In seinem zweibändigen Werk über Geschichte und Vorgeschichte der protestantischen Theologie im 19. Jahrhundert setzt sich Karl Barth mit bedeutenden Philosophen/ Theologen der Aufklärung auseinander (Kant, Hegel, Herder) und streift das Gebiet romantischer Dichtung als Sehnsucht nach dem Unendlichen (Novalis). Auf seine Abhandlung zu Friedrich Schleiermacher im ersten, exponierten Kapitel des 2. Bandes wird besonders einzugehen sein. Denn Barth erweist dem theologischen Denken Schleiermachers zwar besonderen Respekt, folgt seiner Argumentation im verstehenden, nachvollziehenden Sinne, zugleich aber grenzt er sich deutlich von ihm ab, was die zentrale Idee des Gottes- und Christusverständnisses angeht. Diese grundsätzliche Verschiedenheit beider Standpunkte soll im Folgenden näher skizziert werden.
Besonders deutlich wird in Barths Darstellung aber auch, wie sehr die Theologie als solche sich in einem sowohl fruchtbaren als auch herausfordernden Spannungsverhältnis befindet. Zum einen ist sie ihrer Zeit und ihren je geschichtlichen, wissenschaftlichen, kulturellen und sozialen Gegebenheiten verpflichtet, indem sie reflektierend, ob explizit oder implizit, auf sie Bezug nimmt. Die Theologie Schleiermachers ist nicht zu denken ohne Kants Kritik der reinen Vernunft und Hegels Religionsphilosophie; das anthropozentrische Weltbild der Aufklärung, die Begriffe von Freiheit und Autonomie des Menschen, sind in ihr zu finden. Mit der Aufklärung begann eine Epoche auch der Wissenschaftsgläubigkeit: ihre Ideale, Bildung des Menschengeschlechts, Zukunftsoptimismus, rationale Durchdringung aller Lebensbereiche, ein stetiges Fortschreiten der Menschheit sind wichtige Impulse für das liberale Bürgertum, in dem auch Schleiermacher verwurzelt ist. Die Theologie bedient sich zudem neuer wissenschaftlicher Methoden; zu nennen ist hier die historisch-kritische Methode, die bei der Bibelexegese ihre Anwendung findet.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Sünde und Schuld des Menschen
- Versöhnung des Menschen mit Gott durch die Erlösung von der Sünde
- Die Rechtfertigungslehre Martin Luthers
- Friedrich Schleiermacher: Der christliche Glaube nach den Grundsätzen der evangelischen Kirche im Zusammenhange dargestellt
- Einleitung zur Glaubenslehre; Definition der Dogmatik
- Der Glaubenslehre zweiter Teil. Das fromme Selbstbewusstsein unter dem Gegensatz von Sünde (Unlust) und Gnade (Lust)
- Schleiermachers Ausführungen zu Wesen und Begriff der Sünde (§§ 65-69)
- Der christliche Glaube. Zweites Lehrstück: Von dem Geschäft Christi (§§ 100-104)
- Exkurs: Karl Barth in seiner Auseinandersetzung mit Friedrich Schleiermacher und dessen Glaubenslehre
- Karl Barth: Die Kirchliche Dogmatik, Band IV, 1: Die Lehre von der Versöhnung
- Karl Barth: Die Lehre von der Versöhnung. Übersicht
- Die Lehre von der Versöhnung. 1. Die Gnade Gottes in Jesus Christus
- Jesus Christus, der Mittler
- Der Richter als der an unserer Stelle gerichtete
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Hausarbeit befasst sich mit der Erlösungsbedürftigkeit des Menschen und stellt die christlichen Glaubenslehren von Friedrich Schleiermacher und Karl Barth gegenüber. Ziel ist es, die unterschiedlichen Auffassungen von Sünde und Versöhnung sowie die Rolle von Gottes Gnade in den Werken beider Theologen zu analysieren und die geschichtlichen und kulturellen Einflüsse auf ihre Ansichten zu beleuchten.
- Das Verständnis von Sünde und Schuld im christlichen Kontext
- Die Rolle der Erlösung und die Bedeutung von Gottes Gnade
- Die unterschiedlichen Gottes- und Christusbilder bei Schleiermacher und Barth
- Der Einfluss des historischen und kulturellen Kontextes auf die theologischen Argumentationen
- Die Bedeutung der Versöhnung für das Verhältnis zwischen Mensch und Gott
Zusammenfassung der Kapitel
- Einleitung: Diese Einleitung stellt den historischen und theologischen Kontext der Arbeit vor und erläutert die Bedeutung von Friedrich Schleiermachers und Karl Barths theologischen Ansichten.
- Sünde und Schuld des Menschen: Dieses Kapitel definiert grundlegende Begriffe wie Sünde und Schuld und beleuchtet die Versöhnung des Menschen mit Gott durch die Erlösung von der Sünde. Es wird auch die Rechtfertigungslehre Martin Luthers erwähnt.
- Friedrich Schleiermacher: Der christliche Glaube nach den Grundsätzen der evangelischen Kirche im Zusammenhange dargestellt: Dieses Kapitel analysiert Schleiermachers Werk "Der christliche Glaube" und beleuchtet seine Auffassungen von Sünde, Gnade und Gotteserkenntnis.
- Exkurs: Karl Barth in seiner Auseinandersetzung mit Friedrich Schleiermacher und dessen Glaubenslehre: Dieser Exkurs diskutiert Karl Barths Kritik an Schleiermachers Theologie, insbesondere dessen Verständnis von Gott und der menschlichen Autonomie.
- Karl Barth: Die Kirchliche Dogmatik, Band IV, 1: Die Lehre von der Versöhnung: Dieses Kapitel analysiert Barths Lehre von der Versöhnung, mit Schwerpunkt auf der Rolle von Jesus Christus als Mittler und der Gnade Gottes.
Schlüsselwörter
Die Arbeit konzentriert sich auf die folgenden Schlüsselbegriffe: Erlösungsbedürftigkeit, Sünde, Schuld, Versöhnung, Gnade, Gotteserkenntnis, Gottesbild, Christusbild, Schleiermacher, Barth, Dogmatik, Theologie, Kirchengeschichte, christliche Glaubenslehre.
- Arbeit zitieren
- Eva Girke-Labonté (Autor:in), 2015, Die Erlösungsbedürftigkeit des Menschen. Christliche Glaubenslehre und Kirchliche Dogmatik: Friedrich Schleiermacher und Karl Barth, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/901980