Der Begriff „Motivation“ gehört seit langem zu denjenigen psychologischen Fachbegriffen, die auf umfassende Weise Eingang in die Alltagssprache gefunden haben. Es gibt kaum einen Bereich des Alltagslebens, in dem nicht motivationale Verhaltenserklärungen gang und gäbe sind. So spricht man z.B. davon, dass „Mitarbeiter X hoch motiviert ist“ oder „Schüler Y nicht motiviert ist zu lernen“. Was ist damit gemeint? Man möchte damit die hohe bzw. niedrige Bereitschaft einer Person andeuten, eine anstehende Aufgabe anzupacken und diese zügig durchzuführen (Brandstätter & Gollwitzer, 2005, S. 201). In der wissenschaftlichen Psychologie werden unter dem Terminus „Motivation“ diejenigen Prozesse und Phänomene verstanden, die mit dem Setzen von Zielen („goal setting“) aufgrund deren Wünschbarkeit und Realisierbarkeit zu tun haben (Heckhausen, 2006, S. 281). Die Frage ist jedoch, wie man es überhaupt anstellt, ein gesetztes Ziel zu realisieren, dessen Ausführung einen eher abschreckt. Alltagssprachlich wird davon gesprochen, man müsse sich eben „zusammenreißen“ und dürfe sich nicht „gehen lassen“. Als Oberbegriff für diese Vorgänge wird sowohl im alltäglichen wie auch im wissenschaftlichen Gebrauch der Begriff Wille oder auch Volition gebraucht. Damit ist die Möglichkeit gemeint, aufgrund bestimmter Binnenprozesse eine Handlungsausführung trotz innerer Widerstände und erlebter Anstrengung bis zur Zielerreichung aufrecht zu erhalten (Rheinberg, 2000, S. 171). Der Begriff Volition bezieht sich also auf Prozesse und Phänomene, die mit der konkreten Realisierung von Zielen im Handeln zu tun haben (Heckhausen, 2006, S. 281). Die Begriffe der Motivation und der Volition ergänzen sich also gegenseitig, wobei die Volition ein Teil der Motivation und dieser im Handlungsverlauf nachgelagert ist.
In der vorliegenden Arbeit soll in einem ersten Abschnitt auf die wichtigsten Entwicklungslinien der Willensforschung eingegangen werden, wobei im weiteren Verlauf deutlich werden sollte, dass einige Überlegungen der traditionellen deutschen Willenspsychologie zur Bedeutung des Willens in modernen willenspsychologischen Theorien (z.B. den Zieltheorien) mit großem Gewinn wiederaufgenommen wurden.
In einem weiteren Abschnitt wird auf das von Heinz Heckhausen (1989; Gollwitzer, 1991) und seinen Mitarbeitern Mitte der 1980er Jahre entwickelte Rubikon Modell der Handlungsphasen eingegangen. Dieses stellt sich als eine ausschließlich motivationale Theorie dar. Es kennt jedoch auch volitionstheoretische Annahmen, also Hypothesen, die sich darauf beziehen, wie man die Zielrealisierung willentlich vorantreiben kann. Den modelltheoretischen Ausführungen schließen sich dann zwei empirische Studien an, die auf das Rubikonmodell Bezug nehmen und dessen Annahmen testen.
In der ersten Studie von Gollwitzer aus dem Jahr 1991 wird der Tatsache Rechnung getragen, dass dem Abwägen und Planen eine jeweils andere kognitive Orientierung zukommt. So wird der Frage nachgegangen, ob in den Bewusstseinslagen des Abwägens und Planens jeweils aufgabenkongruente Information effektiver aufgenommen wird als aufgabeninkongruente Information. Dabei sollte sich zeigen, dass dem so ist.
In der zweiten Studie von Brandstätter, Lengfelder & Gollwitzer (2001) mit dem Titel: „Implementation Intentions and Efficient Action Initiation“ wird gezeigt, dass schwierig zu erreichende Ziele durch das Fassen von Vorsätzen entscheidend begünstigt werden. Der Vorsatzeffekt lässt sich, wie in der Studie gezeigt wird, selbst bei Personen beobachten, die bekannt dafür sind, dass sie Schwierigkeiten mit der Umsetzung von Zielen in Handeln haben, wie z.B. Opiatabhängige im Entzug.
Am Ende der Arbeit steht eine Zusammenfassung der gewonnenen volitionspsychologischen Erkenntnisse sowie ein kurzer Ausblick auf künftige Forschungsarbeit in diesem Gebiet.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- 1. Entwicklungslinien der Willensforschung
- 2. Theorie und Empirie zur Willensforschung
- 2.1 Das Rubikon Modell der Handlungsphasen
- 2.2 Studie von Gollwitzer (1991): „Erinnern kongruenter Information“
- 2.3 Studie von Brandstätter, Lengfelder & Gollwitzer (2001):
- 3. Zusammenfassung und Ausblick
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit befasst sich mit der Psychologie des Willens und zielt darauf ab, die wichtigsten Entwicklungslinien der Willensforschung aufzuzeigen und das Rubikon Modell der Handlungsphasen zu erläutern. Dabei werden zwei empirische Studien analysiert, die das Modell testen und seine Annahmen beleuchten.
- Entwicklungslinien der Willensforschung
- Das Rubikon Modell der Handlungsphasen
- Empirische Studien zum Rubikon Modell
- Volitionstheoretische Annahmen
- Zusammenhang von Motivation und Volition
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung führt den Leser in das Thema "Motivation" und "Volition" ein und erläutert, wie diese beiden Konzepte in der Psychologie verstanden werden. Das erste Kapitel beleuchtet die wichtigsten Entwicklungslinien der Willensforschung, beginnend mit den heterogenetischen Willenstheorien, die das Wollen auf andere Erscheinungen zurückführen. Die phänomenologischen Willenstheorien, die auf Phänomenen basieren, werden ebenfalls vorgestellt. Das zweite Kapitel widmet sich dem Rubikon Modell der Handlungsphasen und stellt die wichtigsten Annahmen dieses Modells dar. Anschließend werden zwei empirische Studien analysiert, die das Rubikon Modell testen. Die erste Studie untersucht die Auswirkungen von aufgabenkongruenter und aufgabeninkongruenter Information in den Bewusstseinslagen des Abwägens und Planens. Die zweite Studie zeigt den Einfluss von Vorsätzen auf die Zielerreichung, insbesondere bei Personen, die Schwierigkeiten mit der Umsetzung von Zielen in Handeln haben.
Schlüsselwörter
Die Arbeit fokussiert auf die Themen Willensforschung, Motivation, Volition, Rubikon Modell, Handlungsphasen, empirische Studien, Zielerreichung, Vorsätze, kognitive Orientierung, aufgabenkongruente Information, aufgabeninkongruente Information, Handlungsinitiierung, Implementation Intentions.
- Quote paper
- Wasa Hansen (Author), 2007, Die Psychologie des Willens, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/90129