Entspannungstechniken zur Linderung von Rückenschmerzen

Die Wirksamkeit der progressiven Muskelrelaxation nach Jacobson zur Palliation von Rückenschmerzen bei regelmäßig trainierenden Frauen


Bachelorarbeit, 2019

74 Seiten, Note: 1,0

Anonym


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1 EINLEITUNG UND PROBLEMSTELLUNG
1.1 Einleitung
1.2 Problemstellung
1.3 Wissenschaftliche Fragestellung

2 ZIELSETZUNG
2.1 Zielder Arbeit
2.2 Nutzen fur die Problemgruppe

3 GEGENWARTIGERKENNTNISSTAND
3.1 Stress
3.2 Ruckenschmerzen
3.2.1 Spezifische Ruckenschmerzen
3.2.2 Nicht spezifische Ruckenschmerzen
3.3 Progressive Muskelrelaxation nach Jacobson
3.4 Studien zur Thematik
3.4.1 Kausalitat von Stress und Ruckenschmerzen
3.4.2 Methoden der Spannungsregulation gegen Ruckenschmerzen

4 METHODIK
4.1 Forschungsfragen und Forschungshypothesen
4.2 Untersuchungsdesign
4.2.1 Storvariablen
4.2.2 Kontrolle der Storvariablen
4.3 Operationalisierung
4.4 Untersuchungsobjekt
4.4.1 Population
4.4.2 Stichprobe
4.4.3 Rekrutierung
4.5 Konzeption und Durchfiihrung der Kurseinheiten
4.5.1 Rahmenbedingungen
4.5.2 Gestaltung der Kurseinheit
4.6 Datenerhebung
4.7 Datenaufbereitung
4.8 Datenanalyse
4.8.1 Deskriptive Statistik
4.8.2 Inferenzstatistik

5 ERGEBNISSE
5.1 Ergebnisse der deskriptiven Statistik
5.1.1 Altersverteilung der Teilnehmer
5.1.2 Dauer der Riickenschmerzen
5.1.3 Korrelation der Riickenschmerzen und der psychischen Belastung
5.1.4 Intensitat/Veranderung der Riickenschmerzen
5.2 Ergebnisse der Inferenzstatistik
5.2.1 PrufendergleichenPopulationszugehorigkeitvonEGundKG
5.2.2 PrtifenderVeranderungshypothese
5.2.3 PrtifenderUnterschiedshypothese

6 DISKUSSION
6.1 Methodendiskussion
6.2 Ergebnisdiskussion
6.2.1 Diskussion der Ergebnisse der deskriptiven Statistik
6.2.2 Diskussion der Ergebnisse der Inferenzstatistik
6.3 Schlussfolgerungen

7 ZUSAMMENFASSUNG

8 LITERATURVERZEICHNIS

9 ABBILDUNGS-, TABELLEN-, ABKURZUNGSVERZEICHNIS
9.1 Tabellenverzeichnis
9.2 Abbildungsverzeichnis
9.3 Abkiirzungsverzeichnis

ANHANG
Anhang 1: Erhebungsinstrument
Anhang 2: Formelsammlung
Anhang 3: Probandeninformation
Anhang 4: Einwilligung zur Datenverarbeitung
Anhang 5: Personliche Einverstandniserklarung
Anhang 6: Rohdaten

1 Einleitung und Problemstellung

„Was wir Krankheit nennen, sind nur Symptome unseres geistigen Zustands", sagte schon Elbert Hubbard, amerikanischer Schriftsteller und Philosoph (1859 - 1915) (Biickart, 2019).

Die Essenz dieser Arbeit ist die Untersuchung der Wirksamkeit von Methoden zur Span-nungsregulation auf die Intensity des Symptoms Riickenschmerz.en

1.1 Einleitung

Die Zahl der Personalausfalle aufgrund von Riickenleiden und/oder psychischer Erkran-kungen bzw. Stress steigt. Laut BKK-Gesundheitsreport lag die Zahl der Arbeitsunfa-higkeitstage aufgrund psychischer Erkrankungen im Jahr 2017 bei durchschnittlich 285 Tagen je hundert Mitglieder. Im Jahr 2015 waren es 232,7 Arbeitsunfahigkeitstage je hundert Mitglieder (Knieps & Paff, 2018, Seite 44).

Fur das Jahr 2018 stellten Ruckenschmerzen mit einem Anteil von 5,3 % die zweithau-figste Diagnose der Arbeitsunfahigkeitstage und wurden nur von Infekten (7,3 %) iiber-troffen (Storm, 2019, S. 204).

Bereits 2006 erfasste das Robert-Koch-Institut, dass 22 % der Frauen und 15 % der Manner in Deutschland unter chronischen Ruckenschmerzen leiden, womit dieses Be-schwerdebild zu den haufigsten Volksleiden der Deutschen zahlt (RKI, 2006, S. 34). 2017 veroffentlichte das Statistische Bundesamt Zahlen, die auf die andauernde Rele-vanz der Thematik verweisen. Innerhalb der haufigsten Hauptdiagnosen von Patienten in Vorsorge- oder Rehabilitationseinrichtungen liegen Ruckenschmerzen - nach Arthro-se des Knie- und Hiiftgelenks - an drifter Stelle. Von 1000 Patienten werden Rucken­schmerzen bei 42 Frauen und 48 Mannern diagnostiziert (Statistisches Bundesamt [De-statis], 2017, S. 7).

Im Rahmen einer Online-Umfrage im Zeitraum vom 08. bis zum 10. Januar 2019 be-fragte das Online-Portal Statista 1.009 Internetnutzer nach der Haufigkeit ihre Rucken­schmerzen innerhalb der vergangene sechs Monate. Hiernach gaben 13 % der Befragten an, taglich 19 % mehrmals in der Woche und 17 % mehrfach im Monat unter Rucken­schmerzen zu leiden (Kunst, 2019).

Mit dem Zusammenhang zwischen Riickenschmerzen und psychischer Belastung, v.a. in Form von Stress, befassen sich bereits zahlreiche Forschungen. So ergab eine Studie der Eurofound aus dem Jahr 2005 (zitiert nach Stadler & Spiefi, 2008, S. 6), dass 71,1 % derer, die berichteten unter Stress zu stehen, auch unter Riickenschmerzen litten. Eine Forsa-Umfrage im Auftrag der Techniker-Krankenkasse (TK) (2016, S.7) ergab, dass sich 82 % der 30 bis 39 Jahrigen gestresst fiihlen. Des Weiteren ergab die Befra-gung, dass von den ca. 1200 Personen 63 % der Frauen und 58 % der Manner angaben, unter Stress zu stehen.

