Für einen deutschsprachigen Spanischlerner ergibt sich allein schon aus der Tatsache heraus, dass in seiner Muttersprache nur ein Verb für ‚sein’ existiert, die Schwierigkeit der korrekten Verwendung von "ser" und "estar". Obwohl dieses Thema in der Linguistik bereits viel diskutiert wurde, ergibt sich weiterhin beim Spanischlerner der Wunsch nach einem allgemeingültigen Konzept, das alle Verwendungsmöglichkeiten von "ser" und "estar" abdeckt, um Zweifelsfälle auszuschließen.
Deshalb sollen gängige Unterscheidungskonzepte in der vorliegenden Arbeit vorgestellt und diskutiert werden, um im Sinne der Spanischlernenden einen gemeinsamen Nenner aller genannten Konzepte erschließen zu können.
In der vorliegenden Hauptseminararbeit wird zunächst kurz auf die etymologische und semantische Herkunft der heutigen Verben "ser" und "estar" eingegangen, da auf diese Weise ein erster Einblick in diesen Themenbereich gewährt werden kann, und verständlich wird, woher die Komplexität dieser Thematik rührt. Im Anschluss daran wird ein Blick auf die heutigen (Haupt-) Funktionen der genannten Verben geworfen.
Um den Einstieg in die nachfolgenden Konzepte der Unterscheidungskriterien zur Verwendung von "ser" oder "estar" zu erleichtern, wird ein einfacher Unterscheidungsansatz laut einiger Grammatik-Lehrwerke mit diversen Beispielen genannt, der sodann die in der Zwischenbilanz genannte Notwendigkeit der Erweiterung dieses einfachen Kriterienrahmens erkennen lässt.
Mittels weiterführender Konzepte wird anschließend versucht, die Vielschichtigkeit der Anwendungsprobleme von "ser" und "estar" differenzierter betrachten und erläutern zu können.
Danach sollen mithilfe der Auslegungen zweier Autoren die vorgestellten Konzepte knapp diskutiert werden.
Im Fazit findet man schließlich die Antwort auf die Frage nach der Allgemeingültigkeit eines Konzeptes. Etymologisch gesehen gehen aus den klassisch-lateinischen Positionsverben SEDERE und STARE die heutigen kastilischen Verben ser und estar hervor, was heute als erwiesen gilt (Birte Stengaard 1991:93). Unter Positionsverben versteht man Verben, die die Position des Subjekts näher beschreiben, wie z.B. ‚sitzen’ oder ‚stehen’.
Inhaltsverzeichnis
- 1. Einleitung und Aufbau
- 2. Einführung zu den Verben ser und estar
- 2.1 Herkunft der Verben ser und estar, Blick auf semantischen Wandel
- 2.1.1 STARE
- 2.1.2 SEDERE
- 2.2 Heutiger Status der Verben ser und estar
- 3. Einfacher Ansatz zur Verwendung von ser und estar
- 3.1 Verwendung von ser
- 3.2 Verwendung von estar
- 3.3 Unproblematische Verwendung bei Adjektiven und Partizipien je nach Bedeutung
- 3.4 Problematische Verwendung bei vivo und muerto
- 4. Zwischenbilanz
- 5. Weiterführende, nuancierte Alternativ-Konzepte und Anwendbarkeit
- 5.1 Extrinsität vs. Intrinsität nach Vaño-Cerdá, kommentiert von Falk
- 5.2 Vergleich an anderen Objekten (Objektivität) vs. Vergleich am Objekt selbst (Subjektivität) nach Falk (1987) / Delbecque (1997)
- 5.3 Erklärungsmodelle bei Fällen wie vivo/muerto unzureichend
- 6. Diskussion der vorgestellten Konzepte mit Auslegung von Catalani (2004) und Porroche Ballesteros (1988)
- 6.1 Catalanis Vorschlag: Ansiedlung / Nicht-Ansiedlung
- 6.2 Porroche Ballesteros' Auslegung: norma individual/norma general
- 6.3 Zusammenfassung der erfolgreichen Erklärungskonzepte
- 7. Zusammenfassung der genannten Oppositionen
- 7.1 Stichwörter zur Verwendung von ser
- 7.2 Stichwörter zur Verwendung von estar
- 7.3 Resümee der Konzepte: die Perspektive und ein gemeinsamer Nenner
- 8. Ausblick: Nachhaltigkeit der Modellentwicklung auch ohne Allgemeingültigkeit
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Arbeit untersucht die Schwierigkeiten bei der korrekten Verwendung der spanischen Verben ser und estar für Deutschsprachige. Ziel ist es, gängige Erklärungsmodelle zu präsentieren und zu diskutieren, um einen gemeinsamen Nenner für Lernende zu finden und Zweifelsfälle auszuschließen.
