Bestehendes und zukünftiges Recht "de lege lata et ferenda" im Influencer Marketing. Kontrollmöglichkeiten und Kontrollnotwendigkeit politischer Influencer am Beispiel des Youtubers Rezo


Hausarbeit (Hauptseminar), 2019

29 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

A. Politische Influencer
I. Einleitung
II. Begriffserklarung
1. Influencer
2. Plattformen der Influencer

B. De lege lata
I. Rundfunkstaatsvertrag (RStV)
II. Telemediengesetz (TMG)
III. Netzwerkdurchsetzungsgesetz (NetzDG)
IV. Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG)
V. Zusammenfassung

C. De lege ferenda
I. Medienstaatsvertrag
II. AVMD-Richtlinie
III. Zusammenfassung

D. Notwendigkeit der Kontrolle von politischen Influencern
I. Anwendbarkeit auf politischer Influencer
1. Werberegulierungen
a) Kommerzielle Werbung vs. politische Werbung
b) Schutzrichtung von Werbekontrollen
c) Meinungsfreiheit, Art. 5 I 1 GG
2. NetzDG
II. Zusammenfassung

E. Fazit

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A. Politische Influencer

I. Einleitung

„In diesem Land darf jeder frei seine Meinung auBern, Gott sei Dank.“1 So beginnt die CDU eine offene Antwort an Rezo, einen Youtuber, der am 18.05.2019 ein 55 minütiges politisches Video mit dem Namen „Die Zerstörung der CDU“ veröffentlicht hat.2 Doch die erste Reaktion der CDU auf das inzwischen über 16 Millionen Mal aufgerufene Video klang noch anders. Annegret Kramp-Karrenbauer, Bundesvorsitzende der CDU, verglich das Video mit „Meinungsmache“ und versuchte eine Diskussion über neue Regelungen im digitalen Bereich anzustoBen.3 Dies rief von der Presse und anderen Politikern scharfe Kritik hervor, besonders laut wurde der Vorwurf an Kramp-Karrenbauer, die Meinungsfreiheit im Internet einschranken zu wollen.4

Wie stark das Video das Wahlergebnis der kurz darauf folgenden Europawahl tatsachlich beeinflusst hat, bleibt unklar.5 Jedoch hat das Video eine rege Diskussion über Regulierungen im Internet losgetreten, die sich vor allem mit den Themen beschaftigt, ob und wie Influencer im Internet reguliert werden sollten. Deshalb werde ich mich in dieser Arbeit nach einem kurzen Abriss infrage stehender Begrifflichkeiten mit der lege lata und lege ferenda der Regulierung von Influencern im Netz beschaftigen und diskutieren, welche Aspekte für oder gegen eine Regulierung von politischen Influencern im Netz spricht.

II. Begriffserklarung

Für die Einordnung von Videos wie „Die Zerstörung der CDU“ und den Umgang mit ahnlichen Medienbeitrage sind folgene Fragen zu klaren: Was ist ein Influencer? Und welche Plattformen nutzen diese ?

1. Influencer

Der Begriff Influencer ist aus dem englischen Verb to influence (dt.: beeinflussen) entstanden.6 Er beschreibt eine Person, die auf sozialen Plattformen über eine Anhangerschaft verfügt, welche ihm oder ihr eine groBe Reichweite und Einflussnahme gewahrleistet.7 Bei dem Influencer-Marketing dient der Influencer durch seine Fahigkeiten als Meinungsführer als Verbindung zwischen dem Unternehmen und dem Endkonsumenten.8 Meinungsführer sind Personen, welche aufgrund der Art ihrer Kommunikation Massenkommunikation in persönliche Kommunikation umwandeln.9 Dies ist für die Kommunikation über Internetmedien vor allem aufgrund von Adblockern wichtig geworden, um potentielle Kunden noch zu erreichen.10 Die mögliche Einflussnahme der Influencer beschrankt sich jedoch nicht nur auf Werbungen, sondern umfasst vermehrt auch die Themen Nachhaltigkeit, Klimaschutz und Politik.11

2. Plattformen der Influencer

Bekannt sind Influencer zumeist in den Sozialen Medien (eng.: Social Media) und Video-Plattformen wie Youtube.12 Soziale Medien zeichnen sich durch nutzergenerierte Inhalte aus, die aus Text, Bildern, Audio oder Videos bestehen und anderen Nutzern eine direkte Kommunikationsmöglichkeit bieten.13 Sie werden unter anderem zur persönlichen Kommunikation, Vermarktung von Produkten, Wissensvermittlung und die Schaffung einer digitalen Identitat genutzt.14 Auch für politische Themen und Parteikommunikation werden Soziale Medien verstarkt genutzt.15 Abzugrenzen sind hiervon Video-on-Demand-Dienste und Video-Sharing-Dienste. „Near-Video-on-Demand-Dienste“ stellen Videos in wiederkehrenden Programmschleifen zur Verfügung,16 „True-Video-on-Demand- Dienste“, stellen die Inhalte zum unbegrenzten Abruf zur Verfügung.17 Zu den „True-Video-on-Demand-Diensten“ gehören unter anderem Netflix und Amazon.18 Der Inhalt beider Arten der Video-on-Demand-Dienste erschöpft sich jedoch in Kinofilmen und TV-Auftragsproduktionen.19 Somit sind dies keine Plattformen für Influencer. Video-Sharing-Dienste stellen hingegen Sendungen oder von Nutzern erstellte Videos der Allgemeinheit bereit, ohne dass die Plattformbetreiber eine redaktionelle Verantwortung tragen.20 Zu dieser Dienstart gehört Youtube.21 Auch andere Social-Media-Plattformen wie Facebook unterfallen diesem Begriff, wenn sie nutzergenerierte Videos bereitstellen.22 Somit sind Video-Sharing-Dienste für eine Betrachtung der Rechtslage für Influencer im Gegensatz zu den Video-on-Demand-Diensten von Bedeutung.

B. De lege lata

De lege lata umfasst das gegebene Rechts,23 also alle Vorschriften, welche auf eine Problematik Anwendung finden. Für die Regulierung von Influencer muss dafür der Rundfunkstaatsvertrag, das Telemediengesetz, das Netzwerkdurchsetzungsgesetz sowie das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb betrachtet werden.

I. Rundfunkstaatsvertrag (RStV)

Der RStV trat in seiner Ursprungsform am 01. Januar 1992 in Kraft, um das Rundfunkrecht in den alten und neuen Bundeslandern zu vereinheitlichen.24 Seitdem hat er aufgrund von nationalen Anregungen und europarechtlichen VorstöBen immer wieder Anderungen erlebt.25 Aktuell findet der RStV vom 31. August 1991 in der Fassung des Zweiundzwanzigsten Staatsvertrages zur Anderung rundfunkrechtlicher Staatsvertrage Anwendung, welcher am 01. Mai 2019 in Kraft getreten ist. Der Vertrag regelt weite Bereiche des Rundfunks, unter anderem Meinungsvielfalt, das Sponsoring und die Werbung im Rundfunk.26 Fallen Influencer und die von ihnen genutzten Plattformen unter den Anwendungsbereich des RStV, wird hier ein zentraler Aspekt der Rechtslage de lege lata zu finden sein.

