Georgs Büchner. Überblick und Einordnung seiner wichtigsten Werke


Hausarbeit, 2020

15 Seiten, Note: 1,7


Leseprobe


Inhalt

1. Welche Vertreter der herrschenden Machte spielen in "Woyzeck" eine Rolle und wie wirken diese zusammen?

2. Inwiefern konnte man sagen, dass Buchner in dem Dichter Lenz einen Wahlverwandten gefunden hat?

3. Welcher Zusammenhang besteht in "Leonce und Lena" zwischen Langeweile und Automaten- bzw. Maschinenmetaphern?

4. Nimmt das Drama "Dantons Tod" fur eine revolutionare Gruppierung Partei? Begrunden Sie Ihre Entscheidung.

5. Welchen Stellenwert hat der "Hessische Landbote" im Rahmen der gesellschaftlichen Entwicklung seiner Zeit?

6. Charakterisieren Sie ausgewahlte Stationen der Buchner-Rezeption von 1837 bis heute: Naturalismus bis Weimer Republik.

Welche Vertreter der herrschenden Machte spielen in "Woyzeck" eine Rolle und wie wirken diese zusammen?

Das Drama „Woyzeck" stellt einen sozialen Konflikt dar, wo einfache Menschen, das Volk mit einem gesellschaftlichen System konfrontiert werden, wo die Machtvertreter uber das Schicksal der einfachen Menschen entscheiden konnen. Die Hauptfigur, die das Volk reprasentiert, ist Woyzeck. Er fallt dem System zum Opfer und sein tragisches Leben ist die Folge des herrschenden Regimes.

Der soziale Konflikt kommt durch die Konfrontation der Hauptfiguren zum Ausdruck, und zwar durch die Konfrontation zwischen Woyzeck und den Machtvertretern - Hauptmann, Doktor und Tambourmajor. Sie alle treiben Woyzeck allmahlich in den Wahnsinn und bringen ihn dazu, seine Geliebte Marie zu ermorden.

Hauptmann ist dem Woyzeck ubergeordnet und fuhlt deswegen die Macht den Woyzeck zu schikanieren. Der dienstlich abhangige Woyzeck kann gegen die Passagen vom Hauptmann nichts tun, seine Reaktion darauf wird auf „die eingedrillte Unterwerfungsformel" (Knapp, 2000: 200) „Ja wohl" begrenzt. Woyzeck versteht auch seinen gesellschaftlichen Status (4. Szene: „Wir arme Leut", 5. Szene: „ich bin ein armer Kerl", 9. Szene: „lch bin ein armerTeufel") und der Dienst beim Hauptmann ist fur ihn eine „bedruckende Erfahrung" (Buhnemann, 2018: 35). Die Verachtung, mit der der Hauptmann den Woyzeck behandelt, sieht man auch bei den Anreden, die Hauptmann gegenuber Woyzeck verwendet. Er spricht seinen Soldaten nicht direkt an, sondern benutzt die Form der 3. Person, Sg. er. „Woyzeck, er hat keine Tugend, er ist kein tugendhafter Mensch" (Szene 5). Knapp (2000: 202) schreibt:

Der Hauptmann lasst sich von Woyzeck nicht nur bedienen, er demutigt ihn gezielt mit dem klassenspezifischen burgerlichen Tugendfasel und zeigt ihm damit, dass er sich per Tauschwert und Rang auch zu Herablassung und Verachtung befugt betrachtet.

Hauptmann ist die Lage Woyzecks bewusst, trotzdem kritisiert er ihn: „Woyzeck, er sieht immer so verhetzt aus. Ein guter Mensch tut das nicht, ein guter Mensch, der sein gutes Gewissen hat" (Szene 5). Diese spottischen Worte sind eine Art verbales Machtausdrucks.

Doktor ist die nachste machtvertretende Figur, die einen grofi>en Einfluss auf das Schicksal Woyzecks hat. Fur „ 2 Groschen taglich" lasst sich Woyzeck den inhumanen Experimenten des Doktors unterziehen. Die Erbsen-Diat belastet und demutigt Woyzeck physisch und mental. Fur den Doktor ist Woyzeck nichts mehr, als „Subjekt" (Szene 8) seiner wissenschaftlichen Untersuchung. In Doktor ist keinerlei Humanitat vorhanden. Selbst, wenn Woyzeck offensichtlich unter dem Experiment leidet und es sogar dem Doktor mitteilt, („Herr Doktor, ich hab's Zittern [...] Heir Doktor, es wird mir dunkel") herrscht der Doktor ihn an („Bestie, soil ich die die Ohrn bewege"). Knapp (2000: 204) sieht Hauptmann und Doktor als Komplementarfiguren, die als „Exponenten eines Machtapparats" dem mittellosen Menschen keine Chance gibt. „Beide sind menschlich defekte Handlanger dieses kranken Systems und, in Bezug auf Woyzeck, ausfuhrende Organe eines insgesamt todlichen Wikungszusammenhangs".

Auch Tambourmajor spielt als Machtvertreter eine Rolle in Woyzecks Schicksal, indem er seine Geliebte Marie verfuhrt und ihm seine letzte Freude des Lebens wegnimmt. Als er uber den Betrug Maries erfahrt, gibt er seine letzte Hoffnung auf.

Die Gesellschaft, in der Woyzeck lebt, ist auf Gewalt gegrundet und kann auch deswegen nur Gewalt als Gegenwirkung in den Volksverstretern erzeugen. Meiner Meinung nach, ist Woyzeck kein Morder, das Drama zeigt klar, was dem Mord vorangeht, und zwar:

Lebensbedingungen eines Plebejers, der durch ein System sozialer Abhangigkeits- und Ausbeutungsverhaltnisse sukzessive und „systematisch" zugrunde gerichtet wird, bis am Ende er nicht mehr anders kann und zum „Verbrecher" wird. (Ebd.)

Die Tragodie offenbart den Kontrast zwischen gehetztem, unterdrucktem Woyzeck, der alles tut um in dieser Gesellschaft zu uberleben und den Machtvertretern, die nicht nur im Wohlstand leben („aufgedunsen, fett, dicker Hals [...]" 9.Szene, Doktor uber Hauptmann), sondern auch die einfachen Menschen als „Subjekte" betrachten und wegen ihrer Armut verachten.

Inwiefern konnte man sagen, dass Biichner in dem Dichter Lenz einen Wahlverwandten gefunden hat?

In seiner Erzahlung „Lenz" schildert Georg Buchner das Leben und den geistlichen Zustand von der Hauptfigur Lenz. Buchner hat sich von der realen Person, namlich vom Schriftsteller und Dichter Jakob Michael Reinhold Lenz, inspirieren lassen und sie als Vorbild fur seinen Charakter genommen. Das grofie Interesse Buchners an dem Dichter Lenz konnte darauf zuruckzufuhren sein, dass Buchner eine gewisse Geistesverwandtschaft zwischen sich und dem Schriftsteller Lenz sah.

Einer der Aspekte, warum Buchner vermutlich einen Wahlverwandten in Jakob Michael Reinhold Lenz gesehen hat, waren die sozialen Ansichten des Letzten. Lenzes Werke „Der Hofmeister oder Vorteile der Privaterziehung" (1774) und „Die Soldaten" (1776) stellen soziale Konflikte dar: in der Tragikomodie „Die Soldaten" sucht Lenz nach Losungen fur soziale Ungerechtigkeit. Er zeigt also den Zerfall einer burgerlichen Familie durch eine hohere soziale Schicht und kritisiert die existierenden gesellschaftlichen Missstande. Sowie Lenz, offenbart Buchner in seinen Werken wichtige soziale Konflikte. In seinem Geschichtsdrama „Dantons Tod" veranschaulicht Buchner das unterdruckte, elende Volk, seine Armut und seine ausweglose Lage in der franzosischen Revolution, die eigentlich im Namen des Volkes handeln sollte. Am markantesten bringt die Flugschrift „Der Hessische Landbote" die revolutionaren Gedanken und Buchners soziales Engagement zum Ausdruck.

Von der Seelenverwandtschaft von Buchner und Lenz kann man nicht nur in Bezug auf ihre sozialen Ansichten sprechen, auch die Krankengeschichte der beiden Schriftsteller lasst gewisse Parallelen Ziehen.

Die Motive des Wahnsinns und der Melancholie gehoren zu den bedeutendsten Motiven Buchners Werke. Deshalb kann man vermuten, dass der Bericht uber den geistlichen Zustand des Dichters Buchners Interesse erweckt hat, vielleicht auch aus medizinischen Grunden, da Buchner selbst Mediziner war. Auch Buchner selbst hat unter Melancholie gelitten, seinen geistlichen und physischen Zustand beschrieb er in den Briefen an seine Familie und seine Braut so:

[...] Ich war [in GieBen] im AuBeren ruhig, doch war ich in tiefe Schwermut verfallen [...]

[...] Der erste helle Augenblick seit acht Tagen. Unaufhorliches Kopfweh und Fieber, die Nacht kaum einige Stunden durftiger Ruhe. Vorzwei Uhr komme ich in kein Bett, und dann ein bestandiges Auffahren aus dem Schlaf und ein Meer von Gedanken, in denen mir die Sinne vergehen [...]

[...] Ich bin allein wie im Grabe. [...]

(Georg Buchner, Werke und Briefe: 285-291)

Vermutlich konnte Buchner den psychischen Zustand des Dichters Lenz sehr gut nachvollziehen und ihn deswegen so ausfuhrlich in seiner Erzahlung beschreiben. Es lasst sich abschlie&end sagen, dass Buchner in Dichter Lenz tatsachlich einen Wahlverwandten gefunden hat, dessen Schicksal als Prototyp fur die Literaturfigur Lenz gedient hat.

Welcher Zusammenhang besteht in "Leonce und Lena" zwischen Langeweile und Automaten- bzw. Maschinenmetaphern?

Die Motivkomplexe der Langeweile und Automaten- bzw. Maschienenmetaphern sind sehrwichtig fur die Werke Buchners und in der Komodie „l_eonce und Lena" kommen sie besonders stark zum Ausdruck. Die Gesellschaft erscheint in dem Werk als eine homogene Masse, die fremdbestimmt ist und marionettengleich agiert, wie es von ihnen erwartet und verlangt wird. Diese Vorbestimmung, die Leonce, Lena und Valerio bewusst ist, verursacht die unertragliche Langeweile, die zu dem Leitmotiv der Komodie wird:

LEONCE [...] O ich kenne mich, ich weiB was 20 ich in einer Viertelstunde, was ich in acht Tagen, was ich in einem Jahre denken und traumen werde. Gott, was habe ich denn verbrochen, dass du mich, wie einen Schulbuben, meine Lektion so oft hersagen lasst? (1. Akt, 3.Szene)

LENA [...] Die Blumen offnen und schlieBen, wie sie wollen, ihre Kelche der Morgensonne und dem Abendwind. Ist denn die Tochter eines Konigs weniger, als eine Blume? (1. Akt, 4. Szene)

Beide, Leonce und Lena sind sich ihrer Determiniertheit als Thronfolger und dem eingeschrankten Handlungsspielraum bewusst. Letzterer wird vor allem an folgender AuGerung Leonces deutlich:

LEONCE: Ich wage kaum die Hande auszustrecken, wie in einem engen Spielzimmer, aus Furcht uberall anzustoBen, dass die schonen Figuren in Scherben auf dem Boden lagen und ich vor der kahlen, nackten Wand stunde (2. Akt, 1. Szene)

In der Aussage kommtderVerweis auf ein marionetten- bzw. automatengleiches Verhalten durch die Metaphern „Spielzimmer", „Figuren" besonders zum Ausdruck. Leonces Angst „uberall anzustoGen" ist durch den stark eingeschrankten Handlungsspielraum bestimmt.

[...]

Ende der Leseprobe aus 15 Seiten

Details

Titel
Georgs Büchner. Überblick und Einordnung seiner wichtigsten Werke
Hochschule
Ludwig-Maximilians-Universität München
Note
1,7
Autor
Jahr
2020
Seiten
15
Katalognummer
V906589
ISBN (eBook)
9783346226334
ISBN (Buch)
9783346226341
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Georg Büchner, Woyzeck, Leonce und Lena, der Hessische Landbote, Dantons Tod
Arbeit zitieren
Vasilina Tretiakova (Autor:in), 2020, Georgs Büchner. Überblick und Einordnung seiner wichtigsten Werke, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/906589

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