Laurence R. Horns Theorie der Q- und R-Implikatur


Hausarbeit (Hauptseminar), 1999

13 Seiten, Note: 1


Leseprobe


Inhalt

1 Einleitung

2 Laurence R. Horns Aufsatz „Toward a new taxonomy for pragmatic inference: Q-based and R-based implicature“ : Zusammenfassung und kritische Kommentierung

3 Diskussion von Problemen der R-Implikatur anhand einiger Beispiele

4 Zitierte Literatur

1 Einleitung

In seinem Aufsatz „Logic and Conversation“ von 1975 beschäftigt sich H. Paul Grice mit dem Phänomen der Differenz zwischen Gesagtem und Gemeintem. Einen Teil solcher Fälle beschreibt er als sogenannte Implikaturen, wobei er sein Augenmerk v.a. auf die „conversational implicatures“ (Grice 1975, S.307) richtet. Er geht dabei von der Existenz eines Kooperationsprinzips und bestimmter Maximen für die Gesprächsführung aus, deren Beachtung durch den Sprecher der Hörer grundsätzlich voraussetzt. Falls eine Äußerung durch den Sprecher nun auf den ersten Blick gegen diese Prinzipien verstößt oder sie nur mäßig erfüllt, interpretiert der Hörer Grice zufolge diese Äußerung in einer Weise um, so dass zumindest das Gemeinte mit den Prinzipien in Einklang ist. Diese Uminterpretierung über das wörtlich Gesagte, die Semantik der Äußerung hinaus, ist das, was Grice als konversationelle Implikatur bezeichnet.

Grice und in seiner Nachfolge und Weiterführung auch Stephen Levinson (in dem Kapitel „Conversational implicature“ seines Grundlagenbuches „Pragmatics“ von 1983, deutsch 1994) teilen die konversationellen Implikaturen in dreierlei Hinsicht ein: Zum einen nehmen sie eine Einteilung der Implikaturen nach der jeweiligen Gesprächsmaxime vor, die für das Zustandekommen der Implikatur verantwortlich ist, d.h. also z. B. der Quantitätsmaxime, der Maxime der Art und Weise, etc.. Zum zweiten unterteilt Levinson die konversationellen Implikaturen in Standardimplikaturen, bei denen der Sprecher die Maximen grundsätzlich beachtet, und in Implikaturen, die entstehen, wenn der Sprecher eine oder mehrere der Maximen bewußt mißachtet, verletzt oder ausschöpft. Als dritte Einteilungskategorie dient Grice und Levinson die Frage, ob die entstandene konversationelle Implikatur von spezifischen Kontexten abhängig – also partikularisiert ist, oder ob sie generalisiert ist, d. h. „ohne einen bestimmten Kontext oder ein besonderes Szenario“ (Levinson 1994, S. 128) auskommt.

In seinem 1984 erschienen Aufsatz „Toward a new taxonomy for pragmatic inference: Q-based and R-based implicature“ versucht Laurence R. Horn nun, das Phänomen der konversationellen Implikatur mit Hilfe von nur zwei grundlegenden Prinzipien zu erklären, dem sogenannten Q-Prinzip und dem sogenannten R-Prinzip. Damit wendet er sich in erster Linie gegen die Einteilung nach den vielfältigen Grice‘schen Gesprächsmaximen, indem er diese auf nur zwei zusammenfasst und mit den Prinzipien der Sprecher- und der Hörerökonomie nach George Kinsley Zipf gleichsetzt. Somit erklärt er, anders als Grice und Levinson, nicht nur wie der Ausgleich der Differenz von Gesagtem und Gemeintem durch die konversationelle Implikatur funktioniert, sondern auch das „Warum“ der häufigen Differenz von Gesagtem und Gemeintem.

Ziel der vorliegenden Arbeit soll es in einem ersten Teil sein, die entscheidenden Gesichtspunkte von Horns Aufsatz zusammenzufassen und zumindest teilweise kritisch zu kommentieren. Ein zweiter Teil soll sich an einigen Bespielen näher mit Problemen der R-Implikatur auseinandersetzen.

2 Laurence R. Horns Aufsatz „Toward a new taxonomy for pragmatic inference: Q-based and R-based implicature“ - Zusammenfassung und kritische Kommentierung

Horn versucht in seinem Aufsatz die Grice‘schen Maximen und dessen Theorie der konversationellen Implikatur auf das Grundprinzip des geringsten Aufwandes, „the Principle of Least Effort“ nach George Kinsley Zipf zurückführen. Für die Sprache hat dieses Prinzip zwei Ausformungen, die in direkter Konkurrenz und Opposition zueinander stehen. Auf der einen Seite gibt es die Sprecherökonomie, d.h. der Sprecher will den Aufwand einer Äußerung sowohl gedanklich als auch lautlich so gering wie möglich halten. Im Extremfall würde dies darin münden, dass der Sprecher nur noch einen Einheitslaut von sich gibt, der für ihn alle möglichen Bedeutungen trägt. Auf der anderen Seite steht die Hörerökonomie, d. h. auch der Hörer will möglichst wenig arbeiten und hat deshalb das Verlangen für jede mögliche Bedeutung auch ein extra sprachliches Zeichen zu hören.

