Die zivile Komponente der ESVP


Hausarbeit, 2008

25 Seiten, Note: 2,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

I. Einleitung

II. Die zivile Komponente der ESVP
1. Entwicklung
2. Bereiche und Fähigkeiten
3. Aktueller Stand
3.1. Missionen
3.2. Headline Goal 2010

III. Fazit

IV. Literatur

I. Einleitung

Seit der Gründung der Europäischen Sicherheits- und Verteidigungs Politik (ESVP) unter dem Dach der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik der Europäischen Union im Jahr 1999 wurden 19 Missionen unter ihrem Kommando durchgeführt, zehn davon sind bereits abgeschlossen. „Die zivilen und militärischen Operationen der Europäischen Union tragen dazu bei, Krisen zu bewältigen, Frieden zu exportieren und die außen- und sicherheitspolitischen Interessen der Europäischen Union zu wahren. Besondere Bedeutung kommt dabei der Konfliktverhütung zu.“ (BMVG, 2006, S. 4) Dass 13[1] der bisherigen ESVP-Einsätze mit Beteiligung ziviler Kräfte oder teilweise sogar als rein zivile Missionen ausgeführt worden ist, ist wenig bekannt. Trotz ihres wichtigen Beitrags zur Krisenbekämpfung – gerade im Rahmen der Konfliktverhütung und Nachsorge – wird die zivile Komponente der ESVP von Öffentlichkeit und Politik zuweilen unterbewertet und kaum wahrgenommen. Gemeinsam mit den militärischen Ressourcen, die die Mitgliedsstaaten der EU zum Zweck der Konfliktbekämpfung zur Verfügung gestellt haben, bildet sie die Institution der ESVP. Trotz ihres ‚Schattendaseins‘ haben sich die zivilen Einheiten in den letzten Jahren stetig weiterentwickelt und ihre Fähigkeiten ausgebaut, auch an Kapazität bei Experten und Polizeikräften konnte sie dazugewinnen. Gerade weil Krisenintervention immer mehr in Richtung Konfliktverhütung und Staatsaufbau tendiert, ist die zivile Komponente bei Einsätzen der ESVP kaum mehr wegzudenken und gewinnt auch durch Quantität immer weiter an Bedeutung, „deckt sie doch Aufgabenfelder ab, die für die Stabilisierung von Krisenregionen entscheidend sein können und bisher häufig durch Soldaten innerhalb von friedenserhaltenden Maßnahmen wahrgenommen werden mussten.“ (Rummel R. , 2003, S. 2)

Diese Arbeit soll zunächst einen ausführlichen Überblick über die Entstehung und Entwicklung der zivilen Komponente der ESVP seit der Gründung dieser Institution geben. Hierbei werden Zielsetzungen, Etappen des Fortschritts und grundsätzliche Strukturen aufgezeigt. Im Anschluss soll bei einem genaueren Einblick in die Strukturen der zivilen Komponente der ESVP deren Institutionen, Fähigkeiten und Kapazitäten beschrieben, aber auch auf Probleme in Struktur und Entwicklung aufmerksam gemacht werden. Nach einem kurzen Überblick über die aktuellen ESVP-Missionen folgt der aktuelle Stand in der Entwicklung der zivilen ESVP-Komponente.

II. Die zivile Komponente der ESVP

1. Entwicklung

Ziviles Krisenmanagement ist ein Thema, das in Europa erst seit dem Europäischen Rat in Helsinki im Dezember 1999 auf der Agenda steht. Da es sich hauptsächlich im Hintergrund abspielt und weniger aufmerksamkeitserregend als militärisches Engagement ist, ist es weniger öffentlichkeitswirksam, als es dieser durchaus wichtigen Sparte der Krisenbekämpfung gebühren würde. Trotzdem sind die Bemühungen in Europa groß, die zivilen Fähigkeiten auszubauen und voranzutreiben. „In sum, European leaders seek to carry crisis management projects forward. CCM[2] is not on the top of any political agenda, however, because of a lack of public interest which may stem from the less glamorous quality of CCM compared to military projects. Moreover, the challenge crisis management poses may appear overwhelming for some, which could weaken the will of those who might otherwise support the concept. For those who want to continue devising new ways of managing crisis, there is a need to develop frameworks for implementing crisis management.” (Lindborg, 2002, S. 8 f)

