Die deutsch-ungarische Schriftstellerin Terézia Mora hat sich immer gegen die Etikettierung ihrer Werke als 'Migrationsliteratur' abgesetzt. Sie spricht sich sogar deutlich dagegen aus, ihre Herkunft als eine Art 'Markenzeichen' einsetzten zu wollen. Die Auseinandersetzung mit ''Innerer und äußerer Fremdheit'' ist jedoch ein literarisches Merkmal, wofür Terézia Mora gewürdigt wird. Die Literaturwissenschaftlerin Daniela Strigl spricht von einem ''Vexierbild'' bei dem V-Buchstabe in ihr als Alphabet geschriebenes Laudatio anlässlich der Verleihung des Georg-Büchner-Preises. ''Die Menschen, die bei Terézia Mora in den Spiegel schauen, sehen nicht selten das eigene Bild als ein fremdes.''
Auch in ihrer Prosasammlung Seltsame Materie ist das 'Fremde' beziehungsweise die Entfremdung das durchgehende Thema der zehn Erzählungen. Darin wird das Leben in einem kleinen archaischen Dorf der Vorwendezeit in Ungarn aus den Perspektiven von zehn Jugendlichen dargestellt. Alle diese Protagonisten entsprechen auf unterschiedlicher Weise nicht den ''erstarten Normen des Dorfes'' welche laut der Autorin auf einem ''Geflecht mehrerer durchweg autoritärer Systeme'' beruhen, das sich aus folgenden Elementen zusammensetzt: ''[…] die bäuerliche Lebensweise, die katholische Religion und die ethnische und sprachliche Zugehörigkeit'', sowie die des real existierenden Sozialismus. Dadurch, dass die Erzählfiguren ihr Anderssein spüren, erleben sie die Herkunftsumgebung als fremd.
Die Entfremdung von dem, was als das Vertraute bzw. 'Eigene' gelten sollte, fasst Terry Albrecht in Bezug auf Moras Werke folgendermaßen zusammen: ''Fremdheit ist überall, oftmals gerade dort, wo der Mensch sein Zuhause wähnt.'' Genauso verhält es sich in Seltsame Materie wo das Eigene zum Fremden wird. Die vorliegende Hausarbeit setzt sich mit dieser Entfremdung auseinander. Untersucht wird die Frage:
Wie wird Heimat durch die unterschiedliche Perspektivierung der einzelnen Protagonisten verfremdet?
Um diese Frage beantworten zu können, sollen im Folgenden zunächst die Gegensätze 'Fremd' und 'Eigen' definiert werden auf Basis der Ausführungen von dem Soziologen Ortfried Schäffter. Anschließend wird der Text mittels close-reading analysiert und wird untersucht welche erzähltheoretische Mittel zur Erzielung des Verfremdungseffekts eingesetzt wurden.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Begriffsklärung 'Eigen' und 'Fremd'
- Analyse der Erzählungen
- Seltsame Materie
- STILLE. mich. NACHT.
- Der See
- Die Lücke
- Der Fall Ophelia
- Am dritten Tag sind die Köpfe dran Langsam. Dann Schnell
- Buffet
- Die Sanduhr
- Durst
- Ein Schloß
- Beziehungsmodi in der Perspektivierung
- Fazit
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Hausarbeit untersucht die Entfremdungserfahrung von Heimat in Terézia Moras Erzählband "Seltsame Materie". Dabei wird der Frage nachgegangen, wie Heimat durch die unterschiedliche Perspektivierung der einzelnen Protagonisten verfremdet wird.
- Entfremdungserfahrungen von Heimat
- Verfremdungseffekte durch Perspektivierung
- Analyse der Beziehungsmodi zur Heimat
- Bedeutung von 'Eigen' und 'Fremd' im Kontext von Heimat
- Interpretation des Erzählbands "Seltsame Materie"
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung stellt die Relevanz der Entfremdungs-Thematik im Werk Terézia Moras dar und führt die Fragestellung der Hausarbeit ein. Kapitel 2 widmet sich der Klärung der Begriffe 'Eigen' und 'Fremd' im Kontext von Heimat, wobei der Fokus auf interkulturellen Erfahrungen in Moras Werken liegt. Die Kapitel 3.1 bis 3.10 analysieren die zehn Erzählungen in "Seltsame Materie" mittels close-reading und untersuchen die erzähltheoretischen Mittel zur Erzielung des Verfremdungseffekts.
Schlüsselwörter
Die Arbeit fokussiert sich auf die Schlüsselbegriffe Entfremdung, Heimat, Fremdheit, Eigenheit, Perspektivierung, Erzähltheorie, interkulturelle Erfahrungen und "Seltsame Materie" von Terézia Mora. Die Analyse konzentriert sich auf die Rolle von 'Eigen' und 'Fremd' in der Konstruktion von Heimat und die Auswirkungen der Perspektivierung auf die Wahrnehmung der Herkunftsumgebung.
- Quote paper
- Anonym (Author), 2020, ''Alle Orte sind gleich und fremd''. Entfremdung von Heimat in Terézia Moras "Seltsame Materie", Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/903640