Nach Horns Ansicht lassen sich nun die Gesprächsmaximen von Grice auf nur zwei Prinzipien reduzieren und zusammenfassen, die diesen sich widerstrebenden Kräften entsprechen. So kann für ihn die Qualitätsmaxime - „Do not say what you believe to be false“ und „Do not say that for which you lack evidence“, Grice 1975, S. 308) vernachlässigt werden, da sie ja eine Grundvoraussetzung für Kommunikation ist und wenn sie nicht eingehalten wird, das ganze System der konversationellen Implikaturen zusammenbrechen muss. Grices Quantitätsmaxime 2 („Do not make your contribution more informative as required“, Grice 1975, S. 308) subsumiert Horn unter die Relevanzmaxime („Be relevant“, Grice 1975, S. 308), da alles, was über die erforderliche Information hinausgeht, auch irrelevant ist. Auch die vier Maximen der Art und Weise nach Grice ordnet Horn der Relevanzmaxime unter. Dieser Maxime entspricht seiner Ansicht nach nun Zipfs Sprecherökonomie mit ihrer Tendenz, nur soviel zu äußern als wirklich zur Kommunikation nötig ist. Die einzige Maxime nach Grice, die sich für Horn nicht der Relevanzmaxime und Sprecherökonomie zuordnen lässt, ist die Quantitätsmaxime 1 („Make your contribution as informative as is required (for the current purposes of the exchange)“, Grice 1975, S. 308). Denn diese korrespondiert für ihn mit der Hörerökonomie, dem Verlangen des Hörers nach möglichst präzisen und eindeutigen Äußerungen. Horn entwickelt also eine Dichotomie von, wie er es nennt, „Q Principle“ und „R Principle“ (Horn 1984, S. 13). Diese Verdichtung und Reduzierung von Grices Maximen der Qualität, Quantität und Relevanz scheint durchaus einsichtig und berechtigt. Problematisch dagegen ist die Tatsache, dass Horn die vier Maximen der Art und Weise (vgl. Grice 1975, S. 308), einfach pauschal – ohne weitere Erläuterung – dem R-Prinzip zuordnet. „Avoid obscurity of expression“ und „Avoid ambiguity“ entsprechen aber nicht der Sprecher-, sondern der Hörerökonomie. Auch „Be orderly“ würde man wohl eher hier einordnen. Ganz klar Sprecher-ökonomisch ist nur die Maxime „Be brief“. Dieser Ungereimtheit wurde sich Horn selbst einige Jahre später bewußt, so dass er in einer erneuten Darstellung seiner Theorie im Rahmen seines Werks „A Natural History of Negation“ von 1989 diese pauschale Unterordnung der Maximen der Art und Weise unter das R-Prinzip revidiert. Bis auf die Maxime „Be orderly“ geschieht dies wie oben dargestellt. „Be orderly“ ordnet er aber erneut dem R-Prinzip und der Sprecherökonomie zu, obwohl es doch für den Sprecher mit weniger Aufwand verbunden ist in der Reihenfolge seiner Gedankengänge und Assoziationen zu sprechen, als seine Aussagen geordnet zu präsentieren. Daher ist „Be orderly“ meines Erachtens als ein Verlangen des Hörers zu betrachten.

Horn formuliert seine beiden Prinzipien nun wie folgt: Für Q findet er die Maxime „Make your contribution sufficient, say as much as you can“, für R „Make your contribution necessary, say no more than you must“ (Horn 1984, S. 13). Der klassische Fall für eine konversationelle Implikatur, die aufgrund der Q-Prinzips entsteht, ist für Horn die skalare Implikatur: Ein Sprecher äußert „p“. Der Hörer geht davon aus, dass der Sprecher das Q-Prinzip beachtet, also soviel sagt, wie er kann, und schließt daraus konversationell „höchstens p“ bzw. „nicht mehr als p“. Logisch bedeutet „p“ aber „wenigstens p“. Eine Untergrenze impliziert in diesem Fall also eine Obergrenze. Implikaturen nach dem R-Prinzip funktionieren nun genau umgekehrt. Der Hörer weiß sozusagen um die Sprecherökonomie und schließt aus „p“ „mehr als p“. Eine Obergrenze impliziert eine Untergrenze. Problematisch ist bei diesem System, dass Q-Prinzip und R-Prinzip ein absolutes Gegensatzpaar bilden. Horn selbst aber weist darauf hin, dass der Sprecher immer beide Prinzipien beachten muss, damit eine gelungene Kommunikation zustande kommt: „A speaker obeying only Q would tend to say everything she knows on the off-chance that it might prove informative, while a speaker obeying only R would probably, to be on the safe side, not open her mouth“ (Horn 1984, S.15). Q- und R-Schluss durch den Hörer führen daher zu unterschiedlichen Ergebnissen, wann aber welcher zu wählen ist, lässt sich bisher nur kaum klären. Horn führt folgenden Beispielsatz an:

„John was able to solve the problem“ (Horn 1984, S. 15) – John war fähig das Problem zu lösen.

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Details

Titel
Laurence R. Horns Theorie der Q- und R-Implikatur
Hochschule
Ludwig-Maximilians-Universität München
Veranstaltung
Wortbedeutung und Pragmatik
Note
1
Autor
Jahr
1999
Seiten
13
Katalognummer
V90278
ISBN (eBook)
9783638046664
ISBN (Buch)
9783640261840
Dateigröße
402 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Laurence, Horns, Theorie, R-Implikatur, Wortbedeutung, Pragmatik, Horn, Q-Implikatur, Linguistik
Arbeit zitieren
M.A. Johannes Schmid (Autor:in), 1999, Laurence R. Horns Theorie der Q- und R-Implikatur, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/90278

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