Produktivitätswandel der Movierung zur Bildung femininer Nomina

Analyse synchroner Restriktionen


Hausarbeit (Hauptseminar), 2020

20 Seiten, Note: 2,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Einführung in die Movierung
2.1 Grundsätzliches
2.2 Funktion der Movierung
2.3 Möglichkeiten der Geschlechtsspezifikation
2.4 Realisierung der Movierung

3. Relation von Genus und Sexus
3.1 Grundsätzliches zum Verhältnis
3.2 Genusbestimmung anhand morphologischer Elemente
3.3 Das Maskulinum – eine generische Annährung

4. Wandel der Produktivität der Movierung
4.1 Im Althochdeutschen
4.2 Im Mittelhochdeutschen
4.3 Im Neuhochdeutschen

5. Schlussbetrachtungen

6. Literaturverzeichnis

1. Einleitung

Die in den letzten Jahren immer häufiger auftretenden Debatten über das gendergerechte Formulieren gaben mir den Anstoß zum Verfassen dieser Arbeit. Die unterschiedlichen Möglichkeiten der Realisierung dieser Formulierungen, die angeboten werden, wie etwa das Binnen-I, Paarformen oder andere Varianten bieten großen Raum für den sprachwissenschaftlichen Diskurs (Rabofski 1990: I).

Viele der genannten Maßnahmen enthalten die Verwendung femininer Personenbezeichnungen, welche sich durch die Movierung, ein Wortbildungsverfahren, herausentwickelt haben.

In diesem Zusammenhang erschien mir eine nähere Untersuchung dieser movierten Bildungen als spannend und aktuell. Diese Proseminararbeit versucht also, das Wortbildungsverfahren der Movierung näher zu behandeln und deren synchrone Restriktionen zu erläutern.

Zunächst wird Grundlegendes zur Movierung dargestellt, wobei zusätzlich auf die Funktion dieses Wortbildungsverfahrens in der deutschen Sprache eingegangen wird. Im zweiten Teil dieses Kapitels werden weitere Möglichkeiten der Geschlechtsspezifikation präsentiert und konzise mit der Movierung verglichen. Hinzu kommt eine kurze Annährung an das Thema „generisches Maskulinum“ mit einer historischen Betrachtung dessen. Im dritten Kapitel wird in verkürzter Form auf das Verhältnis zwischen Genus und Sexus eingegangen, wobei spezieller Fokus auf die Bestimmung des Genus anhand morphologischer Elemente gelegt wird. Auf die Bestimmung des Genus anhand semantischer und lautlicher Elemente wird verzichtet, da dies den Rahmen einer Proseminararbeit sprengen würde.

Den Hauptteil der Arbeit bildet die Untersuchung des Produktivitätswandels der Movierung zur Bildung femininer Nomina. Weiters möchte ich mich auf die Analyse synchroner Restriktionen der movierten Bildungen fokussieren, wobei ich einen vergleichenden Blick auf die Movierung des Althochdeutschen, des Mittelhochdeutschen und des Neuhochdeutschen werfen werde. Abschließend werde ich die Ergebnisse meiner Arbeit sammeln und ausgewertet präsentieren. 3

2. Einführung in die Movierung

2.1 Grundsätzliches

In einer Arbeit, die sich mit dem Wortbildungsverfahren der Movierung befasst, scheint es unumgänglich, dieses zumindest in den Grundzügen zu definieren. Aus diesem Grund wird der Prozess der Movierung in diesem Kapitel näher erläutert sowie auf deren Funktion und Realisierung eingegangen.

Glück (2010: 445) definiert die Movierung in seinem sprachwissenschaftlichen Lexikon als: morpholog [ische] Ableitung weibl[icher] Personen- und Tierbezeichnungen von den m ä nnl[ichen].

Dies bedeutet, dass feminine Nomina durch das Wortbildungsverfahren der Derivation gebildet werden. Die Derivation oder Ableitung ist eines von vier Hauptverfahren der Wortbildung (vgl. Duden 2009: 732). Hierbei wird mithilfe von Affixen, welche an den Stamm des ursprünglichen Wortes angefügt werden, ein neues Wort mit einem neuen Genus kreiert. Beim Verfahren der Movierung handelt es sich bei diesen Ableitungsaffixen grundsätzlich um Suffixe, welche der Ableitungsbasis nachgestellt werden (Doleschal 1989: 40), weshalb man auch von der Suffixderivation, beziehungsweise von der Suffigierung sprechen kann.

Der Begriff der Ableitung bezeichnet sowohl den Prozess der Wortbildung als auch das neu gebildete Femininum, auch Derivat genannt (Glück 2010: 5). Hier stellt sich die Frage nach der Beziehung des Derivats und der maskulinen Basis, dem Maskulinum. Im Diskurs steht hier die Relation der Markiertheit zwischen dem lexikalischen Paar (Rabofski 1990: 80). Wichtig hierbei ist, dass movierte Feminina [ … ] nicht unabh ä ngig von den Maskulina [sind]; sowohl synchron/di-achron, morpholog[isch] als auch realiter besteht f ü r das Bezeichnete ein Verh ä ltnis der Voraussetzung (Doleschal 1989: 21).

