Die Artusromane Hartmanns von Aue wurden in den letzten Jahrzehnten auf verschiedenste Probleme hin untersucht und interpretiert, doch die Forschung hat sich bis heute keineswegs erschöpfend mit der Rechtsthematik im Iwein auseinandergesetzt. Wenn eine Beschäftigung mit der Rechtsthematik stattfand, dann größtenteils im Zusammenhang mit der als dem zentralen Problemkomplex angesehenen Schuld-Sühne-Thematik, wobei das Vergehen Iweins stets an objektiven Rechtsnormen gemessen wurde (Vgl. SCHNELL 1991, 25). Rüdiger Schnell beschreibt eingehend die Gesinnungsethik des Rechtsgelehrten Peter Abaelard (*1079 - †1142) und die Auswirkungen jener Ethik auf das Werk Hartmanns von Aue und kommt zu dem Schluss, „dass Hartmann wie Abaelard zwischen sittlich relevanter Gesinnung und strafrechtlich relevantem Wirkungsausgang einer Tat unterscheidet.“ (SCHNELL 1991, 15). Vor dem Hintergrund dieser Erkenntnisse soll durch intensive Arbeit am Quellentext und unter Zuhilfenahme der verfügbaren Sekundärliteratur die Rechtsthematik im Iwein in einem ersten Schritt herausgearbeitet und knapp dargestellt werden. Anschließend soll der Erbstreit der Grafentöchter vom Schwarzen Dorn unter Berücksichtigung der abaelard´schen Gesinnungsethik und intentio-Problematik (Vgl. SCHNELL 1991, 15-69, bes. 18-24) exemplarisch einer näheren Betrachtung unterzogen werden, wobei besonderes Augenmerk auf den Zweikampf zwischen Iwein und Gawein gelegt wird. Auch die Rolle, die König Artus in dieser Episode spielt, soll näher betrachtet werden. Versagt der König als Richter oder spiegelt er die Rechtsvorstellungen des 12. Jahrhunderts wider? Die vorliegende Arbeit soll durch ständigen Vergleich der Darstellungen Hartmanns mit den Rechtsvorstellungen des ausgehenden 12. Jahrhunderts erörtern, ob Hartmann ein rein fiktionales Recht beschreibt, oder die Rechtsvorstellungen seiner Zeit im Iwein manifestiert hat. Welchen Stellenwert besitzt die Rechtsthematik im Iwein? Welche rechtlichen Fragestellungen und Probleme werden aufgeworfen? Um diesen Fragen auf den Grund zu gehen, soll die Rechtsthematik nun anhand diverser Beispiele erfasst und dargestellt werden: Der Roman beginnt klassisch mit dem Pfingstfest am Artushof, in dessen Verlauf Iweins Vetter Kalogrenant von seinem missglückten Quellenguss (V. 260-802) berichtet, wobei deutlich das mittelalterliche Fehderecht angesprochen wird.
Inhaltsverzeichnis
- I. Einleitung
- II. Die Rechtsthematik im Iwein Hartmanns von Aue
- III. Der Erbstreit der Grafentöchter vom Schwarzen Dorn
- III. 1. Wie kommt es zu dem Erbstreit der Grafentöchter?
- III. 2. Der Gerichtskampf zwischen den Freunden Iwein und Gawein
- III. 3. Die Rolle des Königs Artus im Rechtsstreit der Grafentöchter.
- IV. Schlussbetrachtungen
- V. Literaturverzeichnis
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit untersucht die Rechtsthematik in Hartmanns von Aues Iwein. Sie analysiert, wie Rechtsvorstellungen des 12. Jahrhunderts im Werk dargestellt werden und ob Hartmann ein fiktives Recht beschreibt oder die zeitgenössischen Rechtsauffassungen manifestiert. Der Fokus liegt auf dem Erbstreit der Grafentöchter vom Schwarzen Dorn, insbesondere dem Zweikampf zwischen Iwein und Gawein und der Rolle König Artus'.