1.2 Problemstellung

Nach Lang et. al. (2000, S. 146) sind die aktuellen Methoden auf Basis von Bewegungs-und Medikamententherapie nur wenig effizient. Doch Personalausfalle aufgrund von Riickenschmerzen steigen. Daher stellt sich die Frage nach alternativen Methoden zur Palliation von Riickenschmerzen. Die therapeutische Wirksamkeit von Entspannungs-verfahren zur Verminderung chronischer Riickenschmerzen gilt als belegt (Pfmgsten, 2012, S. 50). Doch wegen fehlender Evidenz ist z. B. die Behandlung akuter nicht spe-zifischer Kreuzschmerzen nicht moglich (Pfmgsten, S. 50). Zudem dauern die Anwen-dungen von Kursen zum Erlernen von Entspannungsverfahren in der Regel iiber einen Zeitraum von mindestens acht Wochen (GKV-Spitzenverband, 2018, S. 55). Es stellt sich die Frage, welche Wirkung ein psychologisch orientierter Ansatz in Form von Methoden der Spannungsregulation bei Riickenschmerzen iiber einen kiirzeren Zeitraum hatte.

Fur diesen Ansatz bietet sich die Progressive Muskelrelaxation (PMR) nach E. Jacobson (2011, 7. Aufl.) an, deren Wirksamkeit bereits in vielfaltigen Einsatzgebieten - von der Schmerztherapie (Derra, 1997, S. 283) bis zur Behandlung koronarer Herzkrankheit (Sheu, Irvin, Lin, & Mar, 2003) belegt ist.

1.3 Wissenschaftliche Fragestellung

Welche unmittelbaren Auswirkungen hat die Anwendung der PMR nach einer Anwen-dung auf die Intensity der Beschwerden von spezifischen und nicht spezifischen Riickenschmerzen?

2 Zielsetzung

Im Folgenden werden das Ziel dieser Arbeit sowie der Nutzen der Problemgruppe defi-niert.

2.1 Ziel der Arbeit

Das Ziel der Arbeit ist die Uberprvifimg der Wirksamkeit der Progressiven Muskelrela-xation nach Jacobson zur Linderung von Riickenschmerzen nach einer Anwendung.

2.2 Nutzen fur die Problemgruppe

Erfahrungen zeigen, dass Riickenschmerzen trotz gezielter bewegungsphysiologischer Ubungen bestehen bleiben konnen. Die Problemgruppe profitiert gegebenenfalls von ei-nem Losungsansatz fur derartige Leiden und folglich einer Verbesserung des Lebens-standards und Wohlbefmdens. Zudem erlernen die Probanden mit der PMR eine wirksa-me Methode der Spannungsregulation und sind damit in der Lage, konstruktiv auf psy-chische Belastungen zu reagieren.

3 Gegenwartiger Kenntnisstand

In diesem Abschnitt werden die Wissensgrundlagen dargestellt, die fur die untersuchte Problemstellung von Bedeutung sind.

3.1 Stress

Etymologisch stammt das Wort vom lateinischen Wort „stringere" ab, welches so viel bedeutet wie „zusammenziehen" (Pons, 2016). Laut Plaumann, Busse und Walter (2006, S. 3) wurde der Begriff aus dem Englischen, wo dieser ursprunglich im physikalischen Kontext fur Druck oder Spannung verwendet wurde, in die deutsche Sprache iibernom-men. 1914 fuhrte der Physiologe Walter Canon den Stressbegriff im phsychologisch-medizi-nischen Kontext ein (Balz, 2012, S. 492). Selye verwendete den Stressbegriff spater als unspezifische Reaktion des Organismus auf eine Storung des harmonischen Gleichge-wichts zwischen Individuum und Umwelt (Homoostase) (Faller & Lang, 2019, S. 26). Seine Arbeiten machten den Begriff popular. Auf Selye geht auch die Differenzierung zwischen Distress und Eustress, also negativ und positiv erlebtem Stress, zuriick (Plau-mann, Busse & Walter, 2006, S. 3).

Zum Begriff „Stress" existieren diverse Beziige und Interpretationen, sodass es keine allgemeingultige Definition gibt (Nitsch, 1981; zitiert nach Plaumann, Busse & Walter, 2006). Medizinisch defmiert sich Stress als Zustand des Organismus, der durch ein spezifisches Syndrom . . . gekennzeich- net ist, jedoch durch verschiedenartige unspezifische Reize . . . ausgelost werden kann. Unter Stress konnen auch die aufieren Einwirkungen selbst verstanden werden, an die der Korper nicht in geniigender Weise adaptiert ist. Psychischer Stress entsteht infolge einer Diskrepanz zwischen spezifischern Anforderungen und subjektivem Bewaltigungsverhalten (Coping) (Pschyrembel, 1998, S. 1517,1518).

Der Gesundheitspsychologe Kaluza versteht unter Stress „ein interdisziplinares For- schungsfeld, das sich - im weitesten Sinne - mit der Bedeutung sozioemotionaler Be- lastungserfahrungen fur die korperliche und psychische Gesundheit befasst" (2004, S. 12).

Faller und Lang (2019) defmieren Stress als „die Reaktion eines Individuums auf eine belastende Situation. Der Belastungsfaktor, der diese Stressreaktion auslost, wird Stres­sor genannt. Stress tritt auf, wenn die Anforderungen der Umwelt die Bewaltigungs-moglichkeiten des Individuums iibersteigen" (S. 26).

Im Zuge dieser Arbeit ist die biologische Perspektive von Stress relevant. Laut dieser werden Anderungen der physischen oder psychischen Homoostase, welche durch die verfugbaren Ressourcen des Individuums nicht ausgeglichen werden konnen, unter-sucht. „Die korperlichen Reaktionen als Antwort des Organismus auf jede Art von Be-lastung stehen im Fokus dieser Betrachtung" (Plaumann, Busse & Walter, 2006, S. 4).

