Der römische Dichter Lucan (39–65 n. Chr.) schrieb zu Zeiten Neros ein Epos über den Bürgerkrieg zwischen Caesar und Pompejus, der 48 v. Chr. bei Pharsalus zu Gunsten von Caesar entschieden wurde – daher der Titel des Werks: „Pharsalia“. Im fünften Buch geht Lucan auf eine Anekdote ein, die auch von vielen anderen griechischen und römischen Historikern überliefert wird.
Die Situation lässt sich wie folgt rekonstruieren: Caesar lagert mit seinen Eliteeinheiten bei Dyrrachium (Durrës) im heutigen Albanien in der Nähe von Pompejus’ Heer. Es ist Winter. Der zahlenmäßig größere Teil von Caesars Truppen befindet sich noch auf der italienischen Seite der Adria bei Brundisium (Brindisi) und zögert, überzusetzen. In einer stürmischen Nacht versucht der große Feldherr in einer waghalsigen Aktion, seine Männer bei rauer See zu sich zu „holen“: Er will mit einem kleinen Nachen übersetzen, bevor sich der Sturm legt und Pompejus’ Wachtposten wieder Stellung an der Küste beziehen. Natürlich geht der Plan schief, denn gegen das Wetter ist Caesar machtlos, auch wenn er dies zunächst nicht wahrhaben will.
Neben der berühmten Textstelle, wo Caesar dem Fischer Amyclas erklärt, er solle trotz Sturm losfahren, da er ja schließlich „Caesars Glück“ mit an Bord habe, wird auch der Rest der Anekdote mit den sechs Paralleltexten verglichen. Es fällt auf, dass keiner der anderen Autoren Caesars Überheblichkeit so fokussiert wie Lucan. Betrachtet werden zudem gattungsspezifische Merkmale (z.B. Ausführlichkeit), Besonderheiten der Textstelle innerhalb der „Pharsalia“ (z.B. dass Lucan nur hier die Götter ins Spiel bringt, was er – im Gegensatz zur epischen Tradition – sonst nicht tut), sowie die in den stilvollen Reden Lucans zu Tage tretenden Charaktere der Beteiligten Caesar und Amyclas. Die Interpretation dieser (vom Dichter sehr amüsant gestalteten) Anekdote erfolgt dabei nicht nur unter philologischen, sondern vor allem unter humorwissenschaftlichen Aspekten.
Inhaltsverzeichnis
- Lucans Motiv
- Lucan, der Anti-Caesarianer
- Humor als 'Waffe' gegen Unterdrückung
- Ausführlichkeit
- Stilmittel
- Amyclas' Bedenken und Caesars vermessene Zuversicht
- 'Sola... causa'?
- Vergleich mit Parallelquellen.
- Gewichtung
- Lucans Darstellung von Caesars Verhalten
- Überheblichkeit
- Kontrastfigur Amyclas
- Irrationalität
- Zusammenfassung
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Seminararbeit befasst sich mit Lucans Darstellung von Caesars nächtlicher Überfahrt der Adria. Ziel der Arbeit ist es, die rhetorischen Mittel zu analysieren, mit denen Lucan Caesars Verhalten und seine Ambitionen in einem satirischen Licht darstellt.
- Lucans Motiv: Der anti-caesarische Humor und seine Verwendung als Widerstand gegen Unterdrückung.
- Die Darstellung von Caesars Selbstüberschätzung und seiner Unvernunft.
- Die Analyse der Textstelle im Kontext der antiken Anekdotenliteratur und im Vergleich zu anderen antiken Quellen.
- Die Rolle von Lucans epischem Stil und seiner rhetorischen Meisterschaft.
- Die Relevanz von Lucans Werk für das Verständnis der römischen Literatur und Geschichte.
Zusammenfassung der Kapitel
1 Lucans Motiv
Dieses Kapitel untersucht Lucans Motiv, Caesar in seiner Darstellung der Adria-Überfahrt zu verspotten. Es werden die Hintergründe des anti-caesarischen Humors in der damaligen Zeit beleuchtet und die Rolle des Humors als Mittel des Widerstands gegen Unterdrückung diskutiert. Darüber hinaus wird auf die Ausführlichkeit und die stilistischen Mittel eingegangen, die Lucan in seiner Darstellung einsetzt.
2 Amyclas' Bedenken und Caesars vermessene Zuversicht
In diesem Kapitel stehen Amyclas' Bedenken und Caesars unerschütterliche Zuversicht im Mittelpunkt. Es wird die Frage aufgeworfen, ob Caesar tatsächlich nur von seinem eigenen Ehrgeiz geleitet war ('sola... causa'?). Ein Vergleich mit Parallelquellen aus der antiken Geschichtsschreibung liefert weitere Erkenntnisse über die Darstellung der Anekdote.
3 Lucans Darstellung von Caesars Verhalten
Das dritte Kapitel analysiert Lucans Darstellung von Caesars Verhalten. Es wird Caesars Überheblichkeit und seine Unvernunft hervorgehoben, wobei Amyclas als Kontrastfigur dient. Der Fokus liegt dabei auf der Darstellung von Caesars irrationalem Handeln.
Schlüsselwörter
Lucan, Caesar, Adria, Humor, Satire, Rhetorik, Anekdote, antike Literatur, Parallelquellen, Unterdrückung, Widerstand, Überheblichkeit, Irrationalität.
- Quote paper
- Daniel Knauer (Author), 2006, Caesars nächtliche Adria-Odyssee auf Amyclas' Fischkutter, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/90263