Der Anwendungsbereich ist laut § 1 I RStV für die Veranstaltung und Verbreitung von Rundfunk in Deutschland eröffnet, für Telemedien gelten nur der IV. bis VI. Abschnitt sowie § 20 II RStV. Der einfachgesetzliche Rundfunkbegriff wird in § 2 I 1 RStV definiert. Die Merkmale des Rundfunks sind demnach Angebote in Bewegtbild und Ton (1) im Rahmen eines Sendeplans (2) zum zeitgleichen Empfang (3) von einem linearen Informations- und Kommunikationsdienst (4). Soziale Medien und Video-Sharing-Dienste wie Youtube bieten die Option, Bilder zu veröffentlichen und sich in Bewegtbild und Ton zu auBern. Das Merkmal Sendeplan ist in der RStV nicht definiert, wird jedoch in § 2 II Nr. 1 RStV erwahnt und eine Sendung in § 2 II Nr. 2 RStV als ein inhaltlich zusammenhangender, geschlossener, zeitlich begrenzter Teil eines Rundfunkprogramms bezeichnet. Somit lasst sich schlussfolgern, dass ein Sendeplan die bewusste Zusammenstellung einzelner Sendungen ist.27 Dies wird auch mit dem Begriff der redaktionellen Verantwortung der Anbieter umschrieben.28 Inhalte, die von Influencern auf Sozialen Medien und Video- Sharing-Diensten bereitgestellt werden, müssten demnach in Form eines Sendeplans von dem Anbieter der Plattform prasentiert werden. Anbieter einer Plattform ist gemaB § 2 II Nr. 13 RStV derjenige, der Inhalte auch von Dritten mit dem Ziel zusammenfasst, diese Angebote als Gesamtangebot zuganglich zu machen. Folglich sind nicht die Personen hinter einzelnen Profilen und Kanalen die Anbieter, sondern der Inhaber der gesamten Plattform. Diese haben in Sozialen Medien und Video-Sharing-Diensten keinen Einfluss darauf, was und wann von den einzelnen Profilen und Kanalen der Influencer veröffentlicht wird.29 Somit haben die Anbieter keine redaktionelle Verantwortung. Zudem müssten die Inhalte zum zeitgleichen Empfang gesendet werden. Das heiBt, dass die Nutzer nur zu dem Zeitpunkt der Sendung auf die Inhalte zugreifen können.30 Nicht unter zeitgleichen Empfang fallen somit katalogisierte Abrufdienste wie Video-Sharing-Dienste und andere Social-Media-Plattformen,31 auf dessen Inhalte Nutzer jederzeit zugreifen können. Eine Ausnahme besteht in den Fallen des Livestreamings.32 Das letzte Merkmal ist die Kategorisierung als linearer Informations- und Kommunikationsdienst.33 Die einzelne Sendungen müssen durch einen strukturierten Sendeplan im Lichte eines gröBeres Zusammenhanges der Themen zu sehen sein.34 Auch dies ist aufgrund einer abwesenden redaktionellen Einflussnahme in Social Media nicht der Fall.

Zusammenfassend wird deutlich, dass Soziale Medien und Video-Sharing- Dienste nicht unter den aktuellen einfachgesetzlichen Rundfunkbegriff fallen, da sie zum Teil Abrufprogramme darstellen und die Anbieter der Plattformen keinen redaktionellen Einfluss nehmen können. Somit ist der RStV gröBtenteils auf diese nicht anwendbar. Ausdrücklich wird hiervon für Live-Streaming eine Ausnahme gemacht, dies soll aufgrund der zeitgleichen Übertragung als Rundfunk eingestuft werden.35

Jedoch könnten die Plattformen und Influencer zumindest unter den Begriff der Telemedien und somit unter den IV. bis VI. Abschnitt sowie § 20 II RStV fallen. Telemedien sind gemaB § 2 I 2 RStV alle elektronische Informations- und Kommunikationsdienste, soweit sie nicht Telekommunikationsdienste nach § 3 Nr. 24 TKG sind, die ganz in der Übertragung von Signalen über Telekommunikationsnetze bestehen. Folglich ist hier eine Abgrenzung von Telemedienrecht zu Telekommunikationsrecht zu treffen. Telemedienrecht befasst sich mit den nicht zum Rundfunk gehörenden übermittelten Informationen, das Telekommunikationsrecht ausschlieBlich mit der Art der Übertragung dieser Informationen.36 Soziale Plattformen und Video-Sharing- Dienste übertragen nicht nur die elektronischen Signale, sondern bieten ein Forum, welches Inhalte Dritter zusammenstellt und für Nutzer abrufbar macht. Folglich liegt der Schwerpunkt der Plattformen in der Ansammlung der Informationen und nicht auf deren Übertragung. Somit ist das Telemedienrecht einschlagig (das TKG kann daneben zur Regulierung der Art der Übertragung angewandt werden, § 1 III TMG)37, Plattformen wie Youtube und Instagram fallen unter den Telemedienbegriff des § 2 I 2 RStV. Somit sind der IV. bis VI. Abschnitt sowie § 20 II RStV anzuwenden. Jedoch finden viele der Regelungen nur Anwendung auf vergleichbare Telemedien oder Telemedien mit journalistisch-redaktionell gestalteten Angeboten.38 Vergleichbare Telemedien sind gemaB § 50 RStV Telemedien, die an die Allgemeinheit gerichtet sind, eine weitere Definition findet sich jedoch nicht. Der Gesetzgeber hat in der Begründung zum achten Anderungsvertrag festgestellt, dass vergleichbare Telemedien solche sind, die zwar nicht unter den einfachrechtlichen, jedoch unter den verfassungsrechtlichen Rundfunkbegriff i.S.d. Art. 5 I 2 GG fallen.39 Der verfassungsrechtliche Begriff des Rundfunks soll sich an dem funktionalen Verstandnis der Rundfunkfreiheit orientieren.40 Den Kern bildet dabei die dienende Funktion der Rundfunkfreiheit zur individuellen und öffentlichen Meinungsbildung,41 daher ist unter anderem die Berichterstattung, Unterhaltung, Meinungsbildung, Informationsbeschaffung und das Redaktionsgeheimnis geschützt.42 Folglich müssen vergleichbare Telemedien der individuellen und öffentlichen Meinungsbildung dienen.43 Da Nutzer Sozialer Medien und Youtubes diese auch zur Informationsbeschaffung und zur politischen Diskussionen nutzen,44 werden die Plattformen zumindest zum Teil für die individuelle und öffentliche Meinungsbildung gebraucht. Folglich fallen Soziale Medien und Video-Sharing-Dienste wie Youtube unter die vergleichbaren Telemedien und somit unter die Regelung von § 50 RStV und die Vorschriften über vergleichbare Telemedien. Eine weitere Unterscheidung wird für Telemedien mit journalistisch-redaktionell gestalteten Angeboten getroffen. Ein besonderes Gewicht bekommt diese Unterscheidung durch den § 54 II RStV, der für Telemedien mit journalistisch-redaktionell gestalteten Angeboten eine Anwendung der anerkannten journalistischen Grundsatze vorschreibt. Hier wird zwischen einem redaktionellen und einem programmlichen Angebot unterschieden,45 wobei ein redaktionelles Angebot vor der Veröffentlichung einer zusatzlichen Bearbeitung, Gestaltung oder Kommentierung durch Dritte unterzogen wird.46 Soziale Medien und Video-Sharing-Dienste bestehen aus nutzergenerierten Inhalten, die ihrer Natur nach keine Bearbeitung oder Gestaltung durch Dritte erfahren.47 Daher fallen diese Plattformen nicht unter Telemedien mit journalistisch-redaktionell gestalteten Angeboten, folglich gelten für sie keine journalistischen Grundsatze.