Vor der offiziellen Benennung des zivilen Krisenmanagements durch die ESVP im Jahr 1999 lief das zivile Engagement der Europäischen Union unter „nicht-militärischem Krisenmanagement“. Grundsätzlich sind unter der zivilen Komponente der EU mittlerweile alle nicht-militärischen Aktivitäten und Instrumente zu verstehen, die mit Krisenmanagement im Zusammenhang stehen. (Nowak, 2006, S. 17) Im Folgenden soll die Entwicklung der zivilen Komponente der ESVP ihrem zeitlichen Ablauf nach dargelegt werden und dabei über die verschiedenen Sparten und Fähigkeiten Aufschluss geben.

Juni 1999: Gründung der ESVP

Der Grundstein für die Europäische Verteidigungspolitik im Rahmen der ESVP wie sie heute besteht, wurde auf dem Europäischen Rat von Köln von den beteiligten EU-Staats- und Regierungschefs gelegt. „Als Geburtsstunde der ESVP gilt der Europäische Rat in Köln vom Juni 1999. Dort nahmen die Staats- und Regierungschefs der EU eine „Erklärung zur Stärkung der Gemeinsamen Europäischen Sicherheits- und Verteidigungspolitik“ an.“ (BMVG, 2006, S. 10) Auf dem Fundament der bereits existenten Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik der Europäischen Union sollte die ESVP zunächst die „Entwicklung einer militärischen Handlungsfähigkeit der EU zur Konfliktverhütung und Krisenbewältigung im Rahmen der Petersberg-Aufgaben“ (Schmalz, 2004, S. 143) als Ziel haben. Mit der ESVP sollte die EU somit ein eigenes Pendant zur NATO aufbauen, um auch unabhängig von dem Bündnis handlungsfähig zu sein. Wichtig bei der Gründung der ESVP war also zunächst deren militärische Komponente, die zivile Seite würde aber bald darauf auch an Gewicht gewinnen.

Dezember 1999: Grundsatzbeschluss von Helsinki

Auf dem Europäischen Rat von Helsinki im Dezember 1999 „beschlossen die Staats- und Regierungschefs, die Ressourcen im Bereich der zivilen Krisenbewältigung, in dem die Union und die Mitgliedstaaten bereits über beträchtliche Erfahrungen verfügen, zu verbessern und effizienter zu nutzen.“ (BMVG, 2006, S. 10). Im Grundsatzbeschluss von Helsinki einigten sich die Mitgliedstaaten also, die ESVP sowohl mit einer militärischen, als auch mit einer nichtmilitärischen Komponente auszustatten. (Rummel R. , 2003, S. 1) Zur weiteren Planung der zivilen Sparte wurde in Helsinki in einem „Inventory of Tools“ aufgelistet, welche zivilen Handlungsmittel in der Europäischen Kommission und den Mitgliedsstaaten zum Zwecke der potentiellen Krisenbekämpfung bereits vorhanden waren. In einer Datenbank wurden hierbei Zivilpolizeien, humanitäre Hilfseinrichtungen, Experten für Wideraufbau administrativer und rechtlicher Art ebenso wie Rettungskräfte, Wahlhelfer und Menschenrechtsbeobachter erfasst. (Rummel R. , 2006, S. 7)