- Rechtliche Aspekte in Hartmanns Iwein
- Abaelards Gesinnungsethik und ihre Anwendung auf den Roman
- Der Erbstreit der Grafentöchter vom Schwarzen Dorn als Fallbeispiel
- Die Rolle des Königs Artus als Richter
- Vergleich von fiktionalem Recht und den Rechtsvorstellungen des 12. Jahrhunderts
Zusammenfassung der Kapitel
I. Einleitung: Die Einleitung skizziert den Forschungsstand zur Rechtsthematik in Hartmanns Iwein, der bisher hauptsächlich im Kontext der Schuld-Sühne-Thematik betrachtet wurde. Sie betont die Bedeutung der Abaelardschen Gesinnungsethik für die Interpretation und kündigt die Vorgehensweise der Arbeit an: erst eine Darstellung der Rechtsthematik im Iwein, dann eine detaillierte Analyse des Erbstreits der Grafentöchter vom Schwarzen Dorn unter Berücksichtigung der Gesinnungsethik und der intentio-Problematik, mit besonderem Augenmerk auf den Zweikampf zwischen Iwein und Gawein und der Rolle König Artus'. Die Arbeit zielt darauf ab, den fiktionalen Aspekt des Rechts im Roman mit den zeitgenössischen Rechtsauffassungen zu vergleichen.
II. Die Rechtsthematik im Iwein Hartmanns von Aue: Dieses Kapitel untersucht die verschiedenen rechtlichen Fragestellungen und Probleme im Iwein. Es beginnt mit der Aventiure Kalogrenants und Askalons, die das mittelalterliche Fehderecht anspricht und die Diskrepanz zwischen objektivem Recht und intentio (Gesinnung) nach Abaelard verdeutlicht. Iweins Rachezug gegen Askalon wird ebenfalls im Kontext dieser Diskrepanz betrachtet, wobei die Rolle des Verwandtenrachemotivs und der Frage der Rechtmäßigkeit der Tötung Askalons im Fokus stehen. Das Kapitel legt die Grundlagen für die tiefere Analyse des Erbstreits im folgenden Kapitel.
III. Der Erbstreit der Grafentöchter vom Schwarzen Dorn: Dieses Kapitel bildet den Kern der Arbeit und analysiert den Erbstreit ausführlich. Es untersucht die Hintergründe des Konflikts, den Zweikampf zwischen Iwein und Gawein im Licht der Gesinnungsethik und der intentio-Problematik, und die Rolle des Königs Artus als Richter. Die Analyse wird auf der Basis des Quellentextes mit Unterstützung der Sekundärliteratur durchgeführt. Die Zusammenfassung der Einzelaspekte der Subkapitel würde den Umfang dieser Vorschau sprengen; es soll hier nur betont werden, dass das Kapitel eine umfassende Auseinandersetzung mit der Darstellung von Recht und Gerechtigkeit im Iwein bietet.
Schlüsselwörter
Hartmann von Aue, Iwein, Rechtsthematik, Mittelalter, Gesinnungsethik, Peter Abaelard, intentio, Erbstreit, Fehderecht, König Artus, Zweikampf, Verwandtenrache, Ehre, 12. Jahrhundert.
Häufig gestellte Fragen zu: Die Rechtsthematik in Hartmanns von Aues Iwein
Was ist der Gegenstand der vorliegenden Arbeit?
Die Arbeit analysiert die Rechtsthematik in Hartmanns von Aues Epos "Iwein". Der Schwerpunkt liegt dabei auf der Darstellung von Rechtsvorstellungen des 12. Jahrhunderts und der Frage, ob Hartmann fiktives Recht beschreibt oder die zeitgenössischen Rechtsauffassungen widerspiegelt. Ein besonderes Augenmerk liegt auf dem Erbstreit der Grafentöchter vom Schwarzen Dorn, inklusive des Zweikampfes zwischen Iwein und Gawein und der Rolle König Artus' als Richter.