3.2 Ruckenschmerzen

Die Ergebnisse der Deutschen Riickenschmerzstudie 2003/2006 ergaben, dass bis zu 85 % der Deutschen mindestens einmal in ihrem Leben unter Ruckenschmerzen leiden (Raspe, 2012, S. 13). Der bundesweite telefonische Gesundheitssurvey 2003 des Robert Koch-Instituts zeigte, dass jede funfte Frau und jeder siebte Mann in den vergangenen zwolf Monaten unter chronischen Ruckenschmerzen litt (Lange & Ziese, 2007, S. 34). Nach Baron, Koppert, Strumpf und Willweber-Strumpf (2013, S. 314) handelt es sich bei Ruckenschmerzen urn keine eigenstandige medizinische Diagnose, sondern urn ein Symptom welchem vielfaltige Ursachen zugrunde liegen konnen. Anatomisch werden Ruckenschmerzen in den Kreuzschmerz unterteilt, welcher sich auf Beschwerden im Bereich unterhalb des Rippenbogens und oberhalb der Gesafifalten bezieht und in die Beine ausstrahlen kann, und in den oberen Ruckenschmerz, welcher den Bereich von der Brustwirbelsaule bis zum Nacken umfasst (Bundesarztekammer [BAK], Kassenarzt-liche Bundesvereinigung [KBV] & Arbeitsgemeinschaft Wissenschaftlich Medizini-scher Fachgesellschaften [AWMF], 2017. S. 13). Ruckenschmerzen werden nach der Dauer der Beschwerden eingeteilt in (Deutsche Gesellschaft fur Allgemeinmedizin und Familienmedizin [DEGAM], 2016):

Akut: Die Beschwerden sind neu aufgetreten bei einer Dauer bis zu zwolf Wochen, ohne Wiederholungsfall innerhalb des letzten Jahres.

Subakut: Innerhalb des vergangenen Halbjahres bestanden die Beschwerden an weni-geralsderHalftederTage.

Chronisch: Die Beschwerden traten innerhalb des vergangenen Jahres an mehr als der HalftederTageauf.

Rezidivierend: Die Ruckenschmerzen treten nach einem symptomfreien Zeitraum von mindestens sechs Monaten erneut auf.

Des Weiteren wird atiologisch zwischen spezifischen und nicht spezifische Rucken­schmerzen unterschieden, wobei die Abgrenzung nicht immer klar zu defmieren ist (Bork, 2017, S. 626).

3.2.1 Spezifische Ruckenschmerzen

Den spezifischen Ruckenschmerzen liegt eine erkennbare Ursache zugrunde. Solche klaren pathoanatomischen Abgrenzungen wie bei Frakturen, Tumoren, neurologischen Defiziten oder Infektionen, die die Ruckenschmerzen hervorrufen, werden als „red flags" bezeichnet (Casser, Hasenbring, Becker, Baron, 2016, S. 74). Der Anteil dieser „red flags" als Ursache von Riickenbeschwerden liegt bei maximal 15 % (Casser et. al, 2016, S. 74).

3.2.2 Nicht spezifische Ruckenschmerzen

Un- oder nicht spezifische bzw. nicht klassifizierte Ruckenschmerzen sind solche, fur deren Ursache es keinen nachweisbaren Befund gibt (Bork, 2017, S. 626). Betroffene empfmden unspezifische Ruckenschmerzen als Schmerzen, Muskelverspannung und/oder -versteifung im Bereich des Riickens (Koes et al, 2006). Der Bereich des Riickens reicht hierbei vom Hinterhaupt bis oberhalb der Gesafifalte (Banzer, 2017, S. 276).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 1: Risikofaktoren fur die Entstehung und Chronifizierung nicht spezifischer Ruckenschmerzen (mo-difiziert nach Stadler & Spiefi, 2009, S. 5)

Abb. 1 zeigt ein Modell zur Darstellung sogenannter Risikofaktoren, die die Entstehung und Chronifizierung nicht spezifischer Ruckenschmerzen begvinstigen. Hier werden im wesentlichen drei Gruppen unterschieden (Stadler & Spiefi, 2009, S. 4). Allgemeine Risikofaktoren: Hierzu zahlt der individuelle Lebensstil, welcher z.B. Rauchen, Ubergewicht, oder Alkoholkonsum als Risikofaktoren beinhaltet. Auch die Zugehorigkeit zur sozialen Schicht, das Bildungsniveau und subjektive Attituden der Person gehoren zu dieser Gruppe von Risikofaktoren (Bork, 2017, S. 628).

Korperliche Risikofaktoren: Zu dieser Gruppe zahlen das Heben schwerer Lasten, einseitige oder zu geringe Bewegung, Vibrationsexpositionen und monotone Korperhal-tung. Viele dieser Faktoren konnen mit dem Arbeitsplatz des Individuums zusammen-hangen(Bork,2017, S. 628).

Psychosoziale Risikofaktoren: Diese Gruppe beinhaltet Faktoren wie Depressivitat und Distress, Neigung zur Somatisierung und Katastrophisierung, iiberzogenes Schon-und Angstvermeidungsverhalten und schmerzbezogene Kognitionen. Ahnlich wie die den korperlichen Risikofaktoren existiert auch in dieser Gruppe ein Bezug zum Arbeits­platz (Bork, 2017, S. 628).

Im Hinblick auf die psychosozialen Risikofaktoren wird verdeutlicht wie naheliegend ein therapeutischer Ansatz mittels Methoden der Spannungsregulation ist.

3.3 Progressive Muskelrelaxation nach Jacobson

Der amerikanische Arzt Edmund Jacobson (1885-1976) ist der Schopfer der nach ihm benannten Methode der Spannungsregulation, welche er 1930 entwickelte (Hainbuch, 2011, S. 12). Nach Jahrzehnten der Forschung bewies Jacobson einen Zusammenhang zwischen psychischer Anspannung und einer Zunahme des Muskeltonus (Sammer, 2014, S. 31). Im Umkehrschluss ergab sich das Ziel seines Verfahrens: Die Wahrneh- mung von Entspannung als Folge wechselnder An- und Entspannung der Muskulatur. Im Ursprung umfasste die Methode 30 verschiedene Muskelgruppen, sodass zum Erler- nen der PMR ca. 40 Therapiestunden notig waren. Urn den Entspannungszustand in kiir- zerer Zeit zu erreichen, verkiirzten erstmals Bernstein und Borkovec (1975) das Verfah- ren auf 16 Muskelgruppen und ebneten diversen Anwendungsmodifikationen den Weg (Alsleben & Hand, 2013, S. 240-241).