Weiterhin wurde auf dieser Zusammenkunft des Europäischen Rates der Action Plan for non-military crisis management of the EU verabschiedet. Er enthält drei Zielsetzungen für das zivile Krisenmanagement. Erstens hebt das Dokument hervor, wie wichtig die Zusammenführung und Abstimmung der vorhandenen Ressourcen ist: „strengthening of the synergy and responsiveness of national, collective and NGO resources in order to avoid duplication and improve performance, while maintaining the flexibility of each contributor to decide on the deployment of assets and capabilities in a particular crisis;” (Nowak, 2006, S. 19) Weiterhin soll der Beitrag der EU zum zivilen Krisenmanagement ebenso wie die Zusammenarbeit mit UN und OSZE verbessert werden: „enhancing and facilitating the EU’s contributions to, and activities within other organizations such as the UN and OSCE whenever one of them is the lead organization in a particular crisis, as well as EU autonomous actions”. (Nowak, 2006, S. 19) Drittes festgehaltenes Ziel ist die Sicherung des Zusammenhalts: „ensuring inter-pillar coherence.“ (Nowak, 2006, S. 19)

Juni 2000: Festlegung von vier Prioritätenbereichen

Das „Inventory of Tools“, das in Helsinki angelegt wurde, erwies sich inzwischen als unübersichtlich und wenig praktikabel, weshalb sich der Europäische Rat in Santa Maria da Feira auf eine andere Lösung einigte. Vier Prioritätenbereiche, auf deren Entwicklung und Bereitstellung sich die ESVP in ziviler Hinsicht zunächst zu konzentrieren hatte ergaben sich aus dieser Entscheidung. Für Polizei, Rechtsexperten, Zivilverwaltung und Katastrophenschutz sollte bis 2003 eine bestimmte Einsatzreserve stehen. (Rummel R. , 2006, S. 7)[3]

Dezember 2000: Einrichtung neuer Gremien

Auch an Organisation und Abläufe innerhalb der EU stellte die neue Art von Krisenbekämpfung große Herausforderungen und führte schließlich zur Einrichtung drei neuer Gremien. Das Politische und Sicherheitspolitische Komitee (PSK) ist eines davon. Botschafter der EU-Mitgliedstaaten bilden das Personal des Komitees, das sich mit den verschiedensten Fragen der gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik der EU befasst. „Im Bereich des Krisenmanagements nimmt das PSK im Auftrag des Rats die politische Kontrolle und strategische Leitung von Einsätzen wahr.“ (BMVG, 2006, S. 11) Ein weiteres neues Gremium ist der EU-Militärausschuss, der sich aus den Generalstabschefs der Mitgliedstaaten zusammensetzt. Für die zivile Komponente der ESVP hat er jedoch keine Bedeutung. In diesem Zusammenhang dagegen besonders zu erwähnen ist die Neugründung des Ausschusses für zivile Aspekte des Krisenmanagements (CIVCOM). Das aus Diplomaten und Spezialisten zusammengesetzte Gremium arbeitet dem PSK zu, indem es Empfehlungen und Stellungnahmen zu geplanten Einsätzen oder Krisensituationen abgibt. (BMVG, 2006, S. 11)

„Police Action Plan“, Einrichtung der Prioritätenbereiche

Eine weitere wichtige Weiche für die Entwicklung der zivilen Komponente der ESVP war die Verabschiedung des „Police Action Plan“ auf dem Europäischen Rat von Göteborg im Juni 2001. (Nowak, 2006, S. 20) Er beschäftigt sich mit den Fähigkeiten der zivilen Polizeikräfte der ESVP[4]. Außerdem konnte die dänische Ratspräsidentschaft im Jahr 2002 die Erfüllung eines ersten Planziels von Santa Maria da Feira melden. Alle vier bestimmten Prioritätenbereiche waren eingerichtet, „die Bewertung der gemeldeten Kontingente und ihre Schulung und Ausrüstung als komplementär einsetzbare Teams stellten sich jedoch als Daueraufgabe heraus.“ (Rummel R. , 2006, S. 7)

Europäische Sicherheitsstrategie 2003

Als weiteren großen Meilenstein in der Entwicklung der ESVP hat der Europäische Rat am 12. Dezember 2003 die Europäische Sicherheitsstrategie verabschiedet. Sie trägt den Titel „Ein sicheres Europa in einer besseren Welt“. Sie sollte die Rolle der EU in der militärischen und zivilen Krisenbekämpfung vorantreiben. „Damit die EU ihrer Verantwortung als sicherheitspolitischer Akteur gerecht werden kann, muss es Klarheit über Ziele und Mittel geben. Die Europäische Sicherheitsstrategie vom Dezember 2003 formuliert erstmals entsprechende Leitlinien für die EU.“ (BMVG, 2006, S. 5) In der europäischen Sicherheitsstrategie werden fünf Hauptbedrohungen definiert: internationaler Terrorismus, die Verbreitung von Massenvernichtungswaffen, regionale Konflikte, der Zerfall von Staaten und organisierte Kriminalität. Um diesen Bedrohungen entgegenzuwirken legt die Strategie drei übergeordnete Ziele fest. Zum einen sollen durch frühzeitiges Handeln und direkte Bekämpfung von Konfliktursachen Bedrohungen möglichst effektiv eingegrenzt und bekämpft werden – und zwar nicht nur mit militärischen Mitteln, sondern dem gesamten zur Verfügung stehenden Instrumentarium. Die erste Verteidigungslinie sieht die Strategie dabei oftmals im Ausland. (EU, 2007) Umso mehr muss die EU eine Kombination verschiedener Handlungsinstrumente einsetzen, um auf komplexe Bedrohungen immer passend reagieren zu können. Natürlich spielen hierbei auch die zivilen Instrumente der Krisenbekämpfung eine wichtige Rolle. Zweites strategisches Ziel der EU ist die Stärkung der Sicherheit in den Nachbarländern, denn „es liegt im Interesse der Union, dass die angrenzenden Länder verantwortungsvoll regiert werden.“ (EU, 2007) So sollen östlich der EU und an den Mittelmeergrenzen mit Hilfe der EU verantwortungsvolle Staaten entstehen, mit denen eine Zusammenarbeit eine Steigerung der Sicherheit für die Gemeinschaft verspricht. Eine weitere Priorität in diesem Zusammenhang hat die Lösung des Nahost-Konflikts, ohne die eine Behandlung der weiteren Probleme im Nahen Osten als wenig vielversprechend angesehen wird. (EU, 2007) Als dritte Herausforderung legt die Europäische Sicherheitsstrategie die Schaffung einer multilateralen Weltordnung fest: „Die Union strebt an, eine stärkere Weltgemeinschaft, gut funktionierende internationale Institutionen – insbesondere die Vereinten Nationen […] – und eine geregelte Weltordnung zu schaffen.“ Denn der beste Schutz für die Sicherheit sei eine Welt demokratischer Staaten, darauf sei die Politik der Union auszurichten. (EU, 2007)

[...]


[1] Liste der bisherigen ESVP-Missionen: http://www.consilium.europa.eu/cms3_fo/showPage.asp?id=268&lang=en am 5.2.2008

[2] Civilian Crisis Management

[3] Ausführliche Beschreibung der Prioritätenbereiche S. 11

[4] Siehe hierzu ausführlicher den Abschnitt über die Zivilpolizei der ESVP, S. 12

Ende der Leseprobe aus 25 Seiten

Details

Titel
Die zivile Komponente der ESVP
Hochschule
Ludwig-Maximilians-Universität München  (Geschwister-Scholl-Institut für Politische Wissenschaft)
Note
2,0
Autor
Jahr
2008
Seiten
25
Katalognummer
V90375
ISBN (eBook)
9783638042703
Dateigröße
476 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Komponente, ESVP
Arbeit zitieren
Annette Sandner (Autor:in), 2008, Die zivile Komponente der ESVP, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/90375

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