Zusammenfassend ist hier festzustellen, dass Soziale Medien und Video-Sharing- Dienste, auf denen Influencer agieren, keinen Rundfunk, jedoch vergleichbare Telemedien i.S.d. § 50 RStV darstellen. Somit finden der IV. bis VI. Abschnitt sowie § 20 II RStV, mit Ausnahme der auf journalistisch-redaktionell gestalteten Angebote bezogenen Normen, auf Soziale Medien und Video-Sharing-Dienste und somit auf Beitrage der Influencer Anwendung. Inhaltlich beinhaltet das die Ordnungswidrigkeiten (§ 49 RStV), Regelungen über Plattformen und Übertragungskapazitaten (Abschnitt V.) sowie Informationspflichten (§ 55) und Regelungen zu Werbung und Sponsoring (§ 58 RStV). Zudem dürfen die Landesmedienanstalten gemaB § 53 RStV durch Satzungen und Richtlinien Inhalte dieser Abschnitte selber konkretisieren.

II. Telemediengesetz (TMG)

Ein weiterer Bestandteil des geltenden Rechts ist das TMG. Die Definition von Telemedien ist im RStV (§ 2 I 2 RStV) und im TMG (§ 1 I TMG) identisch, sodass die oben geprüften Sozialen Netzwerke und Video-Sharing-Dienste unter das TMG fallen. § 1 IV TMG sagt aus, dass die Inhalte von Telemedien im RStV geregelt werden. Folglich behandelt das TMG nur formelle Vorschriften für Telemedien. Zu diesen gehören Informationspflichten, Datenschutz, Nutzer- Anbieter-Beziehung und BuBgeldvorschriften.

Da das TMG keine inhaltlichen Aspekte regelt, gibt es im TMG keine Vorschriften zu politischen AuBerungen im Netz.

III. Netzwerkdurchsetzungsgesetz (NetzDG)

Das Netzwerkdurchsetzungsgesetz trat am 01.10.2017 in Kraft. Ziel des NetzDG ist eine schnelle Bearbeitung von Beschwerden über Hasskriminalitat und andere strafbare Inhalte vor allem in Sozialen Netzwerken wie Facebook, YouTube und Twitter (in diesem Gesetz wird Youtube als Soziales Netzwerk angesehen).48 Welche Inhalte rechtswidrig im Sinne des § 1 I NetzDG sind, wird in § 1 III NetzDG in Form eines abschlieBenden Kataloges festgelegt.49 Jedoch ist es umstritten, ob das NetzDG überhaupt Anwendung findet, da es verfassungswidrig sein könnte.50 Setzt man jedoch die VerfassungsmaBigkeit des NetzDG voraus, resultieren daraus Lösch- und Sperrpflichten der Plattformbetreiber gemaB § 3 II Nr. 2, 3 NetzDG. Diese müssen offensichtlich rechtswidrige Inhalte innerhalb einer 24-Stunden-, beziehungsweise einer Wochenfrist löschen. Am haufigsten wurden im ersten halben Jahr Inhalte aufgrund von Volksverhetzung, Beleidigung oder politischem Extremismus geprüft.51

IV. Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG)

Das UWG schützt die wettbewerbsfunktionalen Interessen von Mitbewerbern, Verbrauchern und sonstigen Marktteilnehmern.52 Daher betrifft das UWG nicht jegliche Inhalte von Influencer, sondern nur solche, die eine geschaftliche Handlung im Sinne des § 2 I Nr. 1 UWG darstellen, namentlich Werbung.53 Hier kommen verschiedene Normen in Betracht.

Zum einen kann der § 3 III UWG iVm. Nr. 11 des Anhanges angewandt werden, wenn redaktionelle Inhalte zu Zwecken der Verkaufsförderung vom Unternehmer finanziert werden, ohne dass sich dies eindeutig ergibt.54 Zudem könnte der § 3a UWG Anwendung finden, wenn ein Influencer einer gesetzlichen Vorschrift zuwiderhandelt, die auch dazu bestimmt ist, im Interesse der Marktteilnehmer das Marktverhalten zu regeln, und der VerstoB geeignet ist, die Interessen von Marktteilnehmern oder Mitbewerbern spürbar zu beeintrachtigen. In Betracht kommt ein VerstoB gegen Regelungen des RStV oder des TMG.55 Darüber hinaus könnte bei zurückgehaltenen Information und nicht kenntlich gemachter Werbung der § 5a II, VI UWG angewandt werden.56 Da die Vorschriften des UWG nur den Wettbewerb betreffen, gibt es hier keine politische Dimension.

V. Zusammenfassung

Soziale Medien und Video-Sharing-Dienste, die Handlungsraume der Influencer, unterfallen im RStV als vergleichbare Medien iSd. § 50 RStV den Regelungen über Ordnungswidrigkeiten, Plattformen und Übertragungskapazitaten sowie Informationspflichten und Regelungen zu Werbung und Sponsoring. Zudem findet das TMG in Hinsicht auf die formellen Vorschriften der Sozialen Netzwerke Anwendung. Durch das NetzDG bekommen die Anbieter von Telemedien eine Lösch- und Sperrpflicht gegenüber rechtswidriger Inhalte von Influencern und das UWG reguliert die Influencer, wenn diese Werbung betreiben. In politischer Hinsicht hat das NetzDG politisch extreme Meinungen auf ihre RechtmaBigkeit zu überprüfen.

C. De lege ferenda

De lege ferenda ist das noch zu schaffende, in der Zukunft liegende Recht.57 Im Falle der Regulierung von Influencer muss sich hierbei nicht auf Spekualtionen gestützt werden, da ein neuer Gesetzesentwurf im Form des Medienstaatsvertrags, sowie die Umsetztung der AVMD-Richtlinie aktuell debattiert werden.58

I. Medienstaatsvertrag

Am 04.12.2019 haben die Ministerprasidenten der Lander dem Entwurf zum Medienstaatsvertrag (MedienStV-E)59 zugestimmt, welcher den RStV ab Herbst 2020 ersetzen soll.60 Anderungen wurden unter anderem in den Bereichen Rundfunkbegriff, Plattformregulierung, Intermediare, Video-Sharing-Dienste, Werbung und zur Umsetzung der AVMD-Richtlinie getroffen.61

Die wohl gröBte Anderung liegt in der Erweiterung des Anwendungsbereiches in § 1 I MedienStV-E. Der RStV gilt für die Veranstaltung und Verbreitung von Rundfunk, für Telemedien gelten nur der IV. bis VI. Abschnitt sowie § 20 Abs. 2. Der MedienStV-E wird für die Veranstaltung und das Angebot, die Verbreitung und die Zuganglichmachung von Rundfunk und Telemedien in Deutschland gelten. Verwirrend ist dabei die Beibehaltung des (leicht abgeanderten) zweiten Halbsatzes, für Telemedien gelte nur der IV. bis VIII. Abschnitt, welcher im Spannungsverhaltnis zum ersten Halbsatz steht. Gilt für Telemedien nun der ganze Vertrag oder nur der IV. bis VIII. Abschnitt? Hier sollen zunachst die weiteren Veranderungen betrachten werden, um daraus Rückschlüsse auf den geplanten Anwendungsbereich der Telemedien ziehen zu können.

Der MedienStV-E gilt gemaB § 1 VII auch für Medienintermediare, Medienplattformen, und Benutzeroberflachen, soweit sie zur Nutzung in Deutschland bestimmt sind. Medienintermediare sind gemaB § 2 II Nr. 13b MedienStV-E jedes Telemedium, das auch journalistisch-redaktionelle Angebote Dritter aggregiert, selektiert und allgemein zuganglich prasentiert, ohne diese zu einem Gesamtangebot zusammenzufassen. Zu diesen gehören unter anderem Suchmaschinen, Soziale Netzwerke, AppStores und andere Portale mit nutzergenerierten Inhalten.62 Der Abschnitt VI. heiBt nun Medienintermediare und befasst sich ausschlieBlich mit diesen. Dies beinhaltet Vorschriften zu Transparenz (§ 53d), ein Diskriminierungsverbot (§ 53e) und eine Satzungshoheit für die Lander (§ 53g).