Nach Alsleben & Hand (2013, S. 241) wirkt das Verfahren durch die Senkung der Mus- kelspannung unter die Grundspannung, die jeder Muskel in Ruhe besitzt. Wird der Mus- kel angespannt, steigt der Muskeltonus iiber diese Grundspannung. Beim Entspannen wird dieses Niveau jedoch unterschritten. Dieses Phanomen wird als „Pendeleffekt" be- zeichnet. Alsleben und Hand (S. 241) betonen auch, dass dieser Pendeleffekt nach Be- riicksichtigung neuerer Untersuchungen, allein nicht ausreichend sei, urn die durch die PMR erreichte Muskelentspannung zu erklaren. Die Begriindung fur diesen Einwand liefern elektromyografische Messungen des Muskeltonus, welche zeigen dass diese Muskelentspannung mit einer Verzogerung von bis zu einer Minute auftritt, was auf ko- gnitive Prozesse zuriickzufiihren ist. Die subjektiven Erwartungen der Teilnehmer ste- hen im Zusammenhang mit dem Therapieergebnis. Zu dieser Thematik wurde 2017 eine Studie gefuhrt, die zeigte, dass unrealistisch hohe oder negative Erwartungen der Patienten das Ergebnis negativ beeinflussen (Skatteboe, Roe, Fagerland & Granan, 2017).

Die Vorteile des Verfahrens iiberwiegen die Nachteile (Alsleben & Hand, 2013, S. 242).

Nachteile:

- Notwendigkeit intensiven Ubens zu Beginn der Methode
- Angstzustande, Depersonalisations- bzw. Derealisationsphanomene konnen auf-treten

Vorteile:

- Keine Notwendigkeit spezieller Ausstattungen oder Raumlichkeiten
- Jederzeit durchfuhrbar
- Erhohung der Korperwahrnehmung von An- und Entspannung
- Positive Auswirkungen auf den gesamten Organismus
- Keine pharmazeutischen Nebenwirkungen

Die PMR bietet nach Hainbuch (2011, S. 13) diverse Moglichkeiten zur Anwendung. Urspriinglich in der Verhaltenstherapie, v.a. zur Bekampfung von Angststorungen, ein-gesetzt, kann die Durchfuhrung zur Linderung verschiedener Symptome wie Kopf- oder Riickenschmerzen beitragen und sowohl physischen als auch psychischen Stress redu-zieren. Des Weiteren zeigen sich positive Wirkungen bei Krankheiten wie arterieller Hypertonic oder Storungen des Verdauungssystems.

Laut Hainbuch (2011, S. 15) sollte die PMR nicht angewandt werden, wenn psychische oder neurologische Erkrankungen vorliegen.

3.4 Studien zur Thematik

In diesem Kapitel werden die Ergebnisse aktueller Studien aufgefuhrt, die sich mit dem Zusammenhang von Stress und Riickenschmerzen, bzw. der Linderung dieser, durch Methoden der Spannungsregulation befassen.

3.4.1 Kausalitat von Stress und Ruckenschmerzen

Durch eine Vielzahl von Studien belegt die Stressforschung der letzten Jahrzehnte, dass Stress fur eine Vielzahl psychischer und physischer Belastungen verantwortlich ist (Weifi, 1999, S. 70). Psychophysiologische Untersuchungen liefern Belege fur die Gul-tigkeit der Stresshypothese zur Erklarung chronischer Ruckenschmerzen, aus denen re-sultiert, dass die Schmerzen muskular bedingt sind. Hervorgerufen werden diese durch einen andauernd erhohten Muskeltonus, welcher aus mangelnder Kompetenzen im Urn-gang mit Stress entsteht (Schiiffel, 1988, S. 266).

Bereits 1984 belegten Turk und Flor (S. 211-213), dass strukturelle v.a. degenerative Veranderungen der Wirbelsaule wie Skoliose oder Arthrose in keinen eindeutigen Zu-sammenhang mit dem Erscheinen bzw. der Intensity von Ruckenschmerzen gebracht werden konnen.

Emery (1980) zeigte mittels elektromyografischer Untersuchungen an zwanzig Proban-den, welche unter chronischen Ruckenschmerzen litten, dass der Tonus deren paraverte-braler Muskulatur im Vergleich zur Kontrollgruppe ohne chronische Ruckenschmerzen dauerhaft erhoht war. 1978 untersuchte Janus bei zwei Patienten mit Muskelverspan-nungen im Nacken wahrend eines analytischen Gesprachs mittels Oberflachenelektro-myogramm das Aktionspotential der Muskulatur. Seine Untersuchung ergab, dass er-hohte Muskelaktionspotentiale mit Gefuhlen angstlicher Fluchtstimmung und konfiikt-haften, affektiven Bezogenheiten korrespondieren, wahrend sich positives Selbstgefuhl und Sicherheitsgefuhle mit niedrigen Aktionspotentialen decken. Holms und Wolff ka-men 1952 in einer Untersuchung an 65 Probanden mit Ruckenschmerzen zum gleichen Ergebnis. Die Probanden mit dem Ruckenschmerzsyndrom reagierten auf bedrohliche, angsteinfiofiende oder frustrierende Situationen mit einer erhohten muskularen Aktivi-tat.

In einem Literaturreview von 2017 wurde das Auftreten chronischer unterer Rucken­schmerzen („low back pain") in Verbindung mit Depressionen und Angst untersucht. Die Ubersicht beinhaltet acht Studien, die einen hochsignifikanten (p < 0,01) und fiinf Studien, die einen signifikanten (p < 0,05) Zusammenhang fur Depressionen und Schmerzintensitat zeigen. Vier Studien zeigen einen hochsignifikanten und drei Studien einen signifikanten Zusammenhang von Angst und Schmerzintensitat zeigen. Fiinf Stu­dien zeigen keine signifikanten Ergebnisse (Bletzer, Gantz, Voigt, Neubauer & Schilten-wolf).

Bei einer Untersuchung von 140 Probanden, die zwischen Januar 2016 und Dezember 2017 nacheinander aus einem grofien danischen Wirbelsaulenzentrum in der Region Siiddanemark rekrutiert wurden, wurde ein Zusammenhang von Posttraumatischer Be-lastungsstorung und low back pain (LBP) festgestellt. Unter Anwendung der Somatic experiencing®, welche eine Methode zur Heilung von Traumata ist, kam es mit der Lin-derung der Posttraumatischen Belastungsstorung ebenfalls zur Verbesserung der Riickenschmerzen (Andersen, Ellegaard, Schiottz-Christensen & Manniche, 2018). Eine Sammlung und Auswertung von Daten der National Health Interview Survey (USA) aus 2010 ergab signifikante Assoziationen zwischen Riickenschmerzen und di-versen psychosozialen Faktoren, einschliefilich Ungleichgewicht zwischen Familie, be-lastender Atmosphare am Arbeitsplatz und Arbeitsplatzunsicherheit (Yang, Haldeman, Lu, & Baker, 2016).

Den Beleg fur einen Zusammenhang von Distress und Riickenschmerzen liefert eben­falls eine Review aus dem Jahr 2016. Die Analyse von 17 Studien fvihrte zu dem Schluss, dass die ausgewahlten Studien und deren Messinstrumente einen starken Be-weis fur die Korrelation von Stress und Riickenschmerzen liefern (Shaw, Hartvigsen, Woiszwillo, Linton & Reme, 2016).

3.4.2 Methoden der Spannungsregulation gegen Riickenschmerzen

Da zahlreiche Studien den Zusammenhang von Riickenschmerzen und psychischer Be-lastung belegen, entsteht im Umkehrschluss die Annahme, dass Methoden zur Span­nungsregulation Riickenschmerzen lindern.

Diese Annahme wird durch eine Studie aus 2018 belegt (Mateu et.al). Im Rahmen der Studie wurden 58 Personen mit chronischem LBP und Lendenkanalstenose untersucht, die zuvor mit Opioiden behandelt worden waren, ohne dass nach drei Monaten eine An-derung eintrat. Die Probanden wurden per Zufallsprinzip in zwei Gruppen eingeteilt und erhielten iiber einen Zeitraum von je acht Wochen zwei Interventionen, zwischen denen ein Monat Pause lag. Bei den Interventionen handelte es sich urn PMR und Entspan-nungsmusik. Die Gruppen unterschieden sich in der Reihenfolge der Interventionen -zuerst PMR, dann Entspannungsmusik oder umgekehrt. Beide Interventionen fiihrten zur Linderung der Riickenschmerzen. Bei der PMR wurde eine starkere Wirkung festge­stellt (VAS-Differenz = 1,8 cm). Die Ergebnisse belegen die Wirksamkeit der PMR zur Reduzierung von Riickenschmerzen in kurzer Zeit.

In einer weiteren Studie wurde die Reduzierung von Riickenschmerzen durch Meditati­on, verglichen mit der Wirkung einer Riickenschule, untersucht (Kunz, 2017). Das Stu-dienkollektiv bestand aus 68 Teilnehmern zwischen 18 und 75 Jahren, die die Intensity ihrer Riickenschmerzen der vergangenen sieben Tage auf einer Visuellen Analogskala (VAS) eintrugen. Der Interventionszeitraum betrug acht Wochen. Innerhalb dieser Zeit erhielt die Interventionsgruppe einmal pro Woche ein Meditationsgruppentreffen mit ei-nem Meditationslehrer und die Kontrollgruppe ein „Self-care book" mit Anweisungen zur Riickenschule. Die Untersuchung ergab, dass zwischen der Wirkung der Riicken­schule und der Meditation auf Riickenschmerzen kein signifikanter Unterschied besteht. Beide Interventionen fuhrten zu einer Minderung der Schmerzintensitat. Zu Beginn der Studie lag die durchschnittliche Schmerzintensitat der Meditationsgruppe bei 59.3 ± 13.9 mm und die der Kontrollgruppe bei 52.9 ± 11.8 mm. Nach acht Wochen lag die Schmerzintensitat der Meditaionsgruppe bei die Interventionsgruppe 40.8 ± 21.8 mm und in der Kontrollgruppe bei 37.3 ± 18.2 mm. 2014 wurde eine prospektive Studie veroffentlicht, die die Wirkung von PMR in Verbin-dung mit Musik bei schwangeren Frauen mit LBP untersuchte (Akmese & Oran, 2014). Hierzu wurden jeweils 33 schwangere Frauen nach dem Zufallsprinzip der Kontroll-oder Interventionsgruppe zugeordnet. Zur Schmerzmessung diente eine VAS. Nach vier und acht Wochen der Intervention waren signifikant unterschiedliche Ergebnisse zwi­schen beiden Gruppen feststellbar. Die Frauen, die die PMR erhalten hatten, nahmen so-wohl eine Verbesserung der Lebensqualitat als auch eine Abnahme der Riickenschmer­zen wahr.

In einer siebentagigen Kontroll-Single-Blind-Studie, welche in einem Gesundheitszen-trum in Indien durchgefuhrt wurde, konnte ebenfalls die Wirksamkeit von Methoden zur Entspannung bei Riickenschmerzen belegt werden (Tekur, Nagarathna, Chametcha, Hankey & Nagendra, 2012). In der Studie wurden 80 Patienten (37 Frauen, 43 Manner) mit CLBP zufallig Yoga-Gruppen oder Gruppen mit ausschliefilich korperlichen Ubun-gen eingeteilt. Das Yoga-Programm bestand aus speziellen Asanas und Pranayamas fur Riickenschmerzen, Meditation, Yoga-Beratung und Vortragen zur Yoga-Philosophie. Das Kontrollgruppenprogramm beinhaltete physiotherapeutische Ubungen fur Riicken­schmerzen und Sprechstunden zur Beratung und Aufklarung. In beiden Gruppen verrin-gerte sich die Intensity der Riickenschmerzen, gemessen mit einer numerischen Ra-tingskala zur Schmerzreduktion, signifikant. Wobei die Yoga-Gruppe bessere Ergebnisse erzielte (49% bei Yoga (p <0,001, ES = 1,62), 17,5% bei Kontrollen (p = 0,005, ES = 0,67)).

Eine US Studie aus dem Jahr 2016 untersuchte die Behandlung von Erwachsenen (20 -70 Jahre) mit chronischen Riickenschmerzen, die entweder mit der Methode der Acht-samkeitsorientierten Stressreduktion (MBSR) oder Training zur Veranderung von schmerzbezogenen Gedanken und Verhaltensweisen (CBT) behandelt wurden (Cherkin et. al, 2016). Die Untersuchung ergab, dass die Behandlung mit MBSR oder CBT im Vergleich zur iiblichen Behandlung nach 26 Wochen zu einer starkeren Verbesserung der Riickenschmerzen und funktionellen Einschrankungen fuhrte. Zu signifikante Un-terschiede der Ergebnisse zwischen MBSR und CBT kam es nicht.

Die Ergebnisse der aufgefuhrten Studien legen nahe, dass Methoden der Spannungsre-gulation eine wirksame Behandlungsoption fur Patienten mit Schmerzen im Bereich des Riickens sein konnen.

4 Methodik

Dieser Abschnitt der Arbeit widmet sich der Methodik. Es folgen detaillierte Beschrei-bungen des Vorgehens wahrend der empirischen Untersuchung, der Untersuchungsob-jekte, des Erhebungsinstrumentes und der Interventionsmafinahme.

4.1 Forschungsfragen und Forschungshypothesen

Der aktuelle Kenntnisstand miindet in folgenden Forschungsfragen und den daraus ab-geleiteten Hypothesen:

1. Welche Wirkung hat das Entspannungstraining auf die empfundene Intensitat der Riickenschmerzen der Teilnehmerinnen?

- Gerichtete Alter nativhypothese:

Hi : m > u2 : Die Intensitat der Riickenschmerzen wird durch das Entspan­nungstraining verringert.

- Gerichtete Nullhypothese:

Ho : m < pa : Die Intensitat der Riickenschmerzen wird durch das Entspan-nungstraining verstarkt bzw. nicht verandert. 2. Unterscheiden sich die Ergebnisse der Experimentalgruppe von denen der Kon-trollgruppe signifikant?

- Gerichtete Alternativhypothese:

Hi : m > na : Die Ergebnisse der Experimentalgruppe unterscheiden sich si­gnifikant positiv von den Ergebnissen der Kontrollgruppe.

- Gerichtete Nullhypothese:

Ho : Hi < |a2 : Die Ergebnisse der Experimentalgruppe unterscheiden sich nicht signifikant bzw. negativ von den Ergebnissen der Kontrollgruppe.

Die Hypothesen zur Forschungsfrage 1 stellen Veranderungshypothesen dar, die Hypo- thesen zur Forschungsfrage 2 sind Unterschiedshypothesen.

Sowohl die abhangige Variable - die Intensitat der Riickenschmerzen - als auch die un- abhangige Variablen - das Entspannungstraining - lassen sich prazisieren bzw. operatio- nalisieren:

- Entspannungstraining: 40-minutige Einheit der Progressiven Muskelrelaxation nach Jacobsen (Kurzform 7er und 4er Ubung und Kurzform Ganzkorperanspan-nung).

- Intensitat der Riickenschmerzen: gemessen mit einer 11-stufigen Numerischen Ratingskala(vonObislO).

4.2 Untersuchungsdesign

Die Untersuchung wird in Form einer Langsschnittuntersuchung durchgefuhrt. Das an-gewendete Design ist ein Paneldesign. Es werden zu mehreren Zeitpunkten dieselben Variablen an denselben Untersuchungseinheiten erhoben (Baur & Blasius, 2019, S. 134).

Zu Beginn einer jeden Kurseinheit fiillen die Teilnehmerinnen der Experimentalgruppe (EG) die ersten 12 Items des Fragebogens aus. Das 13. Item, welches sich auf die Wirk-samkeit der Entspannungsmethode bezieht, wird direkt nach der PMR ausgefiillt. Der Zeitpunkt der ersten Messung Oi fmdet direkt vor dem Stimulus, der Einheit der PMR statt. Der Zeitpunkt der zweiten Messung 02 ist unmittelbar nach dem Stimulus ange-setzt. Zwischen der ersten und der zweiten Messung liegen etwa 40 Minuten. Als Kontrollgruppe (KG) dient die gleiche Stichprobe. Die Teilnehmerinnen, die sich fur die Kurseinheiten eingetragen haben, bekommen das Erhebungsinstrument bereits einmal im Vorfeld ausgehandigt. Sie erhalten eine mundliche Instruktion und die Aufga-be, den Bogen in ihrem privaten Umfeld auszufullen. Hierftr sollen sie nach Beantwor-tung von Item Nr. 12 etwa 40 Minuten vergehen lassen, in der sie nach Moglichkeit kei-ne anstrengenden korperlichen Tatigkeiten verrichten und den Bogen dann vervollstan-digen. Spatestens beim Erscheinen der experimentellen Kurseinheit kann der Bogen dem Versuchsleiter iibergeben werden. So werden zwei Messpunkte gesetzt, in deren Zwischenzeit der Stimulus der Entspannungseinheit wegfallt. Da KG und EG identisch sind, wird sichergestellt, dass beide Gruppen vom Umfang und in ihrer Merkmals-auspragung nahezu identisch sind. Der Zeitpunkt der Kontrollmessung wird bewusst vor der eigentlichen Kurseinheit gewahlt, da die Probanden auf diese Weise nicht in Versu-chung kommen, wahrend des Zeitfensters zwischen den Messpunkten, bewusst oder un-terbewusst, Elemente der Spannungsregulation anzuwenden.

Das Design der Studie wird in Abb. 2 in Form einer Versuchsplan-Formalisierung ver-anschaulicht.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb.2: Versuchsplan-Fonnalisierang: Pretest-Posttest-Kontrollgrappen-Design (modifiziert nach Doring &Bortz, 2016, S. 102)

Die Versuchsplan-Formalisierung wurde von Cook und Camphell eingefuhrt (Doring & Bortz, 2016, S. 102). Oi steht ftr die Messung der abhangigen Variable (AV) vor dem Treatment, der unabhangigen Variable (UV) X. 02 steht ftr die zweite Messung der ab­hangigen Variable nach dem X. Fur KG werden ohne den Stimulus zwei Messungen der abhangigen Variablen durchgefthrt.

4.2.1 Storvariablen

Die Ergebnisse, die die Untersuchung liefert, sind nicht von der Intervention allein ab-hangig. Es gibt Faktoren, die die interne und externe Validitat beeinflussen (Baur & Bla- sius, 2019, S. 130). Diese Faktoren werden als Storfaktoren oder auch Storvariablen be-zeichnet (Baur & Blasius, 2019, S. 501).

Die interne Validitat ist gegeben, wenn die Relation der abhangigen und der unabhangi-gen Variable kausal ist (Hussy, Schreier & Echterhoff, 2013, S. 137). Storfaktoren, die diese beeinflussen, sind nach Baur und Blasius (2019, S. 130) das zwischenzeitliche Ge-schehen zwischen Oi und 02 wie die Reifung der Versuchspersonen wahrend der Unter-suchung, Messeffekte, die sich z.B. auf die Veranderung des Messvorgangs beziehen, Hilfsmittel wie Veranderung der Messinstrumente und/oder -bedingungen und verzerrte Auswahlen, womit Unterschiede zwischen EG und KG gemeint sind, die sich auf die AV auswirken.

Die externe Validitat beschreibt die Generalisierbarkeit der Untersuchung und ist gege­ben, wenn sich die Ergebnisse auf andere Untersuchungen projizieren lassen (Hussy, Schreier & Echterhoff, 2013, S. 137). Baur und Blasius (2019, S. 130) nennen als we-sentliche Faktoren, die diese beeinflussen: reaktive Effekte des Messens, welche zu ei-ner Sensibilisierung der Untersuchungsobjekte auf den Stimulus fuhren und reaktive Ef­fekte durch die experimentelle Situation, also die Verzerrung zwischen Alltags- und Ver-suchsbedingungen der Untersuchungsobjekte.

Nach Baur und Blasius (2019, S. 134-135) ist das vorliegende Paneldesign fur folgende Storfaktoren anfallig:

- Panelmortalitat: Der Wegfall der Untersuchungsobjekte aufgrund diverser Ursa-chen wie Tod, Krankheit, Umzug etc.;
- Paneleffekte: Veranderung der Teilnehmer wahrend der Teilnahme an der laufen-den Untersuchung, welche zu verzerrten invaliden Messungen fuhrt, die z.B. aus einer geringeren Objektivitat oder der Art der Beziehung zum Untersuchungslei-terresultiert.

4.2.2 Kontrolle der Storvariablen

Aufgrund der Rahmenbedingungen der vorliegenden Studie ist die Panelmortalitat zu vernachlassigen, da zwischen Oi und 02 eine geringe Zeit von 40 Minuten vergeht und die Teilnehmer den Ort der Durchfuhrung zwischen den Messpunkten nicht verlassen. Ein Abbrechen der Kurseinheit von Seiten der Teilnehmer ist moglich, jedoch wiirden die bis dahin erhobenen Daten, mangels Vollstandigkeit, nicht in die Auswertung ein-fliefien. Dies wird in Form des Drop-Outs festgehalten. Drop-Outs stellen die Ausfalle wahrend des Befragungsprozesses dar ( Knapp & Heidingsfelder, 2001, S 1). Der kurze Zeitraum zwischen den Messungen eliminiert ebenfalls eine Reifung der Versuchsperso-nen sowie eine Veranderung der Messeffekte, der Messbedingungen oder der Hilfsmit-tel.

Urn eine Verzerrung zwischen EG und KG moglichst gering zu halten, stellen die Indi-viduen der EG ebenfalls KG dar. Dies sorgt fur eine nahezu identische Merkmaus-auspragung. Da der Kontrollversuch vor der Entspannungseinheit stattfmdet, sind die Versuchsobjekte noch nicht fur das Thema der Entspannung sensibilisiert. Sie wissen zu diesem Zeitpunkt lediglich, dass die Wirkung bestimmter Methoden auf Riickenschmer-zen untersucht werden soil.

Paneleffekte, wie die veranderte Wahrnehmung der Versuchspersonen und die Bezie-hung zum Versuchsleiter, sind schwieriger zu kontrollieren. Im Hinblick auf den Erwar-tungseffekt wird eine moglichst neutrale Beschreibung des Versuchs gewahlt. Die Teil-nehmer werden dariiber informiert, dass die Wirkung der PMR auf Riickenschmerzen untersucht wird. Ihnen werden im Vorfeld drei mogliche Auspragungen genannt:

- die Schmerzintensitat verringert sich
- die Schmerzintensitat verstarkt sich
- die Schmerzintensitat bleibt konstant

Dies soil die Storvariable des Erwartungseffektes kontrollieren. Wiirde den Untersu-chungsobjekten etwa mitgeteilt, in der Untersuchung ginge es urn den Effekt der PMR zur Linderung von Riickenschmerzen, so konnte eine Erwartung der Teilnehmer in diese Richrung erzeugt werden.

4.3 Operationalisierung

Ausgehend von den zuvor prazisierten Begrifflichkeiten der Forschungsfrage, folgt der Prozess der Operationalisierung, in dem Uberlegungen getroffen werden, wie die betref-fenden Begriffe/ Variablen empirisch messbar zu messen sind (Topfer, 2012, S. 76). In dieser Arbeit soil die Intensitat der Riickenschmerzen (IdR) gemessen werden. Die AV, die Intensitat der Riickenschmerzen ist eine latente Variable, was nach Doring und Bortz (2016, S. 224) bedeutet, deren Auspragung ist nicht direkt zu erkennen. Zum bes-seren Verstandnis wird an dieser Stelle eine Explikation vorgenommen. Im Sinne der in-tensionalen Nominaldefinition wird die Intensitat des Schmerzes durch das Empfmden des Individuums bestimmt. Dieses Schmerzempfmden beginnt durch die Aktivierung der Nozirezeptoren durch mechanische, thermische oder chemische Reize. Die Reizin-formationen werden an den somatosensorischen Cortex im Gehirn oder zur unbewuss-ten Reflexreaktion ans motorische Nervensystem weitergeleitet. Hinzu kommt die emo-tionale Bewertung des lymbischen Systems, also die subjektive Einschatzung des Indi­viduums. Aus diesen beiden Reizen, den Signalen des somatosensorischen Cortex und des lymbischen Systems, entsteht schliefilich das Empfmden iiber die Intensitat des Schmerzes (Karberg, 2018).

Anhand der extensionalen Nominaldefmition ist die Intensitat der Schmerzen ahnlich der Intensitat des Warme-/Kalteempfmdens. Der sensorische Reiz und die subjektive Wahrnehmung des Individuums entscheiden, ob dieses z.B. das Badewasser als lau-warm oder heifi empfmdet.

Urn diese empfundene IdR messbar zu machen, wird eine Numerische Ratingskala ver-wendet. Diese gilt als intervallskaliert, da die Annahme getroffen wird, die Abstande der Antwortmoglichkeiten seien gleichgrofi (Doring & Bortz, 2016, S. 244). Die Skala be-steht aus elf Zahlen (0-10).

4.4 Untersuchungsobjekt

Im Folgenden werden die Untersuchungsobjekte und deren Auswahl genauer erlautert. Hierbei wird auf Art, Anzahl und Merkmale Bezug genommen.

4.4.1 Population

Die Grundgesamtheit bzw. Population oder Zielpopulation (population; target populati­on) ist defmiert als „die Gesamtmenge aller Untersuchungseinheiten . . . , iiber die im Rahmen einer quantitativen empirischen Studie wissenschaftliche Aussagen getroffen werden sollen" (Bortz & Doring, 2016, S. 292). Fur die vorliegende Untersuchung stellt die Population alle weiblichen Mitglieder des Fitnessstudios rnit Rvickenschmerzen dar, die zum Untersuchungszeitpunkt unter Schmerzen leiden und regelmafiig trainieren.

4.4.2 Stichprobe

Da sich eine Vollerhebung, also die Untersuchung aller Objekte der Grundgesamtheit (Bortz & Doring, 2016, S. 293), im Zuge dieser Bachelorarbeit nicht realisieren liefie, wird eine Teilerhebung bzw. Stichprobe durchgefuhrt. Aufgrund der Umsetzbarkeit han-delt es sich um eine Ad-hoc-Stichprobe. Diese wird auch Gelegenheitsstichprobe (con­venience sample) genannt und fmdet Anwendung bei einer wilMrlichen Auswahl von Untersuchungseinheiten, deren Zuganglichkeit und Untersuchungsmoglichkeit gerade giinstig sind (Bortz & Doring, 2016, S. 306). Eine einfache Zufallsstichprobe hingegen (simple random sample) fordert die Bekanntheit aller zur Gesamtpopulation gehorenden Objekte, von denen mittels eines „blinden" statistischen Zufallsprinzips eine defmierte Anzahl auszuwahlen ist, wobei jedes Objekt die gleiche Auswahlwahrscheinlichkeit be-sitzt (Bortz & Doring, 2016, S. 311). So selektierte sich letztlich folgende Stichprobe:

Tab. 1: Beschreibung der Untersuchungsobjekte (eigene Darstellung)

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Die Anzahl der Probandinnen ergibt sich aus dem Auswahlverfahren (siehe Rekrutie-rung). Die Stichprobe besteht aus ausschliefilich weiblichen Personen, da das kooperie-rende Fitnessstudio ein Damenstudio ist. Fur die Untersuchung sowohl interessant, als auch relevant ist, dass diese Frauen regelmafiig trainieren. Sie absolvieren in dem Studio ein Ganzkorpertraining in Form eines Zirkeltrainings, gemischt aus hydraulischen Gera-ten und funktionellen Ubungen. Die Zuordnung des Trainingslevels erfolgt nach Free-ricks und Brinkmann (2015) als Freizeitsportler, denn dieser „entscheidet selbst, wo, wie oft, wie regelmafiig, wie lange, zu welcher Zeit, auf welchem Niveau, mit welcher Intensity und mit welchem Ehrgeiz er welchen Sport ausiiben mochte, ob er an Sporte-vents oder Wettkampfen teilnimmt oder diesen fernbleibt, ob er sich einem Verein oder einer Sportgruppe anschliefit, ob er sich bei einem kommerziellen Sportanbieter anmel-det oder den Sport ganzlich informell betreibt" (S. 388).

4.4.3 Rekrutierung

Die Untersuchungseinheiten werden mittels schriftlichen Aushangs in beiden Clubs des Fitnessstudios und personlicher Ansprache sowie Mund-zu-Mund-Propaganda auf die -im Rahmen der Untersuchung stattfmdenden - Kurseinheiten aufmerksam gemacht. Der Aufruf richtet sich an solche Mitglieder des Fitnessstudios, die zum aktuellen Zeitpunkt unter Ruckenschmerzen leiden. Diese Mitglieder konnen sich in die ausgelegten Teil-nehmerlisten fur eine der insgesamt sechs Kurseinheiten eintragen, fur die es jeweils zehn Platze gibt.

Die Aushange informieren die Mitglieder iiber die voraussichtlichen Termine der Kurse sowie deren Zweck (Untersuchung der Wirkung einer Intervention auf Ruckenschmer­zen im Rahmen einer wissenschaftlichen Arbeit) und Dauer. Aushang und Teilnehmer-listen erscheinen am 22.06.2019, drei Wochen vor dem ersten Kurs, welcher am 20.07.2019 stattfmdet. Die Kurseinheiten fmden im wochentlichen Wechsel in je einem der beiden Clubs des Frauenfitnessstudios statt. Da die Teilnehmerinnen je nach Zu-ganglichkeit oder personlichen Vorlieben Praferenzen beziiglich der Clubs besitzen, sol-len so moglichst alle infrage kommenden Mitglieder gleichermafien involviert werden. Aus diesem Grund fmden die Kurseinheiten am Wochenende und in der Woche sowie zu verschiedenen Uhrzeiten statt. Dies soil gewahrleisten, dass aus einem moglichst grofien Portfolio von Daten geschopft werden kann.

Fur die Untersuchung sind folgende Ein- bzw. Ausschlusskriterien festzuhalten. Ein-schlusskriterien sind die Mitgliedschaft im betreffenden Fitnessstudio und die regelma-fiige Nutzung des dortigen Trainings. Hierbei wird gefordert, dass die Mitglieder im Durchschnitt mindestens zweimal pro Woche fur jeweils dreifiig Minuten trainieren. Be-rvicksichtigt werden hierbei die letzten drei Monate. Urlaube und Krankheitsausfalle von weniger als drei Wochen kommen nicht zum Tragen. Die Teilnehmerinnen miissen unter Ruckenschmerzen leiden.

[...]

Ende der Leseprobe aus 74 Seiten

Details

Titel
Entspannungstechniken zur Linderung von Rückenschmerzen
Untertitel
Die Wirksamkeit der progressiven Muskelrelaxation nach Jacobson zur Palliation von Rückenschmerzen bei regelmäßig trainierenden Frauen
Hochschule
Deutsche Hochschule für Prävention und Gesundheitsmanagement GmbH
Note
1,0
Jahr
2019
Seiten
74
Katalognummer
V900896
ISBN (eBook)
9783346190352
ISBN (Buch)
9783346190369
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Abschlussarbeit, Bachelor, Rückenschmerzen, Empirische Arbeit, Progressive Muskelrelaxation, Entspannung, Rückenschmerz Studie
Arbeit zitieren
Anonym, 2019, Entspannungstechniken zur Linderung von Rückenschmerzen, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/900896

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