Welche Themen werden im Einzelnen behandelt?
Die Arbeit behandelt rechtliche Aspekte in Hartmanns Iwein, die Anwendung von Abaelards Gesinnungsethik auf den Roman, den Erbstreit der Grafentöchter als Fallbeispiel, die Rolle König Artus', und einen Vergleich zwischen fiktionalem Recht und den Rechtsvorstellungen des 12. Jahrhunderts. Die Aventiure Kalogrenants und Askalons wird ebenfalls untersucht, um das mittelalterliche Fehderecht und die Diskrepanz zwischen objektivem Recht und intentio (Gesinnung) nach Abaelard zu verdeutlichen.
Wie ist die Arbeit strukturiert?
Die Arbeit gliedert sich in eine Einleitung, ein Kapitel zur allgemeinen Rechtsthematik im Iwein, ein zentrales Kapitel zur detaillierten Analyse des Erbstreits der Grafentöchter vom Schwarzen Dorn, Schlussbetrachtungen und ein Literaturverzeichnis. Die Einleitung skizziert den Forschungsstand und die Vorgehensweise. Das zweite Kapitel untersucht verschiedene rechtliche Fragestellungen im Iwein, während das dritte Kapitel den Erbstreit umfassend analysiert, inklusive des Zweikampfes und der Rolle König Artus'.
Welche Methoden werden angewendet?
Die Arbeit basiert auf einer detaillierten Analyse des Quellentextes (Hartmanns Iwein) und bezieht relevante Sekundärliteratur ein. Die Interpretation der rechtlichen Aspekte erfolgt unter Berücksichtigung der Abaelardschen Gesinnungsethik und der intentio-Problematik. Der Vergleich zwischen fiktionalem Recht im Roman und den zeitgenössischen Rechtsauffassungen ist ein zentrales Element der Analyse.
Welche Schlüsselwörter beschreiben die Arbeit?
Schlüsselwörter sind: Hartmann von Aue, Iwein, Rechtsthematik, Mittelalter, Gesinnungsethik, Peter Abaelard, intentio, Erbstreit, Fehderecht, König Artus, Zweikampf, Verwandtenrache, Ehre, 12. Jahrhundert.
Welche Rolle spielt Abaelards Gesinnungsethik?
Abaelards Gesinnungsethik spielt eine zentrale Rolle bei der Interpretation der rechtlichen Aspekte in Hartmanns Iwein. Sie hilft, die Diskrepanz zwischen objektivem Recht und der individuellen Gesinnung (intentio) der handelnden Personen zu verstehen und zu analysieren, insbesondere im Kontext des Fehderechts und der Frage der Rechtmäßigkeit von Handlungen wie Iweins Rache an Askalon.
Wie wird der Erbstreit der Grafentöchter analysiert?
Der Erbstreit der Grafentöchter vom Schwarzen Dorn bildet den Kern der Arbeit. Er wird umfassend analysiert, unter Berücksichtigung der Hintergründe des Konflikts, des Zweikampfes zwischen Iwein und Gawein (im Licht der Gesinnungsethik und der intentio-Problematik), und der Rolle des Königs Artus als Richter. Die Analyse stützt sich auf den Quellentext und relevante Sekundärliteratur.
Welche Schlussfolgerungen zieht die Arbeit?
Die Schlussfolgerungen der Arbeit werden in den Schlussbetrachtungen dargestellt. Sie beziehen sich auf die Ergebnisse der Analyse der Rechtsthematik in Hartmanns Iwein, insbesondere im Hinblick auf den Vergleich zwischen dem fiktiven Recht im Roman und den zeitgenössischen Rechtsauffassungen des 12. Jahrhunderts.
- Arbeit zitieren
- Robert Bliedung (Autor:in), 2008, "minne und recht" - Recht und Rechtsverständnis im 'Iwein' Hartmanns von Aue, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/90217