Medienplattformen sind Dienste, die Rundfunk oder rundfunkahnliche Telemedien zu einem vom Anbieter bestimmten Gesamtangebot zusammenfassen, § 2 II Nr. 13 MedienStV-E. Benutzeroberflachen sind die textlich, bildlich oder akustisch vermittelten Übersichten über Angebote oder Inhalte einzelner oder mehrerer Medienplattformen, die der Orientierung dienen und unmittelbar die Auswahl von Angeboten, Inhalten oder softwarebasierten Anwendungen ermöglichen (§ 2 II Nr. 13a MedienStV-E). Auch geratgebundene Oberflachen fallen unter die Regelungen.63 Besondere Vorschriften zu Medienplattformen und Benutzeroberflachen finden sich im Abschnitt V. Dort wird die Verantwortung für die Inhalte (§ 52a), Belegungskapazitaten (§ 52b), der Zugang zu diesen (§ 52c,d) und die Transparenz (§ 52f) geregelt. § 52e MedienStV-E regelt die Auffindbarkeit in Benutzeroberflachen.

Zudem gibt es einen zusatzlichen Abschnitt über Video-Sharing-Dienste, Abschnitt VII., welcher Sonderregelungen zu Werbung und zur Aufsicht trifft. Jedoch stellt § 53i MedienStV-E fest, dass auch Abschnitt IV., V., und VIII. weiterhin Anwendung auf Video-Sharing-Dienste finden.

Dem Abschnitt über Telemedien wurde der § 55 III MedienStV-E hinzugefügt, welcher eine Kennzeichnungspflicht für Bots in sozialen Medien vorschreibt. Zudem wurde mit dem § 58 II MedienStV-E eine neue Regelung über Werbung politischer, weltanschaulicher oder religiöser Art in Telemedien hinzugefügt. Auf die Person des Werbenden muss nun angemessen deutlich hingewiesen werden.

GemaB § 8 I MedienStV-E ist in Zukunft auf Sponsoring-Vereinbarungen eindeutig hinzuweisen. Wenn der § 8 MedienStV-E auch auf Telemedien angewandt werden kann, betrifft das die dort agierenden Influencer, da diese haufig gesponsert werden.64 Zudem wird eine Produktplatzierung nach der Streichung des § 15 Nr. 2 MedienStV-E und der § 44 MedienStV-E auch unzulassig, wenn kein Entgelt geleistet wird, sondern bestimmte Waren oder Dienstleistungen im Hinblick auf ihre Einbeziehung in eine Sendung kostenlos bereitgestellt werden. Auch diese Art von Gegenleistung wird sehr haufig im Influencer-Marketing genutzt65 und wird sich somit möglicherweise in Zukunft auf die Inhalte von Influencern auswirken.

Auch die Vorschriften über die Zulassung von Rundfunkprogrammen wurden geandert, es gibt neue Regelungen zu zulassungsfreien Rundfunkprogrammen. Dabei steht vor allem § 20b I Nr. 2 MedienStV-E im Fokus, der Rundfunkprogramme, die im Durchschnitt der letzten sechs Monate weniger als 20.000 gleichzeitige Nutzer erreichen, von der Zulassungspflicht befreit. Die stark kritisierte Zulassungsfiktion aus dem ersten Diskussionsvorschlag wurde inzwischen aus dem MedienStV-E gestrichen.66 Wie oben dargestellt, sind die meisten Influencer zwar nicht unter den Rundfunk zu fassen. Jedoch bilden regelmaBig Livestreamer davon eine Ausnahme.67 Diese wurden 2017, entgegen groBer Kritik, von den Landesmedienanstalten als Rundfunk eingestuft.68 Somit fallen sie unter die neuen Regelungen über die Zulassung von Rundfunk und müssen, wenn sie im Durchschnitt mindestens 20.000 gleichzeitige Nutzer haben, eine Rundfunkzulassung beantragen.

Wie sind nun der Anwendungsbereich der Telemedien in dem MedienStV-E auszulegen? Einige Anderungen im Rahmen des Sponsorings und der Produktplatzierung betreffen vor allem die von Influencern genutzten (und von Dritten kritisierten)69 Formen des Influencer-Marketings. Influencer agieren wie oben dargestellt vor allem in Telemedien. Dies spricht dafür, dass der gesamte Vertrag auf Telemedien angewandt werden sollte. Für eine Beschrankung der Telemedien auf den IV. bis VIII. Abschnitt spricht, dass nur in diesen Abschnitten die Telemedien und deren Sonderformen wie Medienintermediare als Adressaten der Normen genannt werden . Der § 1 VII MedienStV-E sieht zwar eine generelle Anwendung des Vertrags auf bestimmte Formen von Telemedien vor, woraus man schlieBen könnte, dass speziell für diese Telemedien auch die Abschnitte I. bis III. des Vertrags gelten. Allerdings scheint auch das nicht gewollt, da gerade diese Sonderformen in dem IV. bis VIII. Abschnitt geregelt werden. Folglich sprechen einzelne inhaltliche Aspekte für eine Anwendung des gesamten Vertrages auf Telemedien, jedoch scheinen die Telemedien in der Gesamtschau der Systematik nur unter den IV. bis VIII. Abschnitt zu fallen. Dies können jedoch nur Vermutungen bleiben. Nach dem Bestimmtheitsgebot des Art. 20 GG müssen alle Rechtsvorschriften das Handeln von Behörden und dessen Auswirkungen auf die Bürger vorhersehbar machen.70 So ist ein Gesetz unter anderem aufgrund des Bestimmtheitsgebots nichtig, wenn es in sich widersprüchlich ist.71 Dies ist hier der Fall, der § 1 I MedienStV-E in seiner aktuellen Form ist widersprüchlich. Jedoch ist abzuwarten, ob dieser offensichtlich Fehler bis zum Inkrafttreten des Vertrages noch eine Anderung erfahrt. Erfolgt dies nicht, könnte das Bundesverfassungsgericht zur Feststellung der Verfassungswidrigkeit angerufen werden.

Alles in allem stellt der Vertrag mehr neue Pflichten für die Anbieter unterschiedlicher Telemedien auf, als für die Influencer selber. Für Influencer, die innerhalb dieser Telemedien agieren, können diese sogar vorteilhaft sein. So profitieren sie zum Beispiel durch unterschiedliche Transparenzregelungen und das Diskriminierungsverbot. Ob sich die Sponsoring- und Produktplatzierungsregeln für Influencer verandern, steht aufgrund der Unbestimmtheit des § 1 I MedienStV-E noch nicht fest. Es ist abzuwarten, ob und wie der Gesetzgeber den Wortlaut noch einmal andern wird.

II. AVMD-Richtlinie

Die Richtlinie über audiovisuelle Mediendienste (AVMD-RL) ist eine unionsrechtliche Richtlinie über Werbung, Sponsoring und Produktplatzierung, die im November 2018 ihre aktuelle Form erhalten hat.72 Dabei wurden erstmals nutzergenerierte Inhalte mit einbezogen.73 Zudem enthalt die neue Richtlinie das Kapitel IX a über Video-Sharing-Dienste.74 Diese werden in Art. 1 I aa AVMD- RL als eine Dienstleistung, bei der der Hauptzweck oder eine wesentliche Funktion darin besteht, Sendungen oder nutzergenerierte Videos, für die der Video-Sharing-Plattform-Anbieter keine redaktionelle Verantwortung tragt, der Allgemeinheit zur Information, Unterhaltung oder Bildung bereitzustellen, bezeichnet.

