Intelligenz. Chancen, Herausforderungen und Managementimplikationen für die Automobilbranche im internationalen Vergleich, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/899733

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