Die Verletzung einer Gemeinschaftsmarke: Ansprüche und Anspruchsdurchsetzung


Studienarbeit, 2007

41 Seiten, Note: 10 Punkte


Leseprobe


G L I E D E R U N G

A. EINLEITUNG

B. DAS GEMEINSCHAFTSMARKENRECHT
I. Grundsatz der Autonomie
II. Grundsatz der Einheitlichkeit
III. Grundsatz der Koexistenz
IV. Die Verletzung einer Gemeinschaftsmarke
1. Recht aus der Gemeinschaftsmarke
2. Schutzwirkung der Gemeinschaftsmarke
a) Rechtsverletzende Benutzung
b) Identitätsschutz
c) Schutz vor Verwechslungsgefahr
d) Schutz vor Rufausbeutung
e) Verletzungshandlungen
3. Schranken des Schutzes

C. ANSPRÜCHE BEI VERLETZUNG
I. Aktivlegitimation
II. Autonome Ansprüche der GMVO
1. Der Unterlassungsanspruch, Art. 98 I GMVO
a) Unterlassungsanspruch bei drohender Verletzung
b) Unterlassungsanspruch bei begrenzter Verwechslungsgefahr
c) Unterlassungsanspruch bei begrenzter Bekanntheit
2. Der Entschädigungsanspruch, Art. 9 III Satz 1 GMVO
III. Nicht in der GMVO geregelte Ansprüche
1. Bestimmung des anwendbaren nationalen Rechts
a) Begriff der Verletzungshandlung
b) Verletzungshandlungen in verschiedenen Mitgliedstaaten
aa) Internationales Privatrecht
bb) Ausblick
2. Ansprüche nach nationalem Recht
a) Ansprüche nach dem MarkenG
b) Sonstige Ansprüche
IV. Verjährung
V. Einstweilige Maßnahmen

D. DIE DURCHSETZUNG DER GEMEINSCHAFTSMARKE
I. Das Hauptsacheverfahren
1. Die Gemeinschaftsmarkengerichte
2. Alleinige Zuständigkeit der Gemeinschaftsmarkengerichte
3. Internationale Zuständigkeit
a) Wohnsitz- bzw. Niederlassungszuständigkeit
aa) Wohnsitz
bb) Niederlassung
b) Zuständigkeit am Ort der Verletzung
c) Anwendbarkeit der EuGVVO
aa) Prorogation und rügelose Einlassung
bb) Mehrparteiengerichtsstand
4. Sachliche, örtliche und funktionelle Zuständigkeit
5. Klagen mit territorialer Beschränkung
6. Parallele Klagen aus derselben Gemeinschaftsmarke
7. Klagen in Nicht-EU-Staaten
II. Zuständigkeit bei einstweiligen Maßnahmen
1. Erweiterung der gerichtlichen Zuständigkeit
2. Reichweite der Zuständigkeit
III. Anwendbares Prozessrecht
IV. Vollstreckung
1. Durchsetzung des Anspruchs
2. Durchsetzung einstweiliger Maßnahmen
V. Möglichkeiten des Beklagten

E. SCHLUSSBEMERKUNG

A. EINLEITUNG

Diese Arbeit befasst sich mit aktuellen Fragen zur Rechtsdurchsetzung einer Gemeinschaftsmarke bei deren Verletzung. Hierzu wird zunächst ein kurzer Überblick über das Gemeinschaftsmarkenrecht und seine Grundprinzipien, sowie über die Verletzungstatbestände gegeben. Im Anschluss wird auf die aus einer Verletzung erwachsenden Ansprüche sowie die Möglichkeiten zu deren gerichtlicher Durchsetzung eingegangen. Vorausgesetzt sei hierbei, dass die verletze Gemeinschaftsmarke ordentlich eingetragen ist und ernsthaft benutzt wird[1].

B. DAS GEMEINSCHAFTSMARKENRECHT

Mit der Zielsetzung, die harmonische Entwicklung des Wirtschaftslebens innerhalb der Gemeinschaft sowie die Vollendung und das reibungslose Funktionieren des Binnenmarktes zu fördern, und die Hindernisse für den freien Waren- und Dienstleistungsverkehr zu beseitigen[2], erließ der Rat der Europäischen Union am 20. Dezember 1993 die Gemeinschaftsmarkenverordnung[3]. Mit dieser Verordnung wurde erstmals ein geschlossenes, supranationales Regelungssystem geschaffen, das als Verordnung gem. Art. 249 EGV unmittelbar in jedem Mitgliedstaat gilt und die Möglichkeit bietet, durch eine einzige Eintragung, Marken gemeinschaftsweit schützen zu lassen[4]. Das in Alicante (Spanien) ansässige, unter anderem für die Eintragung der Gemeinschaftsmarke zuständige Harmonisierungsamt für den Binnenmarkt nahm am ersten April 1996 seine Tätigkeit auf. Die Erwartungen an das Interesse der Wirtschaft an der Gemeinschaftsmarke sind von Anfang an weit übertroffen worden[5]: Mittlerweile sind nahezu 600.000 Anmeldungen erfolgt und fast 400.000 Gemeinschaftsmarken eingetragen[6], das Gemeinschaftsmarkensystem wird daher als durchschlagender Erfolg bewertet[7]. Gestützt ist das Gemeinschaftsmarkenrecht von drei Grundprinzipien, die sich auch auf die Durchsetzung der Rechte aus einer Gemeinschaftsmarke auswirken[8] und hier daher kurz erläutert werden.

I. Grundsatz der Autonomie

Konzipiert ist die GMVO als autonomes gemeinschaftsrechtliches Schutzsystem[9]: Die Gemeinschaftsmarke soll grundsätzlich nur den Vorschriften der GMVO und nicht dem Recht der Mitgliedstaaten unterliegen[10]. Dieses Prinzip findet seinen Ausdruck in Art. 14 I Satz 1 GMVO. Eine Einschränkung dieses Grundsatzes erfolgt hingegen schon durch Art. 14 I Satz 2 GMVO, der besagt, dass „im Übrigen“ die Verletzung der Gemeinschaftsmarke einzelstaatlichem Recht zur Verletzung nationaler Marken unterliegt. Dementsprechend finden sich zwar alle Bestimmungen zu Entstehung, Inhalt, Umfang und Erlöschen der Rechte an Gemeinschaftsmarken unmittelbar in der GMVO. Unvollständig sind jedoch insbesondere die Regelungen in Bezug auf die Rechtsfolgen einer Verletzung der Gemeinschaftsmarke[11]. Mithin ist der Grundsatz der Autonomie in der GMVO nicht absolut verwirklicht[12], weshalb man ihn auch dahingehend verstehen sollte, dass zwar vorrangig die Vorschriften der GMVO anzuwenden sind, diese aber weitgehend zur Ergänzung auf nationales Recht verweisen[13]. Der Grundsatz der Autonomie wird daher teilweise auch als „relativ“ bezeichnet[14].

II. Grundsatz der Einheitlichkeit

Eng verbunden mit dem Grundsatz der Autonomie ist das Prinzip der Einheitlichkeit der Gemeinschaftsmarke. Ziel war es, die territoriale Beschränkung der nationalen Markenrechte zu überwinden und eine gemeinschaftsweite Kennzeichnung ohne Rücksicht auf Grenzen zu ermöglichen[15]. Gemäß Art. 1 II GMVO hat die Gemeinschaftsmarke einheitliche Wirkung für die gesamte Gemeinschaft, das heißt sie kann nur für das gesamte Gebiet der EU ein- oder übertragen werden und Gegenstand eines Verzichts oder einer Entscheidung über den Verfall der Rechte des Inhabers oder die Nichtigkeit sein. Dennoch gilt auch dieser Grundsatz gemäß Art. 1 II Satz 3 GMVO nur mit Einschränkungen. Insbesondere die Konsequenzen der Einheitlichkeit der Gemeinschaftsmarke bei Verletzungsklagen erscheinen nicht abschließend geklärt[16].

III. Grundsatz der Koexistenz

Das Prinzip der Koexistenz schließlich ist insbesondere für das Verhältnis der Gemeinschaftsmarke zum nationalen Recht relevant. Es besagt, dass Gemeinschafts- und nationales Kennzeichenrecht nebeneinander bestehen, ohne dass eines das andere verdrängt[17]. Ein Zeichen kann somit in der EU von derselben Person sowohl als Gemeinschaftsmarke als auch als nationale Marke geschützt werden[18]. Hierdurch ist auch der Bestand der nationalen Marken- und Kennzeichenrechte gesichert und anerkannt[19]. Das Verhältnis zwischen einer Gemeinschaftsmarke und einem nationalen Kennzeichen richtet sich dann nach dem allgemeinen Prioritätsgrundsatz[20], im Kollisionsfall kann z.B. eine ältere nationale Marke einer jüngeren Gemeinschaftsmarke entgegengehalten werden[21].

IV. Die Verletzung einer Gemeinschaftsmarke

Die Verletzungstatbestände in Bezug auf eine Kollision zwischen einer Gemeinschaftsmarke und dem von einem Dritten benutzten Zeichen sind in Art. 9 GMVO festgelegt[22]. Diese autonomen Schutzvorschriften der GMVO sind als in sich abschließende Regelung anzusehen, eine Anwendung nationalen Rechts ist nur außerhalb ihres Regelungsbereiches gemäß Art. 14 II GMVO ergänzend möglich[23].

1. Recht aus der Gemeinschaftsmarke

Art. 9 I GMVO steht unter dem Grundsatz, dass die Gemeinschaftsmarke ihrem Inhaber ein ausschließliches Recht verleiht. Dieses Recht erlaubt ihm, gegen eine unbefugte Benutzung eines identischen oder ähnlichen Zeichens im geschäftlichen Verkehr vorzugehen. Art. 9 I lit. a GMVO betrifft die Identität von Zeichen sowie Waren und Dienstleistungen, lit. b Fälle der Verwechslungsgefahr infolge von Identität oder Ähnlichkeit der Zeichen sowie Waren und Dienstleistungen und lit. c die Fälle der Rufausbeutung, Rufschädigung sowie Verwässerung bei bekannten Gemeinschaftsmarken. Darüber hinaus stellt Art. 9 II GMVO in einem nicht abschließenden Katalog mögliche Verletzungshandlungen dar.

2. Schutzwirkung der Gemeinschaftsmarke

Die Gemeinschaftsmarke ist gemäß Art. 1 II GMVO ein einheitliches Recht. Somit sind auch die Schutzwirkungen der Gemeinschaftsmarke einheitlich für die gesamte Gemeinschaft zu beurteilen[24]. Die Regelungen des Art. 9 I, II GMVO stimmen mit den Schutzbestimmungen der Markenrichtlinie[25] überein[26]. Zu ihrer Auslegung sind somit die Urteile des EuGH zur Markenrichtlinie übertragbar[27]. Im Folgenden soll die Prüfung der Verletzung einer Gemeinschaftsmarke skizziert werden.

a) Rechtsverletzende Benutzung

Die Ausübung der Markenrechte durch ihren Inhaber ist nach Ansicht des EuGH jedenfalls dann zum Schutze eines unverfälschten Wettbewerbs erforderlich, wenn die Benutzung des Zeichens durch Dritte die Funktionen der Marke, insbesondere die Herkunftsfunktion, gegenüber den Verbrauchern beeinträchtigt oder beeinträchtigen könnte[28]. Der Identitätsschutz, der Verwechslungsschutz und der Bekanntheitsschutz des Art. 9 I GMVO setzen also zunächst eine Benutzung eines Zeichens im geschäftlichen Verkehr ohne die Zustimmung des Markeninhabers voraus[29], die Benutzung muss also rechtsverletzend sein[30]. Mit der Frage, in welchen Fällen eine derartige Benutzung vorliegt, hat der EuGH sich mit Hinblick auf Art. 5 Markenrichtlinie inzwischen mehrfach beschäftigt[31]. Da sich weder in der Markenrichtlinie noch in der GMVO eine Definition des Benutzungsbegriffs findet, ist dieser durch Auslegung zu ermitteln[32]. So ist zunächst darauf abzustellen, ob die Marke zur Unterscheidung von Waren oder Dienstleistungen als solchen eines bestimmten Unternehmens, also „als Marke“ benutzt wird[33]. Mit dem Arsenal/Reed-Urteil[34] hat der EuGH zudem den funktionalen Benutzungsbegriff begründet, wonach entscheidend ist, ob die Benutzung eine der Funktionen der Marke beeinträchtigt. Die Hauptfunktion der Marke sieht der EuGH dabei in der Herkunftsfunktion[35]. Ob eine Bezeichnung als herkunftshinweisend verwendet wird, richtet sich dabei nach den angesprochenen Verkehrskreisen[36]. Keine Benutzung im Sinne des Art. 9 I GMVO soll z.B. die Benutzung als Firmenname darstellen[37]. Erst kürzlich hat der EuGH in einer Vorlageentscheidung festgelegt, dass auch das Anbringen eines eingetragenen Zeichens auf Miniaturautos eine rechtsverletzende Benutzung darstellen kann[38].

b) Identitätsschutz

Der Identitätsschutz einer Gemeinschaftsmarke findet sich in Art. 9 I a GMVO. Hiernach ist es einem Dritten zu verbieten, ein mit der Gemeinschaftsmarke identisches Zeichen für Waren oder Dienstleistungen zu benutzen. Nach der restriktiven Auslegung des EuGH liegt Identität dann vor, wenn das jüngere Zeichen nur so geringfügige Unterschiede gegenüber der Marke aufzeigt, dass sie einem Durchschnittsverbraucher in seinem Erinnerungsbild entgehen könnten[39].

c) Schutz vor Verwechslungsgefahr

Der Schutz der Gemeinschaftsmarke vor Verwechslung ist in Art. 9 I b GMVO verankert. Der EuGH hat die wichtigsten Auslegungsgrundsätze zur Prüfung der Verwechslungsgefahr nach Art. 4 I und Art. 5 I der Markenrichtlinie in mehreren Urteilen aufgestellt. Liegen zeichenmäßige Ähnlichkeit sowie Warenähnlichkeit vor, so ist die Diagnose einer Verwechslungsgefahr hiernach mit Rücksicht auf die konkrete Benutzungshandlung, im Lichte der konkreten Stellung der Gemeinschaftsmarke im relevanten Markt und Verkehrskreis und unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, zu ermitteln[40]. Hierzu zählen speziell der Bekanntheitsgrad der Marke im Markt, die gedankliche Verbindung, die das benutzte Zeichen zu ihr hervorrufen kann, sowie der Grad der Ähnlichkeit zwischen der Gemeinschaftsmarke und dem Zeichen und zwischen den damit gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen. Fraglich ist in diesem Zusammenhang jedoch, auf welches Gebiet oder auf wessen Verkehrsanschauung abzustellen ist. Die Gemeinschaft umfasst mittlerweile 27 Staaten – aus dem Einheitlichkeitsgrundsatz der Gemeinschaftsmarke wird man jedoch nicht schließen dürfen, dass Verwechslungsgefahr innerhalb der gesamten EU festgestellt werden muss. Vielmehr ist für die Beurteilung der Verwechslungsgefahr auf das Gebiet abzustellen, in dem die behaupteten Verletzungshandlungen stattfinden[41]. Auch die bisherige Rechtsprechung zeichnet ein derartiges Bild: So sind die Gerichte bisher ganz überwiegend bei der Prüfung der Verwechslungsgefahr, auch bei gemeinschaftsweiten Verletzungshandlungen, von den Verhältnissen in ihrem Land ausgegangen[42].

d) Schutz vor Rufausbeutung

Der Schutz einer bekannten Gemeinschaftsmarke vor Rufausbeutung ist in Art. 9 I c GMVO kodifiziert. Hiernach muss die Bekanntheit in der Gemeinschaft bestehen. Freilich soll es, auch mit Rücksicht auf die Rechtsprechung des EuGH[43], genügen, wenn die Bekanntheit in einem wesentlichen Teil der Gemeinschaft vorliegt[44]. Weitere Voraussetzung ist, dass die beteiligten Verkehrskreise Zeichen und Gemeinschaftsmarke gedanklich miteinander verknüpfen[45]. Ähnlich wie bei der Beurteilung der Verwechslungsgefahr wird man schließlich auch zur Bemessung der Bekanntheit der Marke auf das Gebiet der Gemeinschaft abstellen müssen, in dem die entsprechende Verletzungshandlung behauptet wird[46]. Dort ist die Rufausbeutung festzustellen und dort muss dementsprechend auch die Bekanntheit vorliegen.

e) Verletzungshandlungen

Art. 9 II GMVO enthält einen Katalog möglicher Verletzungshandlungen, die Dritten untersagt werden können[47]. Hierzu zählt die Anbringung des Zeichens auf Waren oder deren Verpackung, das Anbieten, Inverkehrbringen oder der Besitz von Waren unter dem Zeichen zu diesen Zwecken, das Anbieten oder Erbringen von Dienstleistungen unter dem Zeichen, die Einfuhr oder Ausfuhr von Waren unter dem Zeichen und die Benutzung des Zeichens auf Geschäftspapieren oder in der Werbung. Wie bereits die Einleitung „insbesondere“ des Kataloges zeigt, enthält dieser nur eine beispielhafte Aufzählung denkbarer Verletzungshandlungen, auch jede sonstige Benutzung eines identischen oder ähnlichen Zeichens im Verkehr kann untersagt werden[48].

3. Schranken des Schutzes

Die Schranken des Schutzes einer Gemeinschaftsmarke finden sich in Art. 12 und Art. 13 GMVO[49]. Die allgemeinen Grenzen des Ausschlussrechts bestehen in der lauteren Benutzung des persönlichen Namens, von beschreibenden Angaben und von Bestimmungshinweisen, Art. 12 GMVO[50]. Art. 13 GMVO regelt die Erschöpfung der Gemeinschaftsmarke: Sobald der Markeninhaber die mit seiner Marke versehenen Produkte zum ersten Mal in den Verkehr gebracht hat, ist die Ausschlusswirkung der Marke erreicht[51].

C. ANSPRÜCHE BEI VERLETZUNG

Liegt eine Verletzung vor, gilt es zu prüfen, mit welchen Ansprüchen einer solchen begegnet werden kann. Die Art. 9 ff. GMVO definieren, wie dargelegt, nur den Inhalt und die Schranken des Schutzes, die Sanktionen im Verletzungsfall sind hingegen in Titel X der GMVO in Art. 98 GMVO geregelt[52]. Nicht erfasst sind hierbei die strafrechtlichen Sanktionen, für die die EU keine gesetzgeberische Zuständigkeit innehat[53]. Die Besonderheit der Regelung besteht in der Durchbrechung des Autonomiegrundsatzes in der Hinsicht, dass nicht alle Sanktionen abschließend innerhalb der GMVO festgelegt sind, sondern zum überwiegenden Teil gemäß Art. 98 II GMVO dem nationalen Recht, einschließlich des internationalen Privatrechts, des Mitgliedstaates unterliegen, in dem die Verletzungshandlung begangen worden ist oder droht[54]. Im Folgenden soll daher insbesondere erörtert werden, welche Folgen diese Anknüpfung an die nationalen Rechte birgt und wonach sich das anzuwendende Recht bestimmt. Im Anschluss wird auf die sonstigen Ansprüche nach deutschem Recht eingegangen.

I. Aktivlegitimation

Zunächst gilt es festzulegen, wer zur Geltendmachung der Ansprüche wegen Verletzung einer Gemeinschaftsmarke legitimiert ist. Zu diesen Personen zählen naturgemäß der Inhaber der Gemeinschaftsmarke selbst, Art.9 I GMVO; ferner der Lizenznehmer, sei es mit Zustimmung des Inhabers gemäß Art. 22 II GMVO oder als ausschließlicher Lizenzinhaber gemäß Art. 22 III GMVO. Ein Lizenznehmer kann darüber hinaus auch einer bereits erhobenen Klage beitreten, Art. 22 IV GMVO[55].

II. Autonome Ansprüche der GMVO

Die GMVO regelt autonom lediglich den Unterlassungsanspruch gemäß Art. 98 I GMVO wegen Verletzung der Rechte aus Art. 9 I, II GMVO oder einer drohenden Verletzung sowie den in Art. 9 III Satz 2 GMVO genannten Entschädigungsanspruch bei Benutzung der Marke zwischen ihrer Anmeldung und ihrer Eintragung[56].

[...]


[1] Vgl. zum Eintragungsverfahren: v.Mühlendahl; GemM, S. 115ff.

[2] Vgl. die erste Begründungserwägung zur GMVO.

[3] Verordnung (EG) – Nr. 40/94 über die Gemeinschaftsmarke, in Kraft getreten am 15. März 1994 ; vgl. ferner zu den Zielen: Prandzioch, Europ. Markenamt, S. 58.

[4] Vgl. Berlit, Markenrecht, S. 267, Rn. 424, 425 ; Lindner/Schrell, WRP 1996, S. 94.

[5] Vgl. Schulte-Beckhausen, WRP 1999, S. 300.

[6] Vgl. die Angaben des HABM unter http://oami.europa.eu/pdf/office/SSC009-Statistics_of_Community_Trade_Marks_2007.pdf.

[7] Knaak, in: GemM EU, S. 67, Rn. 1.

[8] Knaak, GRUR 2001, S. 21 ; ders., GRUR Int. 2001, S. 665, 666.

[9] v.Mühlendahl, GemM, S. 8.

[10] Knaak, in: GemM EU, S. 69, Rn. 7.

[11] Vgl. Knaak, in: GemM EU, S. 69, Rn. 9f.

[12] Knaak, in: GemM EU, S. 70, Rn. 11.

[13] Schaper, GemM, S. 4.

[14] So Eisenführ/Schennen, GMV, Art. 1, Rn. 5.

[15] Schaper, GemM, S. 4 ; vgl. auch Begründungserwägungen 1 bis 3 zur GMVO.

[16] Schaper, GemM S. 4 ; vgl. auch Kohler, FS Everling, S. 663 ; s.u. C II (S. 8).

[17] So die 5. Begründungserwägung zur GMVO.

[18] Kucsko, GemM, S. 16 ; Knaak, GRUR Int. 2001, S. 665, 668.

[19] v.Kapff, HK-MarkenR, Art. 1 GMV, Rn. 52.

[20] Schaper, GemM, S. 5.

[21] Knaak, in: GemM EU, S. 72, Rn. 19.

[22] v.Mühlendahl, GemM, S. 46.

[23] Knaak, in: GemM EU, S. 103, Rn. 152.

[24] Knaak, in: GemM, S. 103, Rn . 154.

[25] Richtlinie 89/104/EWG des Rates vom 21.12.1988 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Marken, ABl. EG Nr. L 40 v. 11.2.1989, S. 1, abgedruckt in GRUR Int. 1989, S. 294.

[26] Knaak, in: GemM EU, S. 103, Rn. 151; Eisenführ/Schennen, GMV, Art. 9, Rn. 3.

[27] Knaak, GRUR 2001, S. 21, 22 ; Ingerl, GRUR Int. 2001, S. 581, 590 ; Schaper, GemM, S. 208.

[28] Vgl. Lange, Markenrecht, S. 492, Rn. 1816.

[29] Lange, Markenrecht, S. 493, Rn. 1818 ; Knaak, in: GemM EU, S. 104, Rn. 156.

[30] Vgl. Eisenführ/Schennen, GMV, Art. 9, Rn. 18ff ; und zuletzt EuGH v. 25.1.2007, C-48/05, EuZW 2007, S. 178 – Opel/Autec.

[31] Vgl. Knaak, in: GemM EU, S. 104, Rn. 157.

[32] Einsenführ/Schennen, GMV, Art. 9, Rn. 19.

[33] EuGH v. 23.2.1999, C-63/97, GRUR Int. 1999, S. 438 – BMW/Deenik ; EuGH v. 14.5.2000, C-2/00, MarkenR 2002, S. 189 – Hölterhoff ; vgl. auch Ingerl, GRUR Int. 2001, S. 581, 585.

[34] EuGH v. 12.11.2002, C-206/01, GRUR Int. 2003, S. 229 – Arsenal/Reed.

[35] Vgl. Knaak, in: GemM EU, S. 106, Rn. 161 ; EuGH v. 12.11.2002, C-206/01, GRUR Int. 2003, S. 229 – Arsenal/Reed.

[36] EuGH v. 14.05.2002, C-2/00, WRP 2002, S. 664 – Hölterhoff.

[37] EuGH v. 16.11.2004, C-245/02, GRUR 2005, S. 153 – Anheuser Busch/Budvar ;

[38] EuGH v. 25.1.2007, C-48/05, EuZW 2007, S. 178 – Opel/Autec.

[39] Vgl. EuGH v. 20.3.2003, GRUR Int. 2003, S. 533 – LTJ Diffusion.

[40] Lange, WRP 2003, S. 323, 328 ; vgl. nur EuGH v. 11.11.1997, C-251/95, GRUR Int. 1998, S. 56 – Puma/Sabèl ; v. 22.6.1999, C-342/97, GRUR Int. 1999, S. 734 – Lloyd ; v. 29.9.1998, C-39/97, GRUR 1998, S. 922 – Canon.

[41] Knaak, GRUR 2001, S. 21, 22 ; ders. GRUR Int. 2001, S. 665, 672 ; v.Schultz/Schweyer, MarkenR, § 14 MarkenG, Rn. 280.

[42] Vgl. OLG München v. 26.7.2001, GRUR Int. 2001, S. 1061 – Mozart II ; High Court of Justice v. 29.6.2004, 2005 ETMR S. 31 (Electrocoin Automatics Ltd. V. Coinworld Ltd.) Bar-X ./. Bear-X ; OLG Düsseldorf v. 11.12.2001, GRUR-RR 2003, S. 6 – GAZOZ ; OLG Hamburg, v. 27.1.2005, GRUR-RR 2005, S. 251 – The Home Depot/Bauhaus The Home Store ; High Court of Justice v. 24.3.2004, HC 02 C02700 – Compass ./. Compass Logistics ; anders jedoch LG Hamburg v. 6.5.2004, 2005 ETMR S. 705 – Sir/Zirh.

[43] EuGH v. 14.9.1999, C-375/97, GRUR Int. 2000, S. 73 – Chevy.

[44] v.Mühlendahl, GemM, S. 44 ; Ingerl/Rohnke, MarkenG, § 125b, Rn. 3.

[45] EuGH v. 23.10.2003, C-408/01, GRUR Int. 2004, S. 121 – Adidas/Fitnessworld.

[46] Knaak, in: GemM EU, S. 117, Rn. 205.

[47] Vgl. Knaak, in: GemM EU, S. 118, Rn. 208f.

[48] v.Mühlendahl, GemM, S. 48.

[49] Knaak, in: GemM EU, S. 119, Rn. 210 ; Pagenberg/Munzinger, Leitfaden GemM, S. 44 ; Ingerl, GemM, S. 95f.

[50] v.Mühlendahl, GemM, S. 52f ; vgl. auch BGH Urteil vom 1. 4. 2004 - I ZR 23/02 – GAZOZ.

[51] v.Mühlendahl, GemM, S. 55 ; Ein Inverkehrbringen ist nach Ansicht des EuGH erst mit dem Verkauf der Waren durch den Markeninhaber im Europäischen Wirtschaftsraum erfüllt, EuGH v. 30.11.2004, GRUR Int. 2005, S. 314 – Peak Holding.

[52] Knaak, in: GemM EU, S. 142, Rn. 304 ; ders., GRUR Int. 1997, S. 864, 869.

[53] v.Kapff, HK-MarkenR, Art. 98, Rn. 1 ; zum strafrechtl. Schutz s.u. C III 2. a).

[54] Burmiller, GemM, S. 53.

[55] zum Ganzen Burmiller, GemM, S. 56f.

[56] Der Anspruch gegen einen Verleger gemäß Art. 10 GMVO, sowie der Übertragungsanspruch aus Art. 18 GMVO stellen keine Ansprüche wegen Verletzung einer Gemeinschaftsmarke dar und werden hier deshalb nicht weiter erläutert.

Ende der Leseprobe aus 41 Seiten

Details

Titel
Die Verletzung einer Gemeinschaftsmarke: Ansprüche und Anspruchsdurchsetzung
Hochschule
Universität Osnabrück  (Institut für Handels- und Wirtschaftsrecht)
Note
10 Punkte
Autor
Jahr
2007
Seiten
41
Katalognummer
V90697
ISBN (eBook)
9783638050098
ISBN (Buch)
9783638943499
Dateigröße
580 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Verletzung, Gemeinschaftsmarke, Ansprüche, Anspruchsdurchsetzung, Europarecht, Markenrecht, Wettbewerbsrecht, Jura, European Community Trademark
Arbeit zitieren
Stephan Bodmann (Autor:in), 2007, Die Verletzung einer Gemeinschaftsmarke: Ansprüche und Anspruchsdurchsetzung, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/90697

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