Die AVMD-RL wurde bis jetzt durch den RStV und das TMG umgesetzt.75 Daneben findet auch das UWG Anwendung.76 Der erneuten Anderung soll durch den geplanten MedienStV Rechnung getragen werden.77 Das Kapitel IX a der AVMD-RL über Video-Sharing-Dienste wird in dem VII. Abschnitt des MedienStV-E umgesetzt.

III. Zusammenfassung

Die gesetzliche Lage zur Regulierung von Influencern wird sich in absehbarer Zeit aufgrund der AVMD-RL, umgesetzt durch den MedienStV, andern. Dabei werden nutzergenerierte Inhalte sowie Video-Sharing-Dienste mit einbezogen. Die Anderungen beziehen sich hauptsachlich auf die Anbieter verschiedener Telemedien. Ob sich für diese, und für die auf den Plattformen aktiven Influencer, die Rechtslage bezüglich der Offenlegung von Sponsoring und der Unzulassigkeit von Produktplatzierung durch kostenlose Überlassung von Waren andert, hangt von der Zukunft des § 1 I MedienStV-E ab. Sollte dieser nicht verandert werden, verstöBt er gegen das Bestimmtheitsgebot. Eine neue Regelung für politische Aspekte findet sich im § 58 II MedienStV-E, demzufolge auf die Person des Werbenden bei politischer, weltanschaulicher oder religiöser Werbung in Telemedien angemessen deutlich hingewiesen werden muss. Im Vergleich zur derzeitigen Rechtslage gilt diese Pflicht nun also für alle Telemedien, nicht mehr nur für die Fernsehahnlichen.

D. Notwendigkeit der Kontrolle von politischen Influencern

Durch die Aufarbeitung der Regelungen de lege lata und ferenda ist ersichtlich geworden, dass es zwar diverse Regelungsmechanismen und Gesetze gibt, sich jedoch fast alle auf die Kontrolle von Werbungen und Sponsoring beschranken. Nur das NetzDG geht darüber hinaus.78 Jedoch wachst die Zahl an Influencern, die sich auch mit dem Thema Politik beschaftigen.79 Diese haben einen immer gröBeren Einfluss, wie zuletzt das Video des Youtubers Rezo zeigte.80 Inwieweit sind die bestehenden oder zukünftigen Vorschriften auf politische Influencer anwendbar? Welche Gefahren birgt eine solche Kontrolle in sich? Und zeigt sich daraus eine Notwendigkeit der Kontrolle oder eine Notwendigkeit eines freien Handlungsraums für politische Influencer?

I. Anwendbarkeit auf politischer Influencer

Um zu prüfen, welche Kontrollmöglichkeiten auf die Inhalte politischer Influencer anwendbar sind, muss zunachst der politische Influencer definiert werden. Dann werden zum einen die Anwendbarkeit der Regelungen über Werbung, zum anderen die Folgen des NetzDG untersucht.

Politische Influencer sind diejenigen, die ihre Reichweite zumindest auch für die Darstellung politischer Meinungen oder Persönlichkeiten nutzen. Dabei müssen sich diese Influencer nicht darauf beschranken. So veröffentlicht der Youtuber Rezo auf seinen zwei Kanalen hauptsachlich Musik und Unterhaltungsvideos . 81

1. Werberegulierungen

Um zu untersuchen, ob die Vorschriften über kommerzielle Werbung auf politische Influencer anwendbar sind, muss zuerst das Ziel der Wirtschaftswerbung mit dem von politischer Werbung verglichen werden. Daraufhin kann ergründet werden, ob die Regulierungen der kommerziellen Werbung durch ihre Schutzrichtung auch für politische AuBerungen zur Regulierung geeignet ist und angewandt werden sollte

a) Kommerzielle Werbung vs. politische Werbung

Der Begriff der kommerziellen Werbung orientiert sich an der Definition des Art. 3 lit. a der Richtlinie 2006/114/EG über irreführende und vergleichende Werbung.82 Nach diesem ist Werbung jede AuBerung bei der Ausübung eines Handels, Gewerbes, Handwerks oder freien Berufs mit dem Ziel, den Absatz von Waren oder die Erbringung von Dienstleistungen zu fördern. Somit ist Werbung jede mittelbare oder unmittelbare Absatzförderung.83 Im Gegensatz dazu ist politische Werbung nicht absatzfördernd, sondern „stimmfördernd“.84 Sie verfolgt das Ziel, durch die Übermittlung von Wissen und Hinweise auf Wahlen die Unterstützung für eigene politische Vorhaben oder Kandidaten zu erhöhen.85 Politische Influencer wie Rezo gehören haufig keiner Partei an. Doch auch ihr Ziel ist es, andere von ihren Ansichten zu überzeugen und somit deren Wahlverhalten zu beeinflussen Deshalb werden die Aktivitaten politischer Influencer für die vorliegende Arbeit auch unter den Begriff der politischen Werbung gefasst. Gleich ist den beiden Formen der Werbung, dass sie zumeist nur die positiven Aspekte des Produktes oder der Politik nennen, die Nachteile werden ausgespart.86

b) Schutzrichtung von Werbekontrollen

Unterschiedliche Werbekontrollen haben unterschiedliche Schutzrichtungen. Das UWG schützt die wettbewerbliche Entfaltungsfreiheit der Mitwerber,87 die Entscheidungsfreiheit und den Entscheidungsprozess der Verbraucher durch ein Verbot zur Vorenthaltung wesentlicher Informationen,88 und den Schutz des Interesses der Allgemeinheit an einem unverfalschtem Wettbewerb.89 Sonstige Interessen der Allgemeinheit wie der Jugend- oder Umweltschutz fallen nicht in den Schutzbereich des UWG.90 Auch der werberechtliche Trennungsgrundsatz des RStV, der die Trennung von Werbung und redaktionellen Inhalten vorgibt,91 dient dem Schutz der Verbraucher, insbesondere der immer jünger werdenden Mediennutzer.92 Folglich schützt die Kontrolle von Werbung zum einen davor, uninformierte Entscheidungen zu treffen, zum anderen vor einem unverfalschtem Wettbewerb. Zwar wird die politische Werbung zumeist offen im Namen der Person oder Partei gemacht, um den Stimmzuwachs für das eigene Anliegen zu sichern. Jedoch werden auch hier unvorteilhafte Information, wie das Nichterfüllen von Wahlversprechen, nicht genannt. Zudem stehen auch die Akteure der Politik wie Wirtschaftsteilnehmer in einem Wettbewerb. Somit könnten die Regelungen zu kommerzieller Werbung auch Sicherhiet zu einigen kritischen Punkten der politischen Werbung bringen. Bevor man daraus auf eine Notwendigkeit der Anwendung solcher Regelungen schlussfolgert, müssen die grundrechtsrelevanten Aspekte von politischer Werbung beleuchtet werden.

c) Meinungsfreiheit, Art. 5 I 1 GG

Die Regulierungen von kommerzieller Werbung können nur dann direkt auf politische Werbung bezogen werden, wenn die beiden Formen der Werbung auch im gleichem MaBe von den Grundrechten geschützt werden.