- Etymologische und semantische Entwicklung von ser und estar
- Vergleichende Analyse verschiedener Erklärungsansätze zur Unterscheidung von ser und estar
- Bewertung der Anwendbarkeit der verschiedenen Modelle
- Suche nach einem praktikablen und umfassenden Konzept für den Sprachunterricht
- Diskussion der Grenzen allgemeingültiger Regeln
Zusammenfassung der Kapitel
1. Einleitung und Aufbau: Diese Einleitung beschreibt die Problematik der Unterscheidung zwischen den spanischen Verben ser und estar für Deutschsprachige, da im Deutschen nur ein einziges Verb "sein" existiert. Sie umreißt den Aufbau der Arbeit, der die etymologische und semantische Herkunft der Verben beleuchtet, gefolgt von einer Darstellung und Diskussion gängiger Unterscheidungskonzepte, um letztendlich einen gemeinsamen Nenner für die Anwendung zu finden.
2. Einführung zu den Verben ser und estar: Dieses Kapitel untersucht die etymologische Herkunft von ser und estar aus den lateinischen Verben SEDERE und STARE. Es analysiert den semantischen Wandel, der zu der heutigen komplexen Verwendung geführt hat, und beleuchtet die semantische Schwächung und lexikalische Erweiterung, die estar im Laufe der Zeit erfahren hat. Der Fokus liegt auf der Entwicklung der ursprünglichen Bedeutungen ("sitzen" und "stehen") zu den heutigen kopulativen Funktionen und der Kombination mit Partizipien und Adverbien.
3. Einfacher Ansatz zur Verwendung von ser und estar: Dieses Kapitel präsentiert einen vereinfachten Ansatz zur Unterscheidung der Verben, wie er in einigen Lehrwerken zu finden ist. Es werden Beispiele für die Verwendung von ser und estar gegeben, um die Grundregeln zu veranschaulichen. Der Abschnitt weist jedoch gleichzeitig auf die Grenzen dieses vereinfachten Modells hin und leitet zur Notwendigkeit umfassenderer Konzepte über.
5. Weiterführende, nuancierte Alternativ-Konzepte und Anwendbarkeit: Dieses Kapitel erörtert differenziertere Konzepte zur Unterscheidung von ser und estar. Es werden Ansätze wie die Unterscheidung zwischen Extrinsität und Intrinsität (Vaño-Cerdá) und der Vergleich an anderen Objekten (Objektivität) versus Vergleich am Objekt selbst (Subjektivität) (Falk/Delbecque) vorgestellt und analysiert. Die Diskussion beleuchtet die Schwächen dieser Modelle, insbesondere bei schwierigen Fällen wie der Verwendung mit vivo/muerto.
6. Diskussion der vorgestellten Konzepte mit Auslegung von Catalani (2004) und Porroche Ballesteros (1988): Dieses Kapitel diskutiert die vorgestellten Konzepte im Lichte der Theorien von Catalani und Porroche Ballesteros. Es wird auf Catalanis Ansatz der "Ansiedlung"/"Nicht-Ansiedlung" und Porroche Ballesteros' Unterscheidung zwischen "norma individual" und "norma general" eingegangen. Der Abschnitt fasst anschließend die erfolgreichen Erklärungskonzepte zusammen.
7. Zusammenfassung der genannten Oppositionen: Dieses Kapitel bietet eine Zusammenfassung der wichtigsten Punkte zur Verwendung von ser und estar, unterteilt nach Stichpunkten für jedes Verb. Es liefert ein Resümee der verschiedenen Konzepte und sucht nach einem gemeinsamen Nenner, der die verschiedenen Perspektiven vereint.
Schlüsselwörter
ser, estar, spanische Grammatik, semantischer Wandel, Positionsverben, kopulative Verben, Erklärungsmodelle, Extrinsität, Intrinsität, Objektivität, Subjektivität, Anwendbarkeit, Sprachlerner, Deutsch als Muttersprache.
Häufig gestellte Fragen (FAQ) zur Verwendung von "ser" und "estar" im Spanischen
Was ist das Thema dieser Arbeit?
Diese Arbeit analysiert die Schwierigkeiten, die Deutschsprachige mit der Unterscheidung der spanischen Verben ser und estar haben. Sie untersucht verschiedene Erklärungsmodelle und sucht nach einem praktikablen Ansatz für den Sprachunterricht.
Welche Aspekte werden in der Arbeit behandelt?
Die Arbeit beleuchtet die etymologische und semantische Entwicklung von ser und estar, vergleicht verschiedene Erklärungsansätze, bewertet deren Anwendbarkeit und diskutiert die Grenzen allgemeingültiger Regeln. Sie untersucht auch die Ansätze von Catalani und Porroche Ballesteros.
Welche Erklärungsmodelle werden diskutiert?
Die Arbeit präsentiert und diskutiert verschiedene Erklärungsmodelle, darunter ein vereinfachter Ansatz, die Unterscheidung zwischen Extrinsität und Intrinsität nach Vaño-Cerdá, den Vergleich an anderen Objekten (Objektivität) vs. Vergleich am Objekt selbst (Subjektivität) nach Falk/Delbecque, sowie die Ansätze von Catalani ("Ansiedlung" / "Nicht-Ansiedlung") und Porroche Ballesteros ("norma individual" / "norma general").
Was ist der etymologische Hintergrund von "ser" und "estar"?
Das Verb ser stammt vom lateinischen Verb SEDERE ("sitzen") ab, während estar vom lateinischen Verb STARE ("stehen") abgeleitet ist. Die Arbeit analysiert den semantischen Wandel, der von den ursprünglichen Bedeutungen zu den heutigen kopulativen Funktionen geführt hat.
Welche Probleme werden bei der Verwendung von "ser" und "estar" besonders hervorgehoben?
Die Arbeit hebt die Schwierigkeiten bei der Verwendung von ser und estar mit Adjektiven und Partizipien hervor, insbesondere bei Wörtern wie vivo und muerto (lebendig/tot). Die Grenzen vereinfachter Erklärungsmodelle werden ebenfalls deutlich gemacht.
Welches Ziel verfolgt die Arbeit?
Das Hauptziel ist es, einen gemeinsamen Nenner für Lernende zu finden, um Zweifelsfälle bei der Verwendung von ser und estar auszuschließen und einen praktikablen und umfassenden Ansatz für den Sprachunterricht zu entwickeln, auch wenn vollkommen allgemeingültige Regeln nicht möglich sind.
Gibt es eine Zusammenfassung der wichtigsten Ergebnisse?
Ja, die Arbeit bietet eine Zusammenfassung der wichtigsten Punkte zur Verwendung von ser und estar, unterteilt nach Stichpunkten für jedes Verb und einem Resümee der verschiedenen Konzepte, um einen gemeinsamen Nenner zu finden.
Welche Schlüsselwörter beschreiben den Inhalt der Arbeit?
Die wichtigsten Schlüsselwörter sind: ser, estar, spanische Grammatik, semantischer Wandel, Positionsverben, kopulative Verben, Erklärungsmodelle, Extrinsität, Intrinsität, Objektivität, Subjektivität, Anwendbarkeit, Sprachlerner, Deutsch als Muttersprache.
Wie ist die Arbeit aufgebaut?
Die Arbeit ist in Kapitel unterteilt, die die etymologische Herkunft, verschiedene Erklärungsmodelle, deren Diskussion und eine abschließende Zusammenfassung der Ergebnisse behandeln. Ein Inhaltsverzeichnis ist im HTML-Dokument enthalten.
- Arbeit zitieren
- Christine Tschoepe (Autor:in), 2007, SER und ESTAR, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/90618