Charakteristisch für die Kritische Theorie ist der Versuch, den Vernunftsbegiff auf komplette Gesellschaften zu übertragen. Dieser Versuch setzt voraus, dass ein Vernunftsbegriff überhaupt besteht. An einer bestimmten Stelle innerhalb der Gesellschaft muss demnach eine Position besetzt sein, welche über Vernunft entscheiden kann. Diese Position bezeichnet die kritische Theorie als das „repräsentative Teilsystem“. Wer oder was kann diese Position einnehmen?
Die Gründerväter der kritischen Theorie, Max Horkheimer und Theodor W. Adorno beantworten diese Frage aus im folgenden gezeigten Gründen nicht eindeutig. Erst ein späterer berühmter Vertreter der Theorie, Jürgen Habermas, konstruiert den Gedanken weiter. Er besetzt die Stelle des repräsentativen Teilsystems mit dem, was wir heute „Öffentlichkeit“ nennen.
In dieser Hausarbeit erläutere ich Habermas Öffentlichkeitsbegriff als repräsentatives Teilsystem. Dieser Öffentlichkeitsbegriff läßt Raum für Kritik, welcher sich Habermas Schüler Peter Bernhards in einer Gedenkschrift für Jürgen Habermas angenommen hat.
Zunächst stelle ich vor, welche Hintergründe dazu geführt haben, dass Habermas den Begriff der Öffentlichkeit an die Position des repräsentativen Teilsystems gesetzt hat. Anschließend erläutere ich, was Habermas in diesem Kontext unter Öffentlichkeit versteht. Dabei gehe ich auf die in diesem Zusammenhang wichtigen Werke „Strukturwandel der Öffentlichkeit“, sowie auf Teile von „Faktizität und Geltung“ ein. In einem weiteren Teil erläutere ich die Schwierigkeiten des Modells an Hand Bernhard Peters Ausführungen. Zum Schluß betrachte ich Habermas Handlungstheorie als den Ausweg aus den Schwierigkeiten und skizziere diesen Weg.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Hintergründe
- Der Begriff der Öffentlichkeit bei Habermas
- Das liberale Modell der Öffentlichkeit
- Die Öffentlichkeit in den sozialstaatlichen Massendemokratien
- Rolle der Öffentlichkeit in einer Demokratie
- Kritik von Bernhard Peters
- Probleme mit dem Zusammenhang Deliberation und Legitimation
- Probleme mit den Konsenserwartungen
- Probleme mit den Gleichheitsforderungen
- Kann Öffentlichkeit Vernunft schaffen?
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Hausarbeit untersucht den Begriff der Öffentlichkeit bei Jürgen Habermas und seine Rolle als repräsentatives Teilsystem in einer vernünftigen Gesellschaft. Die Arbeit analysiert, wie Habermas den Begriff der Öffentlichkeit in Bezug auf die Kritische Theorie entwickelte und welche Probleme sich im Zusammenhang mit seinem Modell ergeben.
- Der Begriff der Öffentlichkeit bei Habermas als repräsentatives Teilsystem
- Die historische Entwicklung des Öffentlichkeitsbegriffs
- Die Rolle der Öffentlichkeit in einer Demokratie
- Kritik an Habermas' Öffentlichkeitsbegriff
- Mögliche Auswege aus den Problemen des Modells
Zusammenfassung der Kapitel
- Einleitung: Die Einleitung stellt den Ausgangspunkt der Arbeit dar, indem sie den Versuch der Kritischen Theorie erläutert, den Vernunftsbegriff auf komplette Gesellschaften zu übertragen. Sie erklärt die Bedeutung des repräsentativen Teilsystems und wie Habermas die Öffentlichkeit als dieses System einsetzt.
- Hintergründe: Dieses Kapitel befasst sich mit den theoretischen Grundlagen, die Habermas' Konzept der Öffentlichkeit beeinflusst haben. Es untersucht den Einfluss von Max Horkheimer, Theodor W. Adorno und Georg Lukács auf die Entwicklung des Begriffs des repräsentativen Teilsystems.
- Der Begriff der Öffentlichkeit bei Habermas: In diesem Kapitel wird Habermas' Verständnis von Öffentlichkeit im Detail dargestellt. Es werden die zentralen Werke „Strukturwandel der Öffentlichkeit“ und „Faktizität und Geltung“ sowie die wichtigsten Elemente seines Konzepts erläutert.
- Rolle der Öffentlichkeit in einer Demokratie: Dieses Kapitel analysiert die Bedeutung der Öffentlichkeit in einer Demokratie und die Funktion, die sie bei der Herstellung von Legitimität und Vernunft spielen kann.
- Kritik von Bernhard Peters: Hier werden die Kritikpunkte von Bernhard Peters an Habermas' Modell der Öffentlichkeit zusammengefasst. Es werden die Probleme im Zusammenhang mit Deliberation, Konsenserwartungen und Gleichheitsforderungen beleuchtet.
Schlüsselwörter
Die Arbeit beschäftigt sich mit zentralen Begriffen der Kritischen Theorie und der politischen Philosophie, wie zum Beispiel: Öffentlichkeit, Repräsentatives Teilsystem, Vernunft, Deliberation, Legitimation, Konsens, Gleichheit, Strukturwandel der Öffentlichkeit, Kritische Theorie, Jürgen Habermas, Bernhard Peters.
- Arbeit zitieren
- Karl Musiol (Autor:in), 2006, Kann Öffentlichkeit Vernunft schaffen?, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/90386