Meinung im Sinne des Art. 5 I 1 GG ist jede AuBerung, die nicht dem Beweis zuganglich ist.93 Merkmale einer Meinung sind eine Stellungsnahme und ein Dafürhalten.94 In engeren Sinne keine Meinung, jedoch von der Meinungsfreiheit geschützt, werden weiterhin Tatsachendarstellungen, die einer Meinungsbildung dienen können.95 Neben der Freiheit der Inhalte gemaB Art. 5 I 1 GG schützt der Satz 2 auch die Freiheit der Medien, welche die Kommunikation aus Art. 5 I 1 GG ermöglichen.96 Die Schranken dieser beiden Grundrechte sind die gleichen, jedoch unterscheiden sich die Trager der Grundrechte.97 Wahrend Art. 5 I 1 GG sowohl den Kundtuenden sowie den Empfanger der Meinung schützt, kann sich nur der MeinungsauBernde auf Art. 5 I 2 GG berufen.98 Das Bundesverfassungsgericht hat festgestellt, dass auch Wirtschaftswerbung unter den Schutzbereich der Meinungsfreiheit fallt.99 Für diese Einstufung werden vor allem zwei Gründe angeführt. Zum einen gilt die Meinungsfreiheit unabhangig von ihrem Thema oder intellektuellem Wert.100 Zum anderen wird argumentiert, der MeinungsauBernde, hier der Unternehmer, dürfe sein Grundrecht auf MeinungsauBerung nicht verlieren, nur weil er sich im Wettbewerb befinde.101 Auch politische Werbung fallt unter den Schutzbereich des Art. 5 I 1 GG.102 Das Recht der Meinungsfreiheit kann durch die allgemeinen Gesetze eingeschrankt werden.103 Die daraus resultierenden Einschrankungen müssen ihrerseits angemessen sein.104 Dabei müssen sie vor allem in einem ausgewogenen Verhaltnis zu ihrem Zweck stehen.105 Hierbei gilt: „Je politischer und öffentlichkeitsrelevanter die MeinungsauBerung im konkreten Fall ist, desto schwerer wiegt sie.“106 So darf jegliche Wahlvorbereitung als politische Aufgabe inhaltlich in keinster Weise eingeschrankt werden, da diese in einer Demokratie die wichtigste Art von Willensbildung darstellt.107 So nennt Volkmann die Meinungsfreiheit im Sinne des politischen Teilhaberechts die conditio sine qua non für die Demokratie.108 Wie oben dargestellt, haben auch die AuBerungen von politischen Influencern zum Ziel, Wahler in ihrer politischen Orientierung zu beeinflussen. So tragen sie mittelbar, wahrend der Wahlkampfperiode auch unmittelbar, zur Wahlvorbereitung bei. Folglich dürfen sie nicht eingeschrankt werden. Wirtschaftswerbung wird zwar auch als Spiegel der Gesellschaft bezeichnet, kann als solche aber nur die Lage der Gesellschaft aufzeigen und hat keinen direkten Einfluss auf das Wahlverhalten der Konsumenten. 109 Somit genieBt sie nicht den gleichen Schutz wie politische AuBerungen und kann aufgrund eines legitimes Zweckes eingeschrankt werden. Im Ergebnis weisen politische und kommerzielle Werbung also eine unterschiedliche Grundrechtsrelevanz auf, die Regulierungen für Wirtschaftswerbung können nicht ohne Weiteres auf politische Werbung und somit politische Influencer angewandt werden.

2. NetzDG

Die Kontrollmechanismen des NetzDG beziehen sich auf alle in Sozialen Medien veröffentlichten Inhalte.110 Somit werden politische Influencer dirket kontrolliert. Behalt man die oben aufgeführte Argumentation zur Meinungsfreiheit von politischen Influencern im Kopf, so erscheint eine Kontrolle problematisch. Die Folgen des NetzDG für die Meinungsfreiheit der politischen Influencer ist im Detail zu prüfen.

Verteidiger des NetzDG bringen an, nicht die Meinungsfreiheit an sich, sondern nur eine From der MeinungsauBerung, die Hassrede, würde beschrankt.111 Zudem würden laut NetzDG nur rechtswidrige Inhalte gelöscht.112 AuBerdem sollen durch ein hohes Aufkommen an Hassrede aufgrund einer fehlenden Kontrolle Randgruppen aus den Medien verdrangt werden.113

Dem kann jedoch entgegengehalten werden, dass das Löschen solcher Beitrage extreme Meinungen starkt, indem ein sogennanter Matyrereffekt entsteht.114 Auch die Gefahr des sogenannten Overblockings spricht gegen das NetzDG.115 Durch die Androhung von BuBgeldern im Falle einer Nichtlöschung würden Plattformbetreibern im Zweifelfall Inhalte immer löschen und so auch rechtmaBige Inhalte von der Plattform nehmen.116 Dagegen wird eingewandt, das NetzDG drohe nur bei einem systematischen VerstoB gegen die Löschpflichten BuBgelder an, gegen EinzelverstöBe sollen keine BuBgelder verhangt werden.117 Jedoch gibt es keine BuBgelder, wenn zu viel gelöscht wird, eine Tendenz zum vermehrten Löschen in unklaren Situationen ist ökonomisch sinnvoll . 118 AuBerdem rücken aufgrund der in § 1 III NetzDG aufgelisteten rechtswidrigen Inhalte vor allem politische Aussagen in den Fokus. So wurden im ersten halben Jahr Inhalte am haufigsten aufgrund von Volksverhetzung, Beleidigung oder politischen Extremismus gelöscht.119 Ein weiteres Problem ist die Verpflichtung der Betreiber, die Rechtswidrigkeit eines Inhaltes selber zu prüfen.120 Dabei haben die Betreiber zum einen nicht die Möglichkeit, eine gerichtliche Vorabentscheidung einzuholen.121 Zum anderen erschweren auch die starren Fristen des § 3 NetzDG eine ausführliche Würdigung der Rechtslage.122 Das führt dazu, dass Unternehmen schematische Löschprüfungen durchführen, wahrend staatliche Stellen stets eine Einzelfallprüfung vornehmen müssen.123 Dies wird noch dadurch bestarkt, dass die Inhalte in den meisten Falle nicht offensichtlich rechtswidrig sind, sondern sich in einem rechtlichen Graubereich befinden.124 Zusammenfassend sieht man, dass das NetzDG durch unterschiedliche Regelungen eine Löschung über die rechtswidrigen Inhalte hinaus begünstigt. Somit verstöBt das NetzDG gegen die Meinungsfreiheit politischer Influencer. Dies geht so weit, dass viele Gutachten das Gesetz aufgrund der Verletzung der Meinungsfreiheit sogar für verfassungswidrig halten.125

II. Zusammenfassung

Es wurde geprüft, ob es eine Notwendigkeit zur Kontrolle politischer Influencer besteht, so wie sie Annegret Kramp-Karrenbauer gefordert hat. Es ist deutlich geworden: Es besteht nicht nur keine Notwendigkeit der Regulierung politischer Influencer, sondern eine Notwendigkeit der Deregulierung. Eine Anwendung der Regelungen über kommerzielle Werbung auf politische Influencer würde aufgrund der Grundrechtsrelevanz und Wichtigkeit für unsere Demokratie gegen den Art. 5 I 1 GG der Verfassung verstoBen. Das NetzDG tut dies bereits. Somit besteht das Bedürfnis, das NetzDG dahingehend zu andern.

E. Fazit

Auf Influencer finden zurzeit die Regelungen des UWG, NetzDG, TMG und RStV Anwednung. Noch fallen Influencer und soziale Medien dabei nur unter die Regelungen der vergleichbaren Telemedien, mit der Anderung des RStV zum MedienStV werden diese jedoch ein wesentlicher Teil des Vertrages. Inhaltlich regeln die vorstehenden Gesetze vor allem Werbungen und Sponsoring. Nur das NeztDG verpflichtet die Plattformbetreiber, den gesamten Inhalt auf den Plattformen zu kontrollieren und schieBt dabei über das Ziel hinaus. Die Meinungsfreiheit der Influencer wird durch die Anwendung des NetzDG verletzt. Dabei besteht gar keine Notwendigkeit der Kontrolle politischer Influencer, da Beitrage mit der Informationsrichtung ihrer Art nach dem Bundesverfassungsgericht zur wichtigsten Art der Willensbildung in einer Demokratie gehören.126 So auBert auch Künast über das NetzDG: „Das Gesetz schützt unsere Demokratie nicht“127.

