Die menschliche Psyche und das Phänomen des Bewusstseins gehören zu den ältesten Themen der Philosophie. Nicht zuletzt durch den Bedeutungsgewinn der interdisziplinären Kognitionswissenschaft, vor allem hinsichtlich der Erforschung der verhaltenssteuernden und informationsverarbeitenden Fähigkeiten des zentralen Nervensystems, wurde sich dieser Problematik in den letzten 150 Jahren wieder verstärkt gewidmet. Unter Bewusstsein wird hierbei sowohl eine allgemeine „Wachheit“, das heißt Erlebnisfähigkeit (intransitives Bewusstsein), als auch der Bezug eines Lebewesens auf einen Wahrnehmungsgegenstand oder einen mentalen Zustand (transitives, intentionales Bewusstsein) verstanden.
Im 19. Jahrhundert etablierte sich mit der Psychologie eine empirisch ausgerichtete wissenschaftliche Disziplin, die das Erleben und Verhalten der Menschen untersucht, sowie danach fragt, welche Reize in spezifischen Kontexten bestimmte Bewusstseinszustände hervorrufen. Für die Begründung einer ihrer Teildisziplinen, der Tiefenpsychologie, war der österreichische Nervenarzt Sigmund Freud maßgebend. Die Tiefenpsychologie nimmt einen zentralen Stellenwert unbewusster seelischer Vorgänge an und postuliert damit einen wesentlichen Einfluss des Bereichs der menschlichen Psyche, der dem Bewusstsein nicht zugänglich ist, auf menschliches Erleben und Handeln. Das hierbei von Freud entwickelte typographische Modell, welches den menschlichen „Geist“ in das Bewusstsein, einen Bereich des Vorbewussten (das heißt durch Nachdenken, etc., potentiell Bewussten) und einen Bereich des Unbewussten unterteilt, wird auch von der Psychoanalyse geteilt, die ebenso von Freud begründet wurde.
Wichtige Beiträge zu einer Philosophie der Psychologie lieferte der österreichisch-britische Philosoph Ludwig Wittgenstein. Dabei beschäftigte er sich, herausgefordert durch psychologistische Strömungen in den Geisteswissenschaften auch mit Freud, der seit dem Erscheinen seiner „Traumdeutung“ im Jahr 1900 der Familie Wittgenstein bis zu seinem Tod eng verbunden war. Wittgenstein übte zwar harte Kritik an diesem Werk Freuds, bezeichnete sich selbst allerdings dennoch als dessen Schüler. Worin bestand Wittgensteins Kritik an der Auffassung Freuds? Gibt es dennoch Gemeinsamkeiten in ihren Ansichten über die menschliche Psyche?
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Sigmund Freuds psychologische Konzepte
- Die Psychoanalyse Sigmund Freuds
- Freuds Ansichten über die menschliche Psyche und das Unbewusste
- Die Philosophie der Psychologie Ludwig Wittgensteins
- Wittgenstein über psychologische Begriffe
- Zur Psychologie als Wissenschaft nach Wittgenstein
- Wittgensteins Kritik an Freud
- Generelle Kritikpunkte an der Psychoanalyse
- Wittgensteins Beurteilung der Traumdeutung
- Zusammenfassung
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit zielt darauf ab, Wittgensteins Verständnis des menschlichen Geistes darzulegen und das Verhältnis dieses Verständnisses zu den Annahmen Freuds zu beleuchten. Dabei wird untersucht, ob trotz Wittgensteins kritischer Position zu bestimmten psychologischen Grundannahmen Gemeinsamkeiten in der Denkweise beider Wissenschaftler erkennbar sind.
- Analyse von Freuds Verständnis der Psychoanalyse, der Psyche und des Unbewussten
- Verdeutlichung von Wittgensteins Philosophie der Psychologie, insbesondere hinsichtlich seines Verständnisses psychologischer Begriffe und seiner Ansichten über das Unbewusste
- Erläuterung von Wittgensteins Einstellung zur Psychoanalyse
- Untersuchung seiner Kritik an Freuds Traumtheorie
Zusammenfassung der Kapitel
- Einleitung: Die Arbeit stellt die Fragestellung und das Ziel der Untersuchung dar. Sie beleuchtet die Bedeutung des Themas der menschlichen Psyche und des Bewusstseins in der Philosophie und der Kognitionswissenschaft und führt in die Konzepte von Freud und Wittgenstein ein.
- Sigmund Freuds psychologische Konzepte: Dieser Abschnitt analysiert Freuds Psychoanalyse und seine zentralen Annahmen zur Struktur der menschlichen Psyche. Er beleuchtet Freuds Verständnis des Unbewussten, seine Theorie der Triebregungen und seine Konzeption des Ichs, des Es und des Über-Ichs.
- Die Philosophie der Psychologie Ludwig Wittgensteins: Dieser Abschnitt widmet sich Wittgensteins Philosophie der Psychologie, besonders seinem Verständnis psychologischer Begriffe und seiner Ansichten über das Unbewusste.
- Wittgensteins Kritik an Freud: Dieser Abschnitt untersucht Wittgensteins Kritik an Freuds Psychoanalyse, insbesondere an seiner Traumtheorie. Er analysiert die grundlegenden Kritikpunkte und die Gemeinsamkeiten in den Ansichten der beiden Denker.
Schlüsselwörter
Die Arbeit befasst sich mit den Schlüsselbegriffen menschliche Psyche, Bewusstsein, Psychoanalyse, Unbewusstes, Tiefenpsychologie, Traumdeutung, Philosophie der Psychologie, Ludwig Wittgenstein, Sigmund Freud, sowie den zentralen Themen der Kritik an der Psychoanalyse und der Untersuchung von Gemeinsamkeiten in den Ansichten von Freud und Wittgenstein.
- Arbeit zitieren
- Evelyn Ehle (Autor:in), 2007, Ludwig Wittgenstein über die menschliche Psyche und seine Kritik an den Annahmen Sigmund Freuds, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/90152