2.2 Funktion der Movierung

Das durch Movierung gebildete Derivat, also das Femininum, lässt sich einer eindeutigen Geschlechtsbezeichnung zuordnen (Rösner 1998: 73 ). Mit dem Femininum K ö chin, welches das grammatisch weibliche Geschlecht aufweist, können wir darauf schließen, dass eine biologisch weibliche Person gemeint ist. Somit kann behauptet werden, dass die Movierung der Spezifikation des Geschlechtes dient. Es lässt sich nicht leugnen, dass es eine pragmatische Notwendigkeit einer sprachlicher Differenzierung des Geschlechts bedarf (vgl. Doleschal 1989: 8). Diese Situation, die die Realisierung von Geschlecht in der Sprache verdeutlicht, könnte sich beispielsweise in einer Schule abspielen: Der Lehrer möchte die Klasse in zwei Gruppen einteilen, welche nach dem Geschlecht geordnet sind. Er weist sie an: „ Alle Sch ü ler stellen sich zur T ü r, alle Sch ü lerinnen bleiben an ihren Tischen! “ Dieses Beispiel soll verdeutlichen, dass es, unabhängig vom sprachlichen Aspekt einen alltäglichen Bedarf an der Realisierung des natürlichen Geschlechts gibt.

2.3 Möglichkeiten der Geschlechtsspezifikation

Obwohl die deutsche Sprache über drei Genera verfügt, ist das Verhältnis von Genus und Sexus nicht komplett unproblematisch (vgl. Doleschal 1989: 11). So kommt es öfters vor, dass eine Tierart, die sowohl männliche als auch weibliche Geschöpfe aufweist, mit einem femininen beziehungsweise mit einem maskulinen Geschlecht betitelt wird, wie zum Beispiel der Hund. Daher dient das Genus allein nicht der Spezifikation des Geschlechts. Abgesehen vom bereits erläuterten Wortbildungsverfahren der Movierung gibt es noch weitere Möglichkeiten der Geschlechtsspezifikation. Hierbei wäre das Verfahren der Komposition zu nennen (Doleschal 1989: 19) . Dabei werden zwei voneinander unabhängige Wortstämme zu einem neuen Wort zusammengesetzt. Im menschlichen Bereich werden die Wortglieder -frau und -m ä dchen eingesetzt, im tierischen -kuh oder -weibchen, was eine Vielzahl von geschlechtsspezifischen Ausdrücken ermöglicht: Bauersfrau oder Hirschkuh.

Neben der Komposition und der Movierung als morphologische Mittel der Spezifikation des Geschlechts sind auch morpho-syntaktische Wege möglich, beispielsweise die Substantivierung von Partizipien und Adjektiven (Doleschal 1989: 20) . So wird aus dem Beiwort heiter der substantivierte Heitere und aus dem Partizip lernend das Femininum die Lernende. Durch das Verfahren der Attribuierung (ein weiblicher Clown) oder Geschlechtsspezifikation, bei denen diese im Begriff selbst steckt, wie etwa der Junge (Rabofski 1990: 1). Eine Betrachtung aus dem Jahr 1975 zeigte, dass über 90 Prozent der femininen Personenbezeichnungen durch das Verfahren der Movierung gebildet werden.

2.4 Realisierung der Movierung

Nun steht die Frage im Raum, zu welchen Maskulina ein feminines Derivat gebildet werden kann. Laut Doleschal k ö nnen jene Personenbezeichnungen, die als geschlechtsspezifisch empfunden werden, moviert werden (Doleschal 1989: 22 ). Dies können wir am Beispiel Der G ä rtner pflegt den Rasen betrachten. Da Der G ä rtner als maskulin verstanden wird und auch das Lexem zweifellos movierbar ist, kann hier problemlos das dazugehörende Femininum gebildet werden: Die G ä rtnerin. Die Person hingegen wäre nicht geschlechtsspezifisch, eine Movierung wäre hier nicht sinnvoll.

Die meisten Tierbezeichnungen werden nicht als geschlechtsspezifisch angesehen, weshalb die Bildung einer femininen Ableitung ausbleibt. Grundsätzlich wird bei tierischen Bezeichnungen weniger häufig moviert wie bei Personenbezeichnungen (Doleschal 1992: 22-23). Jedoch finden sich im Tierreich einige ungewöhnlich klingende Feminina, die nicht von männlichen Basen abgeleitet worden sind, wie etwa T ä ubin oder K ä tzin (Doleschal 1989: 23). In Ausnahmefällen werden auch Adjektive, welche substantiviert worden sind, moviert. Als Beispiel ist hier das feminine Substantiv Beamtin aus Beamter entstanden (Doleschal 1989: 32).

Zur Realisierung der Movierung bedarf es eines Suffixes, welches an der Basis des Wortes angefügt wird. Diese Basen sind in den meisten Fällen 6 männliche Hauptwörter. Im Bereich der Tiere werden, wie bereits erwähnt, auch nicht maskuline Basen moviert. Als am häufigsten auftretende Movierungssuffixe sind - in, -issin, -isse, -esse, - sche, -euse, -ine, und - trice zu nennen (Stricker 2000: 141).

[...]

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Details

Titel
Produktivitätswandel der Movierung zur Bildung femininer Nomina
Untertitel
Analyse synchroner Restriktionen
Hochschule
Universität Wien  (Sprachwissenschaften)
Veranstaltung
Proseminar Morphologie
Note
2,0
Autor
Jahr
2020
Seiten
20
Katalognummer
V901731
ISBN (eBook)
9783346220660
ISBN (Buch)
9783346220677
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Morphologie, Movierung, Sprachwissenschaft
Arbeit zitieren
Lea Hauer (Autor:in), 2020, Produktivitätswandel der Movierung zur Bildung femininer Nomina, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/901731

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