Neben der Betrachtung de lege lata und ferenda und deren Auswirkungen lohnt sich jedoch noch ein weiteres Gedankenspiel zur Kontrolle von politischen Influencern: Kann man Politiker überhaupt noch von politischen Influencern abgrenzen? Denn wenn ein politischer Influencer jeder ist, der in sozialen Plattformen eine groBe Reichweite und Einflussnahme hat und diese für politische Themen nutzt, sind alle Politiker mit groBen Social Media Accounts Influencer. So ist zum Beispiel an Christian Linder zu denken, dessen Instagram­Account mehr als 150.000 Follower hat,128 oder die von fast 28.000 Profilen abonnierte Facebookseite von Philipp Amthor.129 Würde man nun politische Influencer in Sozialen Medien kontrollieren, würde man Politiker selber kontrollieren.

Dies wird neben dem Gewicht der Meinungsfreiheit hoffentlich in Zukunft in Betracht gezogen, wenn das NetzDG möglicherweise bearbeitet und der MedienStV in seiner zukünftigen Form (mit abgeandertem § 1 I MedienStV?) in Kraft tritt.

[...]


1 CDU, Wie wir die Sache sehen, S. 2, abrufbar im Internet unter https://www.cdu.de/sites/default/files/media/dokumente/wie-wir-die-sache-sehen.pdf (16.12.2019).

2 Rezo, Die Zerstörung der CDU, abrufbar im Internet unter https://www.youtube.com/watch? v=4Y1lZQsyuSQ (16.12.2019).

3 FAZ, Kramp-Karrenbauer kritisiert Rezo-Video scharf, 01:30, abrufbar im Internet unter https://www.youtube.com/watch?v=et5SXWK3syE (16.12.2019).

4 Bayerischer Rundfunk, #annegate: Soziale Netzwerke werfen AKK Zensur vor, abrufbar im Internet unter https://www.br.de/nachrichten/deutschland-welt/annegate-netz-wirft-annegret- kramp-karrenbauer-zensur-vor,RRi2qZC/ (16.12.2019).

5 Spiegel, Der Rezo-Effekt - echt oder nur gefühlt?, abrufbar im Internet unter https://www.spiegel.de/politik/deutschland/rezo-effekt-hat-er-der-cdu-geschadet-oder-den- gruenen-genuetzt-a-1270620.html (16.12.2019).

6 Duckwitz, Influencer als digitale Meinungsführer, S. 3.

7 Fries, Influencer-Marketing, S. 5 f.

8 Lettmann, GRUR 2018, 1206 (1209).

9 Fries, Influencer-Marketing, S. 7.

10 Laoutoumai/Dahmen, K & R 2017, 29 (31).

11 Duckwitz, Influencer als digitale Meinungsführer, S. 4.

12 Spangardt in: Meinungsbildung in der Netzöffentlichkeit, S. 157.

13 Schwartmann/Ohr, Recht der sozialen Medien, Rn. 1.

14 Hohlfeld/Godulla in: Rechtshandbuch Social Media, Kap. 2 Rn. 5; Schwartmann/Ohr, Recht der sozialen Medien, Rn. 2, 7.

15 Duckwitz, Influencer als digitale Meinungsführer, S. 4 f.

16 Hamacher, Der Rundfunkbegriff, S. 310.

17 Hamacher, Der Rundfunkbegriff, S. 306.

18 Pech, ZUM 2014, 778 (779).

19 Schwarz, ZUM 2014, 758 (760 f.).

20 Grabenwarter in: GG-Ko., Art. 5 Abs. 1, Abs. 2 Rn. 565.

21 Leeb/Maisch, ZUM 2019, 29.

22 Leeb/Maisch, ZUM 2019, 29.

23 Hilgendorf, dtv-Atlas Recht, S.33.

24 Hermann/Lausen, Rundfunkrecht, § 4 Rn. 135.

25 Holznagel, in: Spindler/Schuster, RStV Praambel Rn. 45 ff.

26 Vgl. Zweiter Abschnitt RStV, Dritter Abschnitt Unterabschnitt 3 und 6 RStV.

27 Holznagel, in: Spindler/Schuster, RStV § 2 Rn. 17.

28 Holznagel, in: Spindler/Schuster, RStV § 2 Rn. 17.

29 Peifer, GRUR 2018, 1218 (1222).

30 Michel, ZUM 2009, 453 (457).

31 Hamacher, Der Rundfunkbegriff, S. 84.

32 Holznagel, in: Spindler/Schuster, RStV § 2 Rn. 18.

33 Holznagel, in: Spindler/Schuster, RStV § 2 Rn. 14.

34 Hamacher, Der Rundfunkbegriff, S. 81.

35 BT-Drs. 16/3078, S. 13.

36 Kunisch, Rundfunk im Internet, S. 121.

37 Wien, Internetrecht, S. 9.

38 Hamacher, Der Rundfunkbegriff, S. 98 f.

39 Beyerbach in: Rechtshandbuch Social Media, Kap. 9 Rn. 32; Holznagel in: Spindeler/Schuster, RStV § 50 Rn. 4; Schwartmann/Ohr, Recht der sozialen Medien, Rn. 109.

40 Schulz in: Beck-K Rundfunkrecht, RStV § 2 Rn. 13.

41 BVerfG, Urteil vom 05. Februar 1991 - 1 BvF 1/85 -, Rn. 401.

42 Hamacher, Der Rundfunkbegriff, S. 36.

43 Siehe oben unter: Verfassungsrechtlicher Rundfunkbegriff.

44 Siehe oben unter: Influencer und Soziale Medein.

45 K unisch, Rundfunk im Internet, S. 119.

46 Smid in: Spindler/Schuster, RStV § 54 Rn. 7.

47 S chwartmann/Ohr, Recht der sozialen Medien, Rn. 54.

48 BT-Drs. 18/12356, S.1 f.; Nolte, ZUM 2017, 552 (555); Remmertz, MMR 2018, 507 (510)

49 Hoven/Gersdorf in: BeckOK Inf- und MedienR, NetzDG § 1 Rn. 36.

50 Hoven/Gersdorf in: BeckOK Inf- und MedienR, NetzDG § 1 Rn. 35; Zur Verfassungswidrigkeit mehr im Folgenden.

51 Löber/Rojinagel, MMR 2019, 71 (73).

52 Büscher in: UWG, § 1 Rn. 14.

53 Ahrens, GRUR 1211 (1217).

54 Troge , GRUR-Prax 2018, 87.

55 Ahrens, GRUR 1211 (1213).

56 Micklitz/Namyslowska in: Spindler/Schuster, UWG § 5a Rn. 75.

57 Hilgendorf, dtv-Atlas Recht, S.33.

58 Gundel, ZUM 2019, 131 (131 f.); Rundfunkkommission der Lander, Diskussionsentwurf für einen „Medienstaatsvertrag“ Stand: Juli 2019, abrufbar im Internet unter https://www.rlp.de/fileadmin/rlp-stk/pdf-Dateien/Medienpolitik/MStV-E_Synopse_2019- 07_Online_.pdf, S. 2 (16.12.2019).

59 Tagesschau, Medienstaatsvertrag , abrufabr im Internet unter https://www.tagesschau.de/inland/medienstaatsvertrag-rundfunkstaatsvertrag- 101.html? xing_share=news (16.12.2019).

60 Tagesschau, Medienstaatsvertrag , abrufabr im Internet unter https://www.tagesschau.de/inland/medienstaatsvertrag-rundfunkstaatsvertrag- 101.html? xing_share=news (16.12.2019).

61 Rundfunkkommission der Lander, Diskussionsentwurf für einen „Medienstaatsvertrag“ Stand: Juli 2019, abrufbar im Internet unter https://www. rlp.de/fileadmin/rlp-stk/pdf- Dateien/Medienpolitik/MStV-E_Synopse_2019-07_Online_.pdf, S. 2 (16.12.2019).

62 O ry, ZUM 2019, 139 (145).

63 Thomale, ZUM 2019, 122 (123).

64 Peifer, GRUR 2018, 1218 (1221).

65 Fries, Influencer-Marketing, S. 11.

66 Zur Kritik siehe Zimmer, ZUM 2019 126 (127 f.).

67 Siehe oben unter B. I. 2 Zweiundzwanzigsten Rundfunkstaatsvertrag.

68 Bodensiek/Walker, MMR 2018, 136 (136 , 138).

69 Fries, Influencer-Marketing, S. 5.

70 Huster/Rux in: BeckOK GG, Art. 20 Rn. 182.

71 Huster/Rux in: BeckOK GG, Art. 20 Rn. 183.1.

72 Gundel, ZUM 2019, 131 (131 f.).

73 Zurth/Pless, ZUM 2019, 414 (415).

74 Gundel, ZUM 2019, 131 (133).

75 Zurth/Pless, ZUM 2019, 414 (419).

76 Z urth/Pless, ZUM 2019, 414 (421).

77 Rundfunkkommission der Lander, Diskussionsentwurf für einen „Medienstaatsvertrag“ Stand: Juli 2019, abrufbar im Internet unter https://www.rlp.de/fileadmin/rlp-stk/pdf- Dateien/Medienpolitik/MStV-E_Synopse_2019-07_Onfine_.pdf, S. 2 (16.12. 2019).

78 Siehe oben unter B. III. Netzwerkdurchsetzungsgesetz.

79 Duckwitz, Influencer als digitale Meinungsführer, S. 5.

80 Spiegel, Der Rezo-Effekt - echt oder nur gefühlt?, abrufbar im Internet unter https://www.spiegel.de/politik/deutschland/rezo-effekt-hat-er-der-cdu-geschadet-oder-den- gruenen-genuetzt-a-1270620.html (16.12. 2019).

81 Rezo ja lol ey, Youtubekanal, abrufbar im Internet unter https://www.youtube.com/channel/UCvU1c8D5n1Rue3NFRu0pJSw (16.12.2019); Rezo, Youtubekanal, https://www.youtube.com/channel/UCLCb_YDL9XfSYsWpS5xrO5Q (16.12.2019).

82 Erdmann/Pommerening in: WettbewerbsR, § 39 Rn. 2 f.

83 Arnold, Wirtschaftswerbung, S. 16 f.

84 Leitner, Die Partei als Marke?, S. 11.

85 Podschuweit, Warum Wahlwerbung schaden kann, S. 13.

86 Leitner, Die Partei als Marke?, S. 11.

87 Klippel/Bramer in: Wettbewerbsrecht, UWG § 1, Rn. 9 f.

88 Büscher in: UWG, § 5 Rn. 17, f.; Klippel/Bramer in: Wettbewerbsrecht, UWG § 1, Rn. 14.

89 Klippel/Bramer in: Wettbewerbsrecht, UWG § 1, Rn. 21.

90 Büscher in: UWG, § 1 Rn. 10.

91 Döpkens in: Spindler/Schuster, RStV § 7 Rn. 30.

92 Schmid, ZUM 2019, 226 (227).

93 Grabenwarter in: GG-Ko., Art. 5 Abs. 1, Abs. 2, Rn. 47.

94 NJW 1983, 1415 (1416); Grabenwarter in: GG-Ko., Art. 5 Abs. 1, Abs. 2, Rn. 47.

95 Lenski, Massenkommunikation, S. 37.

96 Michael/Morlok, Grundrechte, Rn. 218.

97 Koreng, Zensur im Internet, S. 40.

98 Michael/Morlok, Grundrechte, Rn. 218.

99 99BVerfG, Beschluss vom 05. Marz 2015 -1 BvR 3362/14 -, Rn. 16.

100 Ullmann, GRUR 1996, 948 (951).

101 Ullmann, GRUR 1996, 948 (951).

102 Schemmer in: BeckOK-GG, Art. 5 Rn. 4.

103 Schemmer in: BeckOK-GG, Art. 5 Rn. 4.

104 Arnold, Wirtschaftswerbung, S. 158.

105 Arnold, Wirtschaftswerbung, S. 163.

106 Arnold, Wirtschaftswerbung, S. 166.

107 NJW 1983, 1415 (1416).

108 Volkmann, Meinungsfreiheit für dieFeinde der Freiheit?, S. 55.

109 Arnold, Wirtschaftswerbung, S. 12.

110 Nolte, ZUM 2017, 552 (555).

111 L üdemann, MMR 2019, 279 (280).

112 Eifert in: Netzwerkrecht, S. 17.

113 Lüdemann, MMR 2019, 279 (2802 f.).

114 Volkmann, Meinungsfreiheit für dieFeinde der Freiheit?, S. 257.

115 Hoven/Gersdorf in: BeckOK Inf- und MedienR, NetzDG § 1 Rn. 6.

116 Schiff, MMR 2018, 366 (369).

117 Eifert in: Netzwerkrecht, S. 20.

118 Lüdemann in:Netzwerkrecht, S. 157.

119 Löber/Rofinagel, MMR 2019, 71 (73).

120 Lüdemann in:Netzwerkrecht, S. 156.

121 Hoven/Gersdorf in: BeckOK Inf- und MedienR, NetzDG § 1 Rn. 6; Lüdemann in:Netzwerkrecht, S. 165.

122 H oven/Gersdorf in: BeckOK Inf- und MedienR, NetzDG § 1 Rn. 6.

123 Lüdemann in:Netzwerkrecht, S. 163.

124 N olte, ZUM 2017, 552 (556).

125 Nolte, ZUM 2017, 552 (554).

126 N JW 1983, 1415 (1416).

127 Künast, ZPR 2019, 62 (64).

128 Linder, Instagramprofil, abrufabr im Internet unter https://www.instagram.com/christianlindner/ (16.12.2019).

129 Amthor, Facebookseite, abrufbar im Internet unter https://www.facebook.com/amthor.philipp/ (16.12.2019).

Ende der Leseprobe aus 29 Seiten

Details

Titel
Bestehendes und zukünftiges Recht "de lege lata et ferenda" im Influencer Marketing. Kontrollmöglichkeiten und Kontrollnotwendigkeit politischer Influencer am Beispiel des Youtubers Rezo
Hochschule
Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg  (Wirtschaftsrecht)
Veranstaltung
Praktikerseminar Influencer Marketing
Note
1,3
Autor
Jahr
2019
Seiten
29
Katalognummer
V901355
ISBN (eBook)
9783346229267
ISBN (Buch)
9783346229274
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Influencer Marketing, Kontrollmöglichkeit, Medienstaatsvertrag, politische Influencer, Plattformen, Regulierung im Netz
Arbeit zitieren
Charlotte Woelke (Autor:in), 2019, Bestehendes und zukünftiges Recht "de lege lata et ferenda" im Influencer Marketing. Kontrollmöglichkeiten und Kontrollnotwendigkeit politischer Influencer am Beispiel des Youtubers Rezo, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/901355

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