Diese Arbeit untersucht das zweite Britische Beitrittsgesuch unter Harold Wilson (1964–1970) und die widersprüchliche Haltung gegenüber Europa.
In einer politischen Karikatur von Michael Cummings sind die britischen Premierminister Harold MacMillan und sein Amtsnachfolger Harold Wilson abgebildet, deren Bemühen um einen Beitritt in die europäische Gemeinschaft an Frankreich in Gestalt der Präsidenten De Gaulle und Pompidou scheitert. Die zugespitzte Darstellung vermittelt den Eindruck eines ehrlichen, wenn auch möglicherweise etwas naiven Interesses der Premiers an einem Beitritt zur EWG, das von den als willkürlich charakterisierten Anforderungen Frankreichs düpiert wird. Oberflächlich erscheint diese Karikatur als eine stimmige Darstellung der Entwicklung in den 60er Jahren: Sie nimmt Bezug auf das erste Beitrittsgesuch von 1961 unter MacMillan, das zweite Beitrittsgesuch unter Wilson von 1967 sowie die beiden französischen Vetos und die zentrale Rolle des Generals De Gaulle.
Das bis dahin vergebliche Bemühen um den britischen Beitritt erscheint als das geteilte Werk zweier Regierungen, dem die französischen Interessen entgegenstehen. Diese Betrachtungsweise wird jedoch irritiert, wenn man nur wenige Jahre – in den Wahlkampf von 1966 – zurückblickt, in dem Wilson seinem konservativen Rivalen Edward Heath vorwarf, sich vor der EWG auf den Rücken zu werfen wie ein "Cocker Spaniel". Gepaart mit einer scharfen Polemik von 1961 zeichnet dies ein anderes, europaskeptisches Bild von Harold Wilson: "If there has to be a choice, we are not entitled to sell our friends and kinsmen down the river for a problematial and marginal advantage in selling washing mashines in Dusseldorf [sic]."
Hieraus resultiert ein offensichtlicher, in der direkten Gegenüberstellung fast schizophrener, Widerspruch: Einerseits Harold Wilson in den Jahren 1961 und 1966, den die "Waschmaschinen aus Düsseldorf" nicht locken können und der verächtlich die Postration der Tories kommentiert. Andererseits Harold Wilson im Jahr 1969, der bis zum Grad der eigenen Verächtlichmachung bereit zu sein scheint, Teil der Gemeinschaft zu werden.
Inhaltsverzeichnis
- I. Einleitung
- II. 'Loosing an Empire': Großbritannien und das Commonwealth nach dem zweiten Weltkrieg
- II.1. Großbritannien nach 1945: Weltmacht auf tönernenn Füßen
- II.2. Im Widerspruch zwischen Commonwealth und Europa: Das erste Beitrittsgesuch unter Harold MacMillan
- II.3. ,,Sheer Nonsense“: Die Europaposition der Labour-Partei vor 1964
- III. 'Finding a Role': Harold Wilsons Europapolitik 1964-1970
- III.1. „We mean bussiness“: Der Weg zum zweiten Beitrittsgesuch, 1964–1967
- III.2. Waschmaschinen statt alter Freunde? Harold Wilsons 'Sinneswandel' zwischen 1964 und 1967
- III.3. 'Non' heißt 'Non'? Die außenpolitische Arbeit 1967 bis 1970
- IV. Fazit
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit untersucht die Europapolitik von Harold Wilson in der Zeit zwischen 1964 und 1970 und zielt darauf ab, die Motivationsfaktoren für seine Politik zu identifizieren. Die Arbeit stellt dabei die Frage, ob Wilsons Europapolitik lediglich kalkuliertes Mittel zur Bewältigung innen- oder parteipolitischer Schwierigkeiten war, oder ob es zu einem Sinneswandel kam, der den Europaskeptiker zum entschiedenen Befürworter machte.
- Die Bedeutung des Commonwealths und seine Rolle in der britischen Politik nach dem Zweiten Weltkrieg
- Die Beziehung zwischen Großbritannien und Europa im Kontext der europäischen Integration
- Die Entwicklung der Europaposition der Labour-Partei vor und während Wilsons Amtszeit
- Wilsons "Sinneswandel" in Bezug auf die europäische Integration zwischen 1964 und 1967
- Die Auswirkungen der französischen Vetos auf die britische Europapolitik
Zusammenfassung der Kapitel
II. 'Loosing an Empire': Großbritannien und das Commonwealth nach dem zweiten Weltkrieg
Dieses Kapitel analysiert die britische Politik nach 1945 und beleuchtet die besondere Rolle des Commonwealths als Grundlage britischer Weltmachtsansprüche. Es zeigt den Widerspruch zwischen diesem Anspruch und der Realität des Kalten Krieges auf und beschreibt das erste Beitrittsgesuch unter Harold MacMillan, das sowohl innen- als auch außenpolitisch die Bedingungen für Harold Wilsons Regierung prägte. Abschließend wird die Europaposition der Labour-Partei vor 1964 dargestellt, die sich im Gegensatz zu den Konservativen einer Annäherung an die Europäische Gemeinschaft widersetzte. Diese Ablehnung war nicht widerspruchsfrei und die Entwicklung dieser Widersprüche stellt einen zentralen Faktor in der Erklärung von Wilsons späterer Position dar.
III. 'Finding a Role': Annäherung an Europa unter Harold Wilson
Dieses Kapitel behandelt die Amtszeit von Harold Wilson und analysiert die politische Entwicklung, die im zweiten Beitrittsgesuch 'zuspitzte'. Es beleuchtet die Gründe, die dazu führten, dass erst vier Jahre nach dem ersten Gesuch ein zweites Beitrittsgesuch eingereicht wurde. Das Kapitel untersucht auch den "Sinneswandel" Wilsons in Bezug auf die europäische Integration und die Auswirkungen der französischen Vetos auf die britische Europapolitik.
Schlüsselwörter
Die wichtigsten Schlüsselwörter dieser Arbeit sind: Harold Wilson, Europapolitik, britische Beitrittsgesuche, Commonwealth, Europäische Wirtschaftsgemeinschaft (EWG), Labour-Partei, De Gaulle, MacMillan, Sinneswandel, 'Loosing an Empire', 'Finding a Role'.
- Arbeit zitieren
- Markus Bassermann (Autor:in), 2018, Das Zweite Britische Beitrittsgesuch unter Harold Wilson 1964–1970. "There it is, and there